- 09.10.2025, 14:41:32
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Bundesrat debattiert über Strategie zur Stärkung des finanziellen Wissens in der Bevölkerung
Staatssekretärin Eibinger-Miedl stellt Schwerpunkte der neuen Finanzbildungsstrategie ab 2027 vor
Mit einer Aktuellen Stunde unter dem Titel "Finanzbildung ist Zukunftsbildung - für einen wettbewerbsfähigen Standort" setzte nach der Erklärung des steirischen Landeshauptmannes der Bundesrat seine heutige Sitzung fort. Unter Finanzbildung versteht man das Vermitteln von Finanzwissen. Staatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl führte die geplanten Schwerpunkte der österreichischen Finanzbildungsstrategie aus, die 2027 die bisherige Strategie ablösen soll. Die Bekanntheit des Beratungsinstruments Finanznavi solle erweitert werden und ein besonderer Schwerpunkt auf der Finanzbildung von Frauen gelegt werden.
Eibinger-Miedl: Österreich ist Vorreiter bei Finanzbildung
Das Thema "Finanzbildung" sei ihr ein "Herzensanliegen", betonte Staatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl. Die Vermittlung von Finanzwissen stelle sicher, dass Bürger:innen bessere finanzielle Entscheidungen treffen können. Wenn die Menschen des Landes es verstehen, gut zu investieren und ihr Geld zu veranlagen, helfe das auch dem Wirtschaftsstandort. Derzeit seien rund 70 % der Ersparnisse der Österreicher:innen in Form von Bankeinlagen und nur 30 % am Kapitalmarkt veranlagt. Österreich habe hier also noch Aufholbedarf, was Veranlagungen betrifft.
In der Vorwoche habe die EU eine europäische Finanzbildungsstrategie vorgestellt, die Finanzbildung als Schlüsselkompetenz definiere. Österreich sei bei dem Thema Finanzbildung Vorreiter in Europa. Bereits 2021 sei eine umfassende österreichischen Finanzbildungsstragie umgesetzt worden, die noch bis 2026 laufe. Sie strebe an, zeitgerecht die Nachfolgestrategie erarbeiten zu lassen, die ab 2027 umgesetzt werden solle.
Als zentral für den Erfolg der Strategie wertete Eibinger-Miedl die Kooperation der beteiligten Institutionen und die Bündelung der Maßnahmen. Der Bund bearbeite mit dem Finanzbildungsrat das Thema ressortübergreifend. Federführend sei das Finanzministerium, der Ko-Vorsitz werde von der Nationalbank gestellt. Das Bundeskanzleramt bringe die Jugendagenden ein, zudem seien das Bildungs- und das Sozialministerium wichtige Partner. Im Mai sei auch das Frauen- und Wissenschaftsministerium in den Rat aufgenommen worden.
Ein weiterer Punkt sei für sie, die Sicherung der Qualität der Beratung sicherzustellen. Ein zentraler Erfolgsfaktor der Strategie ist für die Staatssekretärin das Beratungsinstrument Finanznavi, das noch erweitert werden solle. Bereits jetzt erreiche man damit täglich viele Menschen, darunter viele Jugendliche.
Ein Schwerpunkt der neuen Finanzbildungsstrategie solle das Thema Alters- und Zukunftsvorsorge sein, führte die Staatssekretärin aus. Weiters wolle sie die Kapitalmarktkompetenz und den sichere Umgang mit Finanzen im digitalen Raum stärken. Ein besonderes Anliegen sei ihr, mit der neuen Strategie Mädchen und Frauen noch stärker zu unterstützen. Zudem wolle sie das Thema Finanzbildung stärker in die Länder und Regionen bringen.
SPÖ: Finanzbildung stärkt politisches Verständnis der Bürger:innen
Die Stärkung des Finanzwissens der Bevölkerung sei von großer Bedeutung, meinte der niederösterreichische SPÖ-Bundesrat Martin Peterl (SPÖ/N) Das Finaznavi sei im diesem Zusammenhang ein Leuchtturmprojekt . Die aktuelle Bundesregierung und der Finanzminister müssten in Ordnung bringen, was frühere Regierungen ihr hinterlassen hätten. Die SPÖ stehe für ehrliche Konsolidierung und dafür, keine falschen Versprechen zu machen. Finanzbildung helfe den Bürger:innen auch, unhaltbare populistische Versprechungen zu durchschauen.
