• 22.10.2025, 14:36:03
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  • OTS0144

Gemeinsame Agrarpolitik ab 2028 im Fokus des EU-Unterausschusses des Nationalrats

Bundesminister Totschnig berichtet über Verhandlungen zum EU-Klimaziel

Wien (PK) - 

Der EU-Unterausschuss des Nationalrats hat sich heute mit den Vorschlägen der EU-Kommission über die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) für die Jahre 2028 bis 2034 beschäftigt. Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig sprach sich dabei klar gegen die Kommissionspläne aus, künftig die Landwirtschaft nur mehr aus einem Topf zusammen mit anderen Politikbereichen zu finanzieren. Er werde sich auf allen politischen Ebnen dafür einsetzen, Einschnitte beim Budget für die Landwirtschaft zu verhindern, so Totschnig. Zudem diskutierten die Abgeordneten die EU-Vorschläge zu einem GAP-Vereinfachungspaket und für die EU-Klimaziele 2035 und 2040.

Zwei von den Grünen vorgelegte Anträge auf Stellungnahme blieben in der Minderheit. So traten sie für den Erhalt einer vielfältigen kleinstrukturierten Landwirtschaft sowie für eine ökologische Transformation und Klimaanpassung der Landwirtschaft ein. Ebenso forderten sie ein ambitioniertes EU-Klimaziel.

Vorschläge zur Neugestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik 2028 bis 2034

Der Vorschlag der Europäischen Kommission (EK) für die Ausgestaltung der GAP nach 2027 ist Teil des Pakets zum Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2028 bis 2034. Die künftige GAP soll Teil eines EU-Finanzierungsrahmens mit einem gemeinsamen umfassenden Fonds und einem Plan pro Mitgliedstaat werden. Dieser soll 14 bisher eigenständig finanzierte Politikbereiche wie Agrarpolitik, Regionalpolitik, Migration und Sicherheit zu einem einzigen Instrument zusammenführen. Der Fonds wird im EK-Vorschlag mit insgesamt 865,1 Mrd. Ꞓ dotiert, wobei über 90 % der Mittel für die "Nationalen und regionalen Partnerschaftspläne"(NRPP) vorgesehen sind. In diesen NRPP - ein Plan pro Mitgliedstaat - sind die unterschiedlichen Politikbereiche gemeinsam für den Zeitraum 2028 bis 2034 zu programmieren. Laut dem EK-Vorschlag sind für Österreich davon insgesamt 10,3 Mrd. Ꞓ eingeplant. Mindestens 6,6 Mrd. Ꞓ sind für GAP-Einkommensstützung sowie rund 0,9 Mrd. Ꞓ für den Bereich Migration/Sicherheit vorgesehen. Der Rest in Höhe von rund 2,8 Mrd. Ꞓ ist für weitere GAP-Interventionen bzw. für die Einkommensstützung, für Fischerei-und Aquakultur-Maßnahmen sowie für die Kohäsionspolitik veranschlagt.

Die "Defacto-Auflösung" der zweiten GAP-Säule sowie die Einführung eines "Single-Fonds" sehe er äußerst kritisch, betonte Landwirtschaftsminister Totschnig. Es brauche keine fundamentale Reform, sondern weitere Vereinfachungen für die Betriebe. Er werde sich auf allen politischen Ebnen dafür einsetzen, Einschnitte beim Budget für die Landwirtschaft zu verhindern. Totschnig ging bei einer Umsetzung des aktuellen Vorschlags von Verlusten von 260 Mio. Ꞓ für die Bäuerinnen und Bauern aus.

Die zentrale Stellung der GAP im MFR mit einer ausreichenden, zweckgebundenen und auf EU-Ebene festgelegten Dotierung müsse erhalten bleiben, so die Verhandlungsposition des Agrarressorts. Es dürfe zu keiner Schwächung, Teilung oder Re-Nationalisierung der GAP kommen. Planungssicherheit müsse erhalten bleiben, wobei einfache und praxistaugliche Vorgaben und die Kontinuität für die Begünstigten betont werden. Mit einem Abschluss der Verhandlungen auf EU-Ebene sei nicht vor Mitte 2027 zu rechnen.

