• 21.10.2025, 11:07:02
  • /
  • OTS0080

Jüdisches Museum Wien: „Schwarze Juden, Weiße Juden? Über Hautfarben und Vorurteile“

Neue Ausstellung widmet sich dem Thema der jüdischen Identität

Wien (OTS) - 

Das Jüdische Museum Wien, ein Museum der Wien Holding, widmet sich in seiner neuen Herbstausstellung „Schwarze Juden, Weiße Juden? Über Hautfarben und Vorurteile“, die von 22. Oktober 2025 bis 26. April 2026 im Museum Dorotheergasse zu sehen ist, dem Thema der jüdischen Identität im Spannungsverhältnis zwischen Eigendefinitionen, Antisemitismus und Rassismus. Welche Hautfarben haben Jüdinnen und Juden – und welche werden ihnen zugeschrieben? Wie verorten sie sich selbst? Die Ausstellung „Schwarze Juden, Weiße Juden?“ geht diesen Fragen nach und zeigt historische und zeitgenössische Beispiele der Fremd- und Selbstwahrnehmung.

Rassismus bedeutet, Menschen aufgrund von tatsächlichen oder zugeschriebenen körperlichen Merkmalen zu bewerten und zu entwerten. Dabei spielt die Hautfarbe als vermeintlich offensichtlichste Unterscheidung zwischen Menschen eine besondere Rolle. Bis heute ist sie eines der wirkmächtigsten Kriterien, um Zugehörigkeit zu bestimmen und um Ausgrenzung zu rechtfertigen. Auch in der langen Geschichte des Antisemitismus wurden Jüdinnen und Juden körperliche Besonderheiten zugeschrieben. Doch welche Rolle spielt dabei die Hautfarbe?

Die Ausstellung „Schwarze Juden, Weiße Juden? Über Hautfarben und Vorurteile“ nimmt eine wenig beachtete Schnittstelle von Rassismus und Antisemitismus in den Blick: Von den „Rassentheorien“ des 19. Jahrhunderts über NS-Ideologien bis hin zu innerjüdischen Debatten und (post)kolonialen Diskursen zeigt sie, wie Jüdinnen und Juden in unterschiedlichen Zeiten und Kontexten verschiedene Hautfarben zugeschrieben wurden und werden – und auch, wie sie sich selbst wahrnahmen und bewerteten.

Dabei geht es nicht um eine Antwort auf die Frage „Welche Hautfarbe haben Jüdinnen und Juden?“, denn jene lässt sich außerhalb rassistischer Denkweisen gar nicht beantworten. Vielmehr erzählen künstlerische Positionen und historische Objekte, dass Jüdinnen/Juden als Gruppe, Minderheit oder „Rasse“ je nach Zeit, Ort und Perspektive ganz unterschiedlich gesehen wurden: als Weiße oder Nicht-Weiße, als Schwarze oder Nicht-Schwarze, als Diskriminierte oder als Diskriminierende, als Kolonisierte oder Kolonisatoren.

Gerade diese Widersprüchlichkeit und Uneindeutigkeit macht nicht nur deutlich, wie sehr „Rasse“ eine gesellschaftliche Konstruktion ist, die allerdings bis heute das Leben von Menschen prägt. Sie zeigt auch, dass die Beschäftigung mit jüdischer Identität zwischen Selbstdefinition, Antisemitismus und Rassismus ein Weg ist, eigene Vorurteile und stereotype Vorstellungen zu hinterfragen und das rassistische Weltbild zu sprengen.

Historische Linien und aktuelle Brüche

Die Ausstellung spannt einen weiten historischen Bogen, allerdings ohne einer chronologischen Erzählung zu folgen. Die einzelnen Kapitel untersuchen, in welchen Zusammenhängen Jüdinnen und Juden bestimmte Hautfarben zugeschrieben wurden und werden: „Rassentheorien“ des 19. Jahrhunderts, koloniale Diskurse, die rassistische Ideologie des Nationalsozialismus, (Selbst)Orientalisierung, Schwarze jüdische Communities in Afrika und den USA und viele andere Themen werden in der Ausstellung unter dem Gesichtspunkt wie eine bestimmte Hautfarbe „hergestellt“ wird thematisiert. Dem gegenüber stehen (innerjüdische) Debatten über Hautfarbe und Identität, reale Diskriminierung und Gewalt sowie Solidaritätsallianzen, aber auch zerbrochene Solidaritäten.

