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MAK zeigt "HELMUT LANG. SÉANCE DE TRAVAIL 1986–2005 / Excerpts from the MAK Helmut Lang Archive"

Erste umfassende Ausstellung seines Oeuvres - Eröffnung am 9. Dezember 2025 um 19 Uhr

Helmut Lang, New York City Taxi Top, Werbung, 1998–2004. MAK
Helmut Lang Archiv, LNI 649. Foto: MAK/Christian Mendez.
Wien (OTS) - 

Mit HELMUT LANG. SÉANCE DE TRAVAIL 1986–2005 / Excerpts from the MAK Helmut Lang Archive (10. Dezember 2025 – 3. Mai 2026) widmet das MAK – Museum für angewandte Kunst Helmut Lang die erste umfassende Ausstellung seines Oeuvres. Ausgehend vom größten und einzigen offiziellen öffentlichen Archiv zu seinem Werk, das seit 2011 Teil der MAK Sammlung ist, bietet die Ausstellung einen tiefgehenden und einzigartigen Einblick in Helmut Langs Mindset und seinen kreativen Prozess. Dabei liegt der Fokus auf seiner radikalen Vision von Design und Identität zwischen 1986 und 2005. Konzipiert als Mixed-Media-Präsentation mit großformatigen, ortsspezifischen Installationen, überschreitet die Schau die Konventionen klassischer Modeausstellungen. Sie unterstreicht Langs Rolle als Pionier, der schon früh künstlerische Strategien einsetzte – lange bevor er sich 2005 aus der Modewelt zurückzog, um sich ganz auf seine künstlerische Praxis zu konzentrieren.

Zwischen Wien, Paris und New York schrieb Helmut Lang die Codes der internationalen Modewelt neu und entwickelte ein unverwechselbares ästhetisches Vokabular, das nicht nur unser Erscheinungsbild geprägt hat, sondern auch, wie Identität aufgefasst und vermittelt wird. In Kampagnen, Flagship Stores und in der Zusammenarbeit mit Künstler*innen unterschiedlicher Medien definierte er die Grenzen zwischen den kreativen Disziplinen neu und stellte emotionale Resonanz über bloßen Konsum.

Mit einem konsequent medienübergreifenden Ansatz stellte Lang etablierte Normen der Branche ebenso infrage wie gesellschaftliche Konventionen. Kompromisslose Strenge verband sich bei ihm mit einer zutiefst menschlichen Vision. Ideen, die erst Jahre später zum Zeitgeist wurden, nahm er vorweg und brachte sie auf eine internationale Bühne, stets in kritischer Distanz zu den Modetrends der Zeit. Geprägt von einer leisen, doch radikalen Haltung, entstand ein Werk, das bis heute konzeptionelle und ästhetische Aktualität besitzt.

Der kuratorische Rahmen der Ausstellung ist im MAK Helmut Lang Archiv verankert und greift Langs Konzept der Séance de Travail – der „Arbeitssitzung“ – als Prozess kontinuierlichen Experimentierens, Verfeinerns und Erneuerns auf. Entlang der Themen IDENTITY, SPACE, SÉANCE DE TRAVAIL, MEDIA & CULTURAL PRESENCE, ARTIST COLLABORATIONS und BACKSTAGE wird sein Oeuvre als verflochtenes System und als Teil eines größeren kulturellen Narrativs erfahrbar.

Vor dem Hintergrund der kulturellen Umbrüche der späten 1990er und frühen 2000er Jahre entwickelte Lang eine medienbewusste Ästhetik, die sich vom Glamour, der Überinszenierung und den Statussymbolen der 1980er Jahre abhob. Nach ersten Kollektionen und einem Made-to-Measure-Atelier in Wien präsentierte er 1986 im Rahmen der Ausstellung Vienne, Naissance d’un siècle, 1880–1938 im Centre Pompidou in Paris die Debütshow der Helmut-Lang-Kollektion mit dem Titel L’Apocalypse Joyeuse und etablierte sich mit seinen reduzierten, geschlechterübergreifenden Kollektionen rasch als zentrale Stimme der internationalen Avantgarde.