Debatte im Ausschuss

Wichtiger als die Diskussion um ein Ein- oder Zwei-Säulen-Modell sei, dass die Gelder bei den Betrieben ankämen und nicht "im System versickern", hielt Peter Schmiedlechner (FPÖ) fest. Das sah der Landwirtschaftsminister anders. Die aktuelle GAP-Struktur sei für Österreich wichtig, da etwa mit der zweiten Säule die Bergbauernförderung sowie das Agrarumweltprogramm ÖPUL finanziert würden.

Carina Reiter (ÖVP) zeigte sich skeptisch, wie man durch einen "Single-Fund" etwa die Mittel für die ländliche Entwicklung sicherstellen könne. Statt einer Änderung der Gesamtarchitektur müssten weitere Vereinfachungen und die weitere Forcierung eines "Level Playing Fields" für die Landwirtschaft angegangen werden. Georg Strasser (ÖVP) sah den aktuellen Kommissionsvorschlag ebenso kritisch und plädierte für ein "zurück an den Start". Es sei wichtig, "sich jetzt um das Zwei-Säulen-Modell und die Budgets zu kümmern".

Gegenüber Elisabeth Feichtinger (SPÖ) gab der Landwirtschaftsminister an, dass insgesamt 17 EU-Mitgliedsstaaten den Kommissionsvorschlag kritisch sehen würden. Einer GAP-Fragmentierung könne man durch die Regelung in einer Verordnung entgegenwirken, so Totschnig. Was den von Feichtinger angesprochenen Bereich der sozialen Dienstleistungen betrifft, hielt Totschnig fest, dass man hier noch am Beginn der Diskussion stehe. Aktuell sei noch unsicher, ob dieser Bereich Teil einer Neuregelung werde.

Gertraud Auinger-Oberzaucher (NEOS) sprach von einer klaren Positionierung des Ministers zur GAP ab 2028. Sie interessierte sich für die Ausgestaltung der Auszahlungen im Rahmen der Nationalen und regionalen Partnerschaftspläne sowie für die Zukunft der LEADER-Regionalentwicklungsprojekte. Wer die Auszahlung der Fördergelder durchführe sei eine "Schlüsselfrage", man stehe aber erst am Beginn des Diskussionsprozesses, antwortete Totschnig. Was das LEADER-Programm betrifft, solle dieses laut dem Ressortchef auch mit dem aktuellen Kommissionsvorschlag weiterfinanziert werden, jedoch aus einem Topf.

Lukas Hammer (Grüne) brachte für seine Fraktion einen Antrag auf Stellungnahme ein, der jedoch bei der Abstimmung keine Zustimmung der anderen Fraktionen erhielt. Darin wird der Landwirtschaftsminister aufgefordert, sich bei den Verhandlungen zur GAP 2028-2034 für eine verpflichtende Umsetzung von "Degression und Capping" hin zu kleinen und arbeitsintensiven Betrieben einzusetzen. Eine EU-weit einheitliche, ambitionierte und wirksame Konditionalität solle zumindest den ursprünglich für die Periode 2023-2027 ausverhandelten Standards entsprechen und jedenfalls einen Mindestprozentanteil von Biodiversitäts- oder Brachflächenanteil beinhalten und die soziale Konditionalität weiter ausbauen. Zudem solle es zu einer Mindestvorgabe von 50% an Umwelt- und Klimaausgaben im Rahmen der GAP kommen, heißt es im Antrag. Es gehe darum, zu Beginn der Verhandlungen die Positionen des Ministers festzulegen, wobei Investitionen in eine kleinstrukturierte, klimafitte und nachhaltige Landwirtschaft von großer Bedeutung seien.

