• 23.10.2025, 20:02:02
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Dringliche Anfrage der FPÖ zur gelebten Neutralität Österreichs

Staatssekretär Pröll: Neutralität bedeutet niemals Gleichgültigkeit

Wien (PK) - 

"Nur gelebte Neutralität sichert Österreichs Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung" lautete der Titel einer Dringlichen Anfrage der FPÖ heute im Bundesrat. In 23 Fragen an Bundeskanzler Christian Stocker wollten die Freiheitlichen unter anderem wissen, welche konkreten Maßnahmen die Bundesregierung zur Wahrung der immerwährenden Neutralität Österreichs setzt. Thematisiert werden in der Anfrage die aktuellen geopolitischen Gegebenheiten, unter anderem der Ukraine-Konflikt und die EU-Außenpolitik, Sicherheitsfragen wie "Sky Shield" und EU-Verteidigungsprojekte, aber auch die digitale Überwachung und eine Unterfinanzierung des Bundesheeres. Weitere Fragen zielen auf eine vollständige Unterbindung illegaler Einwanderung und die Rückführung integrationsunwilliger oder krimineller Ausländer ab.

FPÖ: Österreich wird nicht mehr als neutral wahrgenommen

Die Neutralität sei die Grundlage für Frieden, Wohlstand und die Rolle Österreichs als internationaler Vermittler, hielt Andreas Arthur Spanring (FPÖ/N) fest. Letztere Rolle sei aber von der "Einheitspartei" zerstört worden und setze damit den Frieden aufs Spiel. Österreich werde nicht mehr als neutral wahrgenommen. Neutralität lebe aber von ihrer Glaubwürdigkeit. Auch an der wehrhaften Neutralität hätten die letzten Regierungen "Raubbau" betrieben. So sei von der ÖVP die Miliz geschwächt und das Bundesheer "kaputtgespart" worden. Selbige habe auch über Jahrzehnte an der Neutralität gesägt, warf Spanring der ÖVP vor. Dafür würden heute Gelder in die EU-Friedensfazilität fließen, die an "Doppelbödigkeit" nicht zu überbieten sei. Ein neutrales Land trete nicht Sky Shield bei, finanziere keine Waffenlieferung und müsse einen NATO-Beitritt kategorisch ausschließen, so Spanring.

Frieden in der Ukraine müsse verhandelt werden, zeigte er sich überzeugt. Von der "Einheitspartei" komme aber "wenig bis nichts" und der Konflikt werde am "köcheln" gehalten. Wehrhafte Neutralität bedeute außerdem inneren Schutz, kritisierte er außerdem, dass auch dieser gefährdet sei, Stichwort "importierte Kriminalität".

Pröll: Neutralität und europäische Solidarität ergänzen sich

Staatssekretär Alexander Pröll in Vertretung des Bundeskanzlers wies darauf hin, dass die immerwährende Neutralität längst zu einem Bestandteil des österreichischen Selbstverständnisses geworden sei. Neutralität bedeute aber niemals Gleichgültigkeit - "Stärke des Rechts, nicht Recht des Stärkeren" sei die Maxime. Die Bundesregierung bekenne sich zur Neutralität im Einklang mit der Verfassung, hielt Pröll fest. Sie engagiere sich multilateral in der UNO und der OSZE. Grundlage der österreichischen Sicherheitspolitik sei die aktive Neutralitätspolitik. Neutral zu sein, bedeute nicht, sich zurückzuziehen, sondern Österreich nutze seine Rolle als Vermittler auf internationaler Ebene, leiste substanzielle Beiträge zur Friedenssicherung und engagiere sich im Rahmen der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU solidarisch und verfassungskonform. Neutralität und europäische Solidarität schließen einander nicht aus, sie ergänzen sich, so Pröll. Österreich stehe klar auf der Seite des Rechts, der Freiheit und der Menschenwürde. Neutralität sei keine Passivität, sondern aktives Eintreten für Frieden, Stabilität und internationales Recht.

In Beantwortung der Fragen wies Pröll unter anderem darauf hin, dass die Anzahl der Asylanträge deutlich gesenkt worden sei. Zudem gebe es null Toleranz für jene, die durch Straftaten ihr Recht auf Aufenthalt verwirkt hätten. Was die Miliz betrifft, sei diese ein integrierter Bestandteil des Bundesheers, und eine Kommission sei gerade dabei, mehrere alternative Wehrdienstmodelle auszuarbeiten. Auf der internationalen Ebene werde Wien als Verhandlungsort nicht in Frage gestellt, so Pröll. Die Absichtserklärung Österreichs zu Sky Shield werde von führenden Expertinnen und Experten als verfassungskonform beurteilt, hielt er außerdem fest. Was die Hilfen für die Ukraine betrifft, enthalte sich Österreich bei allen Beschlüssen über letale Ausrüstungen im Rahmen der europäischen Friedensfazilität und leiste stattdessen einen freiwilligen Ersatzbeitrag in der Höhe seines Anteils für nicht-letale Ausrüstung.