Gegenwartsbezug und Brisanz

Brisante Aktualität erhielt die Ausstellung durch den Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und den danach folgenden Krieg in Gaza. War die Frage nach einer „White supremacy“ von Jüdinnen und Juden noch vor ein paar Jahren eine US-amerikanische akademische Debatte, die langsam nach Europa sickerte, werden heute Jüdinnen und Juden in öffentlichen Diskursen häufig als „privilegierte Weiße Kolonisatoren“, bezeichnet. Diese Zuschreibungen blenden jedoch historische Erfahrungen und gegenwärtige Realitäten antisemitischer Diskriminierung aus. „Schwarze Juden, Weiße Juden?“ will dem etwas entgegensetzen und eröffnet einen differenzierten Blick auf Hautfarbe, Identität und Zugehörigkeit.

Stimmen, Objekte, Kunstwerke

Neben historischen Dokumenten, Fotografien und Objekten zeigt die Ausstellung zeitgenössische Kunstwerke, die das Spannungsverhältnis zwischen Fremddefinition und Selbstbild beschreiben und sich so differenziert mit jüdischer Identität auseinandersetzen. Jason Bard Yarmosky hinterfragt in „Portrait of a young man“ (2018) gesellschaftliche Konventionen und die Vorstellung von Superhelden als Weiße Figuren. Philip Guston (1913-1980) thematisiert in seinen Werken zum Ku-Klux-Klan rassistische Gewalt, seine eigene Position als Weißer Jude und die Nähe zu Macht. Ein Auftragswerk der syrisch-jüdisch-amerikanischen Künstlerin Lenore Cohen sowie Arbeiten der in Wien lebenden Sheri Avraham setzen sich ebenfalls mit stereotypen Wahrnehmungen und Selbstbildern auseinander. Ein lnstagram-Video von Ben Younger „I am a White Colonizer“ bringt die aktuelle Debatte pointiert auf den Punkt. Interviews und künstlerische Arbeiten eröffnen Einblicke in persönliche Erfahrungen von Jüdinnen und Juden – und vor allem Jews of Color – weltweit, sie rütteln auf und machen die Auswirkungen von Antisemitismus und Rassismus greifbar.

Katalog und Rahmenprogramm

Begleitend erscheint ein umfangreicher Katalog im Wallstein Verlag (320 Seiten, Ꞓ 32,90), herausgegeben von Tom Juncker, Daniela Pscheiden und Hannes Sulzenbacher im Auftrag des Jüdischen Museums Wien. Er vereint internationale Stimmen aus Wissenschaft, Kunst und Aktivismus. Mit Beiträgen u. a. von Balazs Berkovits, Edith Bruder, Judith Coffey/Vivien Laumann, Lewis R. Gordon, Cheryl Greenberg, Tudor Parfitt, Derek Penslar, David Schraub, Felix Wiedemann/Kathrin Wittler und Xun Zhou.

Die Ausstellung wird von einem vielfältigen Begleitprogramm mit künstlerischen Interventionen, Workshops, Filmvorführungen und Lesungen flankiert.

  • Kalligrafie-Workshop mit Lenore Cohen
    In Kooperation mit den Volkshochschulen
    22. Oktober 2025, 15:00 Uhr
  • Performance von Sheri Avraham
    In Kooperation mit der Vienna Art Week
    13. November 2025, 18:00 Uhr
  • Buchclub: „Gojnormativität“ von Judith Coffey und Vivien Laumann
    4. Dezember 2025, 18:00 Uhr
  • Filmscreening: „No Promised Land“ von Raphael Bondy
    25. Januar 2026, 13:00 Uhr

Weitere Termine und Details finden Sie auf www.jmw.at.
Pressefotos:
Die Fotos zur Aussendung sind im Pressebereich der Wien Holding unter www.wienholding.at/Presse/Presseaussendungen abrufbar. Honorarfreier Abdruck im Zuge der Berichterstattung unter Nennung des Copyrights.

Rückfragen & Kontakt

Mag. Natascha Golan
Jüdisches Museum Wien
Telefon: +43 699 15205554
E-Mail: natascha.golan@jmw.at

Wolfgang Gatschnegg
Wien Holding - Konzernsprecher
Telefon: +43 1 408 25 69-21
E-Mail: w.gatschnegg@wienholding.at
www.wienholding.at

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NRK

Bei Facebook teilen
Bei X teilen
Bei LinkedIn teilen
Bei Xing teilen
Bei Bluesky teilen

Stichworte

Channel