- 06.11.2025, 20:35:32
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- OTS0159
Umweltausschuss diskutiert Erkenntnisse des Sachstandsberichts zum Klimawandel
Forschende drängen auf rasche Umsetzung von Maßnahmen, um Auswirkungen des Klimawandels zu dämpfen
Die Erkenntnisse und Schlussfolgerungen des zweiten österreichischen Sachstandsberichts zum Klimawandel standen im Mittelpunkt einer aktuellen Aussprache im heutigen Umweltausschuss des Nationalrats. Mehr als 200 Forscherinnen und Forscher aus über 50 Institutionen haben über drei Jahre an diesem Bericht mitgewirkt. Den Abgeordneten standen von wissenschaftlicher Seite Daniel Huppmann (International Institute for Applied Systems Analysis), Sven Fuchs (Universität für Bodenkultur) und Daniela Kletzan-Slamanig (WIFO) für ihre Fragen zur Verfügung. Diese legten die Erkenntnisse des Berichts zu Auswirkungen des Klimawandels dar und zeigten notwendige Maßnahmen auf, um die Auswirkungen zu dämpfen. Nach der gestrigen Einigung auf ein EU-Klimaziel für 2040 berichtete der für Klima- und Umweltschutz zuständige Bundesminister Norbert Totschnig über diese Entscheidung und legte seine Sicht über die notwendigen nächsten Schritte im Klima- und Umweltschutz dar.
Kritik äußerten Thomas Spalt (FPÖ) und Lukas Hammer (Grüne) daran, dass Totschnig den Bericht nicht dem Parlament vorgelegt hat. So könne der Bericht nur im Rahmen einer Aussprache, aber nicht als eigener Tagesordnungspunkt und in Folge nicht mit einer breiteren Öffentlichkeit im Nationalratsplenum diskutiert werden.
Die Freiheitlichen hinterfragten auch die Unabhängigkeit und Wissenschaftlichkeit des Berichts. So sah Thomas Spalt (FPÖ) eine "Vermischung von politischer Meinung mit Wissenschaft". Bundesminister Totschnig betonte demgegenüber die Unabhängigkeit der Berichtserstellung von seinem Ressorts. Mehrere Abgeordnete kritisierten die Position der FPÖ und hoben die Bedeutung des Berichts für die politische Entscheidungsfindung hervor. So meinte etwa Leonore Gewessler (Grüne), dass die Freiheitlichen Absender diskreditieren würden, wenn ihnen ihre Botschaften nicht gefallen würden.
Minister Totschnig berichtet über Einigung auf EU-Klimaziel
Nach intensiven Diskussionen konnte auf europäischer Ebene eine Einigung zu einem Kompromiss zur allgemeinen Ausrichtung des Klimaziels 2040 erreicht werden, berichtete Klima- und Umweltschutzminister Norbert Totschnig. Österreich habe dabei klar Position bezogen. Er habe immer gesagt, dass Österreich bei entsprechenden Rahmenbedingungen zustimmen werde. Es sei ihm wichtig gewesen, dass die EU-Klimapolitik alle EU-Mitglieder zu einem Netto-Null-Zielpfad verpflichtet. Zudem habe er sich für eine Sonderregelung für die natürliche CO2-Senke Wald eingesetzt, da hier Flexibilitäten notwendig seien, betonte er. Ebenso sei die Verlängerung der Gratis-Emissionszertifikate bedeutend, um notwendige Investitionen zu ermöglichen. Zudem hob Totschnig als Prioritäten die Berücksichtigung technischer Senken und der Lebensmittelversorgungssicherheit hervor. Der Kompromiss bringe nun unter anderem die Erhöhung der Möglichkeit zur Nutzung internationaler Zertifikate auf bis zu 5 %, eine Klausel im Falle ökonomischer Verwerfungen sowie das Verschieben des Starts des neuen Emissionshandels für Verkehr und Gebäude (ETS2) um ein Jahr.
Bei der kommenden UN-Klimakonferenz (COP30) werde sich die EU "stark ambitioniert" positionieren. Dazu habe man sich für einen nationalen Klimabeitrag (NDC) geeinigt, mit dem die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2035 um 66,25 bis 72,5 % unter das Niveau von 1990 gesenkt werden sollen. Das sei im internationalen Vergleich ein klares Zeichen zum Absenken der Emissionen, betonte Totschnig gegenüber Leonore Gewessler (Grüne). Österreich werde sich im Rahmen der Konferenz insbesondere für die Reduktion der Treibhausgase einsetzen, um mehr Länder zur Reduktion zu motivieren.
