- 22.10.2025, 14:55:32
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- OTS0153
6. Wiener Gemeinderat (5)
Mitteilung zum Thema „Wiener Demokratie-Strategie“
GR Harald Zierfuß (ÖVP) sagte, dass er sich den Argumenten seiner direkten Vorrednerin anschließen möchte. Allerdings fehle ihm die Einbindung der Opposition in bestimmte Prozesse. Weiters müsse eine echte Demokratiestrategie konkrete Ziele erhalten und nicht nur „schöne Wortumschreibungen“. „Wir wollen keine Strategie, die mehr Demokratie simuliert, sondern eine Strategie, die Demokratie aktiv partizipiert“, so Zierfuß. „Wir müssen Menschen bei Entscheidungen, die ihr Grätzl betreffen, direkt einbinden.“ Es gebe viele Möglichkeiten, wie die Rechte der Opposition ausgebaut werden können. Ein prägendes Beispiel sei die Notkompetenz des Bürgermeisters, die im Fall der Wien Energie nicht ausreichend argumentiert und erklärt werden sei. Daher müsse gefragt werden, welche Rechte eine Opposition denn überhaupt habe. „Nehmen Sie die Opposition, deren politische Meinung sowie deren Rechte ernst“, forderte Zierfuß abschließend.
GRin Dipl.-Ing. Selma Arapovic (NEOS) betonte, dass es einerseits um die Strategie und andererseits auch um das Demokratieverständnis gehe. „Wir sprechen nicht von einer Herrschaft des Volkes, wie es im antiken Griechenland gelebt wurde“, so Arapovic. „Vielmehr geht es um Partizipation und die Mitgestaltung des Volkes und darum, wie die Bevölkerung im Grätzl eingebunden werden kann.“ Die Demokratie kann nicht geschützt und besessen werden, da sie vielmehr gelebt und diskutiert werden müsse. Weiters gelte es, auf die Demokratie durch Ehrlichkeit, Differenz und Aufrichtigkeit in der Politik zu achten. „Wir dürfen nicht nur Jugendliche und Kinder zu politischen Prozessen befähigen, sondern müssen auch junge Erwachsene motivieren, an demokratischen Prozessen teilzunehmen“, so Arapovic. Denn die Demokratie sei ein Zustand und ein Prozess, der dort entstehe, wo Menschen Verantwortung übernehmen, zuhören und verstehen, dass es ein gemeinsames Größeres gebe als das Eigene. Die Strategie dient als Einladung für alle Wiener*innen aktiv mitzumachen, betonte Arapovic.
GR David Ellensohn (GRÜNE) erklärte, dass bereits viel über die Strategie diskutiert worden sei. Daher möchte er sich auf das Thema Armut konzentrieren. Denn wenn die Armut wachse und parallel der Überreichtum zunehme, dann erodiere die Demokratie. So sei es ein Hohn, die Kürzung der Mindestsicherung als Weiterentwicklung zu bezeichnen und zeitgleich die Steuern oder Mindestsicherung nicht zu reformieren, kritisierte Ellensohn. Weiters würde die schwerste Arbeit in unserer Gesellschaft meist von Hilfsarbeitern durchgeführt, die kein Wahlrecht haben, und entsprechend werde dieser Bevölkerungsteil auch behandelt. „Je ökonomischer schlechter gestellt die Menschen, desto weniger beteiligen sich die Betroffenen in der Politik“, so Ellensohn. „Denn wieso sollten sie sich beteiligen und wählen gehen, wenn sie keine Mindestsicherung bekommen oder mit der Höhe der Miete kämpfen.“ So viel wie über die Armut gesprochen werde, so müsse parallel auch mit dem Überreichtum umgegangen werden. Allerdings werde das von der FPÖ und ÖVP abgelehnt, da sie vielmehr Parteien seien, die die Reichen schützen und nicht an einem Verteilschlüssel interessiert seien, erklärte Ellensohn.
