• 09.10.2025, 20:36:02
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  • OTS0188

EU-Rezept und EU-Patientenakte: Rechtsgrundlagen für grenzüberschreitende Gesundheitsanwendungen im Ausschuss beschlossen

Voraussetzungen für Umsetzung des europäischen Gesundheitsdatenraums ab 2029 geschaffen

Wien (PK) - 

Die rechtlichen und technischen Vorbereitungen für den Europäischen Gesundheitsdatenraum standen im Mittelpunkt eines Gesetzesbeschlusses, der heute mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und NEOS im zuständigen Fachausschuss erfolgt ist. Im Konkreten sollen durch Änderungen im Gesundheitstelematikgesetz und im ASVG die Rechtsgrundlagen für einen vereinfachten Zugang zu Arzneimitteln in der EU (EU-Rezept) sowie den Abruf von sogenannten Patientenkurzakten geschaffen werden. Umgesetzt werden soll dies unter anderem durch die Einrichtung einer nationalen Kontaktstelle für digitale Gesundheit sowie die Anbindung Österreichs an die bestehende unionsweite Infrastruktur MyHealth@EU.

Diese Vorgaben werden jedoch erst mit Anwendbarkeit der entsprechenden EU-Verordnung im März 2029 verpflichtend, weshalb es sich um keinen Umsetzungsrechtsakt, sondern um einen "rein inhaltlichen Vorgriff" handelt, ist der Begründung eines im Laufe der Sitzung eingebrachten Äbänderungsantrags zu entnehmen. Als Grund dafür wird eine nur noch jetzt mögliche Kofinanzierung mit Mitteln der EU-Kommission aus dem Förderprogramm "EU4Health" genannt.

Die Grünen "würden gerne zustimmen, können aber nicht", erklärte Ralph Schallmeiner, der als Grund dafür die späte Übermittlung des 53 Seiten umfassenden gesamtändernden Abänderungsantrags anführte. Die Freiheitlichen sprachen sich grundsätzlich gegen einen europaweiten Austausch von Gesundheitsdaten aus.

Staatsekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig war überzeugt davon, dass man ohne eine verstärkte Digitalisierung im Gesundheitswesen nicht auskommen werde. Auch die vorliegende Novelle, die eine Vorbereitung auf den Europäischen Raum für Gesundheitsdaten (EHDS) sei, leiste einen Beitrag dazu und werde einen großen Nutzen für die Patient:innen bringen. Da es sich um sehr sensible Daten handle, werde auf Datensicherheit größter Wert gelegt, versicherte sie.

Ferner stand eine Reihe von oppositionellen Entschließungsanträgen auf der Tagesordnung, die allesamt vertagt wurden. Die Freiheitlichen gaben unter anderem zu bedenken, dass Telemedizin kein Ersatz für die medizinische Versorgung vor Ort sein könne. Sie stellten auch erneut die Forderung auf, eine Opt-out-Möglichkeit beim elektronischen Impfpass zu ermöglichen. Außerdem lehnte die FPÖ die Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IHR) sowie den WHO-Pandemievertrag ab und verwehrte sich auch dagegen, noch mehr Steuergeld für nicht benötigte COVID-19-Impfstoffe auszugeben. Die Grünen wiederum drängten auf die Ausarbeitung eines neuen und modernen Epidemiegesetzes.

Grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung soll erleichtert werden

Durch den von ÖVP, SPÖ und NEOS eingebrachten gesamtändernden Abänderungsantrag sollen im Gesundheitstelematikgesetz sozialversicherungsrechtlich relevante Bestimmungen zum EU-Rezept und zur EU-Patientenkurzakte verankert werden, ist dem Entwurf zu entnehmen. Hintergrund dieser Bestimmungen sei - neben den Aspekten der Behandlungskontinuität und der Sicherheit für die Patient:innen - die Fälschungssicherheit von in Österreich ausgestellten EU-Rezepten sowie der Abbau bürokratischer Hürden. Außerdem soll der Prozess der Kostenerstattung von im Ausland eingelösten Verschreibungen erleichtert werden. Durch die EU-Patientenkurzakte werde zudem die Anamnese durch die Gesundheitsdiensteanbieter bei der Behandlung von Patient:innen anderer Herkunftsstaaten erleichtert.

Die einzurichtende nationale Kontaktstelle soll als zentrale Datendrehscheibe im Bereich der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung dienen. Sie knüpft dabei an die etablierte ELGA-Infrastruktur an.

