- 22.10.2025, 13:12:32
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Bundesrats-Enquete zu Umweltschutz, Bodenverbrauch und Energiegewinnung
Diskussion mit Experten über praxisnahe Lösungen für aktuelle Herausforderungen im Naturschutz
"Landschafts-, Natur- und Umweltschutz im Spannungsfeld von Bodennutzung, Bodenverbrauch und Energiegewinnung" lautete der Titel der parlamentarischen Enquete, zu der Bundesratspräsident Peter Samt heute ins Hohe Haus geladen hat.
Im Rahmen von vier Panels hielten Experten Vorträge zu einem breiten Feld von Themen, die von der Forstwirtschaft, der Ernährungssicherheit, den ökologischen und ökonomischen Folgen der Nutzung erneuerbarer Energien, den politischen Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Entwicklung bis hin zu Fragen der Raumordnung und -planung reichten. Zu Beginn der Veranstaltung hielt der ehemalige Dritte Nationalratspräsident und jetzige Obmann des burgenländischen FPÖ-Klubs Norbert Hofer eine Keynote, in der er auf die aktuellen Herausforderungen beim Ausbau der erneuerbaren Energieträger einging. Mit einer klugen Planung sei es mit Sicherheit möglich, "saubere Energie und eine intakte Umwelt" zusammenzudenken, war er überzeugt.
Samt: Praxisnahe Naturschutzpolitik abseits ideologisch geprägter Aufgeregtheit
Die heutige Enquete solle abseits "ideologisch geprägter Aufgeregtheit" neue Perspektiven aufzeigen und die zentrale Bedeutung einer praxisnahen Naturschutzpolitik im Sinne der heimischen Bevölkerung herausstreichen, betonte Bundesratspräsident Peter Samt in seinen Begrüßungsworten. Statt "weltanschaulicher Zuspitzungen" und "Bevormundung durch Klimadogmen" brauche es verantwortungsvolles Handeln im Alltag sowie eine partnerschaftliche Zusammenarbeit vor Ort. Dazu zählten eine nachhaltige Bewirtschaftung und Schutzgebietsbetreuung sowie die gezielte Unterstützung von Gemeinden in der Landschaftspflege. Wichtig sei es dabei immer, auf die wirtschaftliche Verträglichkeit zu achten, machte Samt geltend, der seine Amtszeit unter das Motto "Brauchtum leben, Traditionen bewahren, Generationen verbinden" gestellt hat.
Hofer plädiert für Ausbau der Speicherkapazitäten und Forcierung der Wasserstofftechnologie
Für eine nüchterne, faktenbasierte Prüfung der Forschungsergebnisse trat auch Norbert Hofer in seinem Vortrag ein, denn Wissenschaft und Physik seien nicht ideologisch zu betrachten. Die Politikerinnen und Politiker dürften dann erst am Ende des Erkenntnisprozesses entscheiden, ob die jeweiligen Resultate umgesetzt werden sollten oder nicht. Vor diesem Hintergrund müssten auch die im neuen Energie- und Klimaplan bis 2030 festgesetzten Ziele beurteilt werden, gab Hofer zu bedenken, wobei man bei der Erfüllung der Vorgaben für erneuerbare Energieträger derzeit bei 57 % liegen würde. Dies bedeute, dass noch 43 % durch "Brückentechnologie" abzudecken seien. Im Hinblick auf den Bodenschutz und Naturschutz hätte das etwa zur Folge, dass noch zusätzlich 97 km² Photovoltaik-Flächen (ein Drittel des Neusiedler Sees) geschaffen und bis zu 1.050 Windkraftanlagen errichtet werden müssten.
Auch wenn er ein absoluter Verfechter der erneuerbaren Energien sei, so dürfe deren Ausbau nicht als Freibrief für die Beeinträchtigung von Orts- und Landschaftsbild, Arten-, Boden- und Wasserschutz verstanden werden, warnte Hofer. Kritisch stand er dem Import von Flüssigerdgas gegenüber, das nicht nur umweltschädlich produziert werde, sondern auch über tausende Kilometer hin transportiert werden müsse. Als Alternative schlug er die Nutzung von heimischem Erdgas vor, das für kurze Zeit "eine Brücke schlagen könnte".
Viel stärker konzentrieren müsse man sich seiner Meinung nach auf den Wasserstoff, zeigte sich Hofer überzeugt. Gleichzeitig seien die hohen Standards in Österreich in den Bereichen Artenschutz, Bodenschutz und Wasserqualität nicht verhandelbar. Zudem könne durch die Schaffung von "Vorrang- und Tabuzonen" der rasche Ausbau von Hochspannungsleitungen sichergestellt werden, ohne dass der Naturschutz ausgehöhlt werde, schlug Hofer vor. Auf diese Weise könne auch verhindert werden, dass Anlagen in sensiblen Habitaten errichtet würden. Für besonders wichtig erachtete er es auch, dass Österreich zur "Speicherrepublik" werde, wobei vor allem die dezentralen Kapazitäten stark erweitert werden müssten. Weiteren Handlungsbedarf sah Hofer beim Ausbau der Elektrifizierung, der Sanierung, der Nutzung von Abwärme und der Digitalisierung.