Emotionale Debatte über Neutralität

Günter Pröller (FPÖ/O) wiederum warf der Bundesregierung vor, nicht im Sinn der Neutralität zu handeln. Durch die Sanktionen gegen Russland befinde man sich in einem Wirtschaftskrieg. Außerdem habe die Bundesregierung den bewährten Weg der Neutralität verlassen und nähere sich einem Militärbündnis mit der NATO an, so ein weiterer Vorwurf Pröllers. Fehlen würden diplomatische Initiativen zur Friedenssicherung, zumal gelebte Neutralität wichtiger denn je sei. Pröller brachte dazu einen Antrag der FPÖ für eine Rückbesinnung auf eine aktive Neutralitäts- und Friedenspolitik auf internationaler und EU-Ebene ein, der allerdings in einer namentlichen Abstimmung in der Minderheit blieb. Nur gelebte Neutralität sichere Österreichs Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung, zeigen sich die Freiheitlichen überzeugt. Die Entwicklungen seit Beginn des Ukraine-Krieges würden aber im Widerspruch zum verfassungsmäßigen Auftrag zur Wahrung der immerwährenden Neutralität stehen und die Glaubwürdigkeit Österreichs als Vermittler und Verhandlungsort in internationalen Krisen gefährden.

Harald Himmer (ÖVP/W) warf der FPÖ postwendend vor, dass ihre Vorgängerpartei im Jahr 1955 als einzige bei der Neutralität nicht mitgegangen sei. Was die Neutralität und die europäische Solidarität betrifft, gebe es keinen Unterschied dazwischen. Mit Neutralität könne außerdem "nie und nimmer" gemeint sein, dass man sich gesinnungsmäßig neutral verhalten müsse, wenn Völkerrecht gebrochen werde, so Himmer. Der Überfall Russlands auf die Ukraine sei zudem ein massiver Einschnitt in das sicherheitspolitische Umfeld Europas gewesen. Österreich werde politisch und diplomatisch mitwirken - "aber sicher nicht militärisch" -, und damit einen Beitrag für mehr Frieden in Europa und der Welt leisten.

Die Regierung bekenne sich unmissverständlich zur Neutralität im Einklang mit der Verfassung, hielt auch Daniel Schmid (SPÖ/T) fest. Die Neutralität sei auch ein moderner Schutzschirm für Freiheit, Souveränität und Glaubwürdigkeit nach außen. Neutralität verstehe er als Auftrag, aktiv für Frieden und Vermittlung aufzutreten. Es gebe ein "Ja" zur europäischen Kooperation, aber ohne militärischen Automatismus, so Schmid. Auch bei Sky Shield bestimme Österreich mit seinen neutralitätsrechtlichen Vorbehalten selbst, was seiner Sicherheit dient. Österreich dürfe aber nicht Zaungast, sondern müsse ein aktiver und glaubwürdiger Gestalter sein.

Die Neutralität stehe für Unabhängigkeit, Frieden und Selbstbestimmung und sei Teil der DNA Österreichs, so Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne/O). Sie sei ein lebendiges Prinzip, das sich immer wieder neu bewähren müsse. Österreich sei neutral, aber keinesfalls gleichgültig bei einem brutalen Bruch des Völkerrechts wie in der Ukraine. "Komplett falsch" sei die Unterstellung der FPÖ, dass die Neutralität gefährdet sei. Sicherheitskooperationen würden unterstützt, sofern sie keine militärischen Bündnisverpflichtungen begründen würden. Es gelte, gemeinsam mit den europäischen Partnern für eine friedliche Zukunft einzustehen, so Hauschildt-Buschberger. Am Beispiel Schweiz zeige sich, dass eine moderne Neutralität aktiv, solidarisch und international vernetzt sein könne.

Europa stehe durch eine neue Form der Bedrohung wie etwa Cyberangriffe, Desinformation und Spaltungsversuche unter Druck, meinte Julia Deutsch (NEOS/W). Dass die FPÖ ausgerechnet in dieser Situation die Neutralität thematisiere, halte sie für "scheinheilig und gefährlich". Österreich habe das Recht, an allen Verteidigungsmaßnahmen der EU teilzunehmen, müsse das aber nicht. Gegen die Bedrohungen brauche es ein geeintes Europa und die Möglichkeit der gemeinsamen Verteidigung. (Fortsetzung Bundesrat) mbu

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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