- 15.10.2025, 17:40:03
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Umweltkontrollbericht: Österreich vom Klimawandel besonders betroffen
Nationalratsdebatte zeigte unterschiedliche Zugänge zum Erreichen der Klimaziele auf
Wien (PK) -Anpassungen an die Folgen des Klimawandels seien ein Gebot der Stunde, damit die Lebensgrundlagen in Österreich erhalten werden können, ist dem aktuellen und einstimmig zur Kenntnis genommenen Umweltkontrollbericht zu entnehmen. Bei der heutigen Debatte darüber im Nationalrat räumte der für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft zuständige Minister Norbert Totschnig ein, dass noch vieles zu tun sei. Nachhaltigkeit und wirtschaftlicher Erfolg seien jedoch kein Widerspruch, wenn man auf Innovation statt Ideologie, "green finance", Forschung und Kreislaufwirtschaft setze.
Voraussetzung dafür sei aber, dass die ökonomischen Grundlagen gesichert werden, argumentierten die Freiheitlichen. Ohne Industrie, ohne funktionierende Energieversorgung und leistbare Mobilität gebe es keinen nachhaltigen Umweltschutz, so Thomas Spalt (FPÖ).
Die Grünen warfen der Regierung vor, Milliarden "für die Zerstörung der Natur auszugeben" und an den falschen Stellen die Mittel zu kürzen. Sie brachten zwei Entschließungsanträge ein, die Forderungen nach der Abschaffung von klimaschädlichen Subventionen sowie nach einer umgehenden gesetzlichen Verankerung des Ziels, den Bodenverbrauch bis spätestens 2030 auf 2,5 Hektar pro Tag zu beschränken, enthielten. Diese fanden bei der Abstimmung keine Mehrheit.
Im Rahmen eines mehrheitlich angenommenen Entschließungsantrags der Regierungsfraktionen, der auch von den Freiheitlichen mitgetragen wurde, wird Minister Totschnig ersucht, eine Novelle zum Abfallwirtschaftsgesetz vorzulegen. Im Zuge der Debatte legten die Grünen einen Entschließungsantrag vor, der auf ein Verbot von Einweg-E-Zigaretten abzielte, aber keine Mehrheit fand.
ÖVP: Wirtschaftlicher Erfolg ist Basis für erfolgreiche Umwelt- und Klimaschutzpolitik
Die Ergebnisse des Umweltkontrollberichts könnten sich sehen lassen, meinte ÖVP-Abgeordnete Carina Reiter, da Österreich in zentralen Bereichen auf dem richtigen Weg sei. Auch wenn sich der Klimawandel zunehmend verschärfe, hätten die Umweltschutzmaßnahmen der letzten Jahrzehnte durchaus Wirkung gezeigt. Die Luft sei sauberer, das österreichische Wasser gehöre zu den besten der Welt und ein Drittel der landwirtschaftlichen Flächen stünde unter Schutz, hob Reiter hervor. Es sei aber klar, dass man angesichts von steigender Hitzebelastung, höherer Waldbrandgefahr, häufigeren Extremwetterereignissen und beschleunigter Gletscherschmelze nicht weitermachen könne wie bisher. Wer das behaupte, der glaube wahrscheinlich auch, dass man in Österreich in einer Festung leben würde und unantastbar sei. Im Sinne einer nachhaltigen Transformation sei ein pragmatisches Zusammenspiel von Umwelt und Wirtschaft notwendig.
Seine Partei vertrete eine Position der Mitte, da es eine ganzheitliche Betrachtung des Umweltthemas brauche, argumentierte auch Joachim Schnabel (ÖVP). Ohne wirtschaftliche Entwicklung könne es keine erfolgreiche Umwelt- und Klimaschutzpolitik geben. Während Irene Neumann-Hartberger (ÖVP) in ihrer Wortmeldung vor allem die Leistungen der österreichischen Bäuerinnen und Bauern und den hohen Anteil an ökologisch bewirtschafteten Flächen herausstrich, ortete ihre Fraktionskollegin Martina Diesner-Wais noch Handlungsbedarf in Sachen Kreislaufwirtschaft und Ressourcenmanagement. Der Ausstieg aus dem Karbon-Zeitalter sei ein Gebot der Stunde, meinte Franz Hörl (ÖVP), wobei aber eine erfolgreiche Wirtschafts- und Umweltpolitik Hand in Hand gehen müssten.
