• 13.11.2025, 10:52:33
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Stadt Wien klagt Bürgerinitiative – OGH prüft Klagebefugnis

Presseaussendung kann Fluch oder Segen für Bürgerinitiativen bringen – Gerichtsverfahren mit Klärungspotential bei SLAPP-Klagen

Wien (OTS) - 

Eine Presseaussendung der Initiative “Rettet den Christkindlmarkt” vom 4. November 2024 war der davon betroffenen Stadt Wien Marketing GmbH (SWM) dann doch etwas zu forsch. Sie klagte dagegen beim Handelsgericht Wien (16 Cg 62/24b), weil die Presseaussendung für sie rufschädigend sei. Doch nicht nur sie. Auch die Stadt Wien selbst klagte aus diesem Grund, obwohl diese Presseaussendung nur die Sozialdemokratische Partei Österreich (SPÖ) und die Stadt Wien Marketing GmbH (an der sie zu 100% beteiligt ist) betrifft. Dass da der Eindruck entstehen kann, dass die SPÖ sich als Alleinherrscherin Wiens geriert und meint, dass sie mit der Stadt Wien gleichzusetzen sei, wird vehement in Abrede gestellt. Faktum ist freilich, dass die Wiener Stadtregierung von der SPÖ dominiert wird.

Stadt Wien als Namensgeber

Die Stadt Wien beruft sich in ihrer Klage darauf, dass ihr Name im Gesellschaftsnamen („Firma“) der Stadt Wien Marketing GmbH (SWM) enthalten ist, und sie daher von Äußerungen über die SWM mitbetroffen ist. Das Gegenargument der Initiative “Rettet den Christkindlmarkt” ist, dass die Stadt Wien selbst dann, wenn die Presseaussendung vom Gericht als rufschädigend angesehen wird, nur dann Ansprüche wie einen Unterlassungsanspruch gegen die Presseaussendung hätte, wenn darin über die Stadt Wien selbst etwas Negatives geäußert wird. In der Presseaussendung sind aber nur Äußerungen enthalten, die für SWM und die SPÖ negativ wirken. Gegen die Stadt Wien und deren Regierung oder Behörden der Stadt Wien wird darin kein Vorwurf erhoben.

Problem für Bürgerinitiativen

Das Gerichtsverfahren beim Handelsgericht Wien ist in der Zielgeraden. Manche sehen darin ein Gefährdungspotential für Bürgerinitiativen. Denn viele österreichische Gemeinden haben Gesellschaften, in denen ihr Name vorkommt, zum Beispiel Wohnbau- und Immobiliengesellschaften oder GmbHs mit gemeindeeigenen Wirtschaftsbetrieben, mit einem Betrieb zur Wasserversorgung oder zur Abfallbewirtschaftung oder für Abwasserkanäle. Gerade deren Aktivitäten sind oft in der Kritik von Bürgerinitiativen.

Gefahr eines doppelten Chilling-Effekts

Wie der Oberste Gerichtshof betont, soll die Meinungsfreiheit nicht eingeschränkt werden durch einen 'chilling effect', also das Unterbleiben von Beiträgen zu einer Debatte von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse aus Furcht, für diesen Beitrag belangt zu werden (OGH 18.02.2021, 6 Ob 52/20w Rz 33). Im gegebenen Zusammenhang droht aber gleich ein doppelter Chilling-Effekt. Denn eine kritische Bürgerinitiative läuft nun Gefahr, doppelt geklagt zu werden, wenn sie sich ihrem Wesen entsprechend kritisch über einen gemeindeeigenen Betrieb äußert.

Fall für den OGH

Derzeit wartet man auf das Urteil des Handelsgerichts Wien. Das Oberlandesgericht Wien hat bereits im Vorfeld Bedarf an Klärung durch den Obersten Gerichtshof gesehen. Voraussichtlich wird das Verfahren erst dort enden.

Pressefreiheit in Österreich unter Druck

Die Initiative “Rettet den Christkindlmarkt” sieht in diesem Verfahren nicht nur eine Klärung grundsätzlicher Fragen, sondern auch ein wichtiges Signal für alle engagierten Bürgerinnen und Bürger – die sich kritisch mit politischen Strukturen und stadtnahen Betrieben auseinandersetzen, ohne befürchten zu müssen, dafür doppelt geklagt zu werden.

Dass sich der Oberste Gerichtshof im Jahr 2025 mit der Frage befassen muss, ob eine Gebietskörperschaft wie die Stadt Wien überhaupt Klagebefugnis besitzt, obwohl sie in der beanstandeten Presseaussendung gar nicht genannt wurde, zeigt, wie sensibel das Verhältnis zwischen Politik, Justiz und Pressefreiheit in Österreich geblieben ist.

Rückfragen & Kontakt

Initiative "Rettet den Christkindlmarkt"
Amir Cavuoto, (Mediensprecher)
Telefon: +4369919667141
E-Mail: christkindlmarkt22@gmail.com

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