- 09.10.2025, 22:18:02
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- OTS0191
Gesundheitsausschuss diskutiert Gentechnik, Tierschutz und Lebensmittel- sowie Produktsicherheit
Weitere Forderungen der Opposition werden von ÖVP, SPÖ und NEOS vertagt
Im letzten Teil des heutigen Gesundheitsausschuss diskutierten die Abgeordneten die Themen Gentechnik, Tierschutz sowie Lebensmittel- und Produktsicherheit. Ausgangspunkt der Debatten waren mehrere Berichte des Gesundheitsressorts.
Zudem standen weitere Anträge der Opposition auf der Tagesordnung, die wiederum mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und NEOS vertagt wurden. So forderten die Freiheitlichen ein Verbot des rituellen Schlachtens ohne Betäubung sowie den Erhalt des Gebrauchshundesports. Die Grünen wiederum thematisierten TFA-Rückstände in Lebensmitteln und traten für die Anerkennung des Parkinson-Syndroms als Berufskrankheit bei Landwirt:innen ein.
Gentechnik: Schlüsseltechnologie mit hohem Wachstumspotenzial
Die Gentechnikkommission hat einen Bericht über die Anwendungen der Gentechnik in Österreich vorgelegt. Im nunmehr neunten Bericht über den Zeitraum 2020 bis 2022 werden nicht nur die Arbeiten mit gentechnisch veränderten Organismen (GVO) in geschlossenen Systemen, im Bereich des Freisetzens und des Inverkehrbringens von GVO-Erzeugnissen dargestellt, sondern es wird auch über die Durchführung von Analysen und Anwendungen von GVO zu therapeutischen Zwecken informiert (III-155 d.B.). Anwendungen der Gentechnik seien mittlerweile wesentliche Bestandteile der modernen Biotechnologie und unbestritten eine Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts mit bereits hohem wirtschaftlichen Impact und enormem Wachstumspotenzial, urteilen die Autor:innen. Seit Inkrafttreten des Gentechnikgesetzes 1995 haben enorme Veränderungen stattgefunden, konstatiert der Bericht. Von einer damals neuen und in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannten wissenschaftlichen Spezialdisziplin habe sich die Gentechnik zu einer gut etablierten, gut verwalteten und gut in den wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Kontext integrierten Materie entwickelt. Laut Bericht existieren in Österreich bereits 405 Unternehmen im Biotech- und Pharmasektor. Diese würden mit über 32.000 Mitarbeiter:innen Umsatzerlöse von über 16 Mrd. Ꞓ pro Jahr erzielen. Die Erfolge der letzten Jahre würden zudem zeigen, dass österreichische Einrichtungen in der Lage seien, sich im internationalen Wettbewerb zu positionieren. Allerdings wären nach Einschätzung der Autor:innen umfassende Förderkonzepte für den Erhalt der Attraktivität des Forschungs- und Wirtschaftsstandortes notwendig. Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.
Es könne eine positive Bilanz zur Sicherheit gezogen werden und dafür seien die strengen Regeln im Gentechnikgesetz verantwortlich, erklärte Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig im Ausschuss gegenüber Martina Diesner-Wais (ÖVP). Angesichts der vielen Fragen und Ängste beim Thema Gentechnik sei es wichtig, im Dialog mit der Bevölkerung zu bleiben und diese mitzunehmen, erläuterte Königsberger-Ludwig zu Michael Seemayer (SPÖ) und Johannes Gasser (NEOS). Gegenüber Verena Nussbaum (SPÖ) hob sie die Bedeutung der Standortqualität und des gut ausgebildeten Personals hervor und gegenüber Fiona Fiedler (NEOS) die medizinischen Fortschritte durch gentechnische Methoden. Zudem berichtete sie an Olga Voglauer (Grüne) zu den laufenden Trilog-Verhandlungen zu Pflanzenpatenten und die kritische Haltung Österreichs dazu.