In Bezug auf das Mercosur-Freihandelsabkommen kritisierte FPÖ-Mandatar Peter Schmiedlechner, dass Bundeskanzler Christian Stocker im Hauptausschuss des Nationalrats angegeben habe, sich nicht mehr an den Beschluss des Nationalrats zur Ablehnung des Abkommens gebunden zu fühlen. Dem widersprach Georg Strasser (ÖVP). Bundeskanzler Stocker fühle sich weiterhin an den Beschluss gebunden, seit 2019 sei es jedoch zu einigen Änderungen gekommen. Auch Totschnig sah sich an den Beschluss des Parlaments gebunden. Nur das Hohen Haus selbst könne diesen wieder aufheben.

Was das von Lukas Hammer (Grüne) angesprochene umstrittene "Splitting" des Mercosur-Abkommens in einen handelspolitischen und politischen Teil betrifft, habe der Europäische Gerichtshof einer solchen Vorgehensweise bei einem Abkommen mit Singapur zugestimmt, so der Landwirtschaftsminister.

GAP-Vereinfachungspaket

Alle Bemühungen der Europäischen Kommission, die GAP weiter zu vereinfachen sowie die Verwaltungslast für Landwirtinnen und Landwirte und die Verwaltungsbehörden zu reduzieren, würden grundsätzlich begrüßt, hielt Landwirtschaftsminister Totschnig zum Vorschlag über ein Vereinfachungspaket der aktuellen GAP fest. Maßnahmen zur Entlastung der bäuerlichen Betriebe und zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit seien von großer Bedeutung und würden ausdrücklich unterstützt. Insgesamt biete dieses jedoch nur ein eingeschränktes Vereinfachungspotenzial für die heimischen Betriebe, weshalb weitreichendere Maßnahmen nötig seien. Insbesondere für den Zeitraum der nächsten GAP-Periode ab 2028 seien substanzielle Änderungen unerlässlich, betonte der Landwirtschaftsminister. Wesentliche Relevanz für Österreich hätten laut dem Landwirtschaftsministerium etwa die Verlängerung des Zeitraums für die Dauergrünlandwerdung von fünf auf sieben Jahre sowie die Ausweitung der GLÖZ-Standards für zertifizierte Biobetriebe.

Die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit sei auch im Bereich der Landwirtschaft bedeutend, betonte Georg Strasser (ÖVP). Zudem befürwortete er Entbürokratisierungsschritte in diesem Bereich. In der Debatte betonte Totschnig demgegenüber die Bedeutung von Planbarkeit und Kontinuität bei der GAP. Bei der Umsetzung sei Praktikabilität und Vereinfachung immer das Ziel. Die Trilog-Verhandlungen für Vereinfachungen seien nicht erfolgreich gewesen und eine Umsetzung für kommendes Jahr daher nicht absehbar, berichtete der Minister an Gertraud Auinger-Oberzaucher (NEOS). Hinsichtlich der EU-Entwaldungsverordnung setze er sich dafür ein, dass es für Länder mit einem niedrigen Entwaldungsrisiko wie Österreich möglichst wenige bürokratische Auflagen geben solle.

Elisabeth Feichtinger (SPÖ) befürwortete Vereinfachungen im Agrarbereich, mahnte aber, dass es dadurch keine "Verwässerung der Standards" geben dürfe. Auch Lukas Hammer (Grüne) warnte vor einem Herabsetzen von Umweltstandards. Demgegenüber stellte Totschnig klar, dass die Verwaltungsvereinfachungen nicht zum Absenken von Umweltstandards führen würden.

Peter Schmiedlechner (FPÖ) thematisierte den momentanen Preisverfall bei Kartoffeln und Getreide, der dazu führe, dass die Betriebe nicht mehr kostendeckend produzieren könnten. Auf dessen Frage nach Unterstützung durch EU-Mittel berichtete Totschnig, dass dieses Problem auf EU-Ebene angesprochen werde, eine Intervention seitens der Europäischen Kommission aber derzeit "nicht realistisch" sei. Umso mehr sei es wichtig, dass die Agrarbudgets entsprechend dotiert seien, da die Förderungen einkommensstabilisierend für die Betriebe seien.

