• 17.10.2025, 15:09:33
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„kulturMontag“: Friedenspreisträger Karl Schlögel im Interview, Wiener-Festwochen-Debatte, Gerhard-Richter-Schau in Paris

Danach: neue Dokumentation „Johann Strauss – Songbook“ – am 20. Oktober ab 22.30 Uhr in ORF 2 und auf ORF ON

Wien (OTS) - 

Der von Peter Schneeberger präsentierte „kulturMontag“ am 20. Oktober 2025 um 22.30 Uhr in ORF 2 und auf ORF ON bietet wieder ein große thematische Bandbreite. So kommt in der Sendung u. a. der deutsche Historiker und ausgesprochene Osteuropa-Kenner Karl Schlögel anlässlich seiner Auszeichnung mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels auf der Frankfurter Buchmesse zu Wort über Europas Rolle im Russland-Ukraine-Krieg. Weiters befasst sich das Magazin mit der aktuellen Debatte um die Wiener Festwochen im Zusammenhang mit dem von Intendant Milo Rau veröffentlichten Manifest zum Nahost-Konflikt. Ein weiterer Beitrag blickt nach Paris, wo sich eine neue Retrospektive dem umfassenden Schaffen des Kunstmalers Gerhard Richter widmet. Anschließend steht im Rahmen des ORF-Schwerpunkts zum 200. Geburtstag des musikalischen Jahresregenten die Dokumentation „Johann Strauss – Songbook“ (23.25 Uhr) auf dem Programm.

Warnung an Europa – Friedenspreisträger Karl Schlögel im Interview

Seit Wochen werden in Europa Drohnen gesichtet, die die kritische Infrastruktur stören. Nach Polen, Dänemark und dem Baltikum geriet jüngst auch der Flughafen in München ins Visier. Die europäischen Regierungen zeigen sich angespannt, wird doch Russland hinter den Aktionen vermutet. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine erregt seit mittlerweile mehr als drei Jahren die Gemüter, derzeit kein Ende in Sicht. Deutschland verstärkt seine Armee und auch Polen, Frankreich, Großbritannien oder Italien rüsten auf. Als einer der Ersten warnte der deutsche Historiker Karl Schlögel, der zu den besten Kennern Osteuropas zählt, vor Wladimir Putins aggressiver Expansionspolitik. Zu lange wurde dessen Eskalationsstrategie nicht ernst genommen, auch nicht, als er 2014 die Krim besetzt hat. Es war die erste gewaltsame Grenzverschiebung in Europa nach Ende des Zweiten Weltkriegs. „Wie würden wir wohl reagieren, wenn Bomben auf Marseille, Triest oder Barcelona fielen?“, fragt Karl Schlögel. Der 77-Jährige befürwortet einen scharfen Kurs gegen Russland, das seiner Ansicht nach diplomatische Initiativen nur dafür nutzt, Zeit zu gewinnen. Anlässlich seiner Auszeichnung mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels auf der Frankfurter Buchmesse hat der „kulturMontag“ Schlögel zum Gespräch gebeten.

Die Festwochen-Debatte – Eine öffentliche Erregung

Mit jeder Menge revolutionärer Ideen und Aktionismus, die die Grenzen zwischen Fiktion und Realität, Aktivismus und Kunst sprengten, holte der seit 2023 amtierende Wiener-Festwochen-Intendant Milo Rau das angeschlagene Festival wieder ins Rampenlicht und positionierte es als politisches Forum. Er erreichte damit ein neues Publikum sowie mehr als 90 Prozent Auslastung und brachte frischen Wind in die Stadt, doch scharfer Wind weht ihm derzeit entgegen. Sein Manifest „Widerstand jetzt – Brief an meine Freund:innen“, das der Schweizer Theatermacher auf der Festwochen-Homepage veröffentlichte, löste heftige Debatten in der Kulturszene aus. Anfang Oktober forderte Rau von der Kulturbranche, das Schweigen über den „laufenden Völkermord in Gaza“ endlich zu beenden und verglich in seinem Schreiben das Verhalten der Intellektuellen im Gaza-Krieg mit der Passivität, mit der man auch den Holocaust ausgesessen habe. Widerstand formierte sich, der zwei Tage vor Freilassung der Geiseln in einem prominenten „Kollektiv“ ein Sprachrohr gefunden hat. Elfriede Jelinek und 14 namhafte Kunstschaffende wie Autor Michael Köhlmeier wehren sich in einem offenen Brief mit dem Titel „Wir schweigen auch nicht“ gegen die Unterstellung und kritisieren Raus „Aufruf“ aufs Schärfste. Der jüdische Theatermacher Airan Berg konterte mit einem eigenen offenen Brief, in dem er Milo Rau vorwirft, eine „öffentlich geförderte Institution zur Tribüne einer einseitigen Agitation zu machen“. Raus Aktion ruft aber auch die Wiener Oppositionsparteien der Stadtregierung auf den Plan – Rücktrittsaufruf inklusive. Hat sich der Theatermacher und Mahner gegen Unrecht und Unmenschlichkeit mit seinem Statement zum Nahen Osten isoliert? Wie politisch darf Kunst sein? Darf sie aggressiv sein, übertreiben, die Wirklichkeit verzerren? Und wo liegen die Grenzen? Der „kulturMontag“ hat sich umgehört.