SPÖ: Zersiedelung und Situation kleinerer Gemeinden im Fokus
Der Umweltkontrollbericht halte Österreich einen Spiegel vor, da er die tiefgreifenden ökologischen Herausforderungen aufzeige, stellte Manfred Sams (SPÖ) fest. Ein zentrales Problem liege in der Zersiedelung, da sie in einem Widerspruch zu einer nachhaltigen Energie- und Mobilitätswende stehe. Zwischen 1975 und 2020 haben sich laut Sams die stark zersiedelten Flächen verfünffacht, immer mehr Boden werde verbaut und versiegelt. Eine schwerwiegende Folge davon liege in dem Umstand, dass die Kosten für die Infrastruktur stark steigen würden. Ferner würden Lebensräume zerstört und der Verlust der Biodiversität vorangetrieben. Die Regierung habe sich daher das ambitionierte Ziel gesetzt, den Flächenverbrauch auf 2,5 Hektar pro Tag zu begrenzen.
Katrin Auer (SPÖ) gab zu bedenken, dass vor allem kleine Gemeinden bei der Umsetzung der Klimaanpassungsmaßnahmen an ihre finanziellen und personellen Grenzen stoßen würden. Sie bräuchten zusätzliche Förderungen und Unterstützung auf verschiedenen Ebenen, um hohe Folgenkosten in der Zukunft vermeiden zu können. Antonio Della Rossa (SPÖ) appellierte , Klimaschutz und Demokratie "zusammen zu denken", da sie einander bedingen würden. Ohne soziale Sicherheit, ohne faire Löhne und Perspektiven für die Menschen werde ein ökologischer Wandel nicht gelingen.
NEOS: Eingeschlagener Pfad in Richtung Klimaneutralität muss konsequent weiterbeschritten werden
Michael Bernhard (NEOS) befasste sich vor allem mit den Themen Klima und Biodiversität, die auch im 14. Umweltkontrollbericht ausführlich behandelt wurden. Es sei dabei anzuerkennen, dass in der Klimapolitik in der letzten Gesetzgebungsperiode deutlich mehr weitergegangen sei als in den Jahren zuvor. Dennoch sei auch dem Bericht zu entnehmen, dass man sich darauf nicht ausruhen dürfe und der Pfad in Richtung klimaneutraler Wirtschaft und Gesellschaft weiter beschritten werden müsse. Österreich sei zudem von der Klimakrise deutlich stärker betroffen als andere Staaten, führte Bernhard ins Treffen. Die aktuelle Regierung habe sich daher das Ziel gesetzt, ein wirksames und progressives Klimagesetz vorzulegen. Dringender Handlungsbedarf bestünde auch bei der Biodiversität, da 18 % der Lebensräume und 14 % der Arten ein gutes bzw. sehr gutes Attest ausgestellt worden sei. An diesbezüglichen Initiativen werde daher intensiv gearbeitet.
Ines Holzegger (NEOS) sprach das Problem der Bodenversiegelung an. Die Entwicklung habe sich zwar leicht verlangsamt, sei aber noch immer nicht zufriedenstellend. Aus diesem Grund wurden bereits einige Vorschläge entwickelt, wie etwa die Bündelung der Planungs- und Widmungskompetenzen auf Landesebene.
