- 11.11.2025, 16:03:03
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Bildungsausschuss: Von der Deutschförderung bis zu Nachschärfungen bei der Zentralmatura
Aktuelle Vorhaben des Ressorts sowie Bericht zur neuen Pädagoginnen- und Pädagogenbildung
Themen wie der Ausbau von psychologischen Angeboten und der Sozialarbeit an Schulen, das geplante Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 Jahren, die verpflichtende Einführung der Sommerschulen sowie geplante Nachschärfungen bei der Zentralmatura standen im Fokus einer aktuellen Aussprache mit Minister Christoph Wiederkehr in der heutigen Sitzung des Bildungsausschusses. Ein zentrales Vorhaben sei die Weiterentwicklung der Deutschförderung, betonte der Minister, der für eine Entideologisierung der Debatte eintrat. Auch wenn es eine Trendwende bei der Anzahl an außerordentlichen Schülerinnen und Schülern gebe, müssten die Anstrengungen verstärkt werden, denn die deutsche Sprache sei der Schlüssel für den Bildungserfolg.
Einen breiteren Raum nahm die im Jahr 2024 beschlossene Neugestaltung der Pädagoginnen- und Pädagogenbildung ein, zumal dazu ein Bericht des Qualitätssicherungsrats vorlag. Dessen Vorsitzender Universitätsprofessor Andreas Schnider war als Auskunftsperson in den Ausschuss geladen und nahm zu den zahlreichen Fragen der Abgeordneten Stellung. Der einstimmig zur Kenntnis genommene Bericht wurde auf Antrag der NEOS nicht enderledigt und wird daher auch im Nationalratsplenum noch einmal behandelt werden.
Aktuelle Aussprache: Fragen zu Mobbing, Personalressourcen und Strafen
Nico Marchetti (ÖVP) erkundigte sich nach den Plänen zur Weiterentwicklung der Deutschförderung, während Petra Tanzler (SPÖ) die Sommerschulen ansprach. NEOS-Vertreterin Fiona Fiedler interessierte sich für die Bereiche Schulpsychologie, Schulsozialarbeit, Kinderschutz und Erinnerungskultur.
Ricarda Berger (FPÖ) übte Kritik am Vorschlag der Regierungsfraktionen zum sogenannten Kopftuchverbot an den Schulen, da die Lehrpersonen davon ausgenommen seien. Sie wünschte sich auch strengere Strafen für unkooperative Eltern und schlug diesbezüglich das Streichen von Sozial- und Transferleistungen vor. Katayun Pracher-Hilander (FPÖ) forderte ein strengeres Vorgehen bei Mobbing in der Schule und plädierte vor allem für präventive Maßnahmen.
Sigrid Mauer (Grüne) lobte die geplante Reform der Deutschförderung, sah jedoch Probleme bei den Personalressourcen. Ihrer Information nach seien erst 285 von den zusätzlichen 750 Planstellen geschaffen worden.
Wiederkehr informiert über aktuelle Vorhaben
Bildungsminister Christoph Wiederkehr ging nicht nur auf die einzelnen Fragen der Abgeordneten ein, sondern gab auch einen kurzen Überblick über die aktuellen Vorhaben seines Ressorts. Wie bereits bekannt sei, werde es Änderungen bei der Deutschförderung geben, wobei vor allem die Schulautonomie ausgebaut werden solle. Durch die Umsetzung von Konzepten, die an die Bedürfnisse der Standorte angepasst seien, erwarte er sich auch bessere Ergebnisse. Um dies zu gewährleisten, habe die Regierung einen "dynamischen Rahmen" von 1.300 Planstellen vorgesehen. Der Stadt Wien seien etwa 500 Förderkräfte zugewiesen worden. Erfreulich sei auch die Verdoppelung der Stellen für die Schulpsychologie sowie die zusätzlichen 65 Planstellen für Schulsozialarbeit. Überdies sollten Schulen etwa bei Mobbing-Problemen ab nächstem Jahr auf Expertise von außen zugreifen können, kündigte der Minister unter Verweis auf das neue Programm "Starke Schule, starke Gesellschaft" an.
Das von den Regierungsfraktionen in die Wege geleitete Kopftuchverbot soll für alle Minderjährigen bis 14 Jahre gelten, um die freie Entwicklung von jungen Mädchen zu ermöglichen. Da Jugendliche ab 14 Jahren religionsmündig seien, solle es auch keine Regelung für Erwachsene geben. In Richtung der Freiheitlichen teilte der Minister weiter mit, dass die Strafrahmen bei "Schulschwänzen" erhöht würden. Generell halte er Verwaltungsstrafen für besser als Eingriffe in Sozialleistungen. Außerdem würde ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr, wie dies bereits geplant sei, die Integration erleichtern.