Den klassischen Laufsteg ersetzte Lang ab 1988 durch die performative Séance de Travail – ein Format, das Damen- und Herrenmode in einer offenen, unvorhersehbaren Dynamik von Models und Freund*innen unterschiedlicher Herkunft, Geschlechter und Altersgruppen vereinte. In rohen, industriellen Räumen – wie dem Espace Commines in Paris oder dem Dia Center for the Arts in New York – entstand mehr als nur ein neues Format, das auf die stilisierte Theatralik des défilé verzichtete: Die Präsentationen entsprachen gelebten Erfahrungen, in denen Mode, Architektur, Sound und Publikum intuitiv zu einer speziellen Atmosphäre verschmolzen, die ebenso subtil und subversiv war wie Langs Designs.

1998 verlegte Helmut Lang den Geschäftssitz des Modelabels nach New York und wurde zum ersten Designer, der eine Modenschau im Internet präsentierte (Herbst/Winter 1998/99) und das demokratisierende Potenzial des noch jungen „World Wide Web“ nutzte. Statt exklusiver Einladungen für die erste Reihe wurden CD-ROMs verschickt. Die neue Website bewarb er mit mehr als 1.000 Werbeschaltungen auf New Yorker Taxi-Tops, die rasch zum Markenzeichen Manhattans wurden. Die einzigen beiden erhaltenen originalen Taxi-Tops sind nun Teil des MAK Archivs, eines davon mit Langs ikonischer Robert-Mapplethorpe-Kampagne. Durch die Vorverlegung seiner New Yorker Schau (Frühjahr/Sommer 1999) auf Anfang September – noch vor die europäischen Präsentationen – löste er unbeabsichtigt die bis heute gültige Reihenfolge des internationalen Modekalenders aus.

Gemeinsam mit dem Architekten Richard Gluckman entwickelte Lang eine radikale Ästhetik für seinen Flagship Store und die Parfümerie in der Greene Street in New York und den Store in der Rue Saint-Honoré in Paris. Ortsspezifische Installationen mit Arbeiten der Künstlerinnen Jenny Holzer und Louise Bourgeois machten dort die Verbindung von Mode, Kunst und Architektur zu einem Markenzeichen der Helmut-Lang-Identität. Diese Designprinzipien werden im Museumskontext intuitiv übersetzt: In der MAK Ausstellungshalle werden Gestaltungselemente der Flagship Stores maßstabsgetreu rekonstruiert. Sie behalten ihre ursprüngliche Doppelfunktion und sind zugleich autonome skulpturale Objekte und Displays für Originalmaterialien aus dem MAK Helmut Lang Archiv.

Die künstlerische Zusammenarbeit von Helmut Lang mit Jenny Holzer nahm auf der Biennale in Florenz 1996 ihren Ausgang, für die er einen Duft entwickelte, der eine menschliche Präsenz neben ihren textbasierten Arbeiten evozierte. Im Jahr 2000 wurde dieser Dialog in einer konzeptuellen Parfümkampagne fortgeführt, die herkömmliche Produktwerbung mit Holzers markanten Texten („I SMELL YOU ON MY SKIN ...“) ersetzte. Beginnend mit dem Flagship Store in New York wurden ab 1997 Holzers textbasierte LED-Arbeiten in das Erscheinungsbild sämtlicher Helmut-Lang-Stores integriert. Eine Ausstellung in der Kunsthalle Wien 1998, die Jenny Holzer und Helmut Lang mit Louise Bourgeois zusammenbrachte, legte den Grundstein für eine Reihe von Kooperationen zwischen Lang und Bourgeois – von Kunstinstallationen bis zu Musik und Produktdesign –, die einen außergewöhnlichen kreativen Austausch und eine langjährige Freundschaft widerspiegelten.

Lang etablierte zudem eine Form der Modekommunikation, die das Unerwartete aufgriff und immer neue Perspektiven eröffnete: Indem Hoch- und Populärkultur ohne hierarchische Wertung miteinander verschmolzen, bauten die Werbeanzeigen auf einem Gefühl von Transparenz und Intimität auf – Gesten, die seither integraler Bestandteil zeitgenössischer Werbung in verschiedenen Branchen geworden sind. Der „Backstage“-Bereich offenbarte sich als subversiver Raum, der Zugang zu einer Gemeinschaft eröffnete, die üblicherweise nur Models, Stylist*innen und Insider*innen vorbehalten war. Spontan und bisweilen in Lo-Fi-Ästhetik boten Fotografien, Kampagnen und Special Editions einen Blick hinter die Kulissen und rückten individuelle Persönlichkeiten und die verborgene Arbeit jenseits des Modespektakels in den Fokus.

