- 23.10.2025, 12:57:02
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- OTS0130
Verfassungsausschuss: AVG-Novelle soll Großverfahren beschleunigen
Sonderverfahren künftig schon ab 50 Beteiligten möglich, Edikte sollen im RIS kundgemacht werden
Behörden werden künftig schon ab 50 Beteiligten die verfahrensrechtlichen Bestimmungen für Großverfahren anwenden können. Bisher war das erst ab 100 Beteiligten möglich. Zudem werden weitere Maßnahmen gesetzt, um aufwendige Verwaltungsverfahren zu beschleunigen. Auch die Kundmachung von Edikten wird neu geregelt. Der Verfassungsausschuss des Nationalrats hat heute für eine entsprechende Novelle zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) grünes Licht gegeben. Neben den Koalitionsparteien stimmte auch die FPÖ für den von der Regierung vorgelegten Gesetzentwurf. Großverfahren würden damit kostengünstiger, digitaler und schneller, hielt der zuständige Staatssekretär Alexander Pröll fest. Bei der Abstimmung mitberücksichtigt wurde auch ein Abänderungsantrag: Er soll - nicht nur bei Großverfahren - die Heranziehung nichtamtlicher Sachverständiger erleichtern.
Gelten sollen die neuen Regelungen grundsätzlich ab 1. Jänner 2026, wobei sie auf bereits anhängige Verfahren nicht anzuwenden sind. Für die Verlautbarung von Edikten im RIS ist außerdem eine Übergangsbestimmung bis zum Vorliegen der technischen Voraussetzungen vorgesehen. Grundsätzliche Zustimmung erhielt das Vorhaben auch von den Grünen. Abgeordnete Alma Zadić befürchtet allerdings, dass es trotz gegenteiliger Versicherung zu einer Aushöhlung der Parteienrechte kommen könnte.
Bessere Strukturierung von Verfahren
Gemäß den Erläuterungen werden mit der Gesetzesnovelle (249 d.B.) einige Bestimmungen des Umweltverträglichkeitsprüfungs-Gesetzes, die sich in der Praxis bewährt haben, in das AVG übernommen. So wird die zuständige Behörde künftig nicht nur für bestimmte Bereiche, sondern auch für Teilbereiche einer Sache den Schluss des Ermittlungsverfahrens erklären können. Es sei sinnvoll, einzelne Verfahrensteile abzuschließen, ohne auf die Beendigung des gesamten Verfahrens warten zu müssen, hielt dazu NEOS-Abgeordneter Nikolaus Scherak im Ausschuss fest.
Überdies erhält die Behörde die Möglichkeit, gleichzeitig mit der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung eine - "angemessene" - Frist für weitere Vorbringen zu setzen. Nachträgliche bzw. verspätete Vorbringen sind dann nicht mehr zu berücksichtigen, wobei das Recht auf Parteiengehör davon laut Erläuterungen unberührt bleibt. In materielle Rechte der Parteien werde mit der Novelle nicht eingegriffen, versicherte Staatssekretär Pröll in Richtung Grüne.
Verlautbarung von Edikten im RIS
Edikte zur Bekanntmachung von Großverfahren sollen künftig im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) kundgemacht und nicht mehr auf der elektronischen Verlautbarungs- und Informationsplattform des Bundes (dem Nachfolger des Amtsblatts der Wiener Zeitung) veröffentlicht werden. Bisher waren die Behörden außerdem dazu verpflichtet, Edikte im redaktionellen Teil zweier weit verbreiteter Tageszeitungen des betroffenen Bundeslandes zu veröffentlichen, hier wird künftig ein Hinweis in den Zeitungen auf die Veröffentlichung im RIS reichen. Im weiteren Verlauf des Verfahrens soll es nur noch zu Verlautbarungen im RIS kommen. Aufgehoben wird die sogenannte "Ediktalsperre", die derzeit die Kundmachung von Edikten in typischen Ferienzeiten untersagt.
Weiters neu ist die Möglichkeit der Behörde, Antragswerbern die Kosten von Gutachten für nicht amtliche Sachverständige direkt vorzuschreiben, ohne selbst zunächst in Vorlage treten zu müssen. Überdies sind einwöchige Fristverlängerungen für die Erstellung einer Verhandlungsschrift und die Auflage dieser zur öffentlichen Einsichtnahme geplant.
