- 08.11.2025, 17:19:03
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Erste evangelische Bischöfin: Cornelia Richter wurde feierlich in ihr Amt eingeführt
Richter: Vertrauen und Zutrauen in die weltbewegende Macht Gottes setzen – Bischof Chalupka feierlich verabschiedet
Die neue Bischöfin der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich, Cornelia Richter, ist am Samstag, 8. November, in einem Festgottesdienst im Wiener Museumsquartier in ihr Amt eingeführt worden. Mit der Amtseinführung tritt Bischöfin Cornelia Richter ihr gesamtösterreichisches Leitungsamt in der Evangelisch-lutherischen Kirche an. Im Mai war sie von der Synode mit überwältigender Mehrheit zur Bischöfin gewählt worden. Sie ist die erste Bischöfin in der Geschichte der Evangelischen Kirche in Österreich.
In ihr bischöfliches Leitungsamt eingeführt wurde Cornelia Richter durch den scheidenden Bischof Michael Chalupka, der nach Erreichen des Pensionsalters in den Ruhestand tritt. Er wurde im Gottesdienst feierlich verabschiedet.
Als Predigttext hatte die neue Bischöfin das Magnificat, den Lobgesang der Maria, aus dem Lukasevangelium gewählt, ein „Lied der Menschheitsgeschichte weit über die Ökumene hinaus“, weil es „Glaubenszeugnis“ und „Sehnsuchtstext“ zugleich sei, wenn davon erzählt werde, „dass das Wunder geschieht, das niemand mehr erwartet“. Diesen Lobgesang bezeichnete Richter als eine „Hymne des Dankens, des Vertrauens und des Zutrauens in die weltbewegende Macht Gottes – und zwar genau da, wo es im Leben anders gekommen ist als erwartet“. Solche Botschaften seien wichtig, gerade in unruhigen Zeiten „voller Krisen und Konflikte, voller Misstrauen und Angst – in der Gesellschaft und manchmal auch in unserer Kirche“.
Bischöfin Richter: Vision der Bergpredigt gegen Hass und Gewalt
Fröhliche Lieder anzustimmen falle vielen schwer angesichts von Kriegsrhetorik, Pflegenotstand oder Klimakrise. Näher liege da oft Rückzug und Eskapismus in die eigene kleine Welt. Hier brauche es jemanden, „der uns sagt: ‚Fürchte dich nicht‘“, ist Richter überzeugt. Und es brauche eine Gemeinschaft, „die sich „nicht schrecken lässt von dem, was ist. Sondern die zupackig auf die Dinge zugeht. Die mitten in dieser Gesellschaft steht und mit all jenen Menschen nach Lösungen sucht, die sich für unser friedliches Zusammenleben engagieren – Menschen aller Generationen, Profis ebenso wie Ehrenamtliche. Damit wir mit Gottes Hilfe gemeinsam weit über das hinausgehen, was alle erwarten.“ Um die Dinge gemeinsam anzupacken, brauche es die gelebte Vision der Bergpredigt, „gegen all die Gewalt und den Hass da draußen, gegen den Terror und Krieg in der Welt, würden wir Tag für Tag all unser Vertrauen darauf setzen, dass Gott die Gewaltigen vom Thron stößt, die Niedrigen erhebt und die Hungrigen satt werden lässt. Was für eine großartige Vision, was für eine Quelle neuer Hoffnung und Kraft“, sagte Richter und appellierte an die Mitfeiernden: „Kommt, lasst es uns versuchen! Ich bin gewiss, dass aus dieser Vision auch in der Zukunft noch Zeichen und Wunder geschehen.“
Synodenpräsidentin Monjencs dankt Bischof Chalupka
Synodenpräsidentin Ingrid Monjencs dankte dem scheidenden Bischof Michael Chalupka im Gottesdienst für seinen Einsatz an der Spitze der Evangelisch-lutherischen Kirche. Chalupka hatte das Bischofsamt im September 2019 angetreten. In den darauf folgenden Zeiten der Pandemie und Lockdowns habe er nicht zuletzt durch seine Hirtenbriefe den Menschen in der Kirche Mut zugesprochen und Kraft gegeben, erinnerte die Synodenpräsidentin. Die Bewahrung der Schöpfung und vor allem der „Übergang vom Glauben zum Tun“ sei Chalupka stets ein großes Anliegen gewesen. Das Klimaschutzkonzept, das in Chalupkas Amtszeit verabschiedet worden ist, wirke „in alle Bereiche unserer Kirche hinein“ und erziele „messbare Ergebnisse“. Mit „Aus dem Evangelium leben“ habe Chalupka zudem ein Projekt initiiert, „das unsere Kirche zukunftsfähig machen soll“. Dabei habe Chalupka „Veränderung immer als Chance gesehen“, bekräftigte die Synodenpräsidentin, die dem scheidenden Bischof für den neuen Lebensabschnitt „Gottes Segen“ wünschte.
