• 14.11.2025, 15:36:40
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LEOPOLD MUSEUM: SCHIELE UND DIE LITERATUR IM FOKUS DES 6. EGON SCHIELE SYMPOSIUMS

6. Egon Schiele Symposium im Leopold Museum, 13. November 2025.
Die Vortragenden: Christoph Luser (Schauspieler), Anna Katharina
Gisbertz (Uni Mannheim), Stefan Kutzenberger (Schriftsteller, Uni
Wien), Eva Werth (Université Gustave Eiffel Paris-Est), Caroline
Rosenauer (Kunstvermittlerin), Hans-Peter-Wipplinger (Direktor,
Leopold Museum), Karin Rhein (Germanisches Nationalmuseum,
Nürnberg), Kerstin Jesse (Senior Kuratorin, Leopold Museum), Simone
Hönigl (Wiss. Mitarbeiterin, Leopold Museum), Marina Silenzi (Uni
Basel)
Wien (OTS) - 

Zum sechsten Mal luden Leopold Museum Direktor Hans-Peter Wipplinger und Kerstin Jesse, Senior Kuratorin, zum mittlerweile etablierten Egon Schiele Symposium in das Auditorium des Museums. Die Veranstaltung widmete sich 2025 schwerpunktmäßig dem Thema Egon Schiele im Kontext der Literatur. Zum Auftakt gab es eine Lesung des Theater- und Filmschauspielers Christoph Luser mit Texten von und über Egon Schiele, danach folgten wissenschaftliche Vorträge von Anna-Katharina Gisbertz, Simone Hönigl, Kerstin Jesse, Stefan Kutzenberger, Karin Rhein, Caroline Rosenauer, Marina Silenzi und Eva Werth.

Das 6. Egon Schiele Symposium am Donnerstag, 13. November 2025, richtete den Fokus auf das Thema Literatur. Das künstlerische Schaffen des bedeutenden österreichischen Expressionisten Egon Schiele (1890–1918) und seine Affinität zu Sprache, Schrift, Poesie und Literatur sind eng miteinander verbunden. 1910 schuf der knapp zwanzigjährige Künstler expressive Gedichte, die nicht nur durch ihr einzigartiges Schriftbild, sondern auch durch fantasiereiche Wortschöpfungen überraschen. Schiele verfasste in der ihm eigenen Künstlersprache zahlreiche, oft passagenweise lyrische Briefe und zeigte reges Interesse an Büchern, darunter literarische Werke, Gedichtbände, Kunst- und Künstlerbücher sowie Sachliteratur. Seine Affinität zu Lyrik und dem geschriebenen Wort sowie der Erhalt von Teilen der ehemaligen Bibliothek Schieles bot Anlass, sich mit dem Literaturschwerpunkt und den Kontakten des Künstlers zu Schriftstellern und Verlegern auseinanderzusetzen.

„Das Egon Schiele Symposium 2025 gab umfassenden Einblick in den aktuellen Forschungsstand zum Thema Egon Schiele und die Literatur. Die bereits etablierte Schiele-Konferenz des Leopold Museum ermöglicht es, das Leben und Wirken des weltbekannten Expressionisten stets aufs Neue zu beleuchten und bisher wenig untersuchte Aspekte seines Schaffens und seines Netzwerkes in den Fokus zu rücken. Ziel des heurigen Symposiums war es, Schieles Affinität zur Literatur zu würdigen und damit ein neues, wichtiges Kapitel des österreichischen Künstlers von Weltrang aufzuschlagen.“
Hans-Peter Wipplinger, Direktor des Leopold Museum

„Das 6. Egon Schiele Symposium beleuchtete die Verbindungen des Künstlers Egon Schiele zu Schriftstellern und Verlegern und begab sich auf die Spuren des umfangreichen Buchbestandes seiner Bibliothek. Auf eine beeindruckende Lesung des bekannten Schauspielers Christoph Luser zum Auftakt, folgten acht wissenschaftliche Vorträge von Forscher*innen aus Deutschland, Frankreich, Schweiz und Österreich, unter ihnen Anna-Katharina Gisbertz, Karin Rhein, Marina Silenzi, Stefan Kutzenberger und Eva Werth.“
Kerstin Jesse, Senior Kuratorin, Leopold Museum

DIE VORTRÄGE:
Der Vortragsreigen begann mit dem Beitrag von Kerstin Jesse, Senior Kuratorin des Leopold Museum, mit dem Titel „Von den vielen Büchern, Bildern und Plastiken [...] haucht ein seltsames Fluidum aus, das mich einhüllt [...].“ in dem Egon Schieles Bibliothek im Fokus stand. Jesse berichtete über den aktuellen Forschungsstand zu Schieles Büchersammlung. Die Kunsthistorikerin gab Einblick in die Herausforderungen hinsichtlich des Versuches einer Rekonstruktion der ehemaligen Bibliothek, konnte aber einige neue Bücher, die nachweislich Bestand dieser waren, vorstellen. Erstmals präsentierte Jesse ein bisher unbekanntes, ursprünglich aus Privatbesitz stammendes Skizzen- und Notizbuch von Egon Schiele aus 1912-1914, das 2023 vom Leopold Museum erworben wurde und u.a. eine Auflistung von einundzwanzig Büchern aufweist.

