- 07.11.2025, 11:25:03
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Kurt-Rothschild-Preisträgerin Annina Kaltenbrunner: "Globale Strukturen der Ungleichheit überwinden"
SPÖ-Parlamentsklub und Karl-Renner-Institut verliehen zum zehnten Mal den Kurt-Rothschild-Preis für Wirtschaftspublizistik
Der SPÖ-Parlamentsklub und das Karl-Renner-Institut verliehen zum zehnten Mal den Kurt-Rothschild-Preis für Wirtschaftspublizistik; das Motto des diesjährigen Preises: „Für eine gerechte und inklusive Wirtschaftsordnung". Am Donnerstagabend fand im Parlament die Verleihung statt. Den Hauptpreis erhielt Annina Kaltenbrunner, Professorin für Globale Wirtschaft an der Leeds University Business School, für ihre Arbeiten zu "International Financial Subordination". Kaltenbrunner erläuterte in ihrer Rede, welche Ansätze helfen können, um globale Strukturen der Ungleichheit zu überwinden. ****
Eva-Maria Holzleitner, Bundesministerin für Frauen, Wissenschaft und Forschung und SPÖ-Frauenvorsitzende, würdigte in ihrer Laudatio Annina Kaltenbrunner als "eine Wissenschafterin, deren Forschung den Blick auf das große Ganze schärft". Forschung soll demnach "nicht nur beschreiben, sie soll Möglichkeiten aufzeigen. Das macht Annina Kaltenbrunner mit ihren Arbeiten". Es gebe Alternativen und es gebe inklusivere Finanzarchitekturen. Die wissenschaftliche Arbeit von Annina Kaltenbrunner sei unmittelbar anschlussfähig für die politische Praxis von Ministerien, Zentralbanken, Entwicklungsagenturen, so Holzleitner.
Annina Kaltenbrunner betonte, wie wichtig es sei, dass der Kurt-Rothschild-Preis die progressive, plurale Ökonomie in den Mittelpunkt stellt. Pluralismus und Dependenztheorie zeigen, wie Länder des Globalen Südens durch ihre strukturell untergeordnete Position im globalen Währungs- und Finanzsystem in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung behindert werden. An der Spitze dieses Systems stehen die Währungen der USA, der EU und zunehmend auch jene Chinas.
Ein zentrales Problem sei es, dass diese Staaten sich nicht in ihrer eigenen Währung verschulden können, sondern (vorwiegend) Dollar-Kredite aufnehmen müssen. Das führt bei einer Abwertung der Landeswährung gegenüber dem Dollar zu immensen Problemen mit direkten Auswirkungen auf die wirtschaftliche Struktur der Staaten, die dann einen Gutteil ihrer Erlöse aus Exporten für Rückzahlung der Schulden aufwenden müssen. Ein weiteres Hemmnis für die wirtschaftliche Entwicklung liege darin, dass für Kredite in der Landeswährung oft sehr hohe, weit über die Risikoabsicherung hinausgehende Zinsen verlangt werden.
Diesen Problemlagen entsprechend skizzierte Kaltenbrunner auch Lösungsansätze. Ein Ansatz wäre, die lokalen Finanzsysteme von den internationalen zu lösen; so könne lokale Kreditvergabe den Geldschöpfungsmechanismus auslösen. Nebenbedingung: Die Akteure müssen den Anlagen vertrauen und die Zinsen dürfen nicht überschießend hoch sein. Funktionierende Banken seien die Basis, weshalb der Staat hier eingreifen solle. Auch internationale Entwicklungsbanken könnten hier unterstützen.
Weiters könnten Swap-Lines helfen, die es ermöglichen, dass Staaten über die Vereinbarungen zwischen Zentralbanken kurzfristig Liquidität in einer Fremdwährung erhalten. Derzeit gebe es eine solche Vereinbarung allerdings für keinen Staat des Globalen Südens. Und schließlich plädiert Kaltenbrunner für Risikoteilung. Derzeit würde das gesamte Risiko auf die Länder des Globalen Südens überwälzt. Ein Vorschlag ist, dass z.B. Entwicklungsbanken einen Teil des Risikos übernehmen.
