- 15.10.2025, 12:57:33
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Signa-Pleite als Anlass: Grüne fordern im Nationalrat wirksame Betrugsbekämpfung
Aktuelle Stunde im Nationalrat mit Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer
"Schützen Sie ehrliche Betriebe vor den Machenschaften von Signa & Co, Herr Wirtschaftsminister" betitelten die Grünen heute die Aktuelle Stunde im Nationalrat mit Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer. Nina Tomaselli (Grüne) forderte dabei von der Bundesregierung Maßnahmen für eine wirksame Betrugsbekämpfung. Die Justiz arbeite zügig und effizient, meinte Tomaselli im Hinblick auf den gestern gestarteten ersten Prozess gegen Signa-Gründer René Benko. Das könne man aber in dieser Causa von der Bundesregierung nicht behaupten. Denn zwei Jahre nach Beginn der Signa-Pleite seien die Schlupflöcher, die genutzt worden seien, immer noch vorhanden. Das treibe jedem rechtschaffenen Unternehmen "die Wutesröte ins Gesicht", so Tomaselli. Die vormalige Justizministerin Alma Zadić habe zwei Monate nach Beginn der Pleite ein Gesetz vorgelegt, das allerdings nicht umgesetzt worden sei. Zudem hätten die Grünen einen umfassenden Antrag eingebracht, der mehrmals vertagt worden sei.
Vom angekündigten Paket der derzeitigen Bundesregierung zur Betrugsbekämpfung sei "nicht viel zu merken", bemängelte Tomaselli. Sie überreichte daher eine To-do-Liste an den Wirtschaftsminister, mit der sie unter anderem eine Erhöhung des Strafrahmens für "billige Bilanztricks", mehr Prüfungen von Stiftungen und strengere Steuervorschriften für Luxusimmobilien forderte. Es gelte ihr zufolge, die Interessen der Steuerzahler:innen zu wahren und die "Blockadehaltung" aufzugeben.
Hattmannsdorfer: Betrugsbekämpfungspaket ohne "Generalverdacht"
Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer warf wiederum den Grünen Versäumnisse in der Zeit der eigenen Regierungsbeteiligung vor. Zuständig seien außerdem in dieser Angelegenheit Justizministerin und Finanzminister. Eine wirksame Waffe sei jedenfalls ein funktionierender und handelnder Rechtsstaat, genau das werde im Fall Benko gerade angewendet. Es bringe jetzt nichts, "politisch Trittbrett" zu fahren, meinte er in Richtung der Grünen. Für Betrug dürfe jedenfalls nie Platz in der Gesellschaft sein. Daher habe die Bundesregierung ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Betrugsbekämpfung vorgelegt, so der Minister. Es gehe dabei etwa um die Abschaffung des Vorsteuerabzugs für Luxusimmobilien oder auch um die Nutzung neuer Datenquellen beispielsweise im Bereich Kryptokonten. Auch in der Vergangenheit seien bereits wesentliche Schritte gesetzt worden, wie etwa betreffend Konzerndatenbanken. Zudem gelte es, nicht alle Unternehmen unter einen "Generalverdacht" zu stellen, sondern vielmehr Rahmenbedingungen für einen Aufschwung zu schaffen - wie etwa den neuen Industriestrombonus oder eine Verdopplung des Investitionsfreibetrags, hielt Hattmannsdorfer fest.
Hitzige Debatte über Maßnahmen zur Betrugsbekämpfung
Michael Fürtbauer (FPÖ) warf den Grünen "ideologiegetriebene und wirtschaftsfeindliche Politik" und der ÖVP "Freunderlwirtschaft" vor. Unter dem Zusatz "& Co" im Titel sei für ihn ersichtlich, dass die großen Leitbetriebe allesamt Feindbilder für die Grünen darstellen würden. Vielmehr sei aus seiner Sicht ein überreguliertes System zu kritisieren. Es brauche einen Staat, der Leistung fördert, Innovation ermöglicht, die Streuerlast senkt und Unternehmertum zulässt, so Fürtbauer. Peter Wurm (FPÖ) warf den anderen vier Fraktionen vor, dass es in Österreich "einen Sumpf" gebe, den sie zu verantworten hätten. Unter der ehemaligen Justizministerin Zadić sei die Justiz außerdem "blind" gewesen, zeigte sich Wurm überzeugt, dass nichts geregelt oder verhindert worden sei.
