• 15.10.2025, 12:43:32
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Mieter und Gemeinnützigkeit schützen: Aufsichtsbehörde leitet weitere Schritte bei „Neuer Eisenstädter“ ein

Sonderprüfung abgeschlossen, Land setzt Regierungskommissär ein – LH Doskozil: „Geht nicht um Übernahme, sondern um Senkung bzw. Begrenzung der Mieten!“

Eisenstadt (OTS) - 

Im Jahr 2024 hat die Burgenländische Landesregierung als zuständige Aufsichtsbehörde für gemeinnützige Bauvereinigungen nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) den vier gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften des Landes ein Auskunftsverlangen zu Finanzierungskonditionen gestellt. Bei der Neuen Eisenstädter Gemeinnützige Bau-, Wohn- und Siedlungsgesellschaft GmbH (NE) wurde nach vertiefenden Fragen eine Sonderprüfung eingeleitet. Der nun vorliegende Abschlussbericht zeigt eindeutige Verstöße gegen das WGG, die auch erheblichen Schaden für Mieterinnen und Mieter zur Folge hatten, wie Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und Rechtsanwalt Johannes Zink, der die Sonderprüfung durchgeführt hat, heute im Rahmen einer Pressekonferenz bekanntgaben. „Wir haben als Land die Pflicht, die Rechte der Mieterinnen und Mieter zu schützen – und genau das tun wir“, betonte Doskozil: „Wenn sich ein gemeinnütziger Bauträger nicht an die Regeln der Gemeinnützigkeit hält, müssen wir handeln. Das Gesetz ist hier eindeutig, und wir werden es konsequent anwenden.“ Als erster Schritt wird gemäß den Vorgaben des WGG ein Regierungskommissär in das Unternehmen eingesetzt.

Gerüchte über einen angeblich geplanten Kauf der Neuen Eisenstädter durch das Land weist Doskozil entschieden zurück: „Diese Behauptungen sind Nebelgranaten, reine Ablenkungsmanöver vom tatsächlichen Fehlverhalten des Unternehmens. Es ging und geht uns nicht um eine Übernahme, sondern um eine Senkung bzw. Begrenzung der Mieten bei maximal 10 Euro pro Quadratmeter – und um die volle Durchsetzung des Prinzips der Wohnungsgemeinnützigkeit. Das Land hat als Aufsichtsbehörde eine gesetzliche Kontrollpflicht, die uns zum Einschreiten verpflichtet.“ Gesetzlich vorgesehene Gespräche über eine einvernehmliche Lösung nach WGG (§ 35a) haben in den letzten Monaten mit den Mehrheitseigentümern der Neuen Eisenstädter, der Raiffeisen Landesbank und der Ersten Bank, stattgefunden und sind – wie bekannt – vor kurzem gescheitert.

Der Prüfbericht wurde bereits an die gesetzlich vorgesehenen Stellen, einschließlich der Neuen Eisenstädter, übermittelt. Als nächsten Schritt wird das Land per Bescheid einen Regierungskommissär in das Unternehmen einsetzen. In der kommenden Woche findet eine Besprechung mit den Verantwortlichen statt. Anschließend entscheidet die Landesregierung über die weiteren Schritte gemäß dem im WGG festgelegten aufsichtsrechtlichen Stufenbau.

Sonderprüfung: Gravierende Verstöße gegen Prinzip der Wohnungsgemeinnützigkeit

Der nun vorliegende Endbericht zur Sonderprüfung der „Neuen Eisenstädter“ belegt gravierende Verstöße, wie der zuständige Prüfer Johannes Zink erklärt: „Die eingeholten Sachverständigengutachten bestätigen ein klares Bild: Es liegen mehrere wesentliche, schwerwiegende Mängel vor, die gravierende und strukturelle Verstöße gegen zwingende gesetzliche Vorgaben darstellen. Insbesondere aufgrund der aufgezeigten Mängel im Bereich der Kreditzinsen und im Bereich der Wohnungsvergabe – Stichwort ‚Anlegerwohnung statt Sozialwohnung‘ - ist es für die Aufsichtsbehörde daher alternativlos, im Sinne der gesetzlichen Vorgaben tätig zu werden.“

