- 27.10.2025, 09:00:35
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GLOBAL 2000-Lobbyreport: Wer wirklich Meinung macht
Arbeit österreichischer EU-Abgeordneter mit dramatischer Wirtschafts-Schlagseite.
Die Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 hat 1.338 Lobbytreffen österreichischer EU-Abgeordneter im Zeitraum von Juli 2024 bis Juli 2025 analysiert. Ziel war es, herauszufinden mit welchen Interessenvertreter:innen sich die österreichischen Abgeordneten im ersten Jahr der neuen Legislaturperiode getroffen haben.
Die Analyse zeigt, dass die Treffen mit Interessenvertreter:innen aus Wirtschaft und Industrie klar überwiegen. Fast die Hälfte der Treffen (47 %) fand mit Vertreter:innen aus der Wirtschaft statt. Das ist doppelt soviel wie Treffen mit der Zivilgesellschaft und Arbeitnehmer:innenvertretungen zusammen.
„Die österreichischen EU-Abgeordneten treffen hauptsächlich Interessenvertretungen der Wirtschaft und das spiegelt sich auch in ihrem Abstimmungsverhalten wider. Dabei sollte allen Abgeordneten ein Anliegen sein, sich ausgewogen zu informieren“, so Johannes Wahlmüller, Leiter der politischen Abteilung bei GLOBAL 2000.
Transparenz fordern, aber nicht liefern
In der EU ist es verpflichtend, dass EU-Mandatar:innen ihre Treffen mit Interessens-Vertretungen transparent machen müssen. Die Zahlen für Österreichs EU-Abgeordnete könnten dabei unterschiedlicher nicht sein.
„Entweder die Mandatar:innen der einzelnen Fraktionen sind in sehr unterschiedlichem Ausmaß an Austausch interessiert, oder die Eintragung in die entsprechende Transparenz-Datenbank hinkt mancherorts gewaltig hinter den tatsächlichen Treffen hinterher“, analysiert Wahlmüller die Ergebnisse des Reports.
Denn: Blickt man auf die durchschnittlichen Transparenz-Angaben pro Mandatar:in führen die Grünen mit 148,5 transparent gemachten Treffen, gefolgt von der ÖVP (109,6), den NEOS (84,5) und der SPÖ (55,4). Die FPÖ hingegen weist ein deutliches Transparenz-Defizit auf: Ihre sechs Abgeordneten geben im Durchschnitt nur rund acht Treffen an – ein klarer Abstand zu allen anderen Parteien.
Wirksames Lobbying von Wirtschaft und Konzernen
Sieht man sich an wen die Mandatar:innen getroffen haben, zeigt sich ein klares Bild: Wirtschaftslobbyisten überwiegen. Die Top-Ansprechpartner:innen der Parteien sind:
· ÖVP: Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung und ÖAMTC
· SPÖ: Arbeiter- und Wirtschaftskammer und ÖGB
· Die Grünen: Vertreter:innen der Zivilgesellschaft
· NEOS: Verband der Energienetzbetreiber, Wirtschaftskammer und Industriel-lenvereinigung
· FPÖ: Klima- und Wissenschaftsleugner:innen, Impfgegner:innen, Person mit Kontakten zu Holocaustleugner:innen
Die getroffenen Interessenvertreter:innen spiegeln sich im Abstimmungsverhalten wider. Im Untersuchungszeitraum fanden mehrere Abstimmungen statt, bei denen eine Aufweichung bzw. Verzögerung der Implementierung des Green Deal beschlossen wurde. Die österreichischen EU-Abgeordneten haben dem mehrheitlich zugestimmt. Beispielhaft werden hier die
Aufschiebung der Entwaldungsverordnung: Zustimmung von allen Parteien mit Ausnahme der Grünen.
Verschiebung des Lieferkettengesetzes: Zustimmung von ÖVP, NEOS und zwei Mandataren der SPÖ. Enthaltung der Grünen.
Aufweichung von CO2-Vorschriften für die Autoindustrie: Zustimmung von allen Parteien mit Ausnahme der Grünen.
angeführt. Im Vorfeld dieser Abstimmungen wurden fast ausschließlich Vertreter:innen aus Wirtschaft, Autoindustrie sowie Holz- und Forstwirtschaft getroffen. Die Stimmen von Wissenschaft und Zivilgesellschaft sind bei allen untersuchten Abstimmungen deutlich unterrepräsentiert. Auch die Meinung der österreichischen Bevölkerung scheint keine Rolle zu spielen: Das Lieferkettengesetz wird von 86 % der Bevölkerung unterstützt.
„Österreichs Bürger:innen haben sich EU-Abgeordnete verdient, die sich regelmäßig ausgewogen und wissenschaftsbasiert informieren und mit den entsprechenden Expert:innen in Austausch treten. Aktuell erweckt es den Anschein, als könnte Wirtschaft und Konzerne ihre Interessen oftmals ohne Gegenstimme an Mandatar:innen pitchen. Eine solche Wirtschafts-Schlagseite ist klar zu verurteilen“, so Johannes Wahlmüller.
Lobby-Intransparenz in Österreich
Für Abgeordnete im österreichischen Nationalrat oder die österreichischen Ministerien wäre eine solche Analyse indes unmöglich. Entsprechende Transparenzregeln zu Treffen mit Interessenvetretungen fehlen hierzulande nämlich zur Gänze.
Im Sinne einer transparenten Politik sollten endlich entsprechende Transparenzvorschriften zu Treffen von Regierungsvertreter:innen, leitenden Angestellten in Ministerien und Nationalratsabgeordneten mit Interessenvertreter:innen erlassen werden.
„Österreich braucht endlich zeitgemäße Regelungen zum Umgang mit Transparenz bei Lobbying-Treffen. Es ist absolut legitim Interessenvertreter:innen zu treffen, gleichzeitig muss jedoch jedes Treffen für die Öffentlichkeit nachvollziehbar sein,“ fordert Johannes Wahlmüller abschließend.
Der GLOBAL 2000-Lobbyreport
Rückfragen & Kontakt
Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher GLOBAL 2000, +43 699
142000 41, johannes.wahlmueller@global2000.at
Marcel Ludwig, Pressesprecher GLOBAL 2000, +43 699 142000 20,
marcel.ludwig@global2000.at
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