Sachstandsbericht: Temperaturen in Österreich doppelt so stark gestiegen
Die Temperatur in Österreich sei seit 1900 mit rund 3,1 Grad mehr als doppelt so stark wie im globalen Durchschnitt gestiegen, erläuterte Sven Fuchs (Universität für Bodenkultur). Künftig werde es mehr Hitzetage geben, und das nicht nur im Osten sondern auch in vielen Alpentälern. Extremwetterereignisse wie Hitze, Dürre, Starkregen und Muren würden mit erheblichen Folgen für Gesundheit, Infrastruktur und Ökosysteme zunehmen. Bereits heute würden dadurch Kosten in der Höhe von 2 Mrd. Ꞓ jährlich entstehen und ohne zusätzliche Maßnahmen würden diese auf 10,8 Mrd. Ꞓ jährlich bis 2050 ansteigen.
Sachstandsbericht: Maßnahmen nicht ausreichend zum Erreichen der Klimaziele
Österreich habe ein breites Portfolio an klimapolitischen Maßnahmen, dessen Ambitionsniveaus seien aber nicht ausreichend zum Erreichen der klimapolitischen Ziele, erläuterte Daniela Kletzan-Slamanig (WIFO). Zudem seien in jüngster Zeit Maßnahmen zurückgefahren und klimakontraproduktive Maßnahmen verstärkt worden. Rein technologisch gesehen wären die Klimaziele mit 6-11 Mrd. Ꞓ an jährlichen Investitionskosten erreichbar, erklärte Daniel Huppmann. In Relation zu anderen Budgetbeträgen, wie klimakontraproduktive Subventionen, wäre dieser Betrag aber mittels Umschichtungen durchaus stemmbar, meinte er.
Eine Kohärenz klimapolitischer Signale sei unbedingt notwendig, betonte Daniela Kletzan-Slamanig (WIFO) gegenüber Michael Bernhard (NEOS) und Leonore Gewessler (Grüne). Für Haushalte und Betriebe sei Planbarkeit und Investitionssicherheit bedeutend. Im Rahmen eines Klimagesetzes sollten neben den Zielpfaden und der sektoralen sowie föderalen Lastenteilung auch Maßnahmen vorgesehen werden, wenn die Erreichung des Zielpfads in Frage steht. Hinsichtlich klimaschädlicher Subventionen sprach sich die Expertin für eine systemische und nicht eine isolierte Betrachtung der Maßnahmen, eine verursachergerechte Besteuerung sowie eine breitestmögliche Beseitigung kontraproduktiver Ausnahmen aus. Bei ordnungspolitischen Maßnahmen sah sie etwa Potentiale beim Wohnrecht, das oft den Tausch veralteter Heizsysteme erschwere.
Wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen des Klimawandels
Die einzelnen Einkommensperzentile seien unterschiedlich vom Klimawandel betroffen und jene, die am meisten Emissionen verursachen, würden am wenigsten unter den Auswirkungen leiden, erläuterte Daniel Huppmann gegenüber Antonio Della Rossa (SPÖ) und Franz Jantscher (SPÖ). Hinsichtlich der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen des Klimawandels betonte Huppmann, wie die Verringerung der Energieimportabhängigkeit und die Förderung von Innovation zu Wohlstand beitragen kann.
Sven Fuchs sah gegenüber Franz Hörl (ÖVP) künftige Wettbewerbsnachteile für den österreichischen Tourismus, insbesondere im Bereich des Wintersports.
Hinsichtlich der wirtschaftlichen Folgen warnte Gerhard Deimek (FPÖ) vor einer Abwanderung von Unternehmen. Diese würden auf eine Schiene gezwungen, die sie "umbringen" werde. Insgesamt forderte der Abgeordnete, den Forschungsschwerpunkt mehr auf die Folgen des Klimawandels für die unterschiedlichen Bereiche zu legen.
