- 16.10.2025, 18:27:03
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FPÖ: Neutralität soll explizit in Gelöbnisformel von Regierungsmitgliedern
Kurze Debatte im Nationalrat über Anfragebeantwortung von Bundeskanzler Stocker
Die FPÖ hat in einer Anfrage an Bundeskanzler Christian Stocker unter dem Titel "Bekenntnis zur Neutralität: Fehlanzeige?" unter anderem angeregt, die Neutralität Österreichs explizit in das Gelöbnis von Abgeordneten und Regierungsmitgliedern aufzunehmen. Die Neutralität sei über ihre bloße außenpolitische Funktion hinausgewachsen und zu einem identitätsstiftenden Element der politischen Kultur Österreichs geworden, so die Freiheitlichen. Vor diesem Hintergrund stelle sich die Frage, inwieweit dieses zentrale Staatsprinzip auch in den Verpflichtungsformeln jener Personen Ausdruck finden sollte, die höchste öffentliche Ämter übernehmen. Mit der Anfrage wollten sie unter anderem wissen, ob dazu legistische Vorbereitungen getroffen würden. Darüber hinaus geht es der FPÖ etwa darum, zu erfahren, durch welche Maßnahmen die Rolle der immerwährenden Neutralität im politischen Selbstverständnis der Republik Österreich gestärkt werde.
Zur entsprechenden Anfragebeantwortung von Bundeskanzler Stocker verlangte die FPÖ heute im Nationalrat eine Kurze Debatte, die emotional ausfiel. Harald Thau (FPÖ) bezeichnete die Beantwortung des Bundeskanzlers als einen "Rohrkrepierer", der "ausweichend, schwammig und unverbindlich" sei. Statt eines klaren Bekenntnisses werde auf juristische Kommentare verwiesen. Zudem werde Österreich unter dem Druck der EU und globaler Organe zum "Spielball", stellte Thau in den Raum. Dass beträchtliche finanzielle Mittel für die Ukraine bereitgestellt würden, wecke bei vielen die berechtigte Sorge, dass Österreich seine neutrale Position verwässere. Die momentane Gelöbnisformel der Regierungsmitglieder ziele nur auf die Verfassung ab, aber nicht auf die völkerrechtliche Komponente. Thau kündigte dazu einen Antrag der FPÖ an, etwa mit der Forderung, die Gelöbnisformel mit der Achtung der "immerwährenden Neutralität" zu erweitern.
Stocker: Neutralität in Gelöbnis ohnehin mitumfasst
In seiner schriftlichen Anfragebeantwortung weist Bundeskanzler Stocker darauf hin, dass die Mitglieder der Bundesregierung mit der Gelöbnisformel geloben, "die Verfassung und alle Gesetze der Republik getreulich zu beobachten". Die Vorgaben der Bundesverfassung über die Neutralität Österreichs seien demgemäß ohnehin mitumfasst. In der Österreichischen Sicherheitsstrategie 2024 sei weiters festgehalten, dass sich Österreich weiterhin aktiv bemühen werde, als Vermittler auf internationaler Ebene alle Möglichkeiten zu nützen, die sich aus dieser spezifischen Stellung ergeben. Darüber hinaus würden weiterhin Beiträge zur Friedenssicherung in der Welt geleistet. Zudem bekenne sich die Bundesregierung in ihrem Regierungsprogramm klar zur Neutralität im Einklang mit der Verfassung und setze sich für multilaterales Engagement in der UNO und der OSZE ein.
Gleichzeitig sei entscheidend, dass die Neutralität keinesfalls als Gleichgültigkeit verstanden werden dürfe, wenn Völkerrecht gebrochen wird, so die Anfragebeantwortung. Wird die Souveränität, die territoriale Integrität oder die Unabhängigkeit eines Staates angegriffen, sei Österreich im Einklang mit den Prinzipien der Satzung der Vereinten Nationen - zu denen sich auch der Vertrag über die Europäische Union bekenne - als Mitglied der Europäischen Union gefordert, gemeinsame Maßnahmen der EU solidarisch zu unterstützen. Darüber hinaus habe die Bundesregierung per Ministerratsbeschluss festgelegt, dem Nationalrat aufgrund des geänderten Sicherheitsumfeldes eine aktualisierte Sicherheitsstrategie vorzulegen. Die Rolle der Neutralität und ihrer Bedeutung für die österreichische Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik werde einen Teil der aktualisierten Sicherheitsstrategie darstellen, wird in der Anfragebeantwortung festgehalten.
