- 16.10.2025, 16:21:03
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Nationalrat: Weiterbildungsbeihilfe als Nachfolgeregelung der Bildungskarenz mehrheitlich beschlossen
Auch neuer Aufenthaltstitel für Grenzgängerinnen und Grenzgänger erhält mehrheitliche Zustimmung
Der Nationalrat gab heute mit den Stimmen der Regierungsparteien grünes Licht für die Einführung der Weiterbildungsbeihilfe. Es handelt sich dabei um die Nachfolgeregelung der Bildungskarenz, die im Frühjahr abgeschafft wurde. Mehrheitliche Zustimmung mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen gab es zudem für die Etablierung des neuen Aufenthaltstitels für Grenzgängerinnen und Grenzgänger.
Die Einführung der Weiterbildungsbeihilfe sei ein wesentlicher Schritt, um Chancen zu schaffen, in einer Welt, die sich rapide verändere, sagte Sozialministerin Korinna Schumann. Die Maßnahme solle vor allem Menschen mit geringen formalen Bildungsabschlüssen zugutekommen. Der Mindestbetrag sei auf 1.212 Ꞓ monatlich deutlich angehoben worden, sodass der Lebensunterhalt während einer Weiterbildungszeit gesichert sei. Eine Verlängerung der Babykarenz mit der Weiterbildungszeit sei nicht möglich, betonte die Ministerin. Stattdessen setze man auf gut ausgebaute Kinderbetreuungseinrichtungen - denn dies sei der Weg, der Frauen wirklich helfe.
150 Mio. Ꞓ jährlich für Weiterbildungsbeihilfe
Für die neue Weiterbildungsbeihilfe stehen insgesamt 150 Mio. Ꞓ pro Jahr zur Verfügung. Die Auflagen für den Bezug einer Weiterbildungsbeihilfe im Vergleich zur Vorgängerregelung wurden deutlich verschärft. Bei Beschäftigten, die brutto zumindest die Hälfte der ASVG-Höchstbeitragsgrundlage verdienen, wird der Arbeitgeber mindestens 15 % der Weiterbildungsbeihilfe übernehmen müssen. Für die Höhe der Beihilfe sieht das Gesetz eine Bandbreite zwischen 40,40 Ꞓ und 67,94 Ꞓ pro Tag vor, was ein höherer Mindestsatz als bisher ist. Eine begleitende Gesetzesnovelle stellt sicher, dass die von den Arbeitgebern zu leistenden Zuschüsse zur Weiterbildungsbeihilfe ebenfalls steuerfrei sind. Die Bestimmungen sollen mit Jänner 2026 in Kraft treten.
Keine Mehrheit fand ein Entschließungsantrag der Grünen für eine "zielsichere und zeitnahe Reform von Bildungskarenz und Bildungsteilzeit". Auch ein während der Debatte eingebrachter Entschließungsantrag der FPÖ mit dem Titel "Weiterbildungsbeihilfe zurück an den Start" wurde abgelehnt. Abgelehnt wurde auch ein Antrag der Grünen hinsichtlich Nachbesserungen bei Altersteilzeit.
FPÖ: Weiterbildungsbeihilfe ist "klare Einsparung"
Die Weiterbildungsbeihilfe sei kein Nachfolgemodell zur Bildungskarenz, sondern ein Systemumbruch, sagte Dagmar Belakowitsch (FPÖ). Denn die vorgesehenen Mittel seien für einen Personenkreis vorgesehen, der "überhaupt keine Ausbildung" habe und dies seien "die Herrschaften, die aus dem Asylbereich gekommen" seien. Peter Wurm (FPÖ) meinte, dass die neue Regelung eine "klare Einsparung zulasten der Arbeitnehmer und insbesondere von Frauen" sei. Für Lisa Schuch-Gubik (FPÖ) ist die neue Weiterbildungsbeihilfe eine Verschlechterung. Zudem würden manche jetzt "völlig unverschuldet" leiden, weil sie nach der Inanspruchnahme des bisherigen Modells nun mit einem "Rückforderungsbescheid in horrenden Höhen" konfrontiert seien, sagte sie und brachte einen Entschließungsantrag ein, mit dem sie eine Regelung forderte, die Arbeitnehmer:innen einen "fairen Zugang" zu Weiterbildungen ermöglichen solle. Der Fokus solle dabei auf einer "Qualitätsoffensive statt einem bürokratischen Kostendeckel" liegen.
Grüne: "Betriebliche Verwertbarkeit" statt Selbstbestimmung
Ablehnung für die Weiterbildungsbeihilfe gab es auch von den Grünen. Denn es handle sich "nicht um eine Nachfolgeregelung für die Bildungskarenz, die diesen Namen tatsächlich verdienen" würde, sagte Markus Koza (Grüne). Denn "sämtliche Kennzeichen der Bildungskarenz" seien nicht mehr enthalten. Die Selbstbestimmung der Arbeitnehmer:innen stehe nicht mehr im Zentrum, es gehe nur mehr um "betriebliche Verwertbarkeit". Außerdem würden Arbeitgeber:innen wohl keine Umorientierung mitfinanzieren, meinte Koza. Sie habe auf eine ordentliche Reform der Bildungskarenz gehofft, doch die neue Regelung sei lediglich "besser als nix", meinte Barbara Neßler (Grüne). Es handle sich jedoch um einen "Rückschritt für Frauen", da Müttern weitere Steine in den Weg gelegt würden, so Neßler.