FPÖ sieht vor allem den Schutz der Gesundheitsdaten in Gefahr

Der Europäische Raum für Gesundheitsdaten (EHDS) sei ein zentraler Eckpfeiler der europäischen Gesundheitsunion, erläuterte SPÖ-Abgeordneter Rudolf Silvan. Ziel sei es vor allem, eine bessere grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Dazu dienen auch die Regelungen für das EU-Rezept und die EU-Patientenkurzakte, die aber erst ab 2029 verpflichtend anzuwenden sind. Damit werde auch der erste gemeinsame EU-Datenraum in einem spezifischen Bereich verwirklicht, hob Silvan hervor.

Mit dem heutigen Beschluss werde die Rechtsbasis und die technischen Vorbereitungen für den Europäischen Gesundheitsraum geschaffen, ergänzte Fiona Fiedler (NEOS). Es sei auch nicht schlecht, wenn Österreich einmal in einem Bereich ein Vorreiter sei.

Dieser Aussage schloss sich auch Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP) an, die auf die Vorteile des EU-Rezepts und der EU-Patientenkurzakte näher einging. Es liege nicht nur im Interesse von Senior:innen, die sich öfters im Ausland aufhalten, sondern im Interesse aller Menschen, wichtige Arzneimittel ohne Sprachbarrieren beziehen zu können.

Massive Kritik an der Vorgangsweise übte Christoph Steiner von der FPÖ, da kurzfristig ein umfangreicher Abänderungsantrag eingebracht wurde, obwohl die Bestimmungen erst ab 2029 gelten sollen. Er bezeichnete das als "vorauseilenden Gehorsam" und als "gefährliches Spiel mit den intimsten Daten der Bevölkerung. Außerdem habe sich Österreich schon in der Vergangenheit nicht als "Digitalisierungsweltmeister" hervorgetan, wenn man etwa an das "Kaufhaus Österreich" oder an das digitale Amt denke. In Bezug auf den Datenschutz habe es im Vorfeld auch schon viel Kritik an den Bestimmungen gegeben, merkte sein Fraktionskollege Gerhard Kaniak an. Er befürchtete zudem, dass die bereits bestehenden Probleme mit europäischen Internetrezepten noch zunehmen könnten.

Der ursprünglich vorliegende Initiativantrag (413/A) der Regierungsfraktionen enthielt nur kleinere Änderungen. So soll etwa die Frist, wonach der Dachverband der Sozialversicherungsträger die Funktionen des Zugangsportals von ELGA bereitzustellen und zu betreiben hat, um ein Jahr, also bis 31. Dezember 2026, verlängert werden. Weiters wird klargestellt, dass Einrichtungen für Menschen mit Behinderung nicht in die Kategorie "ELGA-Gesundheitsdiensteanbieter" fallen. Aufgenommen werden hingegen die mobilen Pflegedienste in den Ländern. Um diesen Einrichtungen eine ausreichende Vorbereitungszeit für die Anbindung an ELGA zu geben, soll der Beginn der Speicherverpflichtung um ein Jahr verschoben werden. Der Initiativantrag wurde schließlich in der Fassung eines von den Regierungsfraktionen vorgelegten gesamtändernden Abänderungsantrags mit ÖVP-SPÖ-NEOS-Mehrheit angenommen.

FPÖ: Telemedizin ist kein Ersatz für Versorgung vor Ort

Die Bundesregierung plane, die Gesundheitsnummer 1450 zu einem zentralen Steuerungsinstrument im österreichischen Gesundheitssystem auszubauen, einschließlich telemedizinischer Erstberatung und digitaler Terminvergabe, zeigt Abgeordneter Gerhard Kaniak (FPÖ) in einem Entschließungsantrag seiner Fraktion auf (370/A(E)). Er gibt jedoch zu bedenken, dass dieses Vorhaben im Hinblick auf die medizinische Versorgungssicherheit, die freie Arztwahl und die notwendige Transparenz erhebliche Herausforderungen mit sich bringe.

Aus seiner Sicht müsste jedenfalls gewährleistet werden, dass telemedizinische Angebote im Rahmen von 1450 ausschließlich subsidiär zur wohnortnahen Versorgung angeboten würden und nicht zu deren Ersatz führten. Kaniak plädierte weiters dafür, die Kriterien und Richtlinien für die Zuteilung von Terminen öffentlich zugänglich zu machen sowie ein öffentlich einsehbares Wartezeitenregister bereitzustellen. Außerdem warnte er vor der Schaffung von Parallelstrukturen im Bereich der Telemedizin.

