- 31.10.2025, 10:03:32
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Doppelt benachteiligt in Österreich: Frauen mit Flucht- oder Migrationsbiografie erstellen Forderungskatalog
Der Klagsverband lässt in einem Schattenbericht an die UNO Betroffene zu Wort kommen und erstmals selbst Forderungen zur Umsetzung ihrer Menschenrechte aufstellen.
Die Berichte von Frauen mit Migrations- und Fluchterfahrung in Österreich zeichnen das Bild einer besonders verletzlichen Gruppe. Diskriminierung und Rassismus sind allgegenwärtig: am Bildungs- und Arbeitsmarkt, bei Behörden und im Gesundheitssystem – selbst strukturell im Asyl- und Fremdenrecht oder beim Zugang zur Staatsbürgerschaft. Ein weiteres großes menschenrechtliches Defizit stellt die mangelnde Repräsentation dieser Gruppe in Medien und politischen Diskussionen dar.
Viele dieser Frauen kämpfen mit hohen Hürden beim Einstieg in den Arbeitsmarkt. Während des Asylverfahrens ist der Zugang zu Bildung und Arbeit sehr eingeschränkt. Auch danach fehlen ausreichende und niederschwellige Beratungsangebote. Kinderbetreuungsplätze sind oft Mangelware oder erst nach dem Berufseinstieg verfügbar, was die ungleiche Aufteilung der Kindererziehung zwischen den Geschlechtern verstärkt. Hohe bürokratische Hürden bei der Anerkennung von ausländischen Bildungsabschlüssen und Diskriminierung bei Bewerbungen münden häufig in prekäre Arbeitsverhältnisse und schlecht bezahlte Jobs, die die Abhängigkeit von Ehemännern verfestigen.
Leichterer Zugang zu Bildung, Antidiskriminierung und Förderung von Selbstbestimmung und Teilhabe
„Die Frauen mit Flucht- oder Migrationsbiografien, die an der Erstellung unseres Schattenberichts an die UNO mitgewirkt haben, sehen den flächendeckenden Zugang zu kostenlosen oder günstigen Bildungsangeboten und Kinderbetreuungsplätzen als entscheidend für den Erfolg am Arbeitsmarkt und ein selbstbestimmtes Leben.“
erläutert die Klagsverband-Juristin und Koordinatorin des Projekts Lisa Schrammel. Bei der praktischen Umsetzung der in der UN-Frauenrechtskonvention festgeschriebenen Menschenrechte auch für Migrantinnen erkennen die Frauen noch zahlreiche weitere Lücken: Der Bogen der eingeforderten Rechte spannt sich von Dolmetschleistungen bei Behörden und Gesundheitseinrichtungen über Maßnahmen zur Bekämpfung der Diskriminierung in öffentlichen Institutionen und bei der Freizeitgestaltung bis hin zur Förderung von mehr Selbstbestimmung und nicht zuletzt auch von mehr Sichtbarkeit und politischer Teilhabe.
Hintergrund zum Schattenbericht an die UNO
Derzeit läuft die bereits zehnte Staatenprüfung der UNO zur Umsetzung der UN-Frauenrechtskonvention (CEDAW) in Österreich. Bereits bei der letzten Überprüfung (2017-2019) hatte der zuständige Fachausschuss Mängel gerade auch bei den Rechten von Frauen mit Flucht- bzw. Migrationserfahrung festgestellt. Daher beschäftigen sich auch aktuelle Fragen der UNO an Österreich damit, ob hier Verbesserungen vorgenommen wurden.
Dazu übermittelte der Klagsverband heute einen so genannten Schattenbericht an die UNO, der diese Themen aus Sicht der Zivilgesellschaft und mit den Stimmen selbst betroffener Frauen beleuchtet. Der Bericht entstand unter maßgeblicher Mitwirkung von fünf Mitgliedsorganisationen des Klagsverbands und auf Basis eines Beteiligungsprozesses mit mehreren Gruppen betroffener Frauen in Wien, der Steiermark und Oberösterreich. Die abgedeckten Schwerpunkte umfassen Gleichstellung und Partizipation, Erwerbs- und Care-Arbeit, soziale Absicherung, Bildung, Gesundheit und Selbstbestimmung sowie Gewaltschutz und Schutz vor Ausbeutung.
Als Expertinnen für die eigenen – sich teils stark unterscheidenden – Lebensrealitäten analysierten die Frauen ihre gemeinsame Situation und erstellten Forderungen zur Umsetzung ihrer Rechte. Die Frauen empfanden es als selbstermächtigend, sich aktiv in den Prozess der Staatenprüfung einzubringen. „Solche Formate zeigen, wie viel Wissen, Erfahrung und Lösungskompetenz in vermeintlich ‚betroffenen‘ Gruppen steckt. Was fehlt, ist oft nicht das Engagement, sondern der Raum, gehört zu werden.“
berichtet eine Workshopleiterin des Beteiligungsprozesses.
Zitate von Teilnehmerinnen
„Ich wünsche mir mehr Unterstützung, mehr Therapiemöglichkeiten, bessere Behandlungen. Diskriminierung wirkt sich auf unsere psychische Gesundheit aus, und es gibt so wenig Therapieplätze. Ich möchte, dass wir das Gefühl haben, dass wir nicht alleine sind.“
„Das System macht krank, weil es diskriminierend ist.“
„Wir sind die Frauen*, die hier sind und all das erleben. Wir sollen gefragt und miteinbezogen werden!“
„Wir wollen die gleichen Rechte wie Österreicherinnen*: ohne Angst leben, Sicherheit haben. Wir wollen Selbstbestimmung – immer und überall!“
„Wie ein Boot, das auf dem weiten Ozean des Lebens treibt. Sich in einem Schneckenhaus zu verstecken und zu versuchen, nicht verletzt zu werden. Wie ein Schmetterling, der entkommen will. Sich in der Ermutigung von Familie und Freund*innen verstecken. Von Nostalgie geplagt. Versuchen zu entkommen. In ein Kissen weinen.“
#FrauenrechteAmPrüfstand #rechtehatsie #CEDAW
Download:
Beteiligte Organisationen:
Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern (Koordination)
Dokumentations- und Beratungsstelle Islamfeindlichkeit & antimuslimischer Rassismus
Die Arbeit an diesem Schattenbericht wurde durch eine Kooperation mit der Arbeiterkammer Wien ermöglicht.
Rückfragen & Kontakt
Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern
Mag. Thomas Mördinger
Telefon: +43 1 961 05 85-13
E-Mail: thomas.moerdinger@klagsverband.at
Website: https://www.klagsverband.at
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