- 20.10.2025, 09:36:02
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Studie: Komprimierte 4-Tage-Woche hat positive Effekte für Beschäftigte
Webster Universität und TU Wien erforschen Auswirkungen der komprimierten 4-Tage-Woche auf Zufriedenheit, Motivation und Gleichstellung
Studie: Komprimierte 4-Tage-Woche hat positive Effekte für Beschäftigte
Die 4-Tage Woche wird in Österreich sehr kontrovers diskutiert. Sie wird meist allerdings weniger „radikal“ umgesetzt als von manchen befürchtet: In komprimierten Arbeitszeitmodellen wird die Gesamtwochenarbeitszeit nicht (wesentlich) verkürzt, sondern nur verdichtet. In vielen Tischlereien, Installationsbetrieben und im Baugewerbe ist zum Beispiel das Modell der kurzen/langen Woche, in der jeder zweite Freitag frei oder verkürzt ist, gängig. Eine andere Form der Komprimierung sind vier längere Arbeitstage von rund neun bis zehn Stunden pro Tag mit einer dreitägigen Wochenendruhe von Freitag bis Sonntag.
Eva Zedlacher von der Webster Universität und Martina Hartner-Tiefenthaler von der Technischen Universität Wien untersuchten im gemeinsamen Forschungsprojekt „Four-is-More?!“ den Effekt von solchen komprimierten Arbeitszeitmodellen mit freiem Freitag auf Arbeits- und Lebenszufriedenheit. Dazu wurden rund 500 Personen in über 20 Betrieben in Niederösterreich und Wien mittels Interviews oder mehrmaligen Umfragen zu ihren Erfahrungen mit dem neuen Arbeitszeitmodell befragt.
Was sind die Hauptergebnisse der Studie? Kurzum, die meisten Arbeitnehmer:innen sind (sehr) zufrieden mit der komprimierten 4-Tage-Woche. Fast alle Beschäftigten sehen Vorteile im Berufsleben, aber vor allem im Privatleben. Diese Einschätzungen sind auch ein Jahr später noch stabil. Aufgrund dieser wahrgenommenen Vorteile fühlen sich die Beschäftigten der Firma gegenüber verpflichtet. Dieses Gefühl der Verpflichtung wirke auch positiv auf die Identifikation mit dem Unternehmen und der Leistungsmotivation, resümieren die Studienleiterinnen.
(Produktions)betriebe mit komprimierter Arbeitszeit
Gefördert wurde das Projekt „Four-is-More?!“ von der AK Niederösterreich (Projektfonds Arbeit 4.0) und der Stadt Wien (MA 7). Zu den teilnehmenden Betrieben, die in den letzten Jahren erfolgreich auf die komprimierte 4-Tage-Woche umgestellt haben, zählen unter anderen die Firmen Metalltechnik Fuchs, Betonwerke Seidl, Weinzetl Fenster und Türen, Windkraft Simonsfeld sowie das Karrosseriecenter/Autohaus Wais und die Tischlereien Griessner und Schneider Forstner Interior.
Ein Beispiel einer Erfolgsstory ist auch das Bau- und Immobilienunternehmen HANDLER mit rund 500 Beschäftigten und Hauptsitz in Bad Schönau. Das Projektteam rund um Hermann Pernsteiner, Dieter Hofer und Katharina Handler erzählt: „In unserer sehr diversen Belegschaft gabt es natürlich unterschiedliche Erwartungen und Befürchtungen. Wir empfehlen daher eine längere Testphase und Einbeziehung aller Beschäftigten und des Betriebsrats, bevor das neue Arbeitzeitmodell konkret umgesetzt wird. Auch die universitäre Begleitung hat das Vertrauen in die Ergebnisse wesentlich verstärkt“.