Laurenz Pöttinger (ÖVP) wiederum meinte, das Problem im Fall Signa seien nicht fehlende Gesetze gewesen, sondern, dass bestehende Pflichten nicht wahrgenommen worden seien. Die Insolvenz sei ein schwerer Schlag gewesen, aus dem es die Lehren zu ziehen gelte. Nach der Prüfung der Angelegenheit sollten diese Lehren solide in Gesetze einfließen, zeigte er sich überzeugt. Österreich lebe außerdem von tausenden ehrlichen Betrieben, die von der Bürokratie, "die in den Himmel wächst", entlastet werden müssten. Friedrich Ofenauer (ÖVP) erinnerte die FPÖ daran, dass sie ebenso mehrmals in der Regierung gewesen sei. Die Grünen wiederum wollen aus seiner Sicht die "Maschen für einen liberalen Rechtsstaat zu eng knüpfen". Die Schlupflöcher zu schließen sei ein laufender Prozess, so Ofenauer. So sei die Compliance in allen Bereichen bereits massiv ausgebaut worden. Es gelte nun, den funktionierenden Rechtsstaat und die Justiz arbeiten zu lassen.
Alle Steuerzahler:innen würden für einen großen Teil des Schadens aus dieser "größten Unternehmenspleite in der Geschichte Österreichs" haften, gab Julia Elisabeth Herr (SPÖ) zu bedenken. Es seien bereits mehrere Steuerlücken geschlossen worden, etwa hinsichtlich der Umgehung der Grunderwerbsteuer und sogenannter "Share Deals", entgegnete sie den Vorwürfen. Aber auch weitere gelte es zu schließen, etwa gegen Umgehungskonstruktionen der "Superreichen". Genau das habe der Finanzminister auch bereits angekündigt. Reinhold Binder (SPÖ) wiederum pochte darauf, dass ehrliche Betriebe geschützt werden müssten, und vielmehr auch die Menschen, die diese am Laufen halten. Gerade sie würden dafür am Ende die Rechnung zahlen, wenn andere täuschen und tricksen. Es gelte daher, alles daran zu setzen, dass Bilanztricks, Stiftungsverschleierung und Insolvenzverschleppung in Österreich keinen Platz mehr haben.
Aus Sicht von Sophie Marie Wotschke (NEOS) zeigt der Fall Signa klar auf, dass Handlungsbedarf bestehe. Die Bundesregierung arbeite bereits daran, etwa an einer Erhöhung des Strafrahmens bei Finanzverschleierungsdelikten. Geschlossen worden sei unter anderem bereits die Lücke, die Grunderwerbsteuer zu umgehen. Die meisten Unternehmen würden ehrlich arbeiten, betonte Wotschke. Diese gelte es, zu unterstützen und etwa die bürokratischen Hürden zu verringern. Die Bundesregierung habe außerdem bereits ein Paket vorgelegt, um durch die Erhöhung des Investitionsfreibetrags Investitionen zu begünstigen. Nachschärfungen etwa bei der Transparenz und den Bilanzpflichten braucht es auch aus Sicht von Christoph Pramhofer (NEOS). Die große Mehrheit der Betriebe benötige aber "endlich wieder Luft zum Atmen" und keine neuen Auflagen oder Steuern. Es brauche keine Misstrauenspolitik, sondern Wachstumspolitik und ein positives Investitionsklima, so Pramhofer.
Alma Zadić (Grüne) wies auch ihrerseits auf einen Gesetzesvorschlag aus ihrer Zeit als Justizministerin hin, dem die ÖVP aber bis heute nicht zugestimmt habe. Alle seien zum Sparen angehalten - nicht daran beteiligen würden sich allerdings "die Benkos dieser Welt". Die Vorschläge "liegen am Tisch", sprach sich Zadić etwa für wesentlich höhere Strafen aus, wenn man Bilanzen verschleiere. Es gelte, Gesetzeslücken zu schließen und nicht die Verluste, sondern die Gewinne zu solidarisieren. Auch Jakob Schwarz (Grüne) forderte, dass die "größte Pleite der österreichischen Wirtschaftsgeschichte" nicht ohne gesetzliche Konsequenzen bleiben dürfe und Schlupflöcher gestopft werden müssten. Die Strafen für Verschleppung von Jahresabschlüssen seien sehr gering und außerdem betraglich gedeckelt. Es brauche hier eine Bemessung nach Umsatz, zeigte sich Schwarz überzeugt. Er kritisierte außerdem, dass Digitalkonzerne und Stiftungen nichts zum Sparpaket beitragen würden. Die Ankündigung einer Betrugsbekämpfungsoffensive sei für ihn außerdem deshalb ärgerlich, weil für den Mehraufwand kein Mehrpersonal vorgesehen sei. Es brauche also - etwa neben verstärkten Prüfungen von Privatstiftungen - auch mehr Prüfer:innen, forderte Schwarz. (Fortsetzung Nationalrat) mbu
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