- 14.11.2025, 12:23:03
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Präventionsgipfel zu „Digitaler Resilienz“ und Schlag gegen islamistische Extremisten im DACH-Raum
6. Präventionsgipfel der DSN in Wien – gleichzeitig Joint Action Day in Österreich, Deutschland und Schweiz – 15 Hausdurchsuchungen und über 100 Gefährderansprachen in Österreich
Die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) veranstaltete am 13. November 2025 zum sechsten Mal den Präventionsgipfel. Anlässlich des zehnten Jahrestags der Anschläge von Paris im Jahr 2015 setzte die DSN an diesem Tag ein deutliches Zeichen gegen islamistischen Extremismus und Terrorismus. Gemeinsam mit Deutschland und der Schweiz führte der Verfassungsschutz einen groß angelegten Joint Action Day mit über 100 Gefährderansprachen, zahlreichen Hausdurchsuchungen und Sicherstellungen sowie drei Festnahmen und vier vorläufigen Waffenverboten durch. Zeitgleich hatte der jährlich in Wien stattfindende Präventionsgipfel das Ziel, mit Expertinnen und Experten aktuelle Problemfelder in den Bereichen Extremismus und Radikalisierung zu diskutieren und entsprechende Gegenmaßnahmen zu setzen. In diesem Jahr befasste sich der Präventionsgipfel mit dem Thema der digitalen Resilienz.
„Das entschlossene Vorgehen gegen jede Form von Extremismus erfordert ein Bündel an Maßnahmen – auf unterschiedlichen Ebenen. Der Verfassungsschutz hat in den vergangenen Tagen einmal mehr unter Beweis gestellt, wie sowohl strategische Präventionsarbeit, aber gleichzeitig auch Ermittlungsmaßnahmen wie Hausdurchsuchungen und Festnahmen umgesetzt werden. Ich danke sowohl den Expertinnen der Prävention, aber auch den Ermittlerinnen und Ermittlern des Verfassungsschutzes für ihre ausgezeichnete Arbeit“, sagte Innenminister Gerhard Karner.
Wie essenziell die Auseinandersetzung und intensive Beschäftigung des Verfassungsschutzes mit diesem Thema ist, wurde zu Beginn im Eröffnungsstatement des Generaldirektors für die öffentliche Sicherheit Franz Ruf deutlich. „Wir befinden uns in einer Zeit multipler Krisen. Die bekannten, sicherheitsrelevanten Entwicklungen bleiben auch dieses Jahr und heute besonders bedeutsam, weil sich externe Konflikte, Extremismus und Spionage zunehmend gegenseitig verstärken“, betonte Franz Ruf. Der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit betonte die Aufgaben der Behörden, Bedrohungen frühzeitig zu erkennen und präventiv zu handeln. In diesem Zusammenhang schilderte er: „Lagen wie diese erzeugen ‚gefühlte‘ Instabilität, durch die Menschen für emotional aufgeladene Erklärungen und einfache Antworten auf die Krisen leichter empfänglich sind. Das Ergebnis sehen wir täglich in Form von Fake-News und gezielten Desinformationskampagnen, durch die das Vertrauen in staatliche Institutionen untergraben, die Bevölkerung verunsichert und polarisiert wird und Entscheidungsprozesse gestört und manipuliert werden.“
„Die Herausforderungen, vor denen wir stehen, sind real und zahlreich. Gleichzeitig eröffnen uns neue Technologien und Prävention konkrete Chancen, wenn wir sie aktiv und gezielt nutzen“, sagte Ruf.
Auch Staatssekretär Jörg Leichtfried sagte zum Thema des Präventionsgipfels: „Im Kampf gegen Online-Radikalisierung geht es nicht primär um Verbote, sondern um das Stärken von kritischem Denken und sozialen Bindungen. Algorithmen fördern polarisierende Inhalte, weil sie Emotionen und Gruppenidentitäten bestärken – eine gefährliche Mischung für junge Nutzerinnen und Nutzer. Extremistische Akteure nutzen dies gezielt und bedienen sich oft sektenähnlicher Anbahnungsmuster. Dagegen kann jede und jeder mittels Sensibilisierung im eigenen Umfeld einen wertvollen Beitrag leisten. Hier setzt auch die Arbeit der DSN an. Denn Prävention gelingt nur gemeinsam: Familie, Schule und soziales Umfeld können eine Art Frühwarnsystem darstellen und so Radikalisierung und Fake News vorbeugen – für mehr Schutz im digitalen Raum und eine widerstandsfähige und resiliente Demokratie.“
Höchste Priorität für Verfassungsschutz
Wie aktuell dieses Thema ist und welche Herausforderungen für den Verfassungsschutz daraus resultieren, machte die stellvertretende Direktorin der DSN, Sylvia Mayer, in ihren einleitenden Worten zu den aktuellen Herausforderungen klar.