MAK Helmut Lang Archiv
Das MAK Helmut Lang Archiv, das dem MAK 2011 vom Künstler als Schenkung übergeben wurde, ist das größte und einzige offizielle öffentliche Archiv zu seinem Werk. Mit mehr als 10.000 Datensätzen umfasst es unzählige Objekte und Dokumente, die die Entwicklung des 1986 von Helmut Lang in Wien gegründeten Labels bis zu seinem Ausstieg 2005 nachzeichnen. Im Kontext von 18 internationalen Museumssammlungen, in denen ausgewählte vollständige Runway-Ensembles bewahrt werden, deckt das MAK Helmut Lang Archiv seine Gesamtkonzeption von Mode, Kommunikation, Produktion, Industrie- und Architekturdesign ab. Damit ordnet es Kleidungsstücke und Accessoires in einen größeren Zusammenhang seiner ganzheitlichen, interdisziplinären Vision ein. Gemäß Langs Philosophie „alles ist gleich wichtig“ wurde jedes Element „mit derselben Sorgfalt, Qualität und Aufmerksamkeit behandelt und verdient ein Umfeld, das sein vollständiges Verständnis ermöglicht“: Entwürfe, Werbematerialien, Kampagnen, Prototypen, Muster, Artefakte, Verpackungen, Ephemera, Fotografien, Audio- und Videoaufnahmen, Backstage-Dokumentationen, Presseausschnitte und interne Unterlagen machen die Tiefe und Präzision seines kreativen Prozesses sichtbar. Die künftige Mission des Archivs ist es, diese konzeptionelle und interdisziplinäre Dimension als Ressource für den zeitgenössischen Diskurs zur Verfügung zu stellen.

Anlässlich der Ausstellung wird das Archiv umfassend überarbeitet und bislang unveröffentlichte Arbeiten und Materialien aus verschiedenen Disziplinen zugänglich gemacht, darunter die Videodokumentationen der Séance de Travail Runway-Shows, die weltweit erstmals in voller Länge, in Farbe und mit Originalmusik gezeigt werden.

Die performative Qualität, die Räume und das Publikum dieser Präsentationen werden in einer ortsspezifischen Installation und mit lebensgroßen Videos der Séance de Travail in den Ausstellungsraum übersetzt. Eine Auswahl originaler Accessoires Vêtements – hybride Objekte zwischen Kleidung und Accessoire – zeigt Typologien modularer Kleidungsstücke, die durch Dekonstruktion und Weiterentwicklung funktionaler Elemente wie Holster, Gurte oder Tank-Tops entstanden. Besondere Materialien, Texturen und Schnitte werden anhand ausgewählter originaler Kleidungsstücke und Accessoires aus dem Archiv sichtbar.

Durch die Verbindung von Streetwear, subkulturellen und folkloristischen Referenzen mit maßgeschneiderter Kleidung und Abendmode entwickelte Lang eine codierte „Uniform“ für eine neue kreative Generation: Sie eröffnete jenen, die sich für zu klug hielten, um sich mit Mode auseinanderzusetzen, ein neues Gefühl von Identität und Präsenz. Subversiv und gleichermaßen aufrichtig verdichtete Langs funktionaler „Essentialismus“ den ästhetischen Moment seiner Zeit, der bis heute die wechselseitige Beziehung von Kreativität und Stil beeinflusst. Analoge und digitale Lookbooks, Fitting und Run-of-Show-Polaroids sowie die Unmittelbarkeit von Backstage-Fotografien und -Videos lassen die Atmosphäre der 1990er und 2000er Jahre in der Gegenwart wieder aufleben.

