- 21.10.2025, 10:57:33
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- OTS0077
EBM-Beirat: Untersuchung von Misshandlungsvorwürfen ausschließlich durch spezialisierte und geeignete Stelle
Auch „Ziffer-3“-Fälle unabhängig, gründlich, rasch, kompetent und unter Einbeziehung Betroffener durchführen
Der Unabhängige Beirat der EBM hat am 21. Oktober 2025 seine Empfehlung Nr. 3 an den Bundesminister für Inneres, Gerhard Karner, ausgesprochen. Kern der Empfehlung: Es muss sichergestellt sein, dass Misshandlungsvorwürfe gegen die Polizei wirksam und ausschließlich durch eine geeignete Stelle untersucht werden – wie es die Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) verlangt.
Utl: Untersuchungslücken bei „Ziffer-3“-Fällen
Bei seiner begleitenden Kontrolle musste der EBM-Beirat feststellen, dass eine wirksame Untersuchung von Misshandlungsvorwürfen nach § 4 Abs 5 Z 3 BAK-G – also Delikten unterhalb der Strafrechtsschwelle – derzeit nicht garantiert ist. „Diese ‚Ziffer-3‘-Fälle werden als Dienstpflichtverletzung ermittelt. Das Disziplinarrecht eignet sich für Untersuchungen in Übereinstimmung mit völkerrechtlichen Vorgaben aber nur bedingt“, erläutert Meinrad Handstanger, Vorsitzender des EBM-Beirats, die Problemstellung.
Ein typisches Beispiel ist das zu enge Anlegen von Handfesseln ohne Verletzungsfolge. Auch wenn eine solche Maßnahme keine Körperverletzung darstellt, stellt sie eine Verletzung von Artikel 3 EMRK dar, insofern sie unter erniedrigenden Umständen erfolgt. Das ist prinzipiell der Fall, wenn sie beim Opfer intensive Schmerzen oder schwerwiegende Empfindungen der Angst, Unterlegenheit, Erniedrigung oder Entmenschlichung bewirkt. „Derzeit wandern solche Fälle nach Befassung der Staatsanwaltschaft automatisch zum unmittelbaren Vorgesetzten bzw. zur Dienstbehörde des Beschuldigten – die klarerweise keine geeignete Stelle im Sinne der EGMR-Judikatur darstellt“, betonte Handstanger. Ganz generell erweist sich das Verfahrensrecht der Disziplinarschiene als ungenügend. Handstanger: „Ohne die Möglichkeit, Beweismittel bei Bedarf auch gegen den Willen von Beschuldigten sicherzustellen, wird eine Untersuchung kaum das Prädikat ‚wirksam‘ verdienen.“
Utl: Untersuchung nur durch geeignete und spezialisierte Stelle
„Der EGMR hat in seiner ständigen Rechtsprechung Kriterien für die wirksame Untersuchung von Misshandlungsvorwürfen herausgearbeitet, damit Staaten Fehlverhalten von Polizisten und Polizistinnen erfolgreich ahnden und für die Zukunft präventiv wirken können. Geeignete Ermittlungsstellen müssen unabhängig sein, über die notwendige Fachkompetenz verfügen, rasch und gründlich ermitteln und dabei die Betroffenen und die allgemeine Öffentlichkeit angemessen einbeziehen“, führt Handstanger aus.
Die EBM wurde 2024 als spezialisierte und multiprofessionelle Stelle genau für solche Fälle eingerichtet. Der EBM-Beirat regt nun in seiner Empfehlung Nr. 3 die notwendigen Anpassungen an, um diese menschenrechtliche Lücke zu schließen. „Die Untersuchung von Misshandlungsvorwürfen muss jedenfalls von der speziell dazu eingerichteten EBM geführt werden, sofern der Verdacht auf Folter, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung durch Polizisten besteht“, schließt Handstanger.
Weitere Informationen und die vollständige Empfehlung des EBM-Beirats sind abrufbar unter: https://www.bmi.gv.at/418/start.aspx.
Rückfragen & Kontakt
Unabhängiger Beirat Ermittlungs- und Beschwerdestelle
Misshandlungsvorwürfe
Vorsitz: Hon.-Prof. Dr. Meinrad Handstanger
Tel.: +43 (0) 1-53 126 – 909 129
E-Mail: bmi-ebm-beirat@bmi.gv.at
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