Grüne sehen Umweltkontrollbericht als klaren Weckruf
Der Umweltkontrollbericht sei ein klarer Weckruf und bringe unmissverständlich zum Ausdruck, dass die Klimakrise keine ferne Zukunft sei, sondern "uns alle betreffe", unterstrich Leonore Gewessler von den Grünen. So sei etwa das vergangene Jahr im Vergleich zum langjährigen Mittelwert um drei Grad wärmer gewesen. Die Folgen davon seien schmelzende Gletscher, brüchigere Berge, heißere Sommer und heftigere Unwetter. Obwohl der Schutz der Lebensgrundlagen nun oberste Priorität sein müsse, tue die Regierung genau das Gegenteil, kritisierte Gewessler. Sie gebe nämlich Milliarden "für die Zerstörung der Natur aus" und nehme genau dort Kürzungen vor, wo positive Effekte für das Klima erreicht werden könnten. Gleichzeitig würden klimaschädliche Subventionen noch immer nicht angetastet.
Auch ihr Fraktionskollege Lukas Hammer vermisste die ernsthafte Verfolgung von Klimaschutzzielen. Er erinnerte unter anderem daran, dass Minister Totschnig auf EU-Ebene das Vorhaben eines globalen Waldschutzes "verzögert und verwässert" habe. Daher sei er auch gespannt , ob die Versprechen bezüglich der Eindämmung des massiven Bodenverbrauchs in Österreich in die Tat umgesetzt werden.
FPÖ: Realistisches Konzept statt unkritischem Festhalten am Klimaziel 2040
Thomas Spalt (FPÖ) räumte ein, dass es in einigen Sektoren zu Verbesserungen gekommen sei. Wieviel davon aber auf eine zielgerichtete und umsichtige Politik der Bundesregierung zurückzuführen sei und wieviel etwa auf eine schwächelnde Wirtschaft sowie auf hohe Energiepreise, sei sehr schwer zu sagen. Umso unverständlicher sei es für ihn daher, dass die politisch Verantwortlichen weiterhin "unkritisch am Klimaziel 2040" festhalten würden. Dies könnte nämlich unter den gegebenen Rahmenbedingungen ohne eine schwere Schädigung des Wirtschaftsstandorts nicht erreicht werden, urteilte Spalt. Die heimischen Betriebe würden aber jetzt schon unter den unzähligen Auflagen einer Politik leiden, die sich mehr an den Brüsseler Vorgaben orientiere als an "nationaler Vernunft". Diesem Vorwurf schloss sich auch sein Fraktionskollege Harald Schuh an, der von einem "moralisierenden Klimazwang" sprach. Man dürfe nicht vergessen, dass Österreich zu den saubersten und umweltfreundlichsten Ländern der Welt gehöre.
Spalt kritisierte überdies, dass die wirklich wichtigen Zukunftsthemen im Bericht nicht behandelt würden, und zwar Versorgungssicherheit, Technologieoffenheit und Energieautarkie. Die zentralen Forderungen der Freiheitlichen würden daher lauten: Abschaffung der CO2-Bepreisung, Ausstieg aus dem Green Deal, Vermeidung von Gold Plating, Einführung eines Standortbonus sowie Forcierung von Forschung und Entwicklung. Denn Umweltpolitik dürfe kein Selbstzweck sein, sondern sie müsse mit den Prinzipien Leistbarkeit, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit vereinbar sein, hob Gerhard Deimek (FPÖ) hervor. Es bringe nämlich wenig, wenn Österreich die CO2-Emissionen um rund 37 % senke, während sie global im gleichen Zeitraum um 54 % steigen würden.
Totschnig will ökologische Verantwortung mit wirtschaftlicher Vernunft verbinden
Beim Umwelt- und Klimaschutz sei laut Bundesminister Norbert Totschnig noch viel zu tun, aber man müsse auch die Erfolge richtig darstellen. Österreich verfüge noch immer über klare, saubere Gewässer, fruchtbare Böden, gesunde Wälder und saubere Luft. Insgesamt zeige der aktuelle Bericht zahlreiche erfreuliche Entwicklungen auf, führte Totschnig weiter aus, so seien etwa die Treibhausgasemissionen deutlich zurück gegangen und hätten sich gegenüber dem Wert von 2005 um ein Viertel reduziert. Ähnliche Erfolge gebe es bei der Luft- und der Wasserqualität. Auch im Bereich der Kreislaufwirtschaft konnte Österreich hohe Recyclingquoten erreichen. Ferner konnten Erfolge beim Ausbau erneuerbarer Energieträger und der E-Mobilität sowie in der Abfallwirtschaft erreicht worden. All diese Werte seien Beweis dafür, dass gezielte Maßnahmen Wirkung zeigten, hob Totschnig hervor.