GR Maximilian Krauss, MA (FPÖ) hielt fest, dass ihn die Rede seines Vorredners sprachlos zurücklasse. Denn die Vorwürfe, dass die arbeitende Bevölkerung falsch wähle, sprechen von einer „linken Arroganz in reinster Form“. Es werde viel über die Bedingungen in den USA und anderer Länder geredet. Wieso würden hingegen Instrumente, die die Mitbestimmung der Opposition fördern, sowie demokratische Kontrollmechanismen, wie die Reform der Untersuchungskommission, nicht umgesetzt, fragte Krauss. „Es gibt keine Kontrollmöglichkeiten für die Opposition und Instrumente wie die Untersuchungskommission sind ein scheindemokratisches Kontrollwerkzeug, das gar nichts bewirkt“, betonte Krauss. Allerdings bräuchte die echte Demokratie diese Instrumente, denn sie lebe von Vielfalt und auch von Vertrauen in das eigene Volk und nicht von der Überwachung, so Krauss abschließend.
GRin Sara do Amaral Tavares da Costa (SPÖ) führte aus, dass sie sich noch gut an ihre erste Wahl erinnere. Denn ihre Generation war die Erste, die bereits mit 16 Jahren wählen durfte. Ein Großteil der Wiener Bevölkerung dürfe hingegen noch nicht wählen. „Ich bin eine von den wenigen Wienerinnen oder Wienern, die wählen darf, obwohl ich nicht in Österreich geboren worden bin“, so Costa. „Viele Menschen in zweiter und dritter Generation dürfen nicht wählen, obwohl sie hier geboren worden sind, Deutsch sprechen und hier eine Ausbildung absolviert haben.“ Der Grund dafür sei die fehlende Staatsbürgerschaft. Das sei besonders dramatisch für viele Frauen, da sich diese trotz mehrerer Jobs die Staatsbürgerschaft nicht leisten können. „Wenn es tatsächlich darum geht, Menschen zu ermächtigen, wird die FPÖ immer sehr leise“, kritisierte Costa. „Bei Wahlen muss aber jeder Mensch ein Stimmrecht haben.“ Daher richte sich die Demokratiestudie an alle Wiener*innen und fordere sie auf, die Demokratie gemeinsam zu leben und zu gestalten.
GRin Mag. Caroline Hungerländer, MSc (ÖVP) konterte die Reden ihrer Vorredner*innen damit, dass sie die Frage in den Raum stellte, wie viele Länder in der Welt tatsächlich demokratische Prozesse kennen würden. Der Prozentsatz der gelebten Demokratien habe sich nicht verschlechtert. Vielmehr habe die Geburtenrate in den demokratischen Ländern abgenommen, während sie in autokratischen Ländern zugenommen habe. Weiters gelte es, die Verwaltungshürden auf dem Weg zur Staatsbürgerschaft abzubauen. Es sei eine Schikane für die Antragsteller*innen, wenn die inhaltlichen Kriterien erfüllt seien. Trotz erfüllter Kriterien gebe es eine gewisse Zahl an Personen, die die österreichische Staatsbürgerschaft nicht annehmen wollen. „Die Ausformulierung, dass nur Arbeitende sich nicht an dem demokratischen Prozess beteiligen wollen, ist daher blanker Populismus“, kritisierte Hungerländer ihren Vorredner Ellensohn (GRÜNE). Bei der Demokratiestrategie würden sich Personen beteiligen, allerdings sei nicht klar ersichtlich, was mit deren Meinungen im Prozess passiert sei. So werde viel Geld in den Prozess hineingepumpt, ohne genauen Kontext und Resultate. Bevor die Strategie gefördert werde, müsse die SPÖ hinterfragen, wie mit den Oppositionsparteien umgegangen werde. „Wir haben in den vergangenen Jahren 60 Anträge gestellt und nur zwei davon wurden angenommen und zugeteilt“, kritisierte Hungerländer. „Das zeugt nicht von demokratischem Verständnis und auch nicht vom Interesse an der demokratischen Teilhabe.“ (Forts.) sco
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