- 15.10.2025, 14:50:03
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Hausverstand statt Bürokratie: Der Lebensmittelhandel braucht endlich praktikable Regeln
Obmann Prauchner: Jüngste Kontrollen in Supermärkten zeigen, dass viele Regeln widersinnig und schlicht nicht mehr zu erfüllen sind
Die jüngsten Kontrollen und Anzeigen gegen Supermärkte in Wien haben eine Diskussion ausgelöst, die längst überfällig ist: Die Praxis der Preisauszeichnung im Lebensmittelhandel ist zu einem Symbol dafür geworden, wie weit sich bürokratische Vorgaben von der wirtschaftlichen Realität entfernt haben.
„Niemand hat ein Problem mit Kontrolle – aber wir haben ein Problem mit Vorschriften, die in der Praxis schlicht nicht erfüllbar sind“, sagt Christian Prauchner, Obmann des Lebensmittelhandels in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). „Wenn man Unternehmen abstraft, die sich bemühen, Regeln umzusetzen, die technisch oder logisch gar nicht umsetzbar sind, läuft etwas grundsätzlich falsch.“
Zitronen im Netz: Ein Beispiel von vielen für ein Regelwerk ohne Maß und Ziel
Die aktuellen Anzeigen liegen den betroffenen Unternehmen teilweise selbst noch nicht vor, da die Medien zuerst informiert wurden. Ein großer Teil der bisherigen Anzeigen betraf aber die Preisauszeichnung von Zitronen in Netzen nach Kilogramm. Gefordert wird stattdessen eine Grundpreisauszeichnung pro Stück. Auf dem Papier mag das logisch erscheinen – in der Praxis ist es jedoch absurd: Ein Netz kann wenige große oder mehrere kleinere Zitronen enthalten, das Gesamtgewicht bleibt dabei gleich. Eine Stückauszeichnung ist daher faktisch unmöglich.
„Solche Vorgaben zeigen, wie sehr wir uns in einem Regeldschungel verloren haben“, erklärt der Obmann. „Wir reden von Naturprodukten – keine Zitrone gleicht der anderen. Der Handel soll aber so tun, als ob er die Natur normieren könnte.“ Diese Art der Auslegung führt zu einer Fülle an Anzeigen, die keinen Mehrwert für Konsument:innen haben, keinen Einfluss auf Preise oder Preisentwicklung nehmen, dafür aber enorme Ressourcen binden. „Jede Arbeitsstunde, die in sinnlose Kontrollen fließt, fehlt in der Produktivität. Das zahlen letztlich alle – nicht nur die Unternehmen“, so der Obmann.
Papierberge statt Produktpreise
Problematisch sind auch Vorgaben, wonach Filialmitarbeiter:innen bei jeder Kontrolle umfangreiche Datensätze zur Verfügung stellen sollen, die lediglich in den zentralen IT-Systemen liegen und vor Ort gar nicht abrufbar sind. „Natürlich sind unsere Unternehmen jederzeit bereit, alle benötigten Daten aus den Zentralen nachzuliefern. Wenn aber die Verkäufer:innen in der Filiale plötzlich zu Datenarchivar:innen gemacht werden, zeigt das, dass Kontrollen und Unternehmenspraxis nichts mehr miteinander zu tun haben“, so Prauchner weiter.
Ein Land im Regelstau
Der Lebensmittelhandel steht exemplarisch für ein größeres Problem: Österreich leidet unter einer Bürokratie, die wächst, aber nicht wirkt – obwohl im Regierungsprogramm der Bürokratieabbau ganz oben steht. Statt Unternehmen durch klare und verständliche Vorgaben zu entlasten, werden Abläufe immer komplexer, Vorschriften immer kleinteiliger, und selbst kleinste Fehler drohen bestraft zu werden.
„Wir haben bald einen Punkt erreicht, an dem man mehr Personal für Dokumentation als für die Kundinnen und Kunden benötigt“, sagt Prauchner. „So kann kein Betrieb auf Dauer wirtschaftlich arbeiten. Wer Unternehmen das Arbeiten immer schwerer macht, trifft am Ende genau jene Menschen, für die er angeblich eintritt.“ Der Lebensmittelhandel beschäftigt zehntausende Mitarbeiter:innen in Österreich und trägt maßgeblich zur regionalen Wertschöpfung bei. Jede zusätzliche Belastung gefährdet nicht abstrakte „Unternehmen“, sondern reale Arbeitsplätze und Existenzen.
Fakten, keine Vorurteile
„Unimarkt hat zuletzt gezeigt, unter welchem wirtschaftlichen Druck die Branche steht“, erklärt Prauchner. „In dieser Situation pauschal zu behaupten, der Handel habe seine Gewinne um 60 Prozent gesteigert, zeugt von erstaunlicher Sorglosigkeit im Umgang mit Zahlen. Solche Aussagen verzerren das Bild einer Branche, die täglich um Stabilität ringt.“
Ein Appell an Vernunft und Partnerschaft
Der Lebensmittelhandel trägt täglich Verantwortung für die Versorgung des Landes. Gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten braucht es ein Miteinander und ein gemeinsames Verständnis von Politik, Kontrollorganen und Unternehmen: Verbraucherschutz ja – aber mit Hausverstand, Augenmaß und Umsetzbarkeit. (PWK429/DFS)
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