• 31.10.2025, 09:21:02
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Vom Lebensmittelpreis kommen in der Landwirtschaft oft nur ein paar Cent an

LK Steiermark-Präsident Andreas Steinegger: Bei den Lebensmittelpreisen braucht die Landwirtschaft einen höheren Anteil.

Graz (OTS) - 

Landwirtschaft kein Preistreiber – Gewinne bleiben woanders hängen. Die Debatte über die Lebensmittelpreise läuft voller Emotionen, laut und oft auch mit falschen Schuldzuweisungen. „Wer über Lebensmittelpreise spricht, muss auch darüber reden, wer wieviel davon bekommt“, betont Landwirtschaftskammer Steiermark-Präsident Andreas Steinegger. Der Agrarsektor als einziger Sektor mit voller Preistransparenz in der Wertschöpfungskette, kann seinen Anteil klar aufzeigen. Der Kammerpräsident: „Von den Lebensmittelpreisen kommen in der Landwirtschaft oft nur ein paar Cent an, die Gewinne bleiben woanders hängen.“ Und er unterstreicht: „Die Landwirtschaft ist kein Preistreiber – im Gegenteil, sie ist in der Wertschöpfungskette am stärksten unter Druck.“ Auch das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO/2025) bestätigt, dass der Einfluss der Agrargüter auf die Lebensmittelpreise schwindet. Zum Preisauftrieb bei Lebensmitteln trugen insbesondere Importprodukte wie Kaffee, Tee und Kakao bei. Haupttreiber der 4-Prozent-Septemberinflation war mit 2,3 Prozent der Bereich der Dienstleistungen, gefolgt von Energie mit 0,7 Prozent.

Landwirtschaft hat nur geringen Anteil am Endverbraucherpreis. „Die Landwirtschaft braucht Fairness in der Wertschöpfungskette und einen dauerhaft größeren, kosten- und leistungsgerechten Wertschöpfungsanteil, um die Herstellung von agrarischen Rohstoffen bei immer mehr und ständig steigenden Auflagen abzusichern“, unterstreicht Steinegger. Am Spiel steht die heimische Lebensmittelversorgung, die nur gesichert werden kann, wenn die Position der Bauern in der Wertschöpfungskette gestärkt wird. Aufgrund hoher Kosten und niedriger Erlöse sind die Bäuerinnen und Bauern massiv unter Druck – der Anteil der Landwirtschaft an den Lebensmittelpreisen ist verschwindend klein:

  • Semmel 3,7 Prozent: Für Weizen, der in einer Semmel enthalten ist, erhält der Bauer nur 1,5 Cent netto – das sind 3,7 Prozent am durchschnittlichen Verbraucherpreis von 39 Cent.

  • Mischbrot 5,4 Prozent: Von einem Kilo Mischbrot bleiben der Landwirtschaft gerade einmal 18 Cent netto oder 5,4 Prozent des durchschnittlichen Endverbraucherpreises von 3,40 Euro.

  • Schweinsschnitzel im Restaurant – nur 2,8 Prozent: Bei einem im Restaurant verzehrten Schweinsschnitzel mit einem durchschnittlichen Verbraucherpreis von 18,50 Euro beträgt der rechnerische Bauernanteil magere 53 Cent netto oder 2,8 Prozent. Dieser sinkt kontinuierlich 2010 lag er bei 3,8 Prozent, 2024 bei 3,3 Prozent, 2025 bei 2,8 Prozent

  • Apfel 21 Prozent: Von einem Kilo Äpfel, die im Supermarkt durchschnittlich 2,40 Cent kostet, bekommt der Obstbauer trotz hoher Produktionskosten und bester Qualität heuer im Schnitt voraussichtlich nur 50 Cent netto oder rund 21 Prozent.

Wer verdient wirklich am Essen? Steinegger verlangt volle Transparenz in der gesamten Wertschöpfungskette Lebensmittel, um Preistreiber zu ermitteln. Während in der Landwirtschaft als einziger Sektor volle Preistransparenz vorherrscht, weiß man über die Preisbildung in den anderen Sektoren in der Lebensmittel-Wertschöpfungskette nur wenig. „Um herauszufinden, wer am Essen wirklich verdient, brauchen wir für alle Sektoren von der Produktion bis ins Regal volle Preistransparenz. Nur mit diesen Fakten ist erkennbar, wer am Essen tatsächlich verdient“, fordert Steinegger. Volle Preistransparenz ist ein wichtiger Schlüssel, damit Konsumenten besser entscheiden können, die Politik faktenorientiert die richtigen Schlüsse ziehen kann und die Bäuerinnen und Bauern einen fairen Anteil erhalten. Frankreich hat ein solches Preis-Monitoringsystem bereits eingeführt, die Preise und Margen der wichtigsten Grundnahrungsmittel werden entlang der gesamten Wertschöpfungskette erhoben.

