• 04.11.2025, 20:01:32
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  • OTS0156

Berger: Europäischer Rechnungshof mahnt nachhaltige EU-Finanzpolitik ein

Aussprache im Rechnungshofausschuss über Befunde des EU-Prüforgans zum ordnungsgemäßen Einsatz von EU-Mitteln

Wien (PK) - 

In einer Aussprache mit Helga Berger, der österreichischen Vertreterin beim Europäischen Rechnungshof (EuRH), thematisierten die Abgeordneten des Rechnungshofausschusses heute den Jahresbericht des EuRH zum EU-Haushaltsjahr 2024. In ihren Ausführungen konzentrierte sich die Vertreterin beim EuRH auf die zentralen Aussagen des Berichts und seine Prüfbefunde. Berger ging außerdem auf die Perspektiven für den nächsten EU-Haushalt im Lichte der Erkenntnisse des europäischen Prüforgans ein. Angesichts des aktuell hohen Schuldenstands der EU sehe das europäische Prüforgan sich aufgerufen, eine nachhaltige EU-Budget- und Finanzpolitik einzufordern, berichtete Berger.

Berger: Fehlerquote entwickelt sich in die richtige Richtung

Der EuRH habe, wie auch schon in den Jahren davor, ein uneingeschränktes Prüfungsurteil zur Zuverlässigkeit der Rechnungsführung der EU für 2024 abgeben können. Die Einnahmen seien 2024 recht- und ordnungsgemäß erfolgt, erläuterte Berger.

Für die geprüfte Aufbau- und Resilienzfazilität (RRF) habe der EuRH einmal mehr nur ein eingeschränktes Prüfungsurteil abgegeben, weil bei Zahlungen nicht alle Bedingungen erfüllt gewesen und bei Prüfungen Schwachstellen in den Kontrollsystemen der Mitgliedstaaten festgestellt worden seien.

Eine der Kernaussagen des EuRH-Berichts 2024 ist laut Berger, dass die Fehlerquote der EU-Ausgaben als wichtige Kennziffer für die Feststellung der ordnungsgemäßen Verwendung der Mittel 2024 zurückgegangen ist und die Entwicklung in die richtige Richtung geht Bei den Ausgaben sei die Fehlerquote im Vorjahr auf 3,6 % gesunken (2023: 5,6 %; 2022: 4,2 %). Damit sei der negative Trend der Jahre davor gestoppt worden sagte Helga Berger. Allerdings sei die Fehlerquote nach wie vor zu hoch, da sie über dem angestrebten Schwellenwert von 2 % liege.

Identifizierte Fehler seien jedoch nicht zwangsläufig mit Betrug gleichzusetzen und mit verschwendeten Mitteln, da die betroffenen Projekte dennoch positive Wirkung entfalten könnten, merkte Berger an. Doch würden sich bei den stichprobenartigen Prüfungen auch Hinweise auf betrugsrelevante Sachverhalte finden. Diese Fälle leite der EuRH auch an das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) bzw. an die Europäische Staatsanwaltschaft (EPPO) weiter.

In Österreich seien Stichproben in den Bereichen "Binnenmarkt, Innovation und Digitales" (Wettbewerb), "Zusammenhalt, Resilienz und Werte" (Kohäsion) und "natürliche Ressourcen und Umwelt" (Landwirtschaft) durchgeführt worden. In allen geprüften Bereichen habe der EuRH Fehler festgestellt. Die Fehlerquote sei zwar im unteren Prozentbereich, doch zeige sich Verbesserungsbedarf, etwa bei der Berechnung der förderfähigen Kosten durch die Begünstigten und der Überwachung der Einhaltung der Regeln durch nationale Behörden.

Geringer Ausschöpfungsgrad der EU-Mittel

Sorgen bereite dem EuRH außerdem die nach wie vor sehr geringe Ausschöpfungsquote bei EU-Mitteln. Dies bedeute, dass es zu lange dauere, bis die Mittel dorthin gelangen würden, wo sie verplant worden seien. Bei der Ausschöpfung der Mittel aus dem europäischen Struktur- und Investitionsfonds für die Periode 2014-2020 lag Österreich mit 96 % knapp unter dem EU-Durchschnitt (97 %). Die Ausschöpfung für die laufende Periode 2021-2027 für die von den Mitgliedsstaaten zu verwaltenden Mittel sei weiterhin niedrig. Österreich liegt mit 9,1 % etwas über dem EU-Durchschnitt (7,0 %).

EU-Budget: Schuldenstand muss im Auge behalten werden

Weiters wies Berger auf den bisher höchsten Schuldenstand der EU hin. Dieser sei im Gefolge der COVID-19-Politik sehr rasch angewachsen. Grundsätzlich sei die Reaktion auf die Krise richtig gewesen. Sie bedeute aber auch, dass der Handlungsspielraum für künftige Budgets kleiner werde.

Zur Schuldenaufnahme der Europäischen Union führte Berger aus, das Thema Haushaltsführung und Finanzmanagement sei als eines der Schwerpunktthemen des aktuellen EuRH-Berichts ausgewählt worden. Der EuRH sehe seine Aufgabe nicht zuletzt darin, eine nachhaltige Finanzpolitik einzufordern, denn am Ende werde das Geld aus Beiträgen der EU-Mitgliedstaaten zurückzuzahlen sein.