Meran kritisiert Errichtung von Windkraftanlagen im alpinen Raum
Dem Thema "Forstwirtschaft im Spannungsfeld von Ökonomie und Naturschutz" widmete sich der Präsident des steirischen Jagdschutzvereins Franz Meran in seiner Rede. Er sei der festen Meinung, dass die Besitzerinnen und Besitzer der Wälder, die zu 80 % in privater Hand seien, seit Generationen bewiesen hätten, dass sie die Natur schützen könnten. Nun sei man aber mit sogenannten Biodiversitätsstrategien konfrontiert, die darauf abzielten, 10 % bis 15 % der Flächen "aus der Nutzung zu nehmen". Gerade angesichts der ohnehin schon sehr angespannten ökonomischen Situation der Forstbetriebe, halte er dies für kontraproduktiv. Damit erreiche man nämlich genau das Gegenteil des heute Angestrebten, so Meran, der dabei den Erhalt von Biomasse und Artenschutz ins Treffen führte.
Meran plädierte generell für eine sachliche Debatte. Er spüre natürlich, dass es wärmer werde, dennoch solle man nicht in eine "Klimahysterie" verfallen. Auch Schlagworte wie "klimafitter Wald" seien wenig nützlich, da die Forstwirtschaft schon seit jeher in Zeiträumen von 100 Jahren denke, beklagte er. Nachdem die Forstwirtschaft aber unter einem großen ökonomischen Druck stehe, bestünde die Gefahr, dass in Hinkunft viele kleinstrukturierte Betriebe ihre Gründe verkaufen müssten. Kritische Worte fand Meran auch bezüglich der Errichtung von Windkraftanlagen im alpinen Raum, was aus seiner Sicht eine ökologische Katastrophe sei.
Schlemper: Landwirtschaft ist der Schlüssel für Ernährungssicherheit und Biodiversität
Wolf-Dietrich Schlemper (Referent in der Salzburger Landesregierung für Jagd und Fischerei, Natur- und Umweltschutz, Gewerbe und Feuerwehrwesen) ging zunächst auf den Wandel des Begriffs Naturschutz ein, der mittlerweile um Fragen des Arten- und des Lebensraumschutzes erweitert wurde. Demgegenüber stehe die Landwirtschaft, die - je nachdem, wie sie ausgeführt werde - einen negativen Effekt auf das Landschaftsbild und die Biodiversität haben könne. Positiv wirke sich wiederum aus, wenn Flächen nicht bewirtschaftet würden.
Der Mensch brauche bestimmte Ökosysteme, um sich auf wandelnde Umweltbedingungen einstellen zu können, gab Schlemper zu bedenken. Gleichzeitig sei es im Sinne der Resilienz erforderlich, über eine vielfältige Lebensmittelproduktion zu verfügen. Gerade der Erhalt der vielen landwirtschaftlichen Betriebe sei der Schlüssel für mehr Biodiversität und für mehr Ernährungssicherheit, betonte er. Schlemper sprach in diesem Zusammenhang die sogenannte Wiederherstellungs-Verordnung der EU an, deren Inhalt seiner Ansicht nach im Widerspruch zur Schaffung von effizienteren Agrarsystemen in Österreich stehe. Damit werde nämlich der Naturschutz der eigenen Lebensmittelproduktion vorgezogen, beklagte Schlemper, der eine Beschleunigung des "Höfe-Sterbens" befürchtete.
Bei der anschließenden Diskussion warnte Nationalratsabgeordneter Michael Fürtbauer (FPÖ) vor dem "Bürokratiemonster" in Form der Entwaldungs-Verordnung, die zudem stark in die Eigentumsrechte eingreife. Sein Fraktionskollege Albert Royer wies darauf hin, dass täglich neun Landwirtinnen und Landwirte ihre Betriebe aufgeben müssten. Es brauche daher weder MERCOSUR noch zusätzliche bürokratische Auflagen. Der niederösterreichische Landtagsabgeordnete Peter Gerstner (FPÖ) stand wiederum den Renaturierungsvorgaben der EU kritisch gegenüber.
Bundesrat Stefan Auer-Stüger (SPÖ/W) konnte den Ausführungen von Norbert Hofer einiges abgewinnen. Es müsse aber allen klar sein, dass es beim Thema Klimaschutz nicht nur um technische Möglichkeiten gehen könne, sondern ebenso um Wirtschaft, Mobilität und Biodiversität. Für ihn stehe jedenfalls außer Frage, dass der Klimawandel von den Menschen verursacht worden sei und man daher auch etwas dagegen tun könne. Die Ausarbeitung von Strategien sowie das Festlegen von Zielen würde daher durchaus Sinn machen, konstatierte Auer-Stüger, der als Beispiel die Renaturierungs-Verordnung anführte.
Es seien die Landwirtinnen und Landwirte gewesen, die die Biodiversität überhaupt ermöglicht hätten, urteilte Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP/O). Er war der Meinung, dass Krisen als Chancen genutzt werden sollten, denn nur dann könnten die kleinstrukturierten Betriebe erhalten und Arbeitsplätze abgesichert werden. (Fortsetzung Enquete) sue
HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung sowie eine Nachschau auf vergangene Veranstaltungen finden Sie im Webportal des Parlaments.
HINWEIS: Die parlamentarische Enquete wurde live in der Mediathek des Parlaments übertragen und ist dort als Video-on-Demand abrufbar. Die Parlamentsdirektion hat zum Thema der Enquete ein Fachdossier erstellt.
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