Position der Bauern in der Wertschöpfungskette stärken – heimische Versorgung steht am Spiel. Die Wertschöpfungskette Lebensmittel ist zulasten der Landwirtschaft in einer deutlichen Schieflage, hat das Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO aktuell berechnet. Wenn ein Haushalt um 100 Euro im Lebensmittelhandel beziehungsweise im Restaurant ausgibt, dann kommen in der heimischen Landwirtschaft nur 4 Euro an, obwohl sie Voraussetzung für die weiteren Sektoren wie Handel oder Verarbeitung ist. Beim Handel sind es 14 Euro. 34 Euro fließen sogar ins Ausland ab – vor allem für Energie, Maschinen, Rohstoffe, Patente und importierte Lebensmittel wie Südfrüchte, Kaffee, Tee, Kakao, Champagner u.a. „Diese Fakten zeigen deutlich auf, dass die Position der heimischen Landwirtschaft in der Wertschöpfungskette deutlich zu stärken ist. Alle anderen Sektoren haben Mitverantwortung, um die heimische Versorgung zu sichern“, unterstreicht Präsident Steinegger.

Agrarlandesrätin Simone Schmiedtbauer: „Wir müssen Regionalität und Saisonalität überall den Vorrang geben – vom wöchentlichen Einkauf für die Familie bis hin zur Beschaffung in Großküchen. Das ist das zentrale Element der Lebensmittelstrategie weiß-grün und dieses Ziel verfolgen wir weiter. In der Steiermark haben wir mit den Großküchengipfeln, der Partnerschaft mit United Against Waste und dem Bäuerlichen Versorgungsnetzwerk (BVN) bereits die idealen Voraussetzungen geschaffen, um heimischen Lebensmitteln auch in der Gemeinschaftsverpflegung den Vorrang zu geben. Großküchen sind entscheidend für die Nachfrage nach regionalen und saisonalen Produkten aus bäuerlicher Erzeugung, da heutzutage schon jede zweite Mahlzeit auswärts eingenommen wird. Durch gute Ernten können wir liefern – aber dazu muss die Nachfrage weiter steigen und die bäuerliche Wertschöpfung gesichert sein!“

Regionaler Einkauf ist entscheidend. Die Bevölkerung hat es in der Hand, ob die Lebensmittelversorgung aus heimischer Landwirtschaft mit hoher Qualität und Tierwohl erhalten bleibt oder nicht und folglich industriell hergestellte Lebensmittel aus dem Ausland importiert werden. Wenn jeder Haushalt in der Steiermark monatlich nur um 3,50 Euro mehr für heimische Lebensmittel ausgibt, entstehen allein in der Steiermark 500 neue Arbeitsplätze (Österreich: 3.100). Daher brauchen wir eine transparente Herkunftskennzeichnung von Drittlandimporten bis hin zur Gastronomie und für verarbeitete Lebensmittel wie beispielsweise Fertigpizzen, geschnittenes Obst und Gemüse oder Dosenfleisch.

Ursula Reiter, Bäuerin aus Gleisdorf: Lebensmittel müssen nicht fliegen!Fangen wir an das Richtige zu tun und hören wir auf mit dem Falschen“, appelliert die Gleisdorfer Obstbäuerin Ursula Reiter, an die Bevölkerung heimische Lebensmittel in den Einkaufskorb zu legen. Und betont: „Lebensmittel müssen nicht fliegen! Wir haben außergewöhnliche Qualitäten, die Lebensmittel aus fernen Ländern nicht bieten und bei denen wir nicht wissen, wie sie hergestellt werden.“ Reiter weiter: „Nur eine kleine Einkaufsveränderung kann Großes bewirken: Wenn jeder Haushalt im Monat um nur 3,50 Euro mehr heimische Lebensmittel kauft und ausländische ersetzt, werden Arbeitsplätze in der Region geschaffen und auch die bäuerlichen Familienbetriebe werden gestärkt – wir verlieren aber die bäuerlichen Familienbetriebe und setzen die heimische Lebensmittelversorgung auf das Spiel, wenn wir nicht regional einkaufen.“

Rückfragen & Kontakt

Mag. Rosemarie Wilhelm
Telefon: 0316/8050-1280
Mobil: 0664/1836360
E-Mail: rosemarie.wilhelm@lk-stmk.at

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