• 10.10.2025, 11:00:37
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Entwürdigende Fotomontage bei Bericht über Gewalt an Frau

Wien (OTS) - 

Der Senat 3 des Presserats bewertet den Beitrag „Ukrainisches Model halbtot in Dubai – jetzt fallen schwere Vorwürfe von der Mutter“, erschienen am 07.04.2025 auf „vol.at“, als schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung.

Im Vorspann des Artikels heißt es zunächst, dass die Ukrainerin Maria Kovalchuk schwer verletzt auf Dubais Straßen gefunden worden sei und ihre Mutter nun schwere Vorwürfe erhebe und von sexuellem Missbrauch bei einer Orgie spreche.

Im Hauptteil des Artikels wird berichtet, dass ein dramatischer Fall derzeit international für Entsetzen sorge, die 20-jährige Ukrainerin Maria Kovalchuk, die als Model und auf „OnlyFans“ aktiv sei, habe über eine Woche lang als vermisst gegolten, nachdem sie zu einer Party mit zwei angeblichen Modeagenten in Dubai eingeladen worden sei.

Am 19. März sei sie schwer verletzt mit gebrochener Wirbelsäule und zahlreichen Frakturen an Armen und Beinen am Straßenrand aufgefunden worden, nur durch mehrere Notoperationen habe ihr Leben gerettet werden können. Die Behörden würden angeben, dass sie auf einer Baustelle gestürzt sei, was ihr Umfeld stark bezweifle. Die Mutter habe den Verdacht geäußert, dass sie auf eine Orgien-ähnliche Veranstaltung gelockt und möglicherweise als Sex-Sklavin missbraucht worden sei.

Ein im Krankenhaus arbeitender Bekannter hätte gesehen, dass sie Verletzungen im Mundbereich aufgewiesen habe, dieser sei mit „Dubai-Schokolade“ bedeckt gewesen, außerdem sollen Blut und Teile ihrer Zähne in ihrer Handtasche gefunden worden sein.

Eine umfassende Aufklärung über die tatsächlichen Umstände fehle bislang, Ermittlungen seien aufgenommen worden.

In den Artikel ist ein Bild eingebettet, auf dem man die Skyline von Dubai sieht, die mit Zähnen überblendet ist, darüber hinaus ist ein Smartphone mit einem unverpixelten Foto von der leicht bekleideten Betroffenen auf dem Bildschirm zu sehen. Darüber hinaus sind auch noch zwei Instagram-Postings von Kovalchuk eingebettet, auf denen sie ebenfalls leicht bekleidet zu sehen ist.

Der Leser kritisiert die seiner Ansicht nach bedenkliche Darstellung eines möglichen Gewaltverbrechens, wobei er besonders auf die im Bild unter dem Titel eingebetteten Zähne verweist.

Der Senat hält fest, dass es sich im vorliegenden Fall um eine eklatante Persönlichkeitsverletzung handelt. Die betroffene Frau ist wahrscheinlich Opfer einer Straftat. Das Medium hat sich mit den in das Bild hineinmontierten Zähnen über das Leid der Frau lustig gemacht. Die Gewalteinwirkung gegenüber dem Opfer wurde jedoch nicht nur ins Lächerliche gezogen, sondern auch verharmlost.
Das Zusammenspiel der überblendeten Zähne und des leicht bekleideten Opfers sexualisiert in gewisser Weise die Gewaltanwendung.

Der Senat lehnt diese Herangehensweise entschieden ab – die Senate des Presserats haben bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass Journalistinnen und Journalisten gerade bei der Berichterstattung über Gewalt gegen Frauen besonders sensibel vorgehen müssen (siehe etwa die gemeinsame Stellungnahme der drei Senate 2022/S 002).

Nach Auffassung des Senats wurde sowohl in die Würde des Opfers als auch in dessen Intimsphäre eingegriffen (der Gesundheitsbereich eines jeden Menschen zählt zu dieser Sphäre). Die Verstöße gegen Punkt 5 und 6 des Ehrenkodex liegen auf der Hand.

Darüber hinaus empfiehlt der Senat, mit dem Grafikdesigner der Fotomontage ein klärendes Gespräch zu führen, um sicherzustellen, dass in Zukunft eine derartig schwerwiegender Persönlichkeitseingriff nicht mehr vorkommt (zumindest wurde die problematische Montage mittlerweile abgeändert und die eingefügten Zähne wieder entfernt).

Der Senat stellte somit gegen die Punkte 5 und 6 des Ehrenkodex (Persönlichkeitsschutz, Intimsphäre) fest und forderte die Medieninhaberin auf, die Entscheidung freiwillig im betroffenen Medium zu veröffentlichen oder bekanntzugeben.

SELBSTÄNDIGES VERFAHREN AUFGRUND EINER MITTEILUNG EINES LESERS

Der Presserat ist ein Verein, der sich für verantwortungsvollen Journalismus einsetzt und dem die wichtigsten Journalisten- und Verlegerverbände Österreichs angehören. Die Mitglieder der Senate des Presserats sind weisungsfrei und unabhängig.

Im vorliegenden Fall führte der Senat 3 des Presserats aufgrund einer Mitteilung eines Lesers ein Verfahren durch (selbständiges Verfahren aufgrund einer Mitteilung). In diesem Verfahren äußert der Senat seine Meinung, ob eine Veröffentlichung den Grundsätzen der Medienethik entspricht. Die Medieninhaberin von „vol.at“ hat von der Möglichkeit, an dem Verfahren teilzunehmen, keinen Gebrauch gemacht.

Die Medieninhaberin „vol.at“ hat die Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats anerkannt.

Rückfragen & Kontakt

Österreichischer Presserat, Sprecherin des Senats 3
Christa Zöchling
Telefon: +43 - 1 - 23 699 84 - 11
E-Mail: info@presserat.at

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