- 14.11.2025, 09:05:39
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Ärztlicher Impfpass-Check: ÄKNÖ spricht sich für Empfehlungstarif aus
Die Kurienversammlung der Ärztinnen- und Ärztekammer für NÖ hat einen Empfehlungstarif von 30 Euro (je nach Aufwand) für die Leistung „Ärztlicher Impfpass-Check mit Impfempfehlung gemäß Österreichischem Impfplan“ beschlossen. Da diese wichtige ärztliche Leistung im veralteten Honorarkatalog bislang nicht berücksichtigt ist, wird sie nun als Privatleistung mit eigenem Empfehlungstarif anerkannt. Ziel ist es, Impflücken zu schließen, den individuellen Impfschutz zu gewährleisten und das Bewusstsein für Gesundheitsprävention zu stärken.
Das Impfangebot ist in den letzten Jahren deutlich umfangreicher geworden – und damit auch die Impfberatung komplexer. Die niedergelassene Kurie verweist darauf, dass bis vor Kurzen kein Impfstoff gegen RSV zur Verfügung stand, heute jedoch drei RSV-Impfstoffe für Erwachsene zugelassen sind. Für Schwangere darf derzeit nur einer dieser Impfstoffe angewandt werden. Zusätzlich gibt es ein Programm zur passiven Immunisierung von Neugeborenen mit dem monoklonalen Antikörper Beyfortus, das seit Dezember 2024 im Rahmen des kostenfreien Kinderimpfprogramms angeboten wird.
Ärztliche Impfberatung ist der Schlüssel gegen wachsende Impfskepsis
„Früher sind Säuglinge und Kleinkinder an den durch RSV verursachten Atemwegsinfektionen gestorben – das kann eine Impfung heute verhindern. Vorausgesetzt, Aufklärung und Impfung finden auch tatsächlich statt. Wir beobachten jedoch eine zunehmende Impfskepsis, befeuert durch Fehlinformationen im Netz und die COVID-Impfpflicht. Die Folgen sind fatal: Kinder mit Masern müssen wieder hospitalisiert werden, und Impfungen in der Schwangerschaft sind für viele werdende Mütter zu einem Tabu geworden. Dabei empfiehlt der Österreichische Impfplan ausdrücklich Immunisierungen gegen Keuchhusten, Tetanus, Influenza, COVID-19 und RSV – zum Schutz des ungeborenen Kindes. Impfmüdigkeit entsteht häufig durch Falschinformationen über angebliche Impfschäden. In der überwiegenden Mehrheit der Impfungen treten lediglich harmlose Reaktionen wie eine juckende oder leicht schmerzende Einstichstelle auf. Hier kann die ärztliche Impfberatung Aufklärung leisten und Vertrauen schaffen“, sagt die Kurienobfrau und Allgemein- und Familienmedizinerin Dr. Dagmar Fedra-Machacek.
Ärztliche Impfberatung findet in Österreich kaum statt
Das Problem: Eine ärztliche Impfberatung findet derzeit nur auf freiwilliger Basis statt, da Ärztinnen und Ärzte hier nur an der Seitenlinie stehen. Eine Impfberatung stellt eine Primärpräventionsleistung dar und kann derzeit laut Sozialversicherungsgesetz nicht im Leistungskatalog der Krankenkasse abgebildet werden. „Statt die ärztliche Impfberatung- und Aufklärung durch Ärztinnen und Ärzte im Honorarkatalog zu berücksichtigen, überlassen wir dieses Feld den Impfgegnern in Telegram-Gruppen. Dabei kann frühzeitige ärztliche Aufklärung Leben retten – vor allem bei RSV, Masern und in der Schwangerschaft“, sagt Fedra-Machacek.
Österreich Schlusslicht bei Keuchhusten-Immunisierung
Die fehlende ärztliche Impfberatung zeigt Folgen: Erkrankungen mit Erregern, die längst kein Problem mehr sein sollten, nehmen in Österreich wieder zu. Bei der Keuchhusten-Immunisierung (Pertussis) liegt Österreich im EU-Vergleich an letzter Stelle – ebenso bei Hepatitis B. Nach Rumänien verzeichnet Österreich derzeit die meisten Masernfälle in Europa. 2024 wurden 542 Maserninfektionen registriert, davon mussten 120 Personen (22,8 Prozent) im Spital behandelt werden, vier davon auf der Intensivstation. Für 2025 wurden bis Oktober österreichweit 151 Fälle bestätigt, davon 15 Fälle in Niederösterreich. Daten zur Durchimpfungsrate fehlen, da die MMR-Impfung (Masern-Mumps-Röteln) nicht im elektronischen Impfregister erfasst wird. Die Gesundheitspolitik folgt dem Motto: Wo keine Datenlage, da auch kein Problem.
Niederösterreich bei den Schlusslichtern der HPV-Impfung
Sehr deutlich zeigt sich das Problem hingegen anhand der Zahlen des Dashboards zu den HPV-Impfungen: Die Durchimpfungsrate für die erste Dosis liegt in Niederösterreich bei 54 Prozent, für die zweite Dosis bei lediglich 40 Prozent – erforderlich wären jedoch 90 Prozent. Damit fehlen in Niederösterreich 8.446 HPV-Impfungen, um eine erfolgreiche Durchimpfung zu erreichen. Im Bundesländervergleich belegt Niederösterreich damit den zweitschlechtesten Platz.
Ärztinnen und Ärzte kennen die gesamte Anamnese ihrer Patientinnen und Patienten
Der Impfpass-Check bietet eine qualifizierte ärztliche Beratung darüber, welche Impfungen je nach Alter, Beruf oder Lebenssituation empfohlen sind, wie sie sich bei bestehenden Erkrankungen, in der Schwangerschaft oder unter Medikamenteneinnahme auswirken – und welche Kosten die Krankenkasse übernimmt. „Diese Leistung trägt wesentlich dazu bei, Impflücken zu schließen, das Bewusstsein für Prävention zu stärken und den individuellen Schutz sicherzustellen. Impfberatung muss generell stärker verankert werden – etwa durch Informationsangebote in Schulen, Kindergärten und Betrieben. Doch nur Ärztinnen und Ärzte kennen die vollständige Krankengeschichte ihrer Patientinnen und Patienten und können den Impfschutz medizinisch fundiert und individuell anpassen“, sagt Dr. Michael Sokol, Leiter des Impfreferats der ÄKNÖ.
Ärztlicher Impfpass-Check als Privatleistung nur zweitbeste Lösung
Auch die Ärztekammer Steiermark hat bereits einen Empfehlungstarif für Impfberatungen eingeführt. „Sinnvoller wäre es allerdings, die Leistung ‚Impfberatung‘ bzw. ‚Ärztlicher Impfpass-Check‘ nicht als Privatleistung zu definieren, sondern als eigenen Bestandteil in die Vorsorgeuntersuchung aufzunehmen – so wie es im Rahmen des JuniorChecks bei der SVS bereits der Fall ist. Einen Empfehlungstarif für eine Privatleistung festzulegen, ist für unsere Patientinnen und Patienten immer nur die zweitbeste Lösung. Die schlechteste Option wäre aber, die Hände untätig in den Schoß zu legen und weiter Impfdurchbrüche zu beobachten“, so Dr. Fedra-Machacek abschließend.
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