• 15.10.2025, 17:26:03
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Grüne kritisieren Antworten des Innenministers zum Polizeieinsatz bei der Gedenkstätte Peršmanhof

Karner: Erwarte vollständigen Bericht der Analysekommission für Ende der kommende Woche

Wien (PK) - 

Die Grünen haben in einer Anfrage an den Bundesminister für Inneres volle Aufklärung über den "skandalösen Polizeieinsatz bei der Gedenkstätte Peršmanhof" im Juli dieses Jahres gefordert. Da sie die unterdessen erfolgte schriftliche Beantwortung von Bundesminister Gerhard Karner nicht zufriedengestellt hat, verlangten die Abgeordneten der Grünen Lukas Hammer und Olga Voglauer in der heutigen Nationalratssitzung dazu eine kurze Debatte.

Grüne: Einsatz an bedeutender Gedenkstätte ist "fatales Signal mangelnder Sensibilität"

Hintergrund der Anfrage der Grünen an den Innenminister war ein massiver Polizeieinsatz, der Sonntag, den 27. Juli 2025 rund um die Gedenkstätte und im Museum Peršman in Kärnten stattgefunden hat. Bei dem Einsatz seien mehr als 30 Polizeikräfte, ein Polizeihubschrauber, Drohnen sowie Polizeihunde aufgeboten worden. Er habe auf ein internationales antifaschistisches Bildungscamp abgezielt, das sich mit Themen rund um das 80. Gedenkjahr der Befreiung vom Nationalsozialismus beschäftigt habe, führen die Grünen aus. "Im Erinnerungsjahr 2025, in dem die Republik das 80. Jahr der Befreiung vom NS-Regime begeht, sendet ein solcher Polizeieinsatz an einem ehemaligen Tatort des NS-Terrors ein fatales Signal mangelnder Sensibilität gegenüber der slowenischen Volksgruppe in Kärnten und der Aufarbeitung nationalsozialistischer Verbrechen", kritisieren die Grünen in der Anfrage und fordern eine lückenlose Aufklärung der Vorgänge rund um die Polizeiaktion.

Der Polizeieinsatz sei völlig unverhältnismäßig gewesen, argumentierte Olga Voglauer (Grüne) in der Plenardebatte. Sie müsse fragen, wie ernst die Republik ihre Gedenkkultur nehme, wenn schwerbewaffnete Polizisten und die Fremdenpolizei wegen angeblicher Verstöße gegen das Campingplatzgesetz aufgeboten würden. Hier habe kein Routineeinsatz stattgefunden, sondern jemand habe ein politisches Signal setzen wollen. Der Peršmanhof sei schließlich ein bedeutender Erinnerungs- und Gedenkort an die Verbrechen des nationalsozialistischen Terrorregimes an der kärntnerslowenischen Zivilbevölkerung. An diesem Ort ermordeten Angehörige des SS-Polizeiregiments 13 kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs elf Mitglieder der Familien Sadovnik und Kogoj, führte Voglauer aus.

Die Gedenkstätte erinnere aber auch an die Widerstandskämpfer:innen gegen das NS-Regime in der Region. Ihr Widerstand sei wichtig gewesen für die Erreichung der österreichischen Unabhängigkeit. Österreich habe damit beweisen können, dass es Opfer des NS-Regimes war. Der von den Alliierten geforderte Widerstand sei vor allem von slowenischen Partisan:innen geleistet worden.

Voglauer erinnerte an das antifaschistische Bekenntnis, das am Anfang der Zweiten Republik stand. Wenn nun der Innenminister bestätige, dass falsch aufgestellte Zelte dazu führen, dass in Österreich der Verfassungsschutz ausrückt, so irritiere das zutiefst. Voglauer kritisierte auch die Identitätsfeststellungen, die mit der Begründung der "groben Anstandsverletzung" erfolgt seien. Irritiert zeigte sich Voglauer auch darüber, dass der Innenminister eine Reihe von Fragen, etwa über die Rolle der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt, nicht zeitnah beantworten habe können. Die Einsetzung der Sonderkommission entbinde aus ihrer Sicht den Minister auch nicht von seiner Verantwortung, sich bei den Betroffenen zu entschuldigen.