Der Bericht sei umfangreich und objektiv, einzelne Formulierungen seien aber fragwürdig, bemängelte Gerhard Kaniak (FPÖ). Zudem kritisierte er die mangelnde Aktualität des Berichts. Einen ausgewogeneren Bericht forderte auch Peter Wurm (FPÖ) ein. Es wäre wichtig, mehr die Gefahren von Gentechnik anzusprechen.
Tierschutzbericht zeigt rechtliche Neuerungen, Kontrollergebnisse und Wissensvermittlung an Schulen
Der 10. Tierschutzbericht des Gesundheitsministeriums informiert über die Aktivitäten der Jahre 2023 und 2024 (III-215 d.B.). In ihrem Vorwort weist Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig darauf hin, dass diese Zeit insbesondere durch den Beschluss des Heimtierpakets 2024 geprägt gewesen sei. Eine zentrale Neuerung sei dabei die Einführung eines bundesweiten Sachkundenachweises für die Haltung von Hunden, Reptilien, Amphibien und Papageienvögeln. Dadurch sollen Spontankäufe verhindert und zudem deutlich gemacht werden, wieviel Verantwortung die Haltung eines Tieres mit sich bringe. Ebenfalls umgesetzt wurde ein Haltungsverbot von Kamelen und Büffeln in Zirkussen sowie Maßnahmen gegen den illegalen Welpenhandel. Ein weiterer Schwerpunkt lag in der besseren Umsetzung des bereits bestehenden Qualzuchtverbots und der Etablierung eines wissenschaftlich gestützten Systems zur Qualzuchtvermeidung. Gemäß der Tierschutz-Kontrollverordnung hat die Behörde mindestens 2 % der landwirtschaftlichen Betriebe auf die Einhaltung der Tierschutzvorschriften zu kontrollieren. Insgesamt habe es mit 370 Verstößen deutlich weniger als im Vorjahr gegeben, auch bei den Anzeigen sei das Niveau mit 68 deutlich geringer ausgefallen. Bei Tiertransporten habe es 2024 bei 145.224 Kontrollen 1.178 Verstöße gegen Auflagen gegeben. Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.
Österreich habe ein gutes Tierschutzgesetz mit entsprechenden Kontrollen, betonte Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig im Ausschuss. Ein Schwerpunkt des Heimtierpakets lag in der Umsetzung des Qualzuchtverbots, berichtete sie an Angela Baumgartner (ÖVP), Josef Hechenberger (ÖVP) und Petra Tanzler (SPÖ). Dazu wurde eine wissenschaftliche Kommission mit Expert:innen eingerichtet. Um Spontankäufe von Tieren zu verhindern, sei es wichtig, deutlich zu machen, dass damit auch Verantwortung verbunden sei. Dazu sei ein Sachkundenachweis verankert worden.
Zudem informierte die Staatssekretärin Irene Eisenhut (FPÖ), Verena Nussbaum (SPÖ) und Mario Lindner (SPÖ) über das Projekt "Tierschutz macht Schule", das sehr gut angenommen werde und für das die Budgetmittel sehr gut eingesetzt seien. Gegenüber Johannes Gasser (NEOS) erläuterte sie weiters die Diskussionen über neue Vorschriften für Tiertransporte, bei denen digitale Lösungen verankert werden sollen. Insgesamt befürwortete Königsberger-Ludwig die geltenden strengen österreichischen Regelungen. Hinsichtlich des Tierschutzpreises werde aktuell evaluiert, ob dieser nach einer Pause nächstes Jahr wieder stattfinden soll, sagte sie zu Fiona Fiedler (NEOS). Hinsichtlich der Retrospektivkontrollen bei Drittlandexporten erläuterte sie Olga Voglauer (Grüne), dass diese durch Foto- und Videoaufnahmen dokumentiert würden.
