• 09.10.2025, 17:31:33
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  • OTS0182

Bundesrat besiegelt Verschärfung des Waffengesetzes

Breite Mehrheit auch für Umsetzung von EU-Richtlinie zum Schutz kritischer Infrastruktur

Wien (PK) - 

Der Bundesrat sprach sich heute in namentlicher Abstimmung mit breiter Mehrheit für die Waffengesetznovelle aus, die die Koalition in Reaktion auf den Amoklauf von Graz im Juni dieses Jahres vorgelegt hat. Damit wird unter anderem das Mindestalter für den Besitz von Schusswaffen angehoben - bei Kategorie B-Waffen von 21 auf 25 Jahre, bei Waffen der Kategorie C von 18 auf 21 Jahre. Außerdem befürwortete die Länderkammer einen Antrag der Koalitionsparteien, der begleitende Änderungen im Pyrotechnik- und im Schusswaffenkennzeichnungsgesetz enthält.

Vier von den Grünen im Zuge der Debatte eingebrachte Entschließungsanträge blieben in der Minderheit. Darin zielen sie zur Prävention impulsiver Gewalt auf strengere Richtlinien für die Verwahrung von Waffen in Privathaushalten, auf die Schaffung eines Rückgabeprogramms für illegale Waffen, auf die Einführung regelmäßiger psychologischer Überprüfungen, die auch bekannte Risikofaktoren für häusliche Gewalt erfassen sollen, sowie auf verpflichtende psychologische Gutachten für alle Waffenbesitzer - auch Jäger:innen - ab.

Darüber hinaus stimmten die Bundesrät:innen mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit für ein neues Gesetz zum besseren Schutz zentraler Infrastrukturen vor physischen Bedrohungen. Keine Mehrheit erhielt hingegen ein Entschließungsantrag der Grünen, mit dem sie eine umfassende, nationale Drohnenschutz-Strategie für Österreich fordern.

Intensive Debatte über Novelle des Waffengesetzes

Mit den neuen Regelungen im Waffengesetz wird - neben der Anhebung des Mindestalters - für den Erwerb von Waffen der Kategorie C künftig eine Waffenbesitzkarte oder ein Waffenpass erforderlich sein. Vorgesehen sind zudem klinisch-psychologische Gutachten nicht nur bei Erstantrag, sondern auch nach einer fünfjährigen Probephase, verpflichtende Explorationsgespräche sowie regelmäßige Überprüfungen der Zuverlässigkeit. Auch eine Verlängerung der "Abkühlphase" beim Erwerb von Schusswaffen auf vier Wochen und ein verbesserter Datenaustausch zwischen Behörden sind vorgesehen.

Die Novelle enthält zudem strengere Vorgaben zur Bekämpfung des illegalen Waffenhandels, beim Verkauf und Verleih sowie bei Waffenverboten und Strafdrohungen. Nach dem Begutachtungsverfahren wurden unter anderem Ausnahmen für Jägerinnen und Jäger, Sportschützen, Vereine und Ausbildungszwecke spezifiziert, gleichzeitig weitere Verschärfungen bei Waffenverboten und Munitionserwerb vorgenommen. Klärungen wurden im Nationalrat noch bei den Ausnahmeregelungen für die Jägerschaft, Sportschützen und Sportschützinnen, Schützenvereine und Berufssoldat:innen bezüglich der Mindestalter vorgenommen und diese Ausnahmen auch auf Offiziere und Unteroffiziere der Miliz ausgeweitet. Zudem sind weitere Verschärfungen für die Verhängung von Waffenverboten in sozialen Nahräumen vorgesehen.

Mit begleitenden Änderungen im Pyrotechnikgesetz sollen Schreckschusswaffenregelungen künftig auch für Abschussgeräte pyrotechnischer Signalpatronen gelten. Minderjährige oder Personen mit Waffenverbot sollen diese binnen sechs Monaten Berechtigten überlassen müssen. Im Schusswaffenkennzeichnungsgesetz soll die Kennzeichnungspflicht auf wesentliche Einzelteile von Schusswaffen ausgeweitet werden. Auch Schusswaffen bzw. wesentliche Bestandteile von Schusswaffen, die seit dem 14. September 2018 erworben wurden, sollen von der Regelung erfasst werden. Den Betroffenen soll für die Kennzeichnung eine Frist von sechs Monaten ab Inkrafttreten des Gesetzes gewährt werden.

Staatssekretär Jörg Leichtfried erachtete die Novelle als sehr gut gelungen, zumal der Fokus auf Prävention gelegt werde. Man verschließe damit nicht die Tür für legalen Waffenbesitz, aber gebe den Schlüssel jenen in die Hand, die verantwortungsbewusst damit umgehen. 80 % der Bevölkerung würde Verschärfungen wollen, so Leichtfried, der auch an die FPÖ appellierte, die Gesetzesänderungen mitzutragen.