Die von SPÖ-Mandatarin Petra Tanzler angeführten Sommerschulen bezeichnete Wiederkehr als ein Erfolgsprojekt, da sie sowohl gut angenommen worden seien als auch gute Ergebnisse geliefert hätten. Im nächsten Jahr soll deren Besuch für alle jene Kinder verpflichtend sein, die nicht genügend Deutsch können. Wie bereits angekündigt, solle auch bei der Zentralmatura nachgeschärft werden, informierte der Ressortchef. So soll künftig bei der mündlichen Matura neben der Berücksichtigung der Jahresnote eine gewisse Mindestleistung erbracht werden müssen.
Da ihm der Bürokratieabbau im Bildungswesen ein großes Anliegen sei, sei die Initiative "Freiraum Schule" gestartet worden, an der sich bereits über 19.000 Personen beteiligt hätten, teilte Wiederkehr Abgeordneter Martina von Künsberg Sarre (NEOS) mit. Dabei sollen unter anderem auch Lösungen für die von Christian Schandor (FPÖ) vorgebrachten Probleme bei der Abrechnung von Sprachreisen erarbeitet werden. Ein weiteres zentrales Vorhaben sei der Bildungsrahmenplan Elementarpädagogik, zu dem es ebenfalls 2.000 Rückmeldungen gegeben habe. Ebenso wie Silvia Kumpan-Takacs (SPÖ) war Wiederkehr der Meinung, dass es hier aufgrund des eklatanten Personalmangels Handlungsbedarf gebe. Für eine neue Ausbildungsoffensive seien Mittel in der Höhe von 28 Mio. Ꞓ reserviert. Neben weiteren Förderungen und Stipendien solle auch der Quereinstieg in den Beruf forciert werden.
In Beantwortung weiterer Fragen versicherte Wiederkehr, dass die neu vorgestellte Antisemitismusstrategie der Bundesregierung auch im Bildungsbereich seinen Niederschlag finden werde. Als Beispiel führte er eine Handreichung für Schulen zum Vorgehen in Akutfällen sowie den verstärkten Besuch von Gedenkstätten an. Was die Begabtenförderung angehe, so bestünden bereits zahlreiche Initiativen wie etwa im MINT-Bereich, bekräftigte der Minister gegenüber Wendelin Mölzer (FPÖ).
Neukonzeption der Lehramtsstudien sorgt für Änderungsbedarf bei den Curricula
Eine Novelle der gesetzlichen Vorgaben für die Ausbildung von Pädagoginnen und Pädagogen hat im Vorjahr grundlegende Änderungen der Curricula für die Lehramtsstudien gebracht. Die wichtigsten Neuerungen betrafen die Dauer der Bachelor- und Masterstudien, eine flexiblere Gewichtung der einzelnen Säulen (Fachwissenschaften, Fachdidaktik, Bildungswissenschaften, pädagogisch-praktische Studien), die Gestaltung von Schwerpunkten und Fächern sowie die stärkere Verankerung pädagogischer Praxis. Zusätzlich wurden verbindliche Themenfelder und Kompetenzen definiert, die in allen Lehramtsstudien behandelt werden müssen. Das Lehramtsstudium der Primarstufe (Volksschule) ist bereits ab 2025/26 als dreijähriges Bachelor- und zweijähriges Masterstudium organisiert, für die Sekundarstufe wird dies erst ab 2026/27 gelten.
Der im Jahr 2013 geschaffene Qualitätssicherungsrat (QSR) begleitet die Umsetzung der Reformen und hat dazu auch einen Bericht vorgelegt. In seinen Empfehlungen betont der QSR, es sei zentral, dass die Ausbildung von Lehrkräften auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft basiere. Dazu brauche es autonom und kooperativ handelnde Bildungseinrichtungen. Weiters solle die Pädagoginnen- und Pädagogenbildung an einem konsistenten akademischen Berufsbild ausgerichtet sein. Der QSR empfiehlt außerdem einen "Paradigmenwechsel hin zu kontinuierlicher Fort- und Weiterbildung". Die Auseinandersetzung mit Themen wie künstlicher Intelligenz, Digitalität, Globalisierung, Diversität und Bildungsgerechtigkeit müsse laut QSR für bestehendes und zukünftiges Lehrpersonal obligatorisch sein. Auch Monitoring und wissenschaftliche Begleitung der laufenden Reformen seien Schlüsselbereiche, heißt es im Bericht (III-242 d.B.)
FPÖ-Abgeordnete Lisa Schuch-Gubik gab zu bedenken, dass immer mehr Lehrkräfte ohne Abschluss in den Klassen stehen würden. Zudem würden zahlreiche Pädagoginnen und Pädagogen für einen "fächerfremden" Unterricht eingesetzt.
Sigrid Maurer (Grüne) ortete beim Thema Inklusion Fortschritte als auch Rückschritte. So würden etwa in Oberösterreich wieder neue Sonderschulen eröffnet, kritisierte sie.
Eine gegensätzliche Meinung vertrat Hermann Brückl (FPÖ). Auch wenn 80 % der betroffenen Kinder in inklusiven Einrichtungen betreut würden, so würde ein Fünftel der Eltern den Wunsch haben, ihre Kinder in Sonderschulen unterrichten zu lassen.