Telemedizin könne nie ein Ersatz für die medizinische Versorgung vor Ort sein, betonte auch Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ). Insbesondere für ältere Menschen am Land oder für Personen mit Einschränkungen sei es wichtig, dass sie sich persönlich an ihren Hausarzt bzw. Hausärztin wenden könnten. In den letzten Jahren sei es ohnehin mit dem Gesundheitssystem bergab gegangen, kritisierte Wurm, man sei mittlerweile mit einer Drei-Klassen-Medizin konfrontiert. Auch die FPÖ-Abgeordneten Marie-Christine Giuliani-Sterrer und Katayun Pracher-Hilander sahen die Telemedizin kritisch und führten mögliche Kommunikationsprobleme oder gefährliche Fehldiagnosen ins Treffen.

Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) unterstrich, dass Telemedizin eine sehr wertvolle Funktion haben könne, aber immer als Ergänzung gedacht war. Derzeit befasse sich eine Arbeitsgruppe damit, wie die Hotline 1450 auf gute Beine gestellt werden könne. Ergebnisse sollten bis Ende 2026 vorliegen. In der Steiermark funktioniere sie schon recht gut, berichtete Bogner-Strauß, so seien beispielsweise auch Kinderfachärzt:innen zu manchen Zeiten erreichbar. Das österreichische Gesundheitssystem sei grundsätzlich gut und sollte nicht schlecht geredet werden, konstatierte Angela Baumgartner (ÖVP). Es komme teilweise an seine Grenzen, da heutzutage die Menschen die Services viel intensiver nutzen würden.

Die Hotline müsse in allen Bundesländern gut aufgestellt sein, entgegnete Ralph Schallmeiner (Grüne), der sich auch eine Übernahme der Aufgaben durch den Bund vorstellen konnte. Generell müsse Telemedizin breiter gedacht werden. Auch sollte man sich an gut funktionierenden internationalen Modellen orientieren, wie etwa an jenen in der Schweiz oder in Taiwan.

Das Gesundheitssystem habe sich vor allem unter der freiheitlichen Ministerin Hartinger-Klein deutlich verschlechtert, hielt Mario Lindner (SPÖ) dem FPÖ-Abgeordneten Wurm entgegen. Aus der versprochenen "Patientenmilliarde" sei ein Minus in gleicher Höhe geworden.

Fiona Fiedler (NEOS) machte darauf aufmerksam, dass gerade die Hotline 1450 auch dafür da sein, um Termine bei Ärzt:innen zu vereinbaren. Telemedizin sei immer als zusätzliches Service und nie als Ersatz für Gesundheitsleistungen verstanden worden.

FPÖ will Opt-out-Möglichkeit beim elektronischen Impfpass rechtlich verankern

Die Einführung des e-Impfpasses sei von Anfang an mit einem "Geburtsfehler" behaftet gewesen, nämlich der fehlenden Opt-out-Möglichkeit, stellte Abgeordneter Gerhard Kaniak (FPÖ) zum wiederholten Male kritisch fest. Er könne nicht nachvollziehen, warum dafür ein "eigener Datensilo" geschaffen und die Agenden beim Ministerium angesiedelt worden seien. Auf Basis eines Entschließungsantrags plädierte er daher erneut für eine vollständige und technisch sichere Integrierung des e-Impfpasses in die bestehende elektronische Gesundheitsakte (ELGA), sodass die gleichen datenschutzrechtlichen, sicherheitsbezogenen und patientenrechtlichen Standards gelten würden (358/A(E)).

Alles, was digitial sei, sei nicht sicher, argumentierte Peter Wurm (FPÖ), der auf aktuelle Vorkommnisse bei Flughäfen verwies. Es müsse auch immer einen analogen Zugang zu Gesundheitsdaten geben.

Im Sinne einer guten Gesundheitsplanung sei es wichtig, über ein Impfregister zu verfügen, urteilte Ralph Schallmeiner (Grüne). Er würde sich daher auch einen Ausbau des e-Impfpasses wünschen, wie z.B. die Einrichtung einer Erinnerungsfunktion.

Mario Lindner (SPÖ) hielt es für gescheit, dass es beim e-Impfpass keine Opt-out-Möglichkeit gibt, da man bei den Impfungen eine valide Datenlage brauche.

Staatsekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig führte gegenüber FPÖ-Mandatar Peter Wurm aus, dass die Bezirkshauptmannschaft Gesundheitsbehörde erster Instanz sei und somit einen - sehr eingeschränkten - Zugriff auf Gesundheitsdaten habe.

FPÖ lehnt Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften und WHO-Pandemievertrag ab

Bei der Debatte über den Entschließungsantrag der FPÖ betreffend "Nein zum WHO-Pandemievertrag", stellte Abgeordnete Marie-Christine Giuliani-Sterrer mit Bedauern fest, dass die österreichische Regierung diesen Vertrag bei der 78. Generalversammlung nicht verhindert habe. Damit würde die "Global Health Security Doktrin", die infektiöse Krankheiten zunehmend als Bedrohung nationaler Sicherheit einstufe und eine Reihe von Überwachungs- und Kontrollmechanismen vorsehe, weiter fortgeschrieben. Kritisch wird im Antrag auch vermerkt, dass damit die WHO-Bürokratie weiter aufgebläht, problematische Doppelstrukturen etabliert und dass die Entscheidungen der WHO keiner gerichtlichen oder sonstigen Kontrolle unterliegen würden. Bis zur nächsten Sitzung im Frühjahr 2026 bestünde aber noch ein Zeitfenster, da das Abkommen, das in Verbindung mit den neuen Internationalen Gesundheits-vorschriften stehe, noch nicht ratifiziert sei, merkte Giuliani-Sterrer an (256/A(E)).

Eine gänzlich andere Meinung vertrat Fiona Fiedler (NEOS), die von einem "freiwilligen Gerüst" sprach. Gerade in der Pandemie habe man gesehen, wie wichtig die internationale Zusammenarbeit in diesem Bereich sei.

Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig informierte darüber, dass Österreich in Bezug auf die im Juni 2024 beschlossenen "Internationalen Gesundheitsvorschriften" (IHR) einen rechtswahrenden Einspruch zur Sicherstellung eines verfassungskonformen Vorgehens eingebracht habe. Sie versicherte den Ausschussmitgliedern, dass die IHR zu einem späteren Zeitpunkt in Form eines Staatsvertrags dem Parlament zugeleitet werden.

FPÖ will kein Steuergeld mehr für nicht benötigte COVID-19-Impfstoffe ausgeben

In den vergangenen Jahren habe Österreich über das gemeinsame Beschaffungsprogramm der EU große Mengen an COVID-19-Impfstoffen angekauft, die teilweise gar nicht benötigt worden seien, heißt es in einem Entschließungsantrag der Freiheitlichen (481/A(E)). Im Konkreten seien bereits mehr als 18 Millionen Dosen im Wert von rund 300 Mio. Ꞓ vernichtet bzw. weitere zehn Millionen Dosen an das Ausland verschenkt worden, zeigte Abgeordneter Harald Schuh (FPÖ) auf. Obwohl noch viele Stück auf Lager liegen würden, seien auch im aktuellen Budget weitere 44 Mio. Ꞓ dafür budgetiert. Gleichzeitig seien seit Anfang des Jahres nur rund 10.435 Corona-Impfungen in die elektronischen Impfpässe eingetragen worden. Im Sinne eines sparsamen, wirtschaftlichen und zweckmäßigen Umgangs mit öffentlichen Mitteln gelte es, jetzt unverzüglich Verhandlungen aufzunehmen, um eine sinnvolle und nachhaltige Korrektur der Abnahmeverpflichtungen zu erreichen, urgierte Schuh.

Grüne: Epidemiegesetz muss dringend überarbeitet werden

Die Corona-Pandemie habe mehr als deutlich aufgezeigt, dass das österreichische Gesundheitswesen auf eine derartige Bedrohung unzureichend vorbereitet gewesen sei, ruf der Gesundheitssprecher der Grünen Ralph Schallmeiner in Erinnerung (493/A(E)). Der Kern des derzeit geltenden Epidemiegesetzes (EpiG) stamme noch immer aus dem Jahr 1913 und sei für lokal begrenzte Krankheitsausbrüche konzipiert worden. Außerdem musste das Gesetz während der Pandemie 27 Mal novelliert werden, führte Schallmeiner ins Treffen. Er schlägt daher vor, dass auf Basis des bereits vorliegenden umfassenden Entwurfs eine breite Diskussion über die Weiterentwicklung der Gesetzesmaterie eingeleitet werde. (Fortsetzung Gesundheitsausschuss) sue


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