• 03.11.2025, 10:39:32
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Caritas & Volkshilfe: Mangelnde Bildungschancen und Arbeitsmarktintegration kosten Österreich Millionen

Drei neue Analysen zeigen: Fehlende Bildungschancen für junge Asylwerber*innen kosten Österreich 53 Millionen Euro pro Jahr – und verschärfen den Fachkräftemangel.

Wien (OTS) - 

„Wer jungen Menschen Bildung verweigert, verspielt ihre Zukunft. Und unsere“, sagt Anna Parr, Generalsekretärin der Caritas Österreich. „Nach der Pflichtschule stehen viele asylwerbende Jugendliche ohne Perspektive da. Sie wollen lernen, eine Berufsausbildung machen, aber das System blockiert sie. Das ist weder fair noch klug, schon gar nicht in Zeiten des Fachkräftemangels.“

Bildung ist kein Privileg. Sie ist ein Recht.

Ein neues rechtliches Gutachten, das von der Caritas Österreich in Auftrag gegeben und von Dr.in Lioba Kasper erstellt wurde, zeigt: Der Ausschluss von Asylwerber*innen von der Ausbildungspflicht verstößt gegen Kinderrechte, internationale Verpflichtungen und EU-Recht.

Asylwerbende Jugendliche dürfen nach der Pflichtschule nur weiterlernen, wenn eine Schule sie aufnimmt. Oft scheitert dies jedoch an fehlenden Kapazitäten, unzureichenden Sprachkenntnissen oder schlicht an Willkür. Im Fall einer Lehrstelle kommt eine weitere Hürde hinzu: Der*die Jugendliche braucht eine Beschäftigungsbewilligung des AMS, die nur erteilt wird, wenn die freie Stelle nicht durch eine andere, als arbeitslos vorgemerkte Arbeitskraft besetzt werden kann („Arbeitsmarktprüfung“). Somit hängt auch der Zugang zu Lehrstellen nicht vom Können oder Wollen der Jugendlichen ab, sondern vom Zufall und von bürokratischen Hürden.

„Jedes Kind hat das Recht zu lernen, egal, woher es kommt. Es ist höchste Zeit, dass Österreich dieses Recht auch für asylsuchende Jugendliche umsetzt“, so Anna Parr.

Jedes Jahr verliert Österreich 53 Millionen Euro durch Bildungsabbrüche und dringend benötigte Arbeitskräfte.

Eine weiteres von der Caritas Österreich in Auftrag gegebenes und von PD Dr.in Judith Kohlenberger durchgeführtes Gutachten zeigt: Der fehlende Bildungszugang kostet nicht nur Lebenswege, sondern auch Geld und Fachkräfte. Frühe Bildungsabbrüche führen zu volkswirtschaftlichen Verlusten von rund 53 Millionen Euro pro Jahr: Laut den Berechnungen könnten diese Kosten eingespart werden, wenn die strukturellen Barrieren beseitigt würden. Allein durch eine um 15 Prozent höhere Erwerbsquote unter jungen Geflüchteten würden sich die öffentlichen Einnahmen spürbar erhöhen.

„In der Phase des Asylverfahrens steht für viele junge Geflüchtete das Leben still: Sie können weder zur Schule gehen noch eine Ausbildung aufnehmen oder einen Beruf erlernen. Diese Leerlaufzeit zerstört Bildungsbiografien, verhindert den Spracherwerb und drängt viele später in unqualifizierte Beschäftigung. Das schadet ihnen und der Gesellschaft“, so Kohlenberger. „Würde man ihnen Zugang zu einer Ausbildung ermöglichen, hätten wir mehr Fachkräfte und weniger Abhängigkeit von Sozialleistungen.“

Stimmen junger Geflüchteter: „Zahlreiche Hürden bei der Arbeitsmarktintegration“

Ein qualitatives Forschungsprojekt zur Arbeitsmarktintegration der Volkshilfe Österreich mit jungen Schutzberechtigten zeigt zudem, wie dringend strukturelle Reformen nötig sind. In qualitativen Interviews schildern die jungen Menschen ihre Erfahrungen, die von Problemen bei Sprachkursen, unklaren Perspektiven, finanzieller Unsicherheit und mangelnder Unterstützung geprägt sind. Viele von ihnen landen aus Einkommensdruck in prekären Jobs, die sich nicht mit Ausbildung und Deutschkursen vereinbaren lassen. Damit wird eine nachhaltige Arbeitsmarktintegration, d.h. stabile und langfristige Erwerbsverhältnisse, die eine finanzielle Eigenständigkeit ermöglichen, erschwert.

„Das sind vermeidbare Brüche in Lebensläufen. Diese jungen Menschen wollen sich ein selbstbestimmtes Leben aufbauen und eine Perspektive für die Zukunft. Doch sie stoßen auf Hürden, die wir selbst errichten“, sagt Erich Fenninger, Direktor der Volkshilfe Österreich. „Arbeitsmarktintegration beginnt nicht erst mit einem Job, sondern schon bei der Bildung. Wer den jungen Geflüchteten die (Aus)Bildung erschwert, zementiert ihre Ausgrenzung und verschärft den Fachkräftemangel.“

Caritas und Volkshilfe fordern:

  • Ausbildungspflicht bis 18 Jahre – auch für Asylsuchende.

  • Flächendeckende und integrative Sprach-, Aus- und Weiterbildungsangebote.

  • Echter Zugang zu weiterführenden Schulen und Lehrstellen.

  • Schnellere Integration in das Regelschulsystem und Abschaffung dauerhaft segregierender Klassen.

  • Verlässliche Datengrundlagen zum Aufenthaltsstatus von Schüler*innen.

„Diese jungen Menschen sind Teil unserer Gesellschaft“, sagt Parr. „Wir müssen sie fördern. Jeder in ihre Bildung investierte Euro zahlt sich mehrfach zurück – menschlich, sozial und auch wirtschaftlich.“

Fenninger ergänzt: „Wir dürfen nicht länger zuschauen, wie eine Generation zwischen Asylverfahren, Deutschkursen und prekären Jobs stecken bleibt. Stattdessen gilt es, in diese jungen Menschen zu investieren, um eine gelingende Integration in den Arbeitsmarkt und in die Gesellschaft zu ermöglichen. Davon profitieren wir alle.“

Link zur Studie

Rückfragen & Kontakt

Caritas Österreich
Mag. Ursula Grabher, MAS
Telefon: +43 676 5472309
ursula.grabher@caritas-austria.at

www.caritas.at

Volkshilfe Österreich

Dr.in Ulrike Schöflinger
Telefon: +43 676 83402247
ulrike.schoeflinger@volkshilfe.at

www.volkshilfe.at

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