Die Zinszahlungen im mehrjährigen Finanzrahmen (MFF) 2021-2027 seien aufgrund der Entwicklung der Kapitalmärkte bis zu doppelt so hoch als ursprünglich von der Kommission veranschlagt. Statt der ursprünglich angenommenen 14,9 Mrd. Ꞓ liege die derzeitige Schätzung bei bis zu 30 Mrd. Ꞓ. Für die Zinszahlungen im Rahmen der MFF 2028-2034 würden die Schätzungen vom bis zu 74 Mrd. Ꞓ ausgehen.

Was die Zukunft der Kohäsionspolitik im kommenden MFF angehe, so habe die Europäische Kommission für die neue Periode 2028-2034 als neuen Zugang vorgeschlagen, Gelder "performance-basiert" auszuzahlen. Konkret zeige sich, dass der jeweilige Projektfortschritt im Mittelpunkt stehe. Das Europäische Parlament (EP) und der EuRH würden den Zugang der Kommission sehr kritisch sehen. Der Ansatz eigne sich beispielsweise nicht als Kriseninstrument. Der Vorschlag würde bedeuten, dass 27 unterschiedliche nationale Pläne finanzieren würden. Das EP stelle sich gegen eine Re-Nationalisierung, da zentralisierte nationale Entscheidungen den EU-Mehrwert untergraben würden.

Abgeordnete fragen nach Wirksamkeit der EuRH-Prüfungen

FPÖ-Abgeordneter Michael Fürtbauer befand, dass die von Berger angesprochene Schuldenentwicklung ihm "Angst und Bange" mache. Die Frage sei, wie Österreich sich dagegen absichern könne, dass bei Ausfällen von Mitgliedsstaaten die österreichischen Haftungen schlagend werden.

Berger betonte, der EuRH sei dazu beauftragt, genau solche Entwicklungen im Auge zu behalten und auf mögliche Probleme zu achten. Die EU habe sich in der Krise 2020 ganz bewusst dafür entschieden, von der bisherigen Linie abzugehen und die Aufnahmen von Schulden entschieden, um rasch handeln zu können. Die Einrichtung von Next Generation EU als Antwort auf die Pandemie sei aus Sicht des EuRH zwar grundsätzlich richtig gewesen. Ob die Finanzierung über Neuverschuldung der richtige Weg war, könne auch hinterfragt werden. Sie könne insofern beruhigen, als festzustellen sei, dass er mit seinen Empfehlungen auch ernst genommen werde. Das gelte auch für den kommenden EU-Haushalt. Auch sei der Höhepunkt der Zinsentwicklung offenbar derzeit überschritten. Die Einschätzung der Entwicklung der Rückzahlungen werde daher als verlässlich angesehen.

SPÖ-Abgeordneter Christoph Seemayer und ÖVP-Abgeordneter Franz Hörl interessierten sich für die Gründe für die Entwicklung der Fehlerquote und die weiteren Perspektiven.

Berger sagte, dass der Anstieg im Gefolge der während der COVID-19-Pandemie gesetzten Maßnahmen durchaus erwartbar war. Die Fehlerquote steige auch am Ende einer mehrjährigen EU-Finanzperiode, wenn ein erhöhter Absorptionsdruck der Mittel bestehe und erfahrungsgemäß zu mehr Fehlern führe. Dies sei zuletzt unter anderem mit der COVID-Pandemie zusammengefallen und habe zu den hohen Fehlerquoten in den letzten Jahren geführt.

Zur Frage von ÖVP-Abgeordnetem Hörl nach den Gründen für die geringe Abholquote von Mitteln führte Berger aus, dass vor allem komplexe Vorschriften zu Problemen führen würden. Sie gab dabei auch zu bedenken, dass die konkreten Förderinstrumente aber von den Mitgliedsstaaten verantwortet würden. Das bedeute, dass auch dann, wenn die Mitgliedsstaaten die Gelder leichter abholen können, in den Staaten selbst sich oft nichts ändere.

NEOS-Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff wollte wissen, ob daran gedacht sei, das Prüfkonzept zu ändern, und neben der Erhebung der Fehlerquote eventuell neue und aussagekräftigere Kennzahlen einzuführen.

Berger erinnerte daran, dass die Fehlerquote ursprünglich von einzelnen Mitgliedsstaaten eingefordert worden sei. Sie sehe keine Hinweise darauf, dass das Europäische Parlament davon abgehen wolle. Intern diskutiere man aber sehr wohl darüber, was es bedeuten würde, wenn eine neue Förderlogik eingeführt werde, die auf Meilensteine und Zielerreichung abstelle. Der EuRH werde sich dann auch auf eine neue Prüfungslogik einstellen müssen und bereite sich auch auf einen solchen Fall vor. Der Mehrwert von Prüfungen und der Ressourceneinsatz werde selbstverständlich hinterfragt. Die Europäische Kommission werde als letztlich haushaltsleitendes Organ aber schwerlich auf die Kriterien der Einhaltung der Bedingungen und der Rechtmäßigkeit bei der Vergabe von Mitteln verzichten können, meinte Berger.

Kraker: Kontrolllücke bei Europäischer Investitionsbank schließen

Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker informierte die Abgeordneten über eine gemeinsame Erklärung der europäischen Rechnungshöfe zur Schließung einer Prüflücke bei der Europäischen Investitionsbank (EIB). Diese sei das größte multilaterale Finanzierungsinstitut der Welt. Der EuRH könne derzeit aber nur einen kleinen Teil der Projekte der EIB prüfen. Angesichts der Tatsache, dass ihr Haftungskapital aus den Haushalten der EU-Mitgliedstaaten stamme, werde ein Prüfmandat für die europäischen Rechnungshöfe gefordert. (Schluss Rechnungshofausschuss) sox


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