Karner: Erwarte umfassenden Untersuchungsbericht Ende kommender Woche

Innenminister Gerhard Karner resümierte seine bisherigen Erkenntnisse über den Einsatz, die er bereits in der schriftlichen Anfragebeantwortung mitgeteilt habe. Bereits am 5. August 2025 habe er eine multiprofessionelle Expert:innenkommission mit der transparenten Aufarbeitung und Evaluierung des polizeilichen Einsatzes, der für breite Irritation gesorgt habe, beauftragt. Er habe dafür gesorgt, dass die Kommission möglichst breit aufgestellt sei, und sie um einen möglichst zeitnahen Bericht ersucht. Er habe ihr auch die volle Unabhängigkeit und uneingeschränkte fachliche Unterstützung seines Ressorts zugesagt. Am 30. September sei der gewünschte Zwischenbericht vorgelegt worden. Diese bisherigen Erkenntnisse habe er auch dem Parlament bereits mitgeteilt.

Laut Innenminister Karner handelte es sich bei dem Einsatz um Kontrollen aufgrund des Verdachts von Verwaltungsübertretungen nach dem Kärntner Naturschutzgesetz und dem Kärntner Campingplatzgesetz. Im Zuge der Amtshandlung seien auch verwaltungsstrafrechtliche Tatbestände nach dem Kärntner Landessicherheitsgesetz zur Anzeige gebracht worden. Zwei Personen seien auf Grundlage des Fremdenpolizeigesetzes verhaftet worden. Der polizeiliche Einsatzleiter sei bis auf Weiteres einer anderen, nicht operativ tätigen Organisationseinheit zugewiesen worden.

Die Analysekommission habe die Arbeit seines Wissens bereits abgeschlossen und arbeite an der Fertigstellung des Endberichts. Mit der Veröffentlichung sei Ende nächster Woche zu rechnen. Er werde selbstverständlich der Öffentlichkeit den Bericht zugänglich machen. Aufgrund der hohen Sensibilität der Materie sei er selbstverständlich im Austausch mit der Vertretung mit allen Seiten.

FPÖ sieht Versuch der Verunglimpfung der Polizei

FPÖ-Abgeordneter Gernot Darmann sprach von einer "schändlichen Vorgangsweise" der Grünen. Sie würden einmal mehr versuchen, Polizeiangehörige pauschal zu verunglimpfen. Abgeordneter Voglauer, aber auch Vizekanzler Andreas Babler, warf Darmann vor, "sich vor den Karren der linksextremen Antifa spannen zu lassen". Kritik übte der FPÖ-Abgeordnete auch am Innenminister. Er stelle sich nicht vor die Polizeieinheiten, die auf eine unerhörte Weise angegriffen würden, obwohl der Einsatz völlig regelkonform durchgeführt worden sei. Bei der Veranstaltung am Peršmanhof habe es sich um kein Jugendcamp gehandelt, sondern um einen bereits bekannten Treffpunkt der linksextremen Antifa aus ganz Europa. Hätte der Einsatzleiter hier nicht gehandelt, hätte er sich der Verletzung seiner Amtspflichten schuldig gemacht, argumentierte Darmann.