Finanzbildung umfasse aus seiner Sicht auch das Verständnis dafür, wie die Politik mit dem Geld der Bürger:innen umgeht, sagte Christian Fischer (SPÖ/N). Fischer kritisierte die Politik der Vorgängerregierungen scharf, die das Budget "aus dem Ruder laufen" habe lassen. Aus Sicht der Sozialdemokrat:innen müssten Großkonzerne, Banken und Energieunternehmen, die in der Krise große Gewinne gemacht hätten, steuerlich weit stärker in die Verantwortung genommen und auch über eine "Reichensteuer" nachgedacht werden. Nicht zufrieden sei er mit den jüngsten Pensionsanschlüssen, betonte der SPÖ-Bundesrat. Man müsse weiter über mehr Fairness im Pensionssystem nachdenken. Fischer wies auch auf den immer enger werdenden finanziellen Handlungsspielraum vieler Gemeinden hin und forderte Abhilfe.
ÖVP: Finanzbildung ist ein wesentlicher Standortfaktor
Christoph Thoma (ÖVP/V) wies die Forderung der SPÖ nach einer "Reichensteuer" dezidiert zurück. Unter Regierungsbeteiligung der ÖVP werde es keine Erbschafts- und Vermögenssteuern geben, merkte er an. Was das Thema der Aktuellen Stunde betreffe, so sei Finanzbildung ein wichtiger Standortfaktor. Wichtig sei es, das unternehmerische Denken zu fördern. Thoma begrüßte den Vorstoß der EU zu einer länderübergreifenden Finanzbildungsstrategie. Österreich verfüge mit dem Finanznavi über ein vielversprechendes Instrument, das den Menschen helfen könne, gute Entscheidungen für die Veranlagung ihrer Ersparnisse zu treffen.
Finanzbildung sei eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe, zeigte sich auch Christoph Stillebacher (ÖVP/T) überzeugt. Finanzwissen sei der Schlüssel für mehr Eigenverantwortung und eine sichere finanzielle Zukunft. Die erfolgreiche nationale Initiative bekomme nun erfreulicherweise Rückenwind aus der EU. Zufrieden zeigte sich der Bundesrat auch damit, dass Alters- und Zukunftsvorsorge, Finanz- und Kapitalmarktkompetenzen, Betrugsprävention und Finanzbildung für Frauen die Schwerpunkte der neuen Strategie ab 2027 bilden sollen.
FPÖ spricht der Bundesregierung finanzpolitische Glaubwürdigkeit ab
Die Menschen dieses Landes hätten das, was die Bundesregierung ihnen finanziell zumute, eindeutig nicht verdient, sagte Michael Bernard (FPÖ/N). Sie setze die zahlreichen politischen Fehlentscheidungen der Vorgängerregierung fort, die zu einem gewaltigen Budgetdefizit geführt habe. Auf die Abwahl der Verantwortlichen sei jedoch eine Politik des Machterhalts gefolgt. Im Ergebnis hätten die letzten sechs Monate keinerlei Verbesserung gebracht, sondern die Bevölkerung sei nur immer weiter belastet worden. Bernard forderte eine sofortige Senkung der Energiepreise, um den Wirtschaftsstandort abzusichern. Der FPÖ-Bundesrat wandte sich auch gegen die geplante Erhöhung der LKW-Maut als weiteres Beispiel einer verfehlten Standort- und Budgetpolitik.