Aus Sicht von Ernest Schwindsackl (ÖVP/St) ist es nicht nachvollziehbar, dass die FPÖ nicht zustimme. Die Bundesregierung habe mit der Novelle schnellstmöglich reagiert, diese werde der Bevölkerung die bestmögliche Sicherheit bringen. Das Gesetz sei ein Schutzschild für Kinder, Familien und die Gesellschaft, zeigte sich Christine Schwarz-Fuchs (ÖVP/V) überzeugt. Das Attentat in Graz habe gezeigt, dass bestehende Lücken zu schließen seien, was nunmehr getan werde. In Richtung FPÖ meinte sie, dass man sehr wohl auch gegen illegale Waffen vorgehe. Aber beispielsweise zwei Drittel aller Frauenmorde in Österreich würden mit legalen Waffen begangen. Ziel sei nicht eine Einschränkung, sondern der Schutz, ohne das Recht ehrlicher Bürger:innen zu beschneiden.

Dominik Reisinger (SPÖ/O) wies darauf hin, dass es kaum ein Land mit so vielen Waffen gebe wie Österreich. Mehr Waffen würden aber mehr Risiko und mehr Gewalt bedeuten, daher würde heute die Verschärfung des Waffengesetzes beschlossen. Zugleich lasse man die Tür für den legalen Erwerb offen. "Absurd" finde er, dass die FPÖ die Waffenfrage mit der Freiheitsfrage verbinde. Je mehr Waffen es gebe, desto weniger Sicherheit habe die Bevölkerung, meinte auch Bernadette Kerschler (SPÖ/St). Mit den Verschärfungen sorge man für mehr Sicherheit im Land. Es seien aber auch zusätzliche Maßnahmen gegen Illegalität enthalten, betonte sie. Zudem werde der Datenaustausch den Behörden endlich ermöglicht. Es gebe kein Grundrecht auf Waffen, aber ein Grundrecht auf Sicherheit, hielt Verena Schweiger (SPÖ/W) fest. Der FPÖ warf sie "reinen Populismus" vor.

Die Novelle sei eine Reaktion auf die Lücken, die das Attentat in Graz sichtbar gemacht habe, so Julia Deutsch (NEOS/W). Waffenbesitz dürfe für Personen, die eine mögliche Gefahr für die Mitmenschen darstellen, nicht möglich sein. Umgekehrt habe, wer verantwortungsvoll mit Waffen umgehe, nichts zu befürchten.

"Gesetzestreue Bürger unter Generalverdacht" gestellt sieht demgegenüber Sandra Jäckel (FPÖ/V). Es gelte vielmehr, entschlossen gegen illegalen Waffenhandel vorzugehen. Dass nun endlich der Datenaustausch zwischen den Behörden ermöglicht werde, sei ein Schritt in die richtige Richtung, der aber zu spät komme. Darüber hinaus sieht sie etwa die Altersgrenzen "willkürlich verschoben", "reine Symbolpolitik" und weniger Sicherheit mit mehr Kontrollen "der Falschen". Vielmehr orte sie betreffend Kriminalität importierte Probleme durch verfehlte Migrationspolitik. Auch Werner Gradwohl (FPÖ/St) gab zu bedenken, dass der illegale Waffenhandel weltweit den Drogenhandel übertreffe. Die Bundesregierung würde stattdessen "rechtschaffene Bürger schikanieren", indem sie den Zugang zu legalen Waffen erschwere. Die Sicherheit der eigenen Bevölkerung müsse im Vordergrund stehen und illegaler Waffenhandel bekämpft werden, so Gradwohl. Auch Herbert Kober (FPÖ/St) meinte, das Problem seien nicht legale Waffen, sondern illegale Waffen, die über offene Grenzen importiert würden. Eine maßvolle Verschärfung hätte er mitgetragen, so Andreas Arthur Spanring (FPÖ/N). Er sehe hier aber "reine Symbolpolitik" und negative Folgen für rechtschaffene Bürger. "Bewaffnete Bürger erhöhen das Berufsrisiko von Kriminellen", zeigte er sich überzeugt. Nunmehr werde aber den Menschen verboten, sich und ihr Zuhause und ihre Familien zu schützen. Die Zahlen würden außerdem zeigen, dass es keinen Zusammenhang zwischen einem Mehr an legalen Waffen und mehr Gewalt gebe.