Da es noch viele Herausforderungen gebe, müsse dieser konsequente Weg fortgesetzt werden. Das zentrale Ziel seines Ressorts sei es jedenfalls, ökologische Verantwortung mit wirtschaftlicher Vernunft zu verbinden, betonte Totschnig. Beispielsweise werde daher gezielt über den Waldfonds in die Klimawandelanpassung investiert und auf einen sorgsamen Umgang mit den Böden gesetzt. Weitere Maßnahmen seien in den Bereichen Biodiversität geplant, kündigte er an.
Neues Abfallwirtschaftsgesetz soll regulatorische Hindernisse abbauen
Für eine Novellierung des Abfallwirtschaftsgesetzes für eine "zukunftsfitte Kreislaufwirtschaft" traten die Abgeordneten Carina Reiter (ÖVP), Julia Herr (SPÖ) und Michael Bernhard (NEOS) in einem gemeinsamen Entschließungsantrag ein. der mehrheitlich angenommen wurde. Unter Wahrung von Umwelt- und Konsumentenschutzstandards sollen dabei regulatorische Hürden beseitigt werden, die zirkuläre Geschäftspraktiken und -modelle behindern, heißt es in der Begründung. Ziel dabei soll eine Prozessoptimierung und eine gesteigerte Verfahrenseffizienz sein. So soll der Einsatz von Sekundärrohstoffen durch praktikable Regelungen gestärkt werden.
Die Grünen bekennen sich natürlich klar zu einer nachhaltigen und ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft, konstatierte Lukas Hammer (Grüne), und dies hätte seine Partei in der Regierungszeit auch bewiesen. So sei etwa das Pfandsystem für Getränkedosen und Flaschen auf den Weg gebracht, eine Mehrwegquote umgesetzt und ein Reparaturbonus eingeführt worden. Der vorliegende Antrag sei aber "so was von nichtssagend", weshalb man die konkrete Vorlage abwarten werde. Er brachte noch einen Entschließungsantrag betreffend ein Verbot von Einweg-E-Zigaretten ein, die zum Großteil im Restmüll landen würden.
Auch die Freiheitlichen würden gespannt darauf warten, ob ein entsprechender Gesetzesvorschlag dem Parlament zugeleitet werde, erklärten Thomas Spalt und Irene Eisenhut (FPÖ). Man frage sich aber schon, warum dafür ein Entschließungsantrag, der "sehr schwammig gehalten sei", notwendig war.
Es werde eine europarechtskonforme Weiterentwicklung angestrebt, betonte Carina Reiter (ÖVP). Außerdem sollen Innovationen und Investitionen in der Kreislaufwirtschaft erleichtert sowie Bürokratieabbau ermöglicht werden. Auch ÖVP-Vertreter Klaus Mair sprach sich für eine moderne Adaptierung des Abfallwirtschaftsgesetzes aus, um einen besseren Vollzug zu ermöglichen.
Antonio Della Rossa (SPÖ) illustrierte anhand von praktischen Beispielen wie dem Aushubmaterial wie wichtig es sei, die Kreislaufwirtschaft zu erleichtern. Es brauche Rechtssicherheit sowie klare und einfache Regeln, die die Wiederverwendung von Materialien ermöglichen.
Hinter einem vielleicht etwas sperrigen Ansinnen stehe eine sehr wichtige Maßnahme, erläuterte Michael Bernhard (NEOS). Im Grunde verfolge die geplante Novellierung des Abfallwirtschaftsgesetzes das zentrale Ziel, Umwelt und Wirtschaft zu verbinden. Die konkreten Detailbestimmungen sollen bald vorgelegt werden. (Fortsetzung Nationalrat) sue
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