Finanzbildung von der ÖVP zu erhalten, sei "wie Diättipps vom Konditor", meinte Irene Partl (FPÖ/T). Angesichts der finanzpolitischen Entscheidungen der Bundesregierung sei die vorgestellte Finanzbildungsstrategie völlig unglaubwürdig. Die Bundesregierung könne keine Vorbildwirkung für sich beanspruchen. Damit sei die Strategie aus ihrer Sicht zum Scheitern verurteilt. Finanzbildung dürfe auch nicht ideologisch befrachtet werden, sondern sie müsse praktisch anwendbares Wissen vermitteln. Hinter dem Schlagwort "Zukunftssicherung" ortete die FPÖ-Bundesrätin das Eingeständnis, dass das Pensionssystem auf Dauer nicht mehr finanzierbar sein werde. Man wolle daher die Menschen offenbar dazu drängen, ihre Altersvorsorge durch Veranlagung selbst in die Hand zu nehmen.
Grüne: Finanzbildung muss Jugendliche besser erreichen
Etwas "verwundert über das Thema der Aktuellen Stunde" angesichts so vieler drängender Themen, die man behandeln könnte, zeigte sich Elisabeth Kittl (Grüne/W). Grundsätzlich sei Finanzbildung aber wichtig. Die nationale Finanzbildungsstrategie habe angesichts der großen Lücken im Finanzwissen vieler Jugendlicher ihre volle Berechtigung. Gerade Schüler:innen mit migrantischem Hintergrund seien mit vielen Barrieren konfrontiert, wenn es darum gehe, entsprechendes Wissen zu erwerben. Das Ausbrechen aus der Armutsfalle sei oft auch aufgrund von fehlendem Grundwissen in Finanzfragen schwierig. Frauen seien eine weitere wichtige Gruppe für die Vermittlung von Finanzbildung. Überkommene Geschlechterstereotype würden sich nach wie vor negativ auf ihre Vermögensbildung auswirken. Hier bleibe noch vieles zu tun, sagte Kittl.
NEOS: Finanzbildung heißt, selbstbestimmt entscheiden zu können
Finanzbildung meine nicht zuletzt die Fähigkeit, selbstbestimmt für sich Entscheidungen treffen zu können, sagte Julia Deutsch (NEOS/W). "Finanzkompetenz ist Freiheitskompetenz", fasste die Bundesrätin zusammen. Sie sei damit auch ein wichtiger Faktor der Demokratiebildung. Der Bildungsbereich sei gefordert, praktisches Finanzwissen zu vermitteln. Investitionen in die Bildung seien auch ein wichtiger Faktor in der Standortpolitik. Nur wer frühzeitig lerne, wie Unternehmertum, Finanzen und Kapitalmarkt funktionieren, könne richtige Entscheidungen für ein selbstbestimmtes Leben treffen. Sie begrüße es daher, dass in die Frage der Finanzbildung Bewegung gekommen sei und erste Schulen ein Fach "Wirtschaft, Innovation und Nachhaltigkeit" anbieten.
Eibinger-Miedl: Jugend ist sehr interessiert an Finanzbildung
In einen weiteren Statement hielt Staatssekretärin Eibinger-Miedl fest, dass die Jugend sehr am Thema Finanzbildung interessiert sei. 80 % würden sich laut einer Umfrage, ein Schulfach Finanzbildung wünschen. Wichtig dabei sei, mehr Wissen über die Bedeutung des Kapitalmarkts zu vermitteln.
Aufgrund der Wortmeldungen ging die Staatssekretärin auch auf die mehrfach angesprochene Budgetsituation ein. Ein wesentlicher Grund für die budgetären Herausforderungen seien sinkende Einnahmen aufgrund der anhaltenden Rezession. Gleichzeitig hätten die Maßnahmen der Pandemiebekämpfung und die Energiekrise zu höheren Staatsausgaben geführt. Die Bundesregierung habe als Antwort darauf Strukturreformen in Angriff genommen. Die Staatssekretärin sah erste hoffnungsvolle Anzeichen für die Konjunktur. Die Bundesregierung unternehme alles, um den Standort zu stärken, betonte sie. Im Bereich der Energiekosten und des Bürokratieabbaus wolle sie noch im Herbst weitere Schritte setzen. (Fortsetzung Bundesrat) sox
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