Abgeordnete diskutieren EU-Klimaziel 2040

Der Vorschlag der Europäischen Kommission für ein EU-Klimaziel für 2040 war Ausgangspunkt für Diskussionen der Abgeordneten über die Richtung der Klimapolitik. Das vorgeschlagene Ziel sieht vor, die Treibhausgasemissionen bis 2040 um 90 % gegenüber 1990 zu senken. Zur Erreichung dieses Ziels sollen zusätzliche Flexibilitäten und neue Instrumente genutzt werden können. So soll ab 2036 ein begrenzter Beitrag durch internationale Klimazertifikate aus Drittstaaten eingebracht werden können. Zudem sollen im EU-Emissionshandel innereuropäische CO2-Entnahmen gestärkt werden. Weiters sieht der Vorschlag vor, dass Emissionseinsparungen eines Sektors unter bestimmten Bedingungen einem anderen Sektor zugerechnet werden können.

Österreich bekenne sich zu einem effektiven Klimaziel und zur Klimaneutralität, erklärte der auch für Klima- und Umweltschutz verantwortliche Minister Norbert Totschnig im Ausschuss. Zentral dabei sei, dass Klimapolitik und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit in Einklang gebracht würden. Im Rahmen des morgen startenden Europäischen Rates würden die Rahmenbedingungen zur Erreichung des EU-Klimaziels beraten. Auf Basis dessen würden die Diskussionen im Umweltrat am 4. November fortgesetzt, berichtete Totschnig an die Abgeordneten. Die nationalen Klimaschutzbeiträge (NDC - Nationally Determined Contributions) der EU müssten jedenfalls vor der Klimakonferenz COP 30 im November fest stehen, sagte der Minister zu Pia Maria Wieninger (SPÖ).

Die Wirtschaft in Europa stehe vor dem "Niedergang" und Europa komme "unter die Räder", konstatierte Dagmar Belakowitsch (FPÖ) und bemängelte das Klimaziel als "willkürlich gewählt". Sie forderte daher im Sinne der Wirtschaft ein "Handeln mit Augenmaß". Totschnig als auch Carina Reiter(ÖVP) und Michael Bernhard (NEOS) verwiesen demgegenüber auf die wissenschaftliche Basis des Emissionsreduktionsziels.

Totschnig hob gegenüber Belakowitsch und Carina Reiter(ÖVP) hervor, dass Klimaneutralität auf Basis von "grünem Wachstum" erreicht werden müsse. Ziel sei, den Industriestandort, die Wettbewerbsfähigkeit und in Folge die Arbeitsplätze in Europa abzusichern.

Michael Bernhard (NEOS) befürwortete das 90 %-Reduktionsziel und betonte, dass zum Erreichen der Klimaziele auf nationaler Ebene ein Klimagesetz und das Abbauen klimaschädlicher Subventionen bedeutend sei. Dazu berichtete Totschnig, dass eine Arbeitsgruppe zum Abbau klimaschädlicher Subventionen erstmals getagt habe.

Es sei eine "Blamage", dass Europa knapp vor der Klimakonferenz noch kein Klimaziel festgelegt habe, kritisierte Lukas Hammer (Grüne). Er forderte die Bundesregierung auf, im außerordentlichen Umweltministerrat für ein Klimaziel zu stimmen, das mindestens dem Vorschlag der EU-Kommission entspriche, die Netto-Treibhausgasemissionen der EU bis 2040 um 90 % zu senken. Zudem sprach er sich dafür aus, dabei keine "Schlupflöcher" zuzulassen. Ebenso solle die Bundesregierung ambitionierte nationale Klimaschutzbeiträge der EU für 2035 unterstützen. Der dafür eingebrachte Antrag auf Stellungnahme blieb mit den alleinigen Stimmen der Grünen in der Minderheit. Gegenüber Hammer befürwortete Totschnig das Nutzen der Flexibilitäten und der internationalen Zertifikate. Dies führe nicht zu einem "Verwässern" der Klimaziele, betonte er. Zum Nutzen internationaler Zertifikate sollen strenge Kriterien vorgesehen werden. (Schluss EU-Ausschuss) med/pst


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