Ausbau erneuerbarer Energien
Der Bericht zeige, dass es nicht nur einen Weg zum Erreichen der Klimaziele gebe und dies ermögliche der Politik Flexibilität, sagte Totschnig zu Carina Reiter (ÖVP). Insgesamt werde die Bedeutung der Elektrizität zunehmen und Strom künftig insbesondere für die Mobilität und Raumwärme entscheidend sein. Dazu sei der Ausbau erneuerbarer Energien und entsprechender Speichermöglichkeiten wichtig.
Es brauche mehr und einen rascheren Ausbau erneuerbaren Energien als derzeit vorgesehen, meinte dazu Experte Huppmann.
Die verringerten Schneedecken und Gletscher sowie auf der anderen die Zunahme an Hochwasserereignissen würden Auswirkungen auf die Energiewirtschaft haben, erläuterte Sven Fuchs gegenüber Lukas Hammer (Grüne).
Möglichkeiten zur CO2-Speicherung
Zur Aufhebung des Verbots der Speicherung von CO2 sei geplant, ein Gesetz noch dieses Jahr vorzulegen, berichtete der Minister an Joachim Schnabel (ÖVP). Insgesamt sei im Bereich der technischen Senken eine europäische Zusammenarbeit wichtig.
Daniel Huppmann plädierte dafür, Maßnahmen zum Kohlenstoff-Management zu begrenzen und vielmehr auf Emissionsreduktionen zu setzen.
Wälder Herausforderung im Klimawandel
Handlungsbedarf ortete Daniel Huppmann bei den Wäldern. Diese würden aufgrund des vielerorts schlechten Zustands zunehmend ihre Funktion als C02-Senken verlieren und sich vermehrt zu Verursachern von Emissionen entwickeln. Klimafitte Wälder seien dafür die Lösung, es werde aber dauern bis die Wälder wieder ihre Senkenfunktion in diesem Ausmaß erfüllen können, erläuterte Huppmann an Albert Royer (FPÖ), Franz Hörl (ÖVP) und Julia Elisabeth Herr (SPÖ). Das unterstrich auch Sven Fuchs. Es würden Dekaden vergehen bis die Bäume wieder entsprechend CO2 binden. Parallel würden die Verluste im Wald durch Hitze und Schädlinge zu mehr Erosion und einer Reduktion des Schutzwaldes und folglich zur Gefährdung von Siedlungsraum und Infrastruktur führen.
Gegenüber Maximilian Linder (FPÖ) und Lukas Hammer (Grüne) sprach sich Minister Totschnig hinsichtlich der EU-Entwaldungsverordnung für eine "praktikable Lösung" aus, da Österreich kein Entwaldungsproblem habe.
Weitere Themen: Feinstaub, Sanierung, Wasserentnahmeregister, Batteriensammlung, Bodenschutz und Daten
Mit den neuen Mitteln für die Sanierungsoffensive werde der jährliche Tausch von 30.000 Heizkesseln und thermische Sanierungen ermöglicht, sagte Totschnig zu Franz Hörl (ÖVP). Gegenüber Klaus Mair (ÖVP) berichtete der Minister über die neue EU-Luftqualitätsrichtlinie, die neue Grenzwerte für Schadstoffe beinhaltet und strich die Bedeutung der Umrüstung von Heizsystemen hierfür hervor.
Angesichts der hohen Zahl an Fehlwürfen von Lithiumbatterien und daraus entstandener Brände sei es notwendig zu reagieren, erläuterte der Umweltminister gegenüber Martina Diesner-Wais (ÖVP). Dazu werde eine Öffentlichkeitskampagne fortgesetzt sowie eine Rücknahmeverpflichtung von Einweg-E-Vapes und ein Cashback-System geprüft.
Man arbeite derzeit mit den Bundesländern an den Grundlagen für ein digitales Wasserentnahmeregister, berichtete der Minister an Roland Baumann (SPÖ). Dabei sei ein vertretbarer Aufwand wichtig. Ebenso werde mit den Bundesländern ein Reduktionspfad zum Bodenschutz erarbeitet, erläuterte Totschnig an Leonore Gewessler (Grüne).
Sven Fuchs sah gegenüber Ines Holzegger (NEOS) einen Verbesserungsbedarf für mehr Daten über Schäden an Siedlungen und Infrastruktur. (Schluss Umweltausschuss) pst
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