Egon Schieles Schriftstellerporträts analysierte Simone Hönigl, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Egon Schiele Dokumentationszentrum des Leopold Museum, in ihrem Beitrag „Die „Monumentalität der psychischen Charakteristik“. Schiele schuf zahlreiche Bildnisse von Persönlichkeiten aus der Kunst- und Kulturszene, darunter Sammler*innen und Künstlerkolleg*innen, Komponisten und nicht zuletzt Literaten und Autoren. Unter ihnen etwa Robert Scheu, Franz Blei, Robert Müller, Max Roden, Arthur Roessler und Hugo Sonnenschein, sowie von den als Maler und Autoren tätigen Künstlerkollegen Ernst Wagner und Albert Paris Gütersloh. Hönigl stellte in ihrem Vortrag alle 13 nachweislich von Schiele bildlich festgehaltenen Schriftsteller vor und untersuchte die Verbindungen innerhalb dieses Netzwerkes.

Eva Werth, Literaturwissenschaftlerin und Dozentin an der Université Gustave Eiffel Paris-Est, erörterte in ihrem Vortrag Egon Schieles Schriften im literatur- und kunsthistorischen Kontext seiner Zeit. Angesichts der Doppelbegabung Schieles als bildender und literarisch schaffender Künstler untersuchte Werth, ob sich Schieles parataxischer Stil, mit denen er seine Gedichte verfasste, auch auf Schieles Landschaftsgemälde anwenden lässt.

Der Vortrag Gegen den Zeitgeist? Bild- und Wortkunst bei Leopold Liegler und Egon Schiele der Literaturwissenschaftlerin Anna-Katharina Gisbertz, Professorin an der Universität Mannheim, widmete sich der Bekanntschaft und dem Austausch zwischen dem Schriftsteller und Kritiker Liegler (1882–1949) und Schiele. Der Mitarbeiter der Österreichischen Akademie der Wissenschaften unterstützte Schiele besonders zwischen 1914 und 1917 und zählte zu seinen ersten Förderern. Ausgehend von Lieglers Eintrag im Erinnerungsbuch Egon Schiele (1943) unterzog Gisbertz in ihren Ausführungen deren Verhältnis und fokussierte dessen spezifische Vorstellung von Schieles Künstlertum in Zusammenhang mit der zeitgenössischen Sichtweise des Geniebegriffs.

Die Kunsthistorikerin Karin Rhein, Sammlungsleiterin im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg, beschäftigte sich in ihrem Beitrag Sittliche oder unsittliche Kunst?“ Egon Schiele und die gleichnamige Publikation von Ernst Wilhelm Bredt mit der Wirkung des Buches Sittliche oder unsittliche Kunst. Eine historische Revision (1911) des deutschen Kunsthistorikers Ernst Wilhem Bredt. Wie Rhein darlegte, konzentrierte sich Bredt auf eine kulturgeschichtliche und kunsthistorische Argumentation in Reaktion auf philosophische, theologische und juristische Definitionen des „Sittlichen“. Für Egon Schiele und seine Weggefährt*innen dürfte laut Rhein das Werk aufgrund des Eintretens des Autors für die Kunstfreiheit sowie gegen bürgerliche Moralvorstellungen von Interesse gewesen sein.

Die Philosophin Marina Silenzi, Dozentin an der Universität Basel, rückte in ihrem Beitrag Künstler ist vor allem der geistig hochbegabte Ausdrückende“... Oder: war Schiele ein dionysischer Künstler? die Frage nach Verbindungen von Friedrich Nietzsches Philosophie und Schieles Schaffen in das Zentrum. Der Einfluss Nietzsches auf künstlerische Bewegungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts, insbesondere auf den Expressionismus, ist unbestritten. Silenzi unternahm den Versuch einer Analyse von Schieles Gemälden mithilfe der ästhetischen und leiblichen Konzepte Nietzsches. Der von Nietzsche propagierte dionysische Künstler verwandelt das interpretative Spiel des Leibes in eine Idealisierung der Realität. Die von Schiele entwickelten extremen Posen, Gesten und Verzerrungen lassen sich dabei als bildliche Entsprechung einer dionysisch vermittelten ästhetischen Erfahrung begreifen.

Stefan Kutzenberger, Literaturwissenschaftler, Lektor an der Universität Wien und freier Schriftsteller ging in seinem Vortrag Fictional Schiele – Schiele Fiction auf Egon Schiele als literarische Figur ein. In den letzten Jahren wurde Schiele zu einem literarischen Helden. Kutzenberger legte dar, wie Schiele seit den 2000er-Jahren zunehmend zu einem Protagonisten in literarischen Werken wurde – etwa bei Lewis Crofts, Hilde Berger, Sophie Haydock, Patrick Karez oder Christopher Moore. Im Fokus seines Vortrages stand sowohl die literarische Inszenierung des Künstlers – zwischen Genie-Mythos, Skandalfigur und Projektionsfläche männlicher Obsession – als auch die unterschiedlich angewendeten Erzählperspektiven.

Die Kunsthistorikerin Caroline Rosenauer referierte in ihrem Beitrag über Die Stoffe in Egon Schieles Bildern. Im Fokus stand der Einfluss und die Verwendung von Stoffdesigns als künstlerischer Ausdruck. Kleidung und Stoffe stellen immer wieder ein wichtiges künstlerisches und kompositorisches Element in Schieles Bildern dar. Secession und Wiener Werkstätte prägten die österreichische Textilindustrie des beginnenden 20. Jahrhunderts maßgeblich. In diesem Umfeld entstanden Stoffdesigns, die Schiele als Inspirationsquelle gedient haben. Auch durch seine engen Beziehungen zu Gustav Klimt und Eduard Wimmer-Wisgrill, Leiter der Modeabteilung der Wiener Werkstätte, kam der Maler mit textilen Designs in Kontakt, die seine Bildsprache beeinflussten.

Informationen zum 6. Egon Schiele Symposium 2025

Rückfragen & Kontakt

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Telefon: 0043 1 525 70 - 1507
E-Mail: presse@leopoldmuseum.org
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