Bericht über die Entwicklungen im Lebensmittel-, Tiergesundheits- und Tierschutzbereich
Einen kompakten Überblick über die vielfältigen Tätigkeiten der amtlichen Kontrollbehörden in den Bereichen Lebensmittelsicherheit, Veterinärwesen und Tierschutz bietet ein von Bundesministerin Korinna Schumann vorgelegter Bericht (III-213 d.B.). 2024 seien von den Lebensmittelaufsichtsbehörden der Länder 40.246 Kontrollen in 35.512 Betrieben durchgeführt worden. In 2.835 Betrieben (8,7 %) seien Verstöße festgestellt worden, was in etwa den Werten der Vorjahre entspricht. Die Landesveterinärbehörden wiederum haben 8.146 Betriebskontrollen in 3.822 Fleischbetrieben durchgeführt, wobei bei 1.132 (29,6 %) Betrieben Mängel aufgetreten seien. Dies entspreche einem leichten Rückgang gegenüber den Vorjahreswerten. Im Rahmen der insgesamt 71 Schwerpunktaktionen wurden 2024 unter anderem die Verkehrsfähigkeit von Kindernahrungsmitteln, Mykotoxine in Backwaren, Getreide-Snacks und Frühstückscerealien, die Sicherheit von Babypuppen sowie von Magnetspielzeug untersucht. Von den 9.143 Proben seien 557 beanstandet worden, was einer Quote von 7,2 % entspricht. 22 Proben seien als gesundheitsschädlich und 55 Proben für den menschlichen Verzehr als ungeeignet eingestuft worden. Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.
Das Seuchengeschehen sei permanent hoch und die Zusammenarbeit der Institutionen, damit diese nicht nach Österreich kommen, würden wie zuletzt bei der Maul- und Klauenseuche gut funktionieren, meinte Staatssekretärin Königsberger-Ludwig zu Michael Seemayer (SPÖ). Auf EU-Ebene setze man sich für einheitliche Grenzwerte und Standards für PFAS und TFA ein, erklärte sie Olga Voglauer (Grüne). Die nationalen und europaweiten Vorgaben würden eine gute Trinkwasserqualität in Österreich gewährleisten, sagte die Staatssekretärin zu Petra Tanzler (SPÖ). Gegenüber Angela Baumgartner (ÖVP) und Laurenz Pöttinger (ÖVP) hob die Staatssekretärin die Bedeutung der Landestiergesundheitsdienste hervor. Die Gesundheit der Tiere sei die Grundlage für die Qualität der Lebensmittel, betonte sie.
An Fiona Fiedler (NEOS) berichtete sie über Veranstaltungen der AGES zur Lebensmittelkennzeichnung und deren Ziel diese zu verbessern. Hinsichtlich der Kontrollen des Bundesamts für Verbrauchergesundheit (BAVG) begründete die Staatssekretärin die hohe Beanstandungsquote damit, dass Hersteller insbesondere aus dem Ausland sich oftmals nicht an Vorgaben halten würden. So gebe es etwa viele Fehler bei der Kennzeichnung von Spielzeug. Auf eine Frage von Peter Wurm (FPÖ) betonte Königsberger-Ludwig, dass nach ihrer Sicht die AGES derzeit über genügend Personal verfüge und dass man Sorge dafür tragen werde, dass die AGES ihre wichtigen Aufgaben weiter ausführen könne.
FPÖ setzt sich erneut für Verbot des rituellen Schlachtens ohne Betäubung ein
Einen neuerlichen Vorstoß für ein Verbot des betäubungslosen Schlachtens von Tieren unternehmen die FPÖ-Abgeordneten Irene Eisenhut und Peter Schmiedlechner mittels Entschließungsantrag (393/A(E)). Die aus rituellen Gründen im Judentum und im Islam praktizierte Methode des Schächtens, bei der die Tiere mittels eines speziellen Messers mit einem einzigen großen Schnitt quer durch die Halsunterseite getötet werden, führe trotz Durchtrennung der Luftröhre und der Hauptschlagadern oft zu einem mehrminütigen Todeskampf bei den Tieren. Aus Sicht der FPÖ sei es unzulässig, die "barbarische Methode" der "reinen Schlachtung" unter dem Deckmantel der freien Religionsausübung zuzulassen. Es dürfe keine Sonderrechte für bestimmte Weltanschauungen geben, die Trennung von Staat und Religion müsse gewährleistet werden. Mit "Betäubung ist zumutbar" untermauerte Eisenhut ihre Forderung im Ausschuss.
