- 23.10.2025, 15:14:32
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Debatte zu Wissenschaftsfreiheit und Demokratie im Bundesrat
Holzleitner in Aktueller Stunde: Österreich ist sicherer Hafen für Wissenschaft und Forschung
Am Beginn der heutigen Bundesratssitzung diskutierten die Mandatarinnen und Mandatare mit Bundesministerin Eva-Maria Holzleitner im Rahmen einer Aktuellen Stunde über das Thema "Regierung stärkt Wissenschaftsfreiheit und Demokratie". Die Freiheit der Wissenschaft und Lehre sei fest in der Verfassung verankert, es gelte diese - über die Grenzen Österreichs hinaus - zu verteidigen, betonte Holzleitner. Österreich sei etwa ein "sicherer Hafen" für über 50 Forschende aus den USA geworden. Das sahen die Freiheitlichen anders. Sie orten eine Aushöhlung der Wissenschaftsfreiheit und staatliche Bevormundung der Forschenden durch die Bundesregierung.
Zudem befürwortete die Länderkammer teils einstimmig, teils mehrheitlich eine Quotenregelung für das Masterstudium Psychotherapie, das Erwachsenenschutz-Anpassungsgesetz 2025, EU-Anpassungen bei Vergabeverfahren in grenzüberschreitenden Verkehrsnetzen, die EU-weite Zusammenarbeit von Strafrechtsbehörden sowie die Verlängerung von Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld für Ukraine-Vertriebene.
Zu Beginn der Bundesratssitzung hielten die Mandatarinnen und Mandatare eine Trauerminute für den kürzlich verstorbenen Salzburger Landesrat Josef Schwaiger ab.
Holzleitner: Österreich sicherer Hafen für Wissenschaft und Forschung
Wissenschaftsfreiheit sei "Grundvoraussetzung für Demokratie und gesellschaftlichen Fortschritt", betonte Wissenschaftsministerin Eva-Maria Holzleitner in der Aktuellen Stunde im Bundesrat. Es gehe darum, attraktive Rahmenbedingungen für Forschende zu schaffen und wachsam gegenüber jeglicher Form von Wissenschaftsfeindlichkeit zu sein. Die Freiheit der Wissenschaft und Lehre sei fest in der Verfassung verankert, es gelte diese - mit dem Blick Richtung der Entwicklungen in den USA - auch international zu verteidigen, so die Ministerin. Österreich sei ein "sicherer Hafen" für Wissenschaft und Forschung, wodurch man bisher über 50 Forschende aus den USA für die heimischen Universitäten und Forschungseinrichtungen gewinnen konnte.
Was die Erstellung der Hochschulstrategie 2040 betrifft, sprach Holzleitner von drei Handlungsaufträgen. So sollen Hochschulen zu "Bollwerken gegen Wissenschaftsfeindlichkeit" und "Motoren für Innovation und gesellschaftlichen Fortschritt" werden sowie soziale Gerechtigkeit fördern. Zur Ausgestaltung der neuen Periode von Horizon Europe - dem zentralen Förderprogramm der EU für Forschung und Innovation - hielt die Ministerin fest, dass es dabei auch um Fragen des Friedens und der Konfliktprävention gehen müsse. Österreich lehne die Finanzierung von reiner Verteidigungsforschung durch Horizon Europe "klar ab".
Unterschiedliche Standpunkte der Fraktionen
Isabella Theuermann (FPÖ/K) widersprach in der Debatte der Wissenschaftsministerin. Die Realität sehe anders aus. In Österreich gebe es keine Stärkung, sondern eine Aushöhlung der Wissenschaftsfreiheit durch "Bürokratie, links-grüne Ideologie und politischer Bevormundung". Die Bundesregierung spreche von Demokratie, handle aber nach dem Prinzip, dass sich nur jene äußern dürften, die in ihr politisches Weltbild passen würden, kritisierte die FPÖ-Mandatarin. Es gehe um "weniger staatliche Bevormundung und um mehr Eigenverantwortung der Universitäten". Dem schloss sich Klemens Kofler (FPÖ/N) an. Der Bundesrat aus Niederösterreich sprach von einer "unendlichen Arroganz" der Bundesregierung, zu glauben, den alleinigen Anspruch auf die Demokratie zu haben.
Wer die Arbeit der heimischen Universitäten schlecht rede, "gefährdet unseren Wohlstand", hielt Stephan Auer-Stüger (SPÖ/W) der FPÖ-Kritik entgegen. Man dürfe dieses Thema nicht zur Verunsicherung der Menschen missbrauchen. Freie Forschung sei kein "Störgeräusch", "sondern der Soundtrack unseres Fortschritts und zukünftigen Wohlstands", so Auer-Stüger. Für Amelie Muthsam (SPÖ/N) leben Wissenschaft und Forschung von Widerspruch und Zweifel sowie von der Fähigkeit, Dinge zu hinterfragen. In einer Zeit des "kalkulierten Angriffs auf das Vertrauen in die Wissenschaft" setze Österreich konkrete Schritte zum Schutz von Wissenschaft und Demokratie. Die SPÖ werde es nicht zulassen, Forschung zu diskreditieren, da dies "die Grundlagen unseres Zusammenlebens" angreife, so Muthsam.