Heranziehung von nichtamtlichen Sachverständigen
Mit dem im Zuge der Ausschussberatungen eingebrachten Abänderungsantrag wollen die Koalitionsparteien darüber hinaus die Heranziehung von nichtamtlichen Sachverständigen bei Verwaltungsverfahren - und bei Verfahren vor Verwaltungsgerichten - erleichtern. Auch das soll der Verfahrensbeschleunigung dienen. Demnach sollen nichtamtliche Sachverständige immer dann herangezogen werden können, wenn der Antragsteller dies anregt, die Kosten einen von ihm genannten Betrag nicht überschreiten und dadurch eine wesentliche Verfahrensbeschleunigung zu erwarten ist. Das heißt, dass die Behörde bei Auslastung ihrer "eigenen" Amtssachverständigen nicht mehr prüfen muss, ob Amtssachverständige einer anderen Behörde zur Verfügung stehen würde. Gänzlich neu ist die Bestimmung nicht, es habe in der Lehre und Rechtsprechung aber gewisse Unklarheiten darüber gegeben, in welchen Fällen sie angewendet werden dürfe, wird der Abänderungsantrag von den Koalitionsparteien begründet.
Wie viele Verfahren von den neuen Bestimmungen für Großverfahren betroffen sein werden, lässt sich gemäß den Erläuterungen der Regierungsvorlage mangels statistischer Daten schwer sagen. Im Zeitraum 2011 bis 2025 hat es demnach rund 400 durch Edikt kundgemachte Großverfahren gegeben, also durchschnittlich 28 pro Jahr. Allerdings ist zu erwarten, dass es durch die Herabsetzung der Beteiligungsschranke zusätzliche Großverfahren geben wird.
Breite Zustimmung zum Gesetzesvorhaben
In der Debatte stieß das Gesetzesvorhaben auf breite Zustimmung. Die Regierungsvorlage sei zwar "kein großer Wurf", aber ein "Schritt in die richtige Richtung", sagte etwa FPÖ-Abgeordneter Markus Tschank. Er erwartet sich unter anderem weniger Verfahrensverzögerungen durch "Zustellmängel". Den Abänderungsantrag habe seine Fraktion wegen der kurzfristigen Vorlage nicht zur Gänze prüfen können, sagte Tschank, auf den ersten Blick sei aber auch dieser positiv zu bewerten.
Laut NEOS-Abgeordnetem Scherak soll der Abänderungsantrag bewirken, dass man "nicht mehr ewig auf amtliche Sachverständige warten muss". Auch sonst bringt das Gesetzesvorhaben seiner Ansicht nach einige sinnvolle Verbesserungen, die zu einer Beschleunigung von Verfahren beitragen werden. Die Abschaffung der Ediktalsperre begründete er damit, dass diese nicht mehr zeitgemäß sei. Auch Kurt Egger (ÖVP) begrüßte die Gesetzesnovelle ausdrücklich.
Grüne befürchten Aushöhlung der Parteienrechte
Maßnahmen zur Verfahrensbeschleunigung hält auch Alma Zadić (Grüne) für wichtig. Allerdings dürfe es zu keiner "Aushöhlung der Parteienrechte" kommen, mahnte sie. Die verkürzte Frist zur öffentlichen Einsichtnahme könnte sich aber durchaus negativ auswirken, glaubt sie. Auch in Bezug auf die Aufhebung der Ediktalsperre äußerte sich Zadić skeptisch, zumal sie bezweifelt, dass diese Maßnahme Verfahren beschleunigen wird. Vermisst wird von Zadić demgegenüber eine Pflicht zur elektronischen Aktenführung, verbunden mit der Möglichkeit einer digitalen Einsichtnahme. Die Grünen würden der Novelle aufgrund der genannten Bedenken vorerst einmal nicht zustimmen, resümierte Zadić.
Staatssekretär Pröll erwartet sich massive Kosteneinsparungen
Staatssekretär Alexander Pröll erwartet sich von der Gesetzesnovelle raschere und günstigere Großverfahren. So werde man allein durch die kostenlose digitale Veröffentlichung mehrere tausend Euro sparen können. Zudem könnten Großverfahren durch ein strukturiertes Verfahrensmanagement deutlich beschleunigt und mit den neuen Fristen Verfahrensverschleppungen verhindert werden. In materielle Rechte von Parteien werde nicht eingegriffen, auch die Publizität bleibe gewahrt. (Fortsetzung Verfassungsausschuss) gs
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