Elisabeth Kittl (Grüne/W) meinte demgegenüber, dass 75 % der Bevölkerung ein vollständiges Waffenverbot für Private wollen, zumal Waffen nicht Sicherheit, sondern Unsicherheit fördern würden. Jede Waffe sei eine Gefahrenquelle zu viel. Aus ihrer Sicht sollte eine Schusswaffe zumindest bei jeglichem Gewaltdelikt entzogen werden und es für alle Waffenbesitzer:innen regelmäßige Tests geben. Für die psychologischen Tests für Jäger:innen sprach sie sich für eine unbegrenzte Rückwirkung aus. Die Bundesregierung dürfe sich nicht mit den Minimalanforderungen zufrieden geben, so Simone Jagl (Grüne/N). Die Grünen seien der Meinung, es brauche "statt Freiheit für Waffen die Freiheit von Waffen". Die sichere Verwahrung von Waffen wäre aus ihrer Sicht in vielerlei Hinsicht wichtig, etwa im Hinblick auf Suizidgefährdung.

Verbesserung der Resilienz kritischer Einrichtungen

Das "Resilienz kritischer Einrichtungen-Gesetz" (RKEG) dient der innerstaatlichen Umsetzung einer EU-Richtlinie, die angesichts zunehmender grenzüberschreitender Abhängigkeiten und Risiken europaweit einheitliche Mindeststandards für jene Einrichtungen vorsieht, die im Binnenmarkt unerlässliche Dienste erbringen. Darin vorgesehen ist auch, dass der Nationalrat jährlich einen Bericht über die ergriffenen Aufsichts- und Durchsetzungsmaßnahmen des Innenressorts sowie über eingetretene Sicherheitsvorfälle erhalten soll.

Betroffen vom Gesetz sind insgesamt elf Sektoren, dazu gehören etwa der Energiesektor, der öffentliche Verkehr, die Finanzwirtschaft, die Lebensmittelversorgung, die Telekommunikation und der Gesundheitsbereich. Dem Innenminister soll die Erarbeitung einer nationalen Strategie zur Verbesserung der Resilienz kritischer Einrichtungen wie auch einer nationalen Risikoanalyse obliegen, auf deren Basis die jeweils durch Bescheid ermittelten kritischen Einrichtungen eigenständige Risikoanalysen durchzuführen haben.

Kritik an dem Gesetz kam von der FPÖ. Günter Pröller (FPÖ/O) ortet ein "neues Bürokratiemonster", das wettbewerbsschädlich sei und das am Ende Unternehmen und Konsument:innen bezahlen müssten. Die kritische Infrastruktur gelte es zu schützen, aber hier erfolge ein weiterer Schritt in Richtung Überwachung. Darüber hinaus wisse niemand, welche Unternehmen tatsächlich betroffen seien.

IT-Systeme seien alle miteinander vernetzt, so Harald Himmer (ÖVP/W). Daher könne nicht ein einzelnes Unternehmen geschützt werden, sondern es benötige Zusammenarbeit. Es gebe Schätzungen, dass 400 bis 600 wichtige Unternehmen betroffen sein werden, diese sollen auch eingebunden werden. Es gelte, das Rückgrat des Landes abzusichern, daher sei es wichtig, die Rahmenbedingungen für Resilienz zu schaffen, so Ferdinand Tiefnig (ÖVP/O).

Das Gesetz schütze "zentrale Lebensadern der Republik", so Daniel Schmid (SPÖ/T). Die Zahl der Cyberangriffe habe sich in den letzten zehn Jahren versechsfacht, gab er zu bedenken. Genau die Vorsorge schütze die Wirtschaft und die Bevölkerung vor Milliardenschäden. Es gehe hier außerdem nicht um kleine Betriebe, sondern um zentrale Akteure der Republik. Gegenüber den Grünen, die eine Strategie gegen Drohnenangriffe forderten, versicherte er, dass die Bundesregierung bereits daran arbeite. Gabriele Kolar (SPÖ/St) berichtete von einem längeren Stromausfall an ihrem Wohnort und hielt fest, dass entsprechende Maßnahmenpläne und dieses Gesetz sehr wichtig seien.

Man sehe in letzter Zeit, wie verwundbar Europa geworden sei, meinte Julia Deutsch (NEOS/W). Die Verwundbarkeit und Resilienz werde auf die Probe gestellt. Was schütze, sei eben die Vorbereitung.

Das Ziel sei, sicherzustellen, dass die lebenswichtigen Systeme auch im Krisenfall funktionieren, so Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne/O). Früher sei nur der Terrorismus im Fokus gestanden, heute gelte es, weiter zu denken, wie etwa an Naturereignisse oder Sabotage bis hin zu hybriden Bedrohungen. (Fortsetzung Bundesrat) mbu

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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