Für Markus Stotter (ÖVP/T) kann Wissenschaftsfreiheit nur in lebendiger Demokratie gedeihen. Beides müsse täglich gelebt und verteidigt werden. Dabei seien eine transparente Förderpolitik, der Schutz vor ideologischer Einflussnahme sowie die Sicherstellung der Unabhängigkeit von Forschungseinrichtungen zentral. Neben der Demokratie sei vor allem auch die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft bedeutend, betonte Harald Himmer (ÖVP/W). Dies funktioniere in Österreich "hervorragend" und sei ein "wichtiges Zukunftsfeld".
Voraussetzung für eine starke und unabhängige Wissenschaft sei, deren Ergebnisse als gemeinsame Entscheidungsbasis anzuerkennen - auch im Parlament - erklärte Elisabeth Kittl (Grüne/W). Ansonsten würden Verwirrung und Misstrauen erzeugt und autoritäre Tendenzen genährt. Wissenschaft dürfe kein "Instrument der Macht" werden, wie es etwa derzeit in Ungarn geschehe.
Das sah Julia Deutsch (NEOS/W) ähnlich. Demokratie, die die Wissenschaft nicht schütze, schwäche sich selbst. Gerade in Zeiten, "wo in Teilen Europas an der Freiheit gerüttelt" werde, müsse Österreich "ein klares Zeichen für offene Unis, kritisches Denken und Forschung ohne politische Grenzen" setzen, so die NEOS-Mandatarin.
Quotenregelung für Masterstudium Psychotherapie
Für das Masterstudium Psychotherapie, das ab dem Wintersemester 2026/27 an zehn österreichischen Universitäten belegt werden kann, soll mit einer Quotenregelung sichergestellt werden, dass künftig ein ausreichendes Angebot an Absolventinnen und Absolventen für das österreichische Gesundheitssystem zur Verfügung steht. Für die entsprechenden Änderungen im Universitätsgesetz gab der Bundesrat mehrheitlich grünes Licht. Finanziert werden pro Studienjahr bis zu 500 Plätze für Studienanfänger:innen.
Mehr Mitbestimmung im Erwachsenenschutz
Ebenfalls mehrheitlich befürwortet hat die Länderkammer das Erwachsenenschutz-Anpassungsgesetz 2025. Personen, die nicht mehr voll handlungsfähig sind und eine gerichtliche Erwachsenenvertretung haben (ehemals "Sachwalterschaft") erhalten künftig ein Antragsrecht sowie deren Betreuungsumfeld eine Anregungsmöglichkeit, diese Erwachsenenvertretung zu erneuern. Dadurch können künftig betroffene Personen, ihre Vertretung oder Betreuende, ein "Clearing" anstoßen, um die aktuelle Lebenssituation zu überprüfen.
Ein von den Grünen in der Debatte eingebrachter Entschließungsantrag, in dem eine vollständige Rücknahme der "durch das Budgetbegleitgesetz 2025 bewirkten Verschlechterungen im Erwachsenenschutzrecht" gefordert wird, blieb in der Minderheit.
Weiterhin Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld für Ukraine-Vertriebene
Vertriebene aus der Ukraine werden in Österreich über den Oktober hinaus Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld erhalten. Allerdings nur, wenn sie eine Erwerbstätigkeit ausüben oder zumindest beim AMS vorgemerkt sind. Der Bundesrat hat heute den entsprechenden Gesetzentwurf mit breiter Mehrheit befürwortet. Damit wird der Anspruch auf die erwähnten Familienleistungen bis Ende Juni 2026 verlängert. Durch die Meldung beim AMS wollen die Koalitionsparteien die Aufnahme bzw. Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit fördern. Bestimmte Gruppen wie Personen über 65 Jahre oder Personen, die erheblich behinderte Kinder betreuen müssen, sind allerdings von der Einschränkung ausgenommen.
Keine Mehrheit erhielten zwei Entschließungsanträge der Grünen. Sie plädierten für eine Ausweitung der Ausnahmen für ukrainische Bezieherinnen und Bezieher von Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld sowie für die Wiederaufnahme der ukrainischen Kriegsvertriebenen in die Krankenversicherung.
EU-Anpassungen bei Vergabeverfahren in Verkehrsnetzen
Einstimmigkeit erzielte in der Länderkammer ein Antrag der Dreierkoalition mit EU-Anpassungen bei Vergabeverfahren in grenzüberschreitenden Verkehrsnetzen. Konkret betreffen die Änderungen im Bundesvergabegesetz Vergabeverfahren bei grenzüberschreitenden Abschnitten eines Kernnetzes bzw. Kernnetzkorridors, wie etwa eine Eisenbahnstrecke zwischen zwei oder mehr Mitgliedstaaten. Ein Ziel der Regelungen ist laut den Erläuterungen, für die Durchführung derartiger Vergabeverfahren eine "Flucht" aus dem "unionalen" Vergaberecht insgesamt zu unterbinden.
EU-weite Zusammenarbeit von Strafrechtsbehörden
Aufgrund eines formalen Fehlers wurde das schon vor dem Sommer verabschiedete "Strafrechtliche EU-Anpassungsgesetz 2025" neuerlich eingebracht. Die Länderkammer erhob keinen Einspruch gegen den Initiativantrag der Dreierkoalition. Mit den Regelungen soll unter anderem den Strafverfolgungsbehörden ermöglicht werden, schneller und effizienter Informationen über Verurteilungen von Drittstaatsangehörigen zu erlangen. Konkret geht es dabei etwa um die Einrichtung eines zentralisierten Systems namens "ECRIS-TCN" (Europäisches Strafregisterinformationssystem - Drittstaatsangehörige) und die verpflichtende Speicherung von Fingerabdrücken. (Fortsetzung Bundesrat) med/mbu
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