• 22.10.2025, 12:49:32
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Nationalrat gibt Startschuss für Pilnacek-Untersuchungsausschuss

Acht Wochen Zeit für Aktenlieferungen, Termin für konstituierende Sitzung noch offen

Wien (PK) - 

Der von der FPÖ verlangte Pilnacek-Untersuchungsausschuss ist nun endgültig auf Schiene. Mit dem kurz vor 13 Uhr erfolgten Aufruf des Berichts des Geschäftsordnungsausschusses in der heutigen Nationalratssitzung gilt er automatisch als eingesetzt, nachdem alle rechtlichen Voraussetzungen dafür vorliegen. Eine Abstimmung darüber war nicht mehr nötig. Auf eine nochmalige Diskussion haben die Abgeordneten verzichtet, um sich auf das von den Grünen gewählte Thema der heutigen Sondersitzung - "Milliarden für die Zukunft statt für die Zerstörung der Natur" - zu fokussieren. Den Vorsitz im Untersuchungsausschuss hat gemäß Verfahrensordnung Nationalratspräsident Walter Rosenkranz inne, Verfahrensrichterin wird die ehemalige OLG-Richterin Christa Edwards. Sie hat bereits Erfahrung aus vergangenen U-Ausschüssen. Als Frist für Aktenlieferungen ist laut grundsätzlichem Beweisbeschluss der 17. Dezember festgelegt (Näheres siehe dazu Parlamentskorrespondenz Nr. 911/2025). Damit könnte der Untersuchungsausschuss im Jänner mit der Befragung von Auskunftspersonen beginnen.

Mit dem Untersuchungsausschuss will die FPÖ insbesondere die Ermittlungen rund um den Tod des ehemaligen Spitzenbeamten im Justizministerium Christian Pilnacek durchleuchten. Sie hegt den Verdacht, dass es dabei zu unrechtmäßigen Handlungen gekommen ist. So ist im Verlangen unter anderem von einer unbefugten Entfernung und Zurückhaltung von Beweismitteln, einer Verfälschung von Ermittlungsergebnissen und einer gezielten strafrechtlichen Verfolgung von Journalisten, die an der Aufarbeitung der Vorgänge beteiligt waren, die Rede. Im Hintergrund könnten, so die Vermutung der Freiheitlichen, politische Akteure - etwa aus dem Innenministerium oder dem Bundeskanzleramt - Druck ausgeübt oder gar die Fäden gezogen haben. Zumal ihrer Meinung nach mögliche Zusammenhänge zwischen Pilnaceks Tod und dessen Kontakte zur ÖVP bei den Ermittlungen vernachlässigt worden seien. Insgesamt will die FPÖ zwölf Aspekte genauer beleuchten.

Untersucht werden soll der Zeitraum vom 19. Oktober 2023 bis zum 4. September 2025. Das ist zum einen der Tag vor dem mutmaßlichen Suizids Pilnaceks, zum anderen der Tag, an dem die Zuständigkeit für die Ermittlungen im Todesfall Christian Pilnacek laut Verlangen von der Staatsanwaltschaft Krems an die Staatsanwaltschaft Eisenstadt übertragen wurde.

Acht Wochen Zeit für Aktenlieferungen

Zu den Stellen, die dem Untersuchungsausschuss Akten und Unterlagen vorzulegen haben, gehören neben sämtlichen Bundesministerien auch der Bundespräsident, der Nationalratspräsident, die Bundesdisziplinarbehörde, die Volksanwaltschaft und die Organe der ordentlichen Gerichtsbarkeit, wobei die Abgeordneten in Bezug auf letztere vor allem die Staatsanwaltschaft Krems, die Staatsanwaltschaft Eisenstadt, die Oberstaatsanwaltschaft Wien, das Landeskriminalamt Niederösterreich und die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) im Fokus haben.

Die Einbeziehung von Nationalratspräsident Walter Rosenkranz wird mit "engen Kontakten" seines Vorgängers Wolfgang Sobotka zu Pilnacek begründet. Möglicherweise gebe es im Büro des Präsidenten Aufzeichnungen in Verbindung mit dem Untersuchungsgegenstand, wird im grundsätzlichen Beweisbeschluss festgehalten. Bundespräsident Alexander Van der Bellen kommt wegen seines regelmäßigen Austauschs mit Regierungsmitgliedern und der Ernennung hoher Beamtinnen und Beamter ins Spiel. In Bezug auf die Volksanwaltschaft wird auf das amtswegige Prüfverfahren zur Polizeiarbeit rund um das Ableben von Christian Pilnacek verwiesen.

Was die Bundesministerien betrifft, werden im grundsätzlichen Beweisbeschluss insbesondere das Justizministerium und das Innenministerium hervorgehoben, wobei einzelne Akten und Unterlagen ausdrücklich angeführt werden. Dazu gehören etwa der Abschlussbericht der von Ex-Justizministerin Alma Zadić eingesetzten Untersuchungskommission, "mit allen Einvernahmeprotokollen und in ungeschwärzter Form", etwaige Weisungen des Justizministeriums, Akten und Unterlagen des Bundeskriminalamtes zur Auswertung der Smartwatch von Pilnacek sowie Fotos vom Auffindungsort und von der Obduktion Pilnaceks. Aber auch bei anderen Ministerien könnte es Unterlagen in Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand geben, wird festgehalten.

30. Untersuchungsausschuss in der Zweiten Republik

Dem Untersuchungsausschuss werden, abseits des Vorsitzenden, 13 Mitglieder angehören, wobei FPÖ und ÖVP je vier Abgeordnete, die SPÖ drei Abgeordnete sowie NEOS und Grüne je eine Mandatarin bzw. einen Mandatar nominieren können. Das gleiche gilt für die 13 Ersatzmitglieder. Noch offen ist, wann die konstituierende Sitzung des U-Ausschusses stattfinden wird.

Die Rolle der Verfahrensrichterin im Untersuchungsausschusses übernimmt - wie schon in den letzten beiden U-Ausschüssen - die frühere Richterin am OLG Wien Christa Edwards. Bei Bedarf wird sie vom ehemaligen VwGH-Richter Wolfgang Köller vertreten. Über die Einhaltung der Grund- und Persönlichkeitsrechte der Auskunftspersonen werden die Rechtsanwälte Andreas Joklik als Verfahrensanwalt und Michael Kasper als sein Stellvertreter wachen.

Der Untersuchungsausschuss zur "Klärung politischer Einflussnahme auf Ermittlungen in der Causa Pilnacek" ist der 30. Untersuchungsausschuss in der Zweiten Republik und der siebente, der aufgrund eines Minderheitsverlangens (Unterstützung durch 46 Abgeordnete) eingesetzt wird. Die Dauer von Untersuchungsausschüssen ist grundsätzlich auf 14 Monate begrenzt, im Bedarfsfall ist aber eine Verlängerung auf bis zu 20 Monate möglich. Eine mehr als dreimonatige Verlängerung benötigt allerdings einen Mehrheitsbeschluss. (Fortsetzung Nationalrat) gs

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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