ÖVP: Rechtsstaat und Gedenkkultur dürfen kein Widerspruch sein

Der Peršmanhof habe eine tiefe emotionale und historische Bedeutung, sagte Margreth Falkner (ÖVP). Sie verstehe daher, dass der Polizeieinsatz bei vielen Menschen große Bestürzung hervorgerufen habe. Sie bedauere aufrichtig, wenn eine Retraumatisierung der betroffenen Teilnehmer:innen stattgefunden habe. Über die Art und Weise des Einsatzes könne und müsse man zweifellos diskutieren. Allerdings müsse eine Überprüfung der Einhaltung der Gesetze auch an einer Gedenkstätte möglich sein, wobei diese selbstverständlich in angemessener Weise erfolgen müsse. Sie erwarte sich vom Abschlussbericht wichtige Erkenntnisse, um für die Zukunft sicherzustellen, dass Erinnerungskultur und Rechtsstaatlichkeit keinen Widerspruch bilden.

SPÖ: Unverhältnismäßiger Einsatz muss lückenlos geklärt werden

Der Einsatz am Peršmanhof sei zweifellos unverhältnismäßig gewesen, befand Pia Maria Wieninger (SPÖ). Hier handle es sich um den wichtigsten Gedenkort der Kärntner Slowen:innen, da hier eines der letzten NS-Kriegsverbrechen auf Kärntner Boden stattgefunden habe. Sie habe selbst mit jungen Menschen gesprochen, die den Einsatz miterlebt hätten. Diese hätten ihr klar gemacht, dass mit dem unverhältnismäßigen Einsatz alte Wunden aufgerissen worden seien. Auch in Slowenien habe der Vorfall tiefe Besorgnis ausgelöst. Österreich dürfe nicht auf diese Weise mit seinen Minderheiten umgehen. Sie habe aber volles Vertrauen, dass die eingesetzte Kommission für eine lückenlose Aufklärung sorgen werde. Allerdings erwarte sie sich in weiterer Folge auch Konsequenzen für die Verantwortlichen.

NEOS: Vorfall hat die Wichtigkeit der Erinnerungskultur deutlich gemacht

Er könne sich nicht vorstellen, dass Campieren auf einem Grundstück einen derartigen Einsatz nach sich ziehen würde, meinte Janos Juvan (NEOS). Der Peršmanhof sei zudem kein normaler Bauernhof, sondern ein Ort, an dem die Nationalsozialisten wahllos Menschen, darunter mehrere Kinder, ermordet hätten. Daher sei die Frage, was sich die für den Einsatz Verantwortlichen dabei eigentlich gedacht hätten, legitim und müsse gestellt werde, meinte der NEOS-Abgeordnete. Er sei daher froh darüber, dass an der Spitze Österreichs Politiker:innen stehen, die über einen solchen Vorfall nicht einfach hinweggehen, sondern um restlose Aufklärung bemüht seien. Hier dürfe nicht politisches Kleingeld geschlagen werden, sondern es müsse die Wichtigkeit der Erinnerungskultur in den Mittelpunkt gerückt werden.

Grüne: Warten noch immer auf Entschuldigung des Innenministers

Ein zeitgemäßes, gegenwartsbezogenes Gedenken als Anstandsverletzung zu definieren, wie das in der Begründung des Einsatzes geschehen sei, sei unerhört, sagte Lukas Hammer (Grüne). Wenn die FPÖ Antifaschismus mit Linksextremismus gleichsetze, so habe sie sich offenbar noch immer nicht von ihren "braunen Wurzeln" gelöst. Die Anfragebeantwortung des Innenministers zeige, dass der Einsatz bereits zwei Tage im Voraus geplant worden sei. Viele Fragen seien weiterhin unbeantwortet, etwa zur Rolle des Bezirkshauptmannes oder der Fremdenpolizei. Hammer kritisierte auch das Schweigen von Landeshauptmann Peter Kaiser zu den Vorfällen. Eine Reihe prominenter Intellektueller hätten den Innenminister aufgefordert, den antifaschistischen Auftrag Österreichs ernster zu nehmen. Er sehe leider noch keine Anzeichen dafür, dass Karner der Aufforderung nachkomme, sagte Hammer. Nach wie vor warte er auf eine Entschuldigung des Innenministers bei den Betroffenen. (Fortsetzung Nationalrat) sox

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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