Eröffnet wurde die Veranstaltung von der Dritten Nationalratspräsidentin und Präsidentin des Karl-Renner-Instituts, Doris Bures, und dem stellvertretenden SPÖ-Klubvorsitzenden Jan Krainer.
Bures sprach die großen Herausforderungen des Wirtschaftsstandorts Europa und Österreich an. Bezogen auf Österreich erwähnte sie das schwere budgetäre Erbe, dass die Vorgängerregierung hinterlassen habe. Der gesellschaftliche Zusammenhalt werde durch Extremismus und Populismus angefochten. Alle Kurt-Rothschild-Preisträger:innen gingen auf ganz aktuelle und akute gesellschaftliche und wirtschaftliche Problemlagen ein. "Es geht uns allen darum, die Gesellschaft besser und freier zu machen", sagte Bures.
Jan Krainer dankte den Wissenschafter:innen für ihre Beiträge und erläuterte, wieso der SPÖ-Parlamentsklub diesen Preis gemeinsam mit dem Karl-Renner-Institut ins Leben gerufen habe: “Weil die Wissenschaft von heute Basis für die Politik von morgen ist – oder es zumindest sein sollte.”
Jakob Kapeller, Professor für Sozioökonomie an der Universität Duisburg-Essen, ist der Vorsitzende der Jury. Er hat erklärt, dass das Werk von Kurt Rothschild "ein wichtiger Orientierungspunkt insbesondere für junge Ökonom:innen ist". Die Neigung von Rothschild, immer auf konkrete, aktuelle gesellschaftliche und wirtschaftliche Problemlagen zu schauen und Lösungen zu suchen, "machte ihn zu einem Leuchtturm in seinem Fach".
Neben dem Hauptpreis wurden folgende Wissenschafterinnen und Wissenschafter für ihre herausragenden Arbeiten ausgezeichnet:
Hagen Krämer, Hochschule Karlsruhe, "Jenseits des Neoliberalismus: Perspektiven für einen sozialen Kapitalismus”
Stephan Pühringer, Matthias Aistleitner, Lukas Cserjan, Sophie Hieselmayr, Johannes Kepler Universität Linz, "Netzwerke der Superreichen: Die Politische Ökonomie des Überreichtums in Österreich”
John Tomaney, Lucy Natarajan, Sarah Chaytor, Florence Sutcliffe-Braithwaite, Dimitrios Panayotopoulos-Tsiros, Siobhan Morris, Myfanwy Taylor, Maeve Blackman, Katherine Welch, University College London, "Social infrastructure and ‘left behind places‘”
Anna Schwarz, Central European University, "Im Schatten des Haushalts: Wie Haushaltsdynamiken die geschlechtsspezifische Erwerbsarmut in Europa prägen”
Christina Siegert, Universität Wien, "Armutsgefährdung von Frauen in Paarhaushalten: Ein blinder Fleck der Armutsforschung”
Alle Informationen zu den ausgezeichneten Wissenschafter:innen und ihren Arbeiten finden Sie hier:
https://renner-institut.at/veranstaltungen/kurt-rothschild-preis-2025
Über den Kurt-Rothschild-Preis
Der Preis wurde im Jahr 2016 vom SPÖ-Parlamentsklub und dem Karl-Renner-Institut ins Leben gerufen und wird heuer zum zehnten Mal vergeben. Er steht in der Tradition seines Namensgebers, des großen Ökonomen Kurt Rothschild. Ausgezeichnet werden Forscher:innen für wirtschaftspublizistische Arbeiten, die in der Wissenschaft Anerkennung finden und mit innovativen Lösungen für wirtschaftliche und gesellschaftliche Fragen öffentliche Diskussionen anstoßen. (Schluss) wf/bj
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