  • Konkret: Die Wohnungsvergabe orientierte sich wesentlich an spekulativen statt gemeinnützigen Interessen – durch die Errichtung von „Anlegerwohnungen“ statt sozialer Wohnungsvergabe. Diese Transaktionen sind nicht durch das gesetzliche Tätigkeitsfeld gemeinnütziger Bauvereinigungen gedeckt. Es steht in diesem Zusammenhang auch die missbräuchliche Inanspruchnahme des gemeinnützigen Steuerprivilegs im Raum.

  • Ein weiterer, besonders schwerwiegender Vorwurf, der durch Gutachten belegt wird: Überhöhte Kreditzinsen führten zu strukturell verteuerten Mieten. Der Überprüfungszeitraum beträgt 10 Jahre, als Benchmark wurden insbesondere Finanzierungskonditionen anderer gemeinnütziger Wohnbauträger herangezogen.

„Es kann nicht sein, dass betroffene Mieter über Jahre zu viel bezahlt haben, während im Hintergrund die involvierten Banken überhöhte Gewinne machen. Derartige Praktiken haben im Bereich des gemeinnützigen Wohnbaus nichts verloren und sind ungesetzlich“, so Doskozil. Daher gehe es in einem nächsten Schritt darum, wie Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können. Die dazu geplanten Maßnahmen sollen zeitnah vorgestellt werden. Gleichzeitig gilt es, die strukturellen Probleme im Bereich des gemeinnützigen Wohnbaus in den Blick zu nehmen und leistbares Wohnen im Burgenland flächendeckend voranzutreiben. „Maximal zehn Euro netto pro Quadratmeter – das ist grundsätzlich unser Ziel. Wohnen ist ein Grundrecht, kein Geschäftsmodell“, betont der Landeshauptmann.

Appell an Verantwortliche in anderen Bundesländern: „Schaut ganz genau hin!“

Die Wohnkosten sind mittlerweile österreichweit zum größten Treiber der Teuerung geworden und stellen viele Menschen vor existenzielle Probleme. Daher steht im Zusammenhang mit der Neuen Eisenstädter das derzeitige Modell des gemeinnützigen Wohnbaus selbst im Scheinwerferlicht, so LH Doskozil: „Die Wohnungsgemeinnützigkeit muss wieder das ermöglichen wofür sie da sein soll – Wohnen für Menschen, nicht für Profite. Wir wollen österreichweit einen Anstoß liefern, das derzeitige System zu durchleuchten. Mein Appell an die Verantwortlichen in den anderen Bundesländern: Schaut ganz genau hin – vor allem dort, wo Banken als Eigentümer im Spiel sind!“ Nahezu jede zweite gemeinnützige Wohnung gehört zu einem Unternehmen, das im Mehrheitseigentum von Finanzinstitutionen steht.

Um wieder zur Grundidee der Gemeinnützigkeit zurückzukehren, müsse das WGG besonders in einem entscheidenden Punkt nachgeschärft werden: Schon jetzt dürfen Angehörige des Baugewerbes Gemeinnützige faktisch nicht besitzen, weil es hier Zielkonflikte gibt – dasselbe solle auch für Banken gelten, fordert der Landeshauptmann: „Eigengeschäfte von Banken mit ihren eigenen Gemeinnützigen gehören verboten. Wer sich sein Geschäft über den gemeinnützigen Wohnbau organisiert, missbraucht das System – das muss ein Ende haben.“

Rückfragen & Kontakt

Büro LH Hans Peter Doskozil
Mag. Christian Stiller, Büroleiter
Telefon: +43 5 7600-2566
E-Mail: christian.stiller@bgld.gv.at

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