Religionsfreiheit als auch Tierschutz seien entscheidend, sprach sich Josef Hechenberger (ÖVP) für eine weitere Diskussion des Themas aus. Der Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und NEOS ebenso vertagt wie eine weitere wieder aufgenommene Forderung der Freiheitlichen. Darin setzt sich die FPÖ für den Erhalt des Gebrauchshundesports in Österreich ein, da dieser einen Beitrag zu mehr Sicherheit, Tierwohl und Tierschutz leiste (197/A(E)). Durch eine Neuregelung der Vorgaben für die tierschutzkonforme Hundeausbildung sei die Ausübung des internationalen Gebrauchshundesports de facto verboten worden, wird im Antrag kritisiert.
Grüne: Sondermessprogramm zu TFA-Rückständen in Lebensmitteln
Die in den letzten Jahren immer drängender werdende Datenlage zu den gesundheitsschädlichen Auswirkungen von TFA (Trifluoressigsäure bzw. ihr Salz Trifluoracetat) und den steigenden Rückständen in der Umwelt thematisiert Olga Voglauer (Grüne) in einem Entschließungsantrag (308/A(E)). Der ehemalige Gesundheitsminister Johannes Rauch habe 2024 ein Sondermessprogramm zu Rückständen dieses Abbauprodukts zahlreicher PFAS-Pestizide (sogenannte Ewigkeits-Pestizide) im Trinkwasser in die Wege geleitet. Auch durch Messungen der Umweltschutzorganisation Global 2000 sei klar geworden, wie hoch die Rückstände in Lebens- und Genussmitteln potenziell sein können. Daher brauche es nach Ansicht der Grünen ein rasches Verbot von PFAS-Pestiziden und ähnlicher Substanzen sowie die Durchführung eines umfassenden Sondermessprogramms zu TFA-Rückständen in Lebensmitteln.
Die Prüfung von TFA im Wasser sei bereits durch das Wassermonitoring abgedeckt, erklärte Fiona Fiedler (NEOS). Eine Prüfung in Lebensmitteln sei aufgrund des beträchtlichen Ressourcenaufwands aber derzeit nicht umsetzbar. Der Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und NEOS vertagt.
Grüne fordern Anerkennung des Parkinson-Syndroms als Berufskrankheit
Die Grüne-Abgeordneten Olga Voglauer und Ralph Schallmeiner machen in einem Initiativantrag darauf aufmerksam, dass in Ländern wie Frankreich und Italien das Parkinson-Syndrom schon länger als "eine durch Pestizide verursachte Berufskrankheit bei Landwirt:innen" anerkannt sei (297/A). Sie fordern daher, Parkinson ebenfalls als Berufskrankheit für Bäuerinnen und Bauern in Österreich anzuerkennen und dazu eine praxistaugliche und unbürokratische Regelung zu treffen. Laut Umweltmediziner Hans-Peter Hutter seien in Österreich derzeit 25.000 Menschen an Morbus Parkinson erkrankt, wobei 800 bis 1.000 Landwirt:innen betroffen sein sollen. Die wissenschaftliche Evidenz für die Anerkennung einer Berufskrankheit "Parkinson-Syndrom durch Pestizide" sei mit der Empfehlung des deutschen "Ärztlichen Sachverständigenbeirats Berufskrankheiten" jedenfalls gegeben, wird im Antrag argumentiert. Betroffene würden in Österreich keine Hilfe erhalten und es werde "nicht einmal" darüber aufgeklärt, dass der Pestizideinsatz zu solchen Krankheiten führen könne, kritisierte Voglauer im Ausschuss.
Es sei nicht angedacht, die Berufskrankheitenliste "aufzumachen", es gebe aber eventuell bereits schon jetzt Möglichkeiten, Parkinson anzuerkennen, dies müsse aber noch geprüft werden, erläuterte Michael Seemayer (SPÖ).
Eine reine Aufnahme von Parkinson in die Berufskrankheitenliste würde die Probleme der Betroffenen nicht lösen, zeigte Fiona Fiedler (NEOS) sich kritisch. Der Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und NEOS vertagt. (Schluss Gesundheitsausschuss) pst
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