Pröll: Neutralität niemals gesinnungsneutral
"Neutralität war und ist niemals gesinnungsneutral", hielt Staatssekretär Alexander Pröll im Plenum dazu fest. Ergänzend zur schriftlichen Beantwortung des Bundeskanzlers betonte er, dass Basis der österreichischen Sicherheitspolitik auch die aktive Neutralitätspolitik sei. Neutralität und europäische Solidarität schließen sich zudem nicht aus, sondern ergänzen einander, so Pröll. Festzuhalten sei, dass neutral zu sein nicht bedeute, gleichgültig zu sein, wenn Völkerrecht gebrochen und die Souveränität, die territoriale Integrität oder die Unabhängigkeit eines Staates wie der Ukraine angegriffen wird. Gerade die Neutralität sei es, die dazu verpflichte, an der regelbasierten internationalen Ordnung festzuhalten, sagte Pröll. Neutralität bedeute aktives Eintreten für Frieden, Stabilität und internationales Recht. Österreich unterstütze daher alle Initiativen, die zu einem Waffenstillstand führen, im Sinne eines nachhaltigen und gerechten Friedens. Die Neutralität verpflichte dazu, auf Basis des Völkerrechts Haltung zu zeigen.
Debatte über Verständnis von Neutralität
Susanne Fürst (FPÖ) entgegnete dem im Hinblick auf die Ukraine, man könne nicht zugleich neutral sein, aber auf einer Seite des Konflikts stehen. Es sei kein Beitrag zur Friedenssicherung, wenn die Außenministerin "in ukrainischer Tracht herumhüpft", kritisierte Fürst. Das neutrale Verhalten Österreichs im Jahr 1968 beim Überfall der "Sowjets" auf die damalige "CSSR" gelte es, als Vorbild zu nehmen, zeigte sie sich überzeugt.
Österreich sei militärisch neutral, aber nicht politisch neutral, hielt Friedrich Ofenauer (ÖVP) fest. Die Anfragebeantwortung führe klar und deutlich aus, dass die Gelöbnisformel auch die Einhaltung der Neutralität umfasse. Neutralität bedeute aber keinesfalls Gleichgültigkeit, wenn Völkerrecht gebrochen werde. Er vermute, dass es der FPÖ um ganz anderes gehe, so Ofenauer, und stellte am Beispiel des Ukraine-Krieges etwa die Frage in den Raum, ob die FPÖ auf der "Seite Putins", oder aber auf der Seite des Völkerrechts und der EU stehe. Neutralität bedeute unparteiisch im militärischen Sinn, aber Klarheit im völkerrechtlichen Sinn, so Robert Laimer (SPÖ). Er warf der FPÖ vor, wer sich im Lauf der Zeit einmal für die NATO, dann gegen die EU, jetzt für Russland und plötzlich als "Hüter der österreichischen außenpolitischen Seele" aufspiele, der sei nicht neutral, sondern in seinen eigenen Narrativen gefangen.
Die FPÖ rede über Neutralität, stehe aber auf der Seite Russlands in einem Krieg gegen die Ukraine, warf Yannick Shetty (NEOS) den Freiheitlichen vor. Er sehe zudem einen hybriden Krieg gegen Europa und Österreich, und "die Neutralität alleine schützt uns nicht". Europa müsse stärker zusammenwachen, denn "gemeinsam sind wir stärker als alleine". Die Zukunft liege in einem gemeinsamen, selbstbestimmten, verteidigungsfähigen, geeinten Europa, zeigte sich Shetty überzeugt. Auch David Stögmüller (Grüne) sparte nicht mit Kritik an der FPÖ. Diese versuche, die Neutralität für eine politische Spaltung zu instrumentalisieren. In einer Welt, die immer vernetzter sei, bedeute mehr Österreich aber mehr Europa und mehr Zusammenarbeit. Viel notwendiger als eine Debatte über die Angelobungsformel der Regierungsmitglieder wäre aus seiner Sicht die Frage, wie mehr Sicherheit zu schaffen sei. Wenn es um Russland gehe, sei die FPÖ allerdings blind, so Stögmüller. Es gelte, die Neutralität nicht als Schlagwort zu missbrauchen, sondern als Auftrag für Verantwortung, Dialog und Frieden zu verstehen. (Fortsetzung Nationalrat) mbu
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