Im Gottesdienst, der auf ORF 2 live übertragen wurde, übergab der scheidende Bischof das Amtskreuz an seine Nachfolgerin. Synodenpräsidentin Ingrid Monjencs verlas die Bestellungsurkunde. Als „erste Pfarrerin“ der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich obliege Bischöfin Cornelia Richter die geistliche Leitung „im ständigen Blick auf die Einheit der Kirche“. Die Amtseinführung selbst nahm der scheidende Bischof Michael Chalupka vor. Dabei assistierten ihm die Vizepräsidentin des Lutherischen Weltbundes, Bischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt, der Wiener Superintendent Matthias Geist, die Golser Pfarrerin und VEPPÖ-Obfrau Iris Haidvogel und der Pfarrer aus Bad Goisern, Günther Scheutz.
Chalupka: Cornelia Richter wird „das Evangelium zur Sprache bringen und Herzen der Menschen berühren“
In seiner Ansprache ging Chalupka auf den Lebensweg von Cornelia Richter ein. Die Erfahrung aus der Welt der Universitäten sei ein „wunderbares Fundament“ für die Berufung. Bei ihrem ehrenamtlichen Engagement als Pfarrerin in Bad Goisern habe sie erfahren, „dass die universitäre Theologie im Alltag der Gemeinde bewährt und trägt“. Als Bischöfin werde sie „das Evangelium zur Sprache bringen“ und „die Herzen der Menschen berühren“. Das Amt einer Bischöfin führe „ohne menschliche Gewalt, sondern allein durch Gottes Wort“, zitierte Chalupka aus dem Augsburger Bekenntnis, der grundlegenden Bekenntnisschrift der Evangelischen Kirche. „Es ist wohl das, was du unserer Kirche schenken wirst: Nicht auf den Erwartungen, den strahlenden und den düsteren, zu beharren, sondern sich vom Unerwarteten überraschen, trösten und stärken zu lassen“, sagte Chalupka.
Den Festgottesdienst haben im Museumsquartier über 1.000 Menschen aus ganz Österreich mitgefeiert. Dabei waren Vertreter:innen aus den Evangelischen Kirchen in Österreich und den Nachbarländern ebenso wie Vertreter:innen aus der Ökumene und dem öffentlichen Leben. Mehrere Repräsentant:innen österreichischer Kirchen, kirchennaher Institutionen, der Diakonie und dem universitären Bereich sowie Bischöfinnen und Bischöfe aus europäischen Schwesterkirchen sprachen Segensworte, wie etwa der ernannte Wiener Erzbischof Josef Grünwidl und Bischof Manfred Scheuer von der Römisch-katholischen Kirche, die altkatholische Bischöfin Maria Kubin, der reformierte Landessuperintendent Ralf Stoffers oder der methodistische Superintendent Stefan Schröckenfuchs.
Gratulationen von Bundespräsident Van der Bellen
Als erste gratulierten der Bischöfin nach dem Gottesdienst Bundespräsident Alexander Van der Bellen gemeinsam mit seiner Gattin Doris Schmidauer. Beide hatten ebenfalls den Gottesdienst mitgefeiert. Seitens der Bundesregierung nahmen Sozialministerin Korinna Schumann und Innenminister Gerhard Karner teil, gekommen waren u.a. auch die Grünen-Bundessprecherin Leonore Gewessler.
Dass erstmals eine Frau in das Bischofsamt gewählt wurde, sei ein „starkes Signal dafür, dass Verantwortung und Leitung Frauen selbstverständlich zusteht“, sagte Bundesministerin Korinna Schumann in ihrem Grußwort, das sie namens der Bundesregierung sprach. Dem scheidenden Bischof Michael Chalupka dankte Schumann für das „konsequente Erinnern“, jene Menschen nicht aus dem Blick zu verlieren, die Hilfe brauchen. Gleichzeitig würdigte die Ministerin Chalupkas Einsatz für soziale Gerechtigkeit und für Menschen auf der Flucht – die soziale Offenheit habe „Maßstäbe gesetzt“.