Chronologie einer Weltkarriere – Gerhard-Richter-Retro in Paris

Auch wenn sich der heute 93-jährige Deutsche 2017 aus dem Geschäft der Malerei zurückgezogen hat und fortan nur noch zeichnet, gilt Gerhard Richter als einer der weltbesten und erfolgreichsten lebenden Kunstmaler der Welt. In Ausstellungen rund um den Globus ist er omnipräsent, auf Auktionen immer für Rekorde gut. Menschen gingen ins Kino, um ihn malen zu sehen, etwa in der Doku „Gerhard Richter Painting“ von Corinna Belz, oder um etwas über seine Biografie zu erfahren, wie im Film „Werk ohne Autor" von Oscar-Preisträger Florian Henckel von Donnersmarck. Oder sie besuchen den Kölner Dom, um Richters prominentes Kirchenfenster zu bewundern. Was macht den Maler so erfolgreich, seine Arbeiten so unwiderstehlich? Das Phänomen Richter ist kaum zu greifen, er ist ein Künstler, der den Stilbruch zum Prinzip erhebt. Von den verwischten, unscharf wirkenden fotografischen Bildern, die sich dem Betrachter verweigern und gleichzeitig neugierig machen, bis zu seinen abstrakten Werken, in denen er ein raffiniertes Spiel von Zufall und Kalkül vollführt und bizarre Farbräume entstehen lässt. Jetzt widmet die Fondation Louis Vuitton dem Superstar in Paris eine umfassende Retrospektive, die alle Schaffensperioden dokumentiert.

Dokupremiere „Johann Strauss – Songbook“ (23.25 Uhr)

Johann Strauss war weit mehr als der berühmte „Walzerkönig“. Mit seinem feinen Gespür für Melodie, Rhythmus und die gesellschaftlichen Stimmungen seiner Zeit prägte er das musikalische Selbstverständnis Wiens wie kaum ein anderer. Werke wie der weltberühmte „Donauwalzer“ stehen bis heute sinnbildlich für die Leichtigkeit und Eleganz der österreichischen Musiktradition. Strauss war auch ein musikalischer Grenzgänger, der Brücken schlug: zwischen E- und U-Musik, zwischen Ballsaal und Operette, zwischen bewahrter Tradition und kühnen Aufbrüchen. An diese Brückenschläge knüpft das „Johann Strauss – Songbook“ an und begleitet ausgewählte Veranstaltungen des Jubiläumsjahres als vielstimmiges musikalisches Tagebuch. Zeitgenössische Musikerinnen und Musiker nähern sich Strauss’ Werk persönlich, vielfältig und genreübergreifend – kreativ, kritisch und spielerisch. So entsteht ein lebendiges Porträt des Komponisten, das seine anhaltende Bedeutung auch 200 Jahre nach seiner Geburt eindrucksvoll unterstreicht.
Die Reise beginnt mit dem Wiener Liedermacher Ernst Molden, dessem Songzyklus „Schdrom“ den „Donauwalzer“ in den Fokus nimmt. Zwischen Wiener Dialekt, skurrilen Klangbildern und persönlicher Reflexion entfaltet sich eine eigenwillige Perspektive auf den Fluss, die Stadt und das Strauss’sche Werk.
Vom Fluss führt der Weg ins Krapfenwaldlbad: Hier verwandelt die Band 5/8erl in Ehr’n Strauss’ Operettenwalzer „Wiener Blut“ in einen musikalischen Dialog, der Soul, Jazz und Wienerlied verbindet. Städtisches Lebensgefühl in Verbindung mit offener Neugier öffnet neue Klangräume in der Gegenwart.
Diese Offenheit findet sich auch in der Interpretation der Operette „Die Fledermaus“ durch das Janoska Ensemble und Koloratursopranistin Daniela Fally. Zwischen klassischer Virtuosität und improvisatorischem Freiraum entsteht eine Herangehensweise, die Strauss’ Musik bewahrt und zugleich weiterdenkt – verspielt, technisch brillant und stilistisch durchlässig.
Die Auseinandersetzung mit Strauss als Brückenbauer zwischen verschiedenen Stilen zeigt sich ebenso in zwei sehr unterschiedlichen Formationen: Das Wiener Hip-Hop-Duo EsRap, bestehend aus den Geschwistern Esra und Enes Özmen, bringt gemeinsam mit Marino Formenti gesellschaftspolitische Themen, Migrationserfahrungen und persönliche Perspektiven in Beziehung zu Strauss’ Werk. Parallel dazu eröffnet das Duo BartolomeyBittmann mit Cello und Mandola einen instrumentalen Zugang, der zwischen Klassik, Gegenwart und progressivem Sound changiert. Beide setzen den Dialog mit Strauss auf ihre eigene Weise fort und eröffnen eine zeitgenössische Spurensuche.
Zum Ausklang verbindet das Brass-Ensemble Mnozil Brass Strauss mit Elementen aus Pop, Jazz und Blasmusik. Mit technischer Präzision und charakteristischem Humor beleuchten sie klassische Musik aus einer spielerisch-zeitgenössischen Perspektive.
In all diesen Begegnungen entsteht ein vielstimmiges, lebendiges Porträt des „Walzerkönigs“ – jenseits von Klischees, nah am Menschen. Das „Johann Strauss – Songbook“ lädt ein zu einer musikalischen Reise durch Vergangenheit und Gegenwart, durch Tradition und Innovation, durch Wien und die Welt. Die Dokumentation dazu gestalteten Madlene Feyrer und Christiane Schön.

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