- 13.11.2025, 12:09:03
- /
- OTS0099
Behindertenanwältin: Schulassistenz ist ein Menschenrecht und darf nicht vom Bundesland abhängen
Inklusive Bildung darf nicht am Bundesland scheitern
Ob ein Kind Schulassistenz rechtzeitig, ausreichend oder überhaupt erhält, hängt in Österreich vielerorts nicht vom tatsächlichen Unterstützungsbedarf ab, sondern vom Wohnort. Während manche Bundesländer klare Verfahren und zentrale Ansprechpartner:innen eingerichtet haben, existieren andernorts bis heute keine einheitlichen oder rechtlich abgesicherten Modelle. Eltern müssen dort Anträge bei verschiedenen Stellen einreichen, Zuständigkeiten selbst klären und oft monatelang auf Entscheidungen warten.
„Ein Kind mit Assistenzbedarf sollte in jedem Bundesland dieselben Rechte haben. Stattdessen entscheidet oft die Postleitzahl, ob Inklusion möglich ist“, so die Anwältin für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderungen, Mag.a Christine Steger.
Unterschiedliche Wege, ungleiche Chancen
In einzelnen Bundesländern ist Schulassistenz rechtlich fest verankert, in anderen wird sie über Sozialhilfe, Förderprogramme oder projektbezogene Finanzierungen abgewickelt. Das führt dazu, dass die Unterstützung in manchen Regionen verlässlich im Unterricht eingebunden ist, während anderswo nur befristete oder stundenweise Lösungen angeboten werden. Ganz zu schweigen von Bundesländern, in denen Eltern selbst Träger suchen müssen, weil die öffentlichen Strukturen fehlen. Für Familien bedeutet das Unsicherheit und permanente Abhängigkeit vom Wohlwollen lokaler Behörden.
Durch die Sparprogramme einzelner Bundesländer kommte es auch vermehrt zu Stundenreduktionen in der Schulassistenz. Das führt in der Praxis oftmals dazu, dass Kinder die Schule gar nicht mehr oder nicht ausreichend besuchen können. Dadurch fällt ein ganzer Bildungsweg unbedachten Sparmaßnahmen der Bundesländer zum Opfer.
„Es kann nicht sein, dass zwei Kinder mit gleichem Bedarf völlig unterschiedliche Chancen haben, nur weil sie in verschiedenen Bundesländern wohnen“, so Steger.
Rechtlich eindeutig, aber praktisch zersplittert
Die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen gilt bundesweit, doch die Zuständigkeiten und Abläufe in der Umsetzung sind zersplittert. In einem Teil des Landes existieren definierte Qualifikationsanforderungen und stabile Beschäftigungsmodelle, in anderen werden Schulassistenzen auf Projektbasis angestellt, schlecht bezahlt oder kurzfristig ausgetauscht. Schulen berichten, dass sie jedes Jahr aufs Neue kämpfen müssen, um die Unterstützung halbwegs abzusichern.
„Wir haben ein Menschenrecht auf Bildung, das alle Bewohner:innen Österreichs schützen soll. Jedes Bundesland setzt dieses jedoch unterschiedlich in Ausmaß und Qualtiät um. Das ist keine Gleichbehandlung“, so Steger.
Fehlende Regelungen lassen Kinder zurück
Besonders problematisch sind jene Regionen, in denen es überhaupt keine klaren gesetzlichen Bestimmungen gibt. Dort hängt alles vom Engagement einzelner Schulträger, Direktor:innen oder Sozialorganisationen ab. Familien werden zu Bittstellern, weil Verfahren nicht geregelt, Rollen nicht definiert und Zuständigkeiten nicht zuordenbar sind. Kinder verpassen Unterricht, weil niemand weiß, wer die Assistenz finanzieren soll oder wer die Verantwortung trägt.
Schulassistenz braucht bundesweite Verbindlichkeit
Inklusion darf nicht länger eine Frage des Wohnorts sein. Schulassistenz muss in jedem Bundesland denselben Zugang, dieselbe Qualität und dieselbe Verlässlichkeit bieten, damit Kinder mit Behinderungen überall dieselben Chancen haben. Eine Schule kann nur inklusiv arbeiten, wenn die Ressourcen planbar sind und zwar ab dem ersten Schultag, nicht nach Monaten administrativer Verzögerungen.
Die bereits angelaufenen Harmonisierungsbestrebungen im Bereich der Persönlichen Assistenz müssen ausgebaut werden und die Schulassistenz muss Teil der Bestrebungen sein. Hier braucht es weitere Verhandlungen zwischen Bund und Ländern, um die UN-Behindertenrechtskonvention endlich umfassend umzusetzen.
Inklusion endet nicht am Schulhof, sondern beginnt dort
Inklusion ist mehr als eine Idee. Sie braucht klare Gesetze, stabile Strukturen und die Gewissheit, dass jedes Kind Unterstützung bekommt, egal wo es wohnt oder zur Schule geht. Österreich braucht ein Schulsystem, das für alle da ist und die gleichen Voraussetzungen zur Entwicklung für jedes Kind bereitstellt.
„Schulassistenz ist keine Frage der politischen Stimmung und kein Budgetversuchsfeld. Sie ist die Grundlage dafür, dass Kinder mit Behinderungen nicht nur anwesend sind, sondern wirklich dazugehören“, betont Steger.
Rückfragen & Kontakt
Anwältin für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderungen
Mag.a Christine Steger
Telefon: 06648482345
E-Mail: office@behindertenanwaltschaft.gv.at
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | AGF