Die Solidarität als Basis für den Sozialstaat sei keine Selbstverständlichkeit, es brauche Menschen und Institutionen, die „zusammenhalten und das Verbindende vor das Trennende stellen“. Das Wirken der Evangelischen Kirche schaffe „echte Verbundenheit“. Die neue Bischöfin bringe Erfahrung, klare Haltung und ein „offenes Herz“ für Menschen mit, sagte die Ministerin, die sich für Zusammenarbeit „im Sinne eines menschlichen, solidarisch starken Miteinanders in unserem Land“ aussprach.
Cornelia Richter sei eine „herausragende Wissenschaftlerin“, würdigte der Rektor der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Michael Hoch, seine ehemalige Kollegin und Professorin für Systematische Theologie und Hermeneutik. „Sie war häufig die Erste“, betonte Hoch, zunächst die erste Dekanin, dann Senatsvorsitzende und jetzt Bischöfin. Richter zeichne Empathie und Zugewandtheit gegenüber den Menschen sowie Verantwortungsbewusstsein aus. Zudem mache ihre „tief aus dem Herzen“ kommende und „ansteckende“ Fröhlichkeit die „Menschen selbst auch fröhlich“, bekräftigte Hoch. „Bei ihr wird nicht nur nachgedacht, sondern auch gelacht – und das ist gut für die Theologie“, zeigte sich der Rektor überzeugt.
„Die weltweite lutherische Familie feiert und freut sich mit dir”, sagte Kristina Kühnbaum-Schmidt, Landesbischöfin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) und Vizepräsidentin des Lutherischen Weltbundes. Die Amtseinführung der ersten Bischöfin sei ein “Meilenstein weit über Österreich hinaus”, die bezeuge, dass Gott Männer und Frauen gleichermaßen ins Leitungsamt rufe. Dem emeritierten Bischof Michael Chalupka dankte Kühnbaum-Schmidt für das klare diakonisches Profil und die theologisch begründete Schöpfungsverantwortung. Im Lutherischen Weltbund habe die Evangelische Kirche in Österreich eine wichtige Brückenfunktion.
Cornelia Richter – Zur Person:
Cornelia Richter (55) wuchs in Bad Goisern auf, ihr Vater war Pfarrer, ihre Mutter über viele Jahre Organistin in der örtlichen Kirche. Ihr Theologiestudium absolvierte Richter in Wien und München, darauf folgten Aufgaben als wissenschaftliche Mitarbeiterin an theologischen Fakultäten in Wien, Marburg und Kopenhagen. Lehrtätigkeiten führten sie nach Hermannsburg, Zürich und Gießen, 2011 folgte dort die Berufung auf den Lehrstuhl für Systematische Theologie und Ethik. 2012 wurde sie sowohl nach Bonn als auch nach Kiel berufen und entschied sich für die Universität Bonn. Dort war sie von 2012 bis 2020 Professorin für Systematische Theologie mit Schwerpunkt in der Lehramtsausbildung, seit 2020 hat Richter die Bonner Professur für Dogmatik und Religionsphilosophie inne. Seit 2012 ist sie zudem Co-Direktorin des Bonner Instituts für Hermeneutik. Seit 2024 lehrt Richter auch an der University of St. Andrews (UK).
Von 2020 bis 2024 leitete Cornelia Richter als erste Dekanin die Evangelisch-Theologische Fakultät und seit 2024 ist sie als erste Frau Vorsitzende des Senats der Universität Bonn. Neben den aktuellen theologisch-dogmatischen Arbeitsschwerpunkten ist Richter Expertin im interdisziplinären Feld der Resilienzforschung. Während ihrer umfassenden Lehrtätigkeit in Deutschland hat Cornelia Richter den Kontakt zu ihrer oberösterreichischen Heimat nicht abreißen lassen. Als Pfarrerin im Ehrenamt gestaltet Richter hier Gottesdienste und Amtshandlungen, in Bonn wirkt sie seit 2012 regelmäßig als Predigerin und Liturgin an der Schlosskirche, die sie seit 2024 als Universitätspredigerin leitet. In verschiedenen Bereichen arbeitete Richter in den letzten Jahren in der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD), der Evangelischen Kirche im Rheinland sowie der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich mit.
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