Manche der teilnehmenden Betriebe geben ihren Beschäftigten auch die Möglichkeit, bei Bedarf wieder kurzfristig auf die Fünf-Tage Woche zu wechseln bzw. auf eigenen Wunsch auch einmal am Freitag zu arbeiten, um unerledigte Dinge in Ruhe abarbeiten zu können. Diese Flexibilisierung ist zum Beispiel gelebte Praxis in der St. Pöltner Firma z+p Ziviltechniker GmbH und beim Ingenieurbüro kppConsultING in Schrems. Trotz der hohen Zustimmungsrate zum neuen Arbeitszeitmodell in beiden Betrieben weiß z+p Geschäftsführer Dieter Nusterer: „Einem jeden recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann.“
Nachteile: Längere Arbeitstage können Gleichberechtigung gefährden
Die komprimierte Arbeitswoche in männerdominierten Betrieben hat auch Schattenseiten – zumindest für bestimmte Beschäftigtengruppen. Vor allem für Väter und andere Personen mit Betreuungspflichten erwies sich der längere Arbeitstag als erhebliche Herausforderung: Für den Spielplatz oder das gemeinsame Abendessen mit dem Kind fehlte die Zeit – ein Vereinbarkeitsproblem, das bei der Entwicklung von Arbeitszeitmodellen in männerdominierten Organisationen meist wenig berücksichtigt wird. Durch den längeren Arbeitstag „kompensierten“ viele Väter den nun fehlenden täglichen Spielplatzbesuch mit einem ausgedehnten Wochenendausflug. Unaufschiebbare Care-Aufgaben wie Kochen mussten jedoch an eine andere Person – in den meisten Fällen die Mutter der Kinder – delegiert werden. Studien-Coautorin Jana Mikats sieht in diesen Strategien ein potentielles Risiko für Gleichberechtigung in Familien: „Vor allem wenn die Partnerin in Karenz oder nicht voll berufstätig ist, sehen sich Väter zwar durch gemeinsame Mehrzeit am Wochenende als involvierte Väter, nehmen aber noch weniger an den täglichen Betreuungsaufgaben unter der Woche teil“. Am herausfordendsten ist das komprimierte Arbeitszeitmodell für Alleinerziehende, denen durch den längeren Arbeitstag jegliche Zeit für eigene Aktivitäten genommen wird. Die Forscherinnen waren sich deshalb einig: „Gleichberechtigung in Familien kann am besten durch Reduktion der Vollzeit-Wochenstunden erhalten bzw. forciert werden. Bereits wenige Stunden machen hier einen Unterschied“.
Neue Studie mit Fokus auf Arbeitszeitverkürzung
In einem Anschlussprojekt untersuchen die Forscherinnen nun den Effekt einer substantiell kürzeren Arbeitszeitwoche. Dazu werden Unternehmen gesucht, die ihre Standard-Wochenarbeitszeit um mindestens vier Stunden kürzen: Teilnehmende Betriebe bekommen Input via Workshops sowie wissenschaftliche Begleitung bei Umfragen während der mindestens 6-monatigen Testphase einer 4-Tage-Woche. Kooperiert wird dabei mit dem Organisationsentwickler Veit Hailperin, der bereits in der Schweiz viele Firmen bei der effektiven Umsetzung der 4-Tage Woche begleitet hat.
Rückfragen zur Studie oder Interesse an einer Testphase in der 4-Tage-Woche: eva.zedlacher@webster.ac.at, martina.hartner-tiefenthaler@tuwien.ac.at
Die aktuelle Studie zu Vätern in komprimierten Arbeitszeitmodellen gibt es hier zum Download (paywall): Blue-collar fathers’ temporal strategies for childcare in a compressed 4-day workweek and implications for gender equality: Community, Work & Family: Vol 0, No 0 - Get Access
Rückfragen & Kontakt
Webster Vienna Private University
Dr. Eva Zedlacher
Telefon: +43126992930
E-Mail: eva.zedlacher@webster.ac.at
Website: https://www.webster.ac.at
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