Nachdem die Sonderschullehrerausbildung im Jahr 2017 abgeschafft worden sei, würde nun entsprechende Expertise fehlen, meinte Agnes Totter (ÖVP). Es brauche daher ihrer Meinung nach eine "vollwertige Inklusionspädagogikausbildung".
Schnider: Qualitative Weiterentwicklung der Curricula in vielen Bereichen
Der Vorsitzende des Qualitätssicherungsrates Universitätsprofessor Andreas Schnider wertete es als positiv, dass sich der QSR schon bei der Entwicklung der Curricula einbringen und frühzeitig in einen konstruktiven Austausch mit den Hochschulen und Verbünden treten konnte. Dabei wurden folgende Themen, die alle Curricula gleichermaßen als Querschnittsthemen betreffen, primär behandelt: Professions- und Kompetenzorientierung, Constructive Alignment, Diversität und Inklusion sowie Künstliche Intelligenz, Medienbildung, Digitalisierung und Globalisierung.
Schnider stimmte in Bezug auf die Kompetenzorientierung mit Martina von Künsberg Sarre (NEOS) überein, dass ein großer Fokus auf der Fort- und Weiterbildung liege, die von Anfang mitgedacht werden müsse. Beim Constructive Alignment gehe es um die Abstimmung der Modulziele mit dem Bildungsprozess, erläuterte er. Dies sei ein wichtiges Thema, pflichtete Schnider dem Abgeordneten Christian Oxonitsch (SPÖ) bei. Denn das Kernelement zielführender Lehre seien die konkreten Kompetenzen und Fertigkeiten, die die Studierenden erwerben sollten, und nicht mehr einzig der zu vermittelnde Inhalt.
Alle Curricula hätten große Anstrengungen zur weiteren Implementierung der inklusiven Pädagogik vorgenommen, führte Schnider weiter aus, wobei unter Bezugnahme auf die Intersektionalität ein multidimensionales Verständnis von Inklusion zunehmend deutlich werde. Im Zusammenhang mit der Diversität, bei der es "Luft nach oben gebe", liege ein großer Schwerpunkt auf der sprachlichen Bildung. Eingefordert wurde auch die Verankerung der curricularen Schwerpunktthemen des Ressorts, wie etwa Schul- und Dienstrecht oder Elternarbeit, merkte Schnider in Richtung der Abgeordneten Agnes Totter (ÖVP) an. In den Curricula gut abgedeckt sei der Bereich "Künstliche Intelligenz, Medienbildung, Digitalisierung und Globalisierung", der sich jedoch in allen Unterrichtsfächern abbilden müsse.
Der QSR sehe auch ein großes Potenzial darin, dass das "Berufsbild für Lehrerinnen und Lehrer" zu einer expliziten Ausrichtung aller Curricula auf ein gemeinsames Professionsverständnis beitragen werde. Aufgrund der Realität in den Schulen komme es aber immer wieder vor, dass Lehrkräfte in "fachfremden" Fächer unterrichten müssten, räumte Schnider ein. Dem könne man durch die Neugestaltung der Ausbildung (z.B. Bündelung von Fächern) sowie durch das Nutzen der Potenziale von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern entgegenwirken, die oft ganz neue Kompetenzen in die Schulen bringen würden.
Wiederkehr: Harmonisierung der Ausbildung und mehr Praxisbezug
Die Reform der Pädagoginnen- und Pädagogenbildung habe eine Harmonisierung bezüglich der Dauer und der Strukturen gebracht, um eine qualitätsvolle und international "anschlussfähige" Ausbildung sicherzustellen, stellte Bundesminister Christoph Wiederkehr fest. Eine wichtige Neuerung sei unter anderem die Einführung von Intensivpraxiswochen während der Ausbildung für die Primarstufe, um einen ganzheitlichen Einblick gewinnen zu können. Er hob weiters das erstmals vom Ministerium erarbeitete Berufsbild für Lehrerinnen und Lehrer hervor, das die Grundlagen für die zukünftige Ausgestaltung und Weiterentwicklung des Berufs als Soll-Zustand formuliert. Im Sinne einer "School of Education" sollten die einzelnen Sektoren noch besser abgestimmt und die Ausbildung der Pädagoginnen und Pädagogen gemeinsam gedacht werden. Dazu laufe derzeit auch ein Beteiligungsprozess.
Bezüglich der Sonderpädagogik war Wiederkehr überzeugt davon, dass es ausreichend Expertise in den Klassenzimmern brauche, zumal der Bedarf zunehme. Daher werde auch gerade gemeinsam mit Expertinnen und Experten an Qualifikationsangeboten gearbeitet.
Da er einen pragmatischen Ansatz verfolge, könne er sich vorstellen, dass in Hinkunft Standorte von Sonderschulen als inklusive Einrichtungen geführt würden. Nachdem Pflichtschulen Ländersache seien, könnten sie eigene Wege gehen. (Fortsetzung Bildungsausschuss) sue
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