ÖVP: Auch mit FPÖ wäre Bildungskarenz abgeschafft worden
Bettina Zopf (ÖVP) betonte, dass die Weiterbildungsbeihilfe eine Weiterentwicklung der Bildungskarenz sei, da die Bildungskarenz von manchen "nicht ordentlich" verwendet und als Auszeit genutzt worden sei. Norbert Sieber (ÖVP) sagte, dass es eine Notwendigkeit zum Sparen gebe. Die Bildungskarenz wäre auch unter einer FPÖ-ÖVP-Regierung gestrichen worden. Darauf hatte man sich in den Koalitionsverhandlungen verständigt und eine entsprechende Budgetmeldung "nach Brüssel geschickt". Ursprünglich sei die Bildungskarenz für gering oder gar nicht ausgebildete Arbeitnehmer:innen gedacht gewesen. Doch auch andere Gruppen hätten diese für sich genutzt und so kam es zu staatlichen Ausgaben von jährlich beinahe 800 Mio. Ꞓ. Dies müsse hinterfragt werden und sowohl der Rechnungshof also auch das WIFO hatten auf Reformbedarf hingewiesen, erinnerte Sieber.
SPÖ: Modernes, faires und zukunftstaugliches System aufstellen
Barbara Teiber (SPÖ) nannte die Einführung der Weiterbildungsbeihilfe einen "bitteren Kompromiss" aufgrund der Sparnotwendigkeit, da die Kassen von der Vorgängerregierung leer hinterlassen wurden. Im Nachfolgemodell der Bildungskarenz seien viele Vorschläge und Empfehlungen des Rechnungshofs und Wifo-Instituts aufgegriffen worden - insbesondere, dass es einen Fokus auf formal gering qualifizierte Arbeitnehmer:innen lege. Verena Nussbaum (SPÖ) meinte, dass man mit der Weiterbildungsbeihilfe ein "modernes, faires und zukunftstaugliches System" aufstellen wolle. Die Zugangskriterien seien strenger geworden - doch dies sei kein Nachteil, sondern eine Qualitätssicherung, sagte Nussbaum. Denn die Mittel sollten dort wirken, wo sie "Zukunft schaffen" und nicht für "Kurse ohne Abschluss und Auszeiten ohne Nutzen" eingesetzt werden.
NEOS: Kostenexplosion bei der Bildungskarenz
Bei der Bildungskarenz habe es in den vergangenen Jahren eine Kostenexplosion gegeben, sagte Johannes Gasser (NEOS). Auch der Rechnungshof und eine Wifo-Analyse hätten aufgezeigt, dass die ursprünglich intendierten Ziele der Bildungskarenz nicht erreicht worden seien. Seine Fraktion habe immer wieder auf eine Schieflage hingewiesen, so Gasser. Die Bildungskarenz sei dafür genutzt worden, um Mitarbeiter:innen in eine "steuerbezahlte Auszeit" zu schicken. Zudem sei sie "zu oft als Verlängerung der Elternkarenz" durch die Absolvierung eines "Alibi-Kurses" verwendet worden. Der Leidensdruck hinsichtlich der Budgetlage sei nun so groß geworden, dass mit der Weiterbildungsbeihilfe ein neues Kapitel starten werde, um "die Fehler der Vergangenheit" nicht zu wiederholen, so Gasser. Seine Fraktionskollegin Martina von Künsberg Sarre unterstrich, dass es um Treffsicherheit gehe und nicht darum, "allen Leuten alle Wünsche zu erfüllen". Sie verwies auch auf zahlreiche Stipendien: So könnten beispielsweise auch ein Studienabschlussstipendium oder ein Pflegestipendium für eine Weiterbildung genutzt werden.
Neuer Aufenthaltstitel "Grenzgänger"
Mehrheitliche Zustimmung auch in dritter Lesung gab es außerdem für eine Gesetzesänderung zur Einführung eines neuen Aufenthaltstitels für Grenzgängerinnen und Grenzgänger vor. Nicht-EU-Bürger:innen, die ihren Wohnsitz in einem Nachbarland Österreichs haben und dort über einen Daueraufenthaltstitel mit unbeschränktem Arbeitsmarktzugang verfügen, soll damit die Ausübung einer unselbständigen Erwerbsarbeit in Österreich ermöglicht werden. Voraussetzung dafür ist, dass die freie Stelle anderweitig nicht besetzt werden kann.
Peter Wurm (FPÖ) betonte, dass seine Fraktion diese neue Regelung ablehne. Denn damit gehe "wieder ein Türchen für illegale Zuwanderung" auf. Bettina Zopf (ÖVP) entgegnete, dass der neue Aufenthaltstitel für Grenzgänger:innen "kein Türöffner" für Migration, sondern ein "Werkzeug für wirtschaftliche Stabilität" sei und Rechtssicherheit schaffe. Auch Silvia Kumpan-Takacs (SPÖ) betonte, dass der neue Aufenthaltstitel kein Türöffner für illegale Zuwanderung sei und es sich um eine Verwaltungsvereinfachung und um Bürokratieabbau im "Sinne aller Betroffenen" handle. Johannes Gasser (NEOS) meinte, dass diese "unbürokratische Regelung" dazu beitragen werde, Teilen des Fachkräftemangels in grenznahen Gebieten entgegenzuwirken. (Fortsetzung Nationalrat) bea
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