Geprägt von interdisziplinärem Denken, Egalitarismus, kultureller Sensibilität, Mut zum Experiment und persönlichem Engagement hat Helmut Lang mehr als nur Modegeschichte geschrieben. Sein konsequentes OEuvre zeigt, wie kreative Praxis soziale und individuelle Paradigmen verschieben kann – und macht ihn so zu einer Schlüsselfigur der zeitgenössischen Kultur und zu einer Inspirationsquelle für kommende Generationen.

„Ich danke Helmut Lang für sein Vertrauen. Als österreichisches Bundesmuseum bewahrt und erforscht das MAK mit dem Helmut Lang Archiv die wichtigste Dokumentation seines gestalterischen Werks, dem wir uns mit einem besonderen Zugang widmen. Lang war zudem für viele Jahre ein prägender Professor an der benachbarten Universität für angewandte Kunst. Die Ausstellung macht sein Streben nach einem ‚Gesamtkunstwerk‘ sichtbar – nach der ganzheitlichen Vision seiner Marke als Modedesigner, Künstler, Stratege und Innovator. Sein radikales Gesamtkonzept inspiriert Generationen bis heute und wird hier eindrücklich erlebbar.“
– Lilli Hollein, Generaldirektorin MAK

„Während der Vorbereitung der Ausstellung hat mir Helmut einzigartige Einblicke in seinen kreativen Prozess gewährt – eine Erfahrung, die wir mit unserem Publikum teilen möchten. Das Wesen von Helmut Langs Arbeit ist in emotionalen Erfahrungen und in den wertschätzenden Beziehungen verwurzelt, die er mit Künstler*innen, Fotograf*innen, Architekt*innen, Models und anderen Wegbegleiter*innen pflegte. Die Szenografie vermittelt ein intuitives Verständnis für seinen unverwechselbaren Ansatz und seine bis heute spürbare kulturelle Relevanz.“
– Marlies Wirth, Kuratorin Digitale Kultur, Kustodin MAK Sammlung Design

„Das MAK Archiv ist als ‚lebendiges Archiv‘ gedacht. Ich hoffe, es inspiriert andere, den Mut zu haben, ihre eigene Stimme zu finden. Die Vergangenheit ist nie einfacher als die Gegenwart; die Gegenwart ist immer die Möglichkeit.“
– Helmut Lang

Bildmaterial und eine Biografie des Künstlers stehen unter MAK.at/presse zum Download bereit.


Pressekonferenz
Dienstag, 9.12.2025, 10 Uhr
Wir bitten um Anmeldung unter presse@MAK.at

Eröffnung
Dienstag, 9.12.2025, 19 Uhr
Eintritt frei zur Ausstellungseröffnung

Ausstellungsort
MAK Ausstellungshalle (EG)
MAK, Stubenring 5, 1010 Wien

Ausstellungsdauer
10.12.2025–3.5.2026

Öffnungszeiten
Di 10–21 Uhr, Mi bis So 10–18 Uhr

Kuratorin, szenografische Idee
Marlies Wirth, Kuratorin Digitale Kultur, Kustodin MAK Sammlung Design

Wissenschaftliche Beratung
Lara Steinhäußer, Kustodin MAK Sammlung Textilien und Teppiche

Projektassistenz und Visualisierung der szenografischen Idee
Felix Kofler, MAK Sammlung Design

Projektmitarbeit MAK Helmut Lang Archiv
Helena Grünsteidl, MAK Sammlung Textilien und Teppiche
Nicole Miltner, Museumsdatenbank

Ausstellungsgestaltung
Philipp Krummel

Grafische Gestaltung
Lisa Penz, David Gallo

MAK Eintritt
Ꞓ 16,50/15,50*; ermäßigt Ꞓ 13,50/12,50*; jeden Dienstag 18–21 Uhr: Eintritt Ꞓ 8/7,50*
Eintritt frei für Kinder und Jugendliche unter 19
* Ticketpreis im Online-Vorverkauf
Aktuell gültige Eintrittspreise entnehmen Sie bitte der MAK Website.


Rückfragen & Kontakt

MAK Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Judith Anna Schwarz-Jungmann (Leitung)
T +43 1 71136-213, judith.schwarz-jungmann@MAK.at

Sandra Hell-Ghignone
T +43 1 71136-212, sandra.hell-ghignone@MAK.at

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | MAK

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