„Die Gefährdungslage im Bereich der Online-Radikalisierung, insbesondere im Kontext des islamistischen Extremismus, hat sich weiter intensiviert. Der Islamische Staat (IS) und seine Ableger, wie die Islamische Staat Khorasan Provinz (ISKP), üben nach wie vor die größte Anziehungskraft aus, was zu einem Anstieg von Anschlagsplänen und einer Zunahme hochradikalisierter Personen führt“, erklärte Mayer. „Besonders besorgniserregend ist die steigende Anzahl junger Menschen, die in die Radikalisierung verstrickt sind: Über 40 Prozent der Beschuldigten sind Jugendliche. Diese Entwicklung zeigt sich auch in den Anschlagsplanungen in Österreich, bei denen Jugendliche im Alter von 14 bis 19 Jahren eine zentrale Rolle spielten.“
Mayer ging auch auf die Relevanz des virtuellen Raums ein: „Fast 40 Prozent der islamistisch motivierten Tathandlungen finden online statt. Die Bedeutung des Themas Online-Radikalisierung zeigt sich auch im Rechtsextremismus. Rechtsextreme Narrative verbreiten sich online über verschiedene Akteure und Plattformen, wobei oft Inhalte verwendet werden, die keiner Strafbarkeit unterliegen, aber dennoch hochproblematisch sind. Diese Narrative umfassen staats- und demokratiefeindliche Verschwörungserzählungen, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit, die zur Polarisierung der Bevölkerung und zur Schaffung von Hass beitragen.“
Um gegen diese Entwicklungen vorzugehen, sind laut Mayer Prävention und der Aufbau digitaler Resilienz entscheidend. Soziale Medien sind gekommen, um zu bleiben, und Künstliche Intelligenz (KI) wird als weiterer Katalysator fungieren. Wichtige rechtliche Bausteine wie der AI Act, der Digital Services Act und die Terrorist Content Online-Verordnung seien zwar hilfreich, lösen das Problem jedoch nicht zur Gänze. Mayer betonte: „Die heutige Veranstaltung und die anschließenden Panels bieten die Möglichkeit, Resilienz zu schaffen, mit unseren Werten dagegenzuhalten und als Gesellschaft und Institutionen bestmöglich zusammenzuarbeiten.“
Internationale Expertinnen und Experten zu den aktuellen Entwicklungen
Zu Beginn des Präventionsgipfels sprach Peter Neumann, Professor für Sicherheitsstudien am King’s College in London, über die neu präsentierte Studie, mit der erstmals ein wesentlicher Bestandteil der globalen Operationen des ISKP systematisch dargestellt wird: der „Türkei-Nexus“. Basierend auf der Anklageschrift aus dem größten türkischen Prozess gegen ISKP-Mitglieder wird die Rolle der Türkei bei der globalen Expansion der Organisation thematisiert. Neumann ging dabei auf die Geschichte und Tätigkeiten des ISKP ein.
Im Anschluss thematisierte Mario Haim, Professor und Lehrstuhlinhaber für Kommunikationswissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, Desinformation im Wandel und wie KI die Öffentlichkeit verändert. Er weist darauf hin, dass die Verbreitung von Desinformation merklich zugenommen hat. Als möglicher Umgang damit werden immer wieder neue Gesetze für Intermediäre, Mechanismen der Detektion, De- und Prebunking sowie neue Medienkompetenz diskutiert. Doch es zeichnen sich weitere Veränderungen in der Medienwelt ab: mehr Nutzung von KI-Angeboten, wachsende Anteile KI-generierter Inhalte, immer mehr sogenannter borderline content, die Weiterentwicklung von KI sowie vereinheitlichte Darstellungen und damit das Verwischen von menschlicher und maschineller Kommunikation. Das läuft den längerfristig erlernten kognitiven Verarbeitungsmodi digitaler Kommunikation entgegen und erschwert den individuellen Umgang mit Desinformation.
Der virtuelle Raum
Im Panel „Der virtuelle Raum: Lebenswelt unserer Jugend – zwischen Empowerment und (negativer) Beeinflussung?“ diskutierten die Expertinnen und Experten darüber, dass besonders für Kinder und Jugendliche die Unterscheidung zwischen Online- und Offline-Welt nicht mehr stattfindet. Beide Bereiche sind Teil ihrer Lebenswelt. Obwohl sie bereits mit digitalen Geräten aufwachsen, bedeutet das nicht automatisch, dass sie als „Digital Natives“ mehr Medienkompetenz besitzen. Hier kommt Eltern eine wichtige Vorbildfunktion in der Nutzung von Geräten und in der Begleitung von konsumierten Inhalten zu. Gleichzeitig wurde aber auch betont, dass die Verantwortung für einen verantwortungsvollen Medienkonsum von Kindern und Jugendlichen nicht nur den Eltern angelastet werden kann, sondern eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung darstellt. Onlineradikalisierung, besonders von „lone actors“, hat oft mehrere, auch psychologische, Ursachen. Der Konsum von radikalen Inhalten führt nicht automatisch zur Radikalisierung und Gewalt.
Regulierung sozialer Medien
Im zweiten Panel zum Thema „Wie viel Regulierung brauchen soziale Medien und wie soll eine solche Regulierung ausgestaltet sein?“ analysierten die Expertinnen und Experten, dass die bestehenden Regulierungen der EU im Digital Service Act (DSA) und AI Act bereits ein sehr umfangreiches Regelwerk beinhalten, jedoch teilweise noch zu wenig konsequent umgesetzt werden. Hier wünschen sich die Panelteilnehmerinnen und Panelteilnehmer ein selbstbewussteres Auftreten der EU gegenüber den sozialen Plattformen, die großteils aus Amerika kommen und mit ihren Unternehmen große Gewinne, auch mit Userinnen und Usern in Europa, erwirtschaften. Besonders der schwierige oder nicht vorhandene Zugang zu Metadaten für die Nutzung zu Forschungszwecken wurde betont. An möglichen Formen zur Altersverifizierung auf Plattformen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen werde in vielen Ländern bereits gearbeitet und erste Modelle, unter Einhaltung von Datenschutzrechten, sollen bald zur Verfügung stehen und getestet werden können.
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