- 18.11.2025, 12:26:33
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Shrinkflation-Kennzeichnungspflicht ist nicht verursachergerecht, erhöht Kosten und belastet 140.000 Beschäftigte im Lebensmittelhandel
Gesetz wird die Preise in den Regalen nicht reduzieren, sondern zu mehr Bürokratie, mehr Personalaufwand und damit zu höheren Kosten führen. Strafausmaß bis 15.000 Euro vorgesehen.
Die Bundesregierung hat heute im Ministerrat eine Shrinkflation-Kennzeichnungspflicht beschlossen. Damit soll laut Regierung Shrinkflation – also die Reduktion der Füllmenge bei gleichbleibendem Preis – künftig transparenter ausgezeichnet werden und die Teuerung bekämpft werden.
„Wir verstehen total, dass Shrinkflation die Menschen ärgert. Uns Händlern geht es genauso. Aber die Entscheidungen über sinkende Füllmengen ohne Preisreduktion treffen die Produzenten, nicht die heimischen Händler. Wenn der Handel jetzt für etwas bestraft wird, das er gar nicht verursacht, dann belastet das nur unsere 140.000 Beschäftigten, die Überbringer der Botschaft, nicht jene, die sie verursachen“, sagt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will in einer ersten Stellungnahme.
Shrinkflation ist ein Produzententhema, kein Händlerthema
Alle Entscheidungen über Verpackungsgrößen und Füllmengen von Markenartikeln liegen bei den jeweiligen Herstellern aus der Industrie bzw. dem Gewerbe. Die Händler besitzen ausschließlich bei ihren Eigenmarken einen Gestaltungsfreiraum.
„Die Politik verwechselt hier Ursache und Wirkung und hängt dem Handel eine aufwendige Shrinkflation-Kennzeichnungspflicht um. Diese wird die Preise in den Regalen nicht reduzieren, sondern im Gegenteil: Sie führt zu noch mehr Bürokratie, mehr Personalaufwand und damit zu höheren Kosten“, so Will.
EU-weite Kennzeichnungspflicht für Hersteller wäre verursachergerecht & fair
Eine EU-weite Kennzeichnungspflicht für Hersteller hätte hingegen drei entscheidende Vorteile:
Sie wäre verursachungsgerecht, d.h. sie würde jene Akteure sowohl rechtlich als auch in der öffentlichen Wahrnehmung in die Pflicht nehmen, die für Shrinkflation verantwortlich sind;
Sie wäre unbürokratischer und kostengünstiger umsetzbar – es wäre wesentlich einfacher, Shrinkflation einmal und zentral beim Hersteller zu kennzeichnen (wo sie auch tatsächlich stattfindet), anstatt tausende Male dezentral in allen Lebensmittelmärkten Österreichs;
Sie hätte eine Lenkungswirkung, Hersteller würden es sich vermutlich zweimal überlegen, versteckte Preiserhöhungen zu praktizieren, wenn sie verpflichtet wären, dies klar sichtbar auf der Verpackung mit einem Shrinkflation-Hinweis auszuweisen.
Die einseitige Verpflichtung des Handels, die Shrinkflation der Hersteller 60 Tage lang kennzeichnen zu müssen, wird leider genau den gegenteiligen Effekt haben, als die Bundesregierung anstrebt: Sie ist eine massive Zusatzbelastung für die Nahversorger wie auch für die 140.000 Mitarbeiter:innen in den rund 9.400 Lebensmittelgeschäften in Österreich. Ein vollsortierter Lebensmittelmarkt führt durchschnittlich zwischen 8.000 und 20.000 verschiedene Artikel von tausenden unterschiedlichen Herstellern. Eine gesetzliche Verpflichtung für den Handel, all diese Artikel dauerhaft und lückenlos zu monitoren und gesondert durch zusätzliche Pickerl oder Informationsschilder zu kennzeichnen, wird sicherlich nicht dazu beitragen, die Lebensmittelpreise in Österreich zu stabilisieren.
"Unsere Branche steht für volle Transparenz. Es sind internationale Markenartikelhersteller, die Portionsgrößen reduzieren bzw. Füllmengen schrumpfen und gleichzeitig die Preise gleich belassen oder gar erhöhen. Daher wäre eigentlich die Lebensmittelindustrie gefordert, auf Shrinkflation-Praktiken zu verzichten oder diese korrekt auszuweisen", stellt Handelssprecher Rainer Will klar.
In Deutschland hatte die Verbraucherzentrale Hamburg erst vor wenigen Wochen eine Klage gegen den Lebensmittelgiganten Mondelez beim Landgericht Bremen eingereicht. Der Vorwurf: Unlauterer Wettbewerb durch eine "Mogelpackung" bei der Schokomarke Milka.
Teuerung endlich an der Wurzel bekämpfen
Eine Reduktion der Füllmenge eines bestimmten Artikels bei gleichbleibendem Preis ist in der Regel zunächst eine Reaktion der Hersteller auf steigende Produktionskosten (Rohstoffe, Personal, Energie, Verpackung, etc.). Sie ist eine Alternative zur Anhebung des Preises bei gleichbleibender Füllmenge/Verpackungsgröße, um den Preis eines Produkts für die Kund:innen in einem bestimmten Rahmen zu halten. Eine bloße Kennzeichnung der Füllmengenänderung ist jedoch kein geeignetes Mittel zur Inflationsbekämpfung, denn die Lebensmittelpreise werden sich erst dann stabilisieren, wenn auch die Kostenanstiege in den o.g. Bereichen durch effektive Maßnahmen der Politik wirksam eingedämmt werden.
Die Ursachen der Teuerung bei Lebensmitteln liegen in Österreich bekanntlich an massiv gestiegenen Kosten für Energie, Personal und Rohstoffe entlang der gesamten Wertschöpfungskette, die im Lebensmittelhandel – dem letzten Glied in der Kette – kumuliert zusammenlaufen. Mit einer durchschnittlichen Umsatzrendite von lediglich 0,5% bis 2% sind die Einflussmöglichkeiten des Lebensmittelhandels (LEH) begrenzt. Dass der heimische Lebensmittelhandel NICHT von der Teuerung profitiert hat, wurde im Bericht der Bundeswettbewerbsbehörde 2023 klar dokumentiert.
Effektive Maßnahmen zur Inflationsbekämpfung bei Lebensmitteln müssen die Ursachen der Teuerung an der Wurzel angehen, insbesondere durch eine spürbare Entlastung bei Energiepreisen, Personalkosten und bürokratischem Aufwand.
Rückfragen & Kontakt
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Mag. Gerald Kühberger, MA
Pressesprecher
Telefon: +43 (1) 406 22 36 77
E-Mail: gerald.kuehberger@handelsverband.at
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