• 09.10.2025, 10:20:03
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Neue Studie zeigt Bedeutung von Diversity-Management im beruflichen Umfeld

Wien (OTS) - 

Im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz haben heute, Donnerstag, Gemeinderat Thomas Weber (NEOS), Gemeinderätin Susanne Haase (SPÖ) und Pride Biz Austria-Vize-Präsidentin Astrid G. Weinwurm-Wilhelm die Ergebnisse der Studie „Diversity Management in der Dimension LGBTIQ in Wiener Unternehmen“ präsentiert. Die Untersuchung, für die knapp 280 Wiener Unternehmen befragt wurden, zeigt: 60 Prozent setzen sich für Vielfalt ein, 38 Prozent engagieren sich aktiv für LGBTIQ-Inklusion. LGBTIQ-freundliche Maßnahmen verbessern nicht nur das Arbeitsklima und die Mitarbeitendenzufriedenheit, sondern bringen auch wirtschaftliche Vorteile. Die Studie wurde vom Forschungsinstitut KMU Forschung Austria (KMFA) in Zusammenarbeit mit dem Institut für Diversity- und Antidiskriminierungsforschung (IDA) im Auftrag von Stadt Wien und Wirtschaftskammer Wien durchgeführt. Gemeinsam konzipiert und umgesetzt wurde sie mit Pride Biz Austria, die sich für Förderung von sexueller Diversität in Wirtschaft und Arbeitswelt einsetzt.

In Österreich gibt es laut Schätzungen ca. 200.000 bis 300.000 LGBTIQ Beschäftigte. Diese weisen tendenziell ein höheres formales Bildungsniveau auf und sind häufiger in liberaleren Berufsfeldern wie Gesundheit und Pflege, Unterrichts- und Erziehungswesen, Information und Medien etc. tätig. Dennoch sind LGBTIQ Beschäftigte in verschiedenen Lebensbereichen mit Diskriminierungen konfrontiert, im Arbeitskontext kommen diese besonders häufig vor. Das führt dazu, dass LGBTIQ Personen am Arbeitsplatz oft ungeoutet bleiben, insbesondere gegenüber Führungskräften. Diversity Management ist daher wichtig, um auch im beruflichen Kontext einen offenen Umgang mit LGBTIQ Themen zu erreichen, so die Studienautor*innen.

Maßnahmen, die LGBTIQ-Personen unterstützen, weisen zahlreiche positive Effekte auf, etwa eine höhere Arbeitszufriedenheit, eine stärkere Verbundenheit der Mitarbeitenden mit dem Unternehmen, die Verbesserung des Arbeitsklimas, die Steigerung des Wohlbefindens der Beschäftigten sowie eine Verringerung von Diskriminierungserfahrungen. Zudem bringen sie auch wirtschaftliche Vorteile, indem sie die Zufriedenheit und Produktivität der Mitarbeitenden erhöhen und somit den Gesamterfolg des Unternehmens fördern.

Ziel der Studie ist es, den Status quo zu erheben, inwieweit Wiener Unternehmen die Aspekte geschlechtliche Identität und sexuelle Orientierung (LGBTIQ) im Zuge ihrer Diversity Bemühungen bisher schon berücksichtigen, welche Maßnahmen sie diesbezüglich umsetzen bzw. planen und welche Erfahrungen sie dabei sammeln.

„Viele Wiener Unternehmen bekennen sich bereits zu Vielfalt – und dort, wo LGBTIQ explizit berücksichtigt wird, profitieren alle. Zugleich macht die Studie auch sichtbar, wo es noch Luft nach oben gibt“, sagte Weber. „Genau deshalb sind evidenzbasierte Zahlen so entscheidend: Sie zeigen uns, wo wir stehen und wo wir weiter ansetzen müssen. Als Politik ist es unsere Verantwortung, Rahmenbedingungen zu schaffen, die Diskriminierung abbauen und gleiche Chancen sichern. Vielfalt ist dabei nicht nur ein ökonomischer Vorteil, sondern eine Frage von Freiheit und Demokratie. Als Regenbogenhauptstadt Wien stehen wir selbstverständlich für eine Gesellschaft, in der Vielfalt als Mehrwert gesehen wird, und in der alle Menschen selbstbestimmt leben und arbeiten können“, so der LGBTIQ* Sprecher NEOS Wien.

Susanne Haase, LGBTQIA+ Sprecherin SPÖ Wien, sagte: “Wien zeigt, dass wirtschaftlicher Erfolg und gelebte Vielfalt kein Widerspruch sind. Während anderswo die Wirtschaft stagniert, wächst sie in Wien – weil wir auf Zusammenhalt, Respekt und kluge Investitionen in Menschen setzen. Die neue Studie bestätigt, was wir in Wien längst leben: Diversity stärkt Unternehmen, macht sie innovativer, vielfältiger und menschlicher. Deshalb fördern wir seit Jahrzehnten queere Sichtbarkeit, schaffen sichere Räume, stärken Rechte und setzen auf Forschung und Bildung. In Wien hat Diskriminierung keinen Platz – weder am Arbeitsplatz noch im Alltag. Wir stehen für Solidarität statt Spaltung, für Haltung statt Hass. Denn Wien ist die Regenbogenhauptstadt Europas – stark, sozial und stolz auf ihre Vielfalt.”

Für Astrid G. Weinwurm-Wilhelm, Vize-Präsidentin von Pride Biz Austria & Präsidentin der Queer Business Women, zeige die Studie, dass viele Wiener Organisationen bereits Schritte in Richtung Vielfalt setzen, es allerdings beim Thema sexuelle Orientierung und geschlechtlicher Identität noch große Lücken gibt: „Die sexuelle Orientierung wird nach wie vor als Privatsache und als nicht relevant für die Arbeitswelt erachtet. Dies führt dazu, dass Menschen nicht ihr volles Leistungspotenzial in ihren Job einbringen können. Die Verantwortung für ein diskriminierungsfreies, wertschätzendes Arbeitsklima liegt eindeutig beim Management und den Führungskräften. Klar ist: LGBTIQ-Inklusion ist kein ‚nice to have‘, sondern ein Erfolgsfaktor – für Organisationskultur, Innovation, Personalbindung und im War for Talents. Pride Biz Austria unterstützt Organisationen seit 2019 dabei, die Relevanz für die Arbeitswelt zu erkennen und in konkrete Maßnahmen zu transponieren. So wird dieses Potenzial genutzt und Verantwortung für eine offene Gesellschaft übernommen.“

Wolfgang Wilhelm, Leiter der WASt-Wiener Antidiskriminierungsstelle für LGBTIQ-Angelegenheiten der Stadt Wien, erklärte, die Studienergebnisse ermöglichten es, „die Antidiskriminierungsarbeit der nächsten Jahre wissenschaftlich fundiert noch genauer nach den realen Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen in Wien auszurichten". Dies gelte auch für die Studie „Queer in Wien 2", die am 13. November 2025 im Wiener Rathaus präsentiert werde.

Studie im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle

Die Studie wurde von der Stadt Wien, Abteilung Wirtschaft, Arbeit und Statistik und der WASt-Wiener Antidiskriminierungsstelle für LGBTIQ­-Angelegenheiten, sowie der Wirtschaftskammer Wien beauftragt und mit Pride Biz Austria gemeinsam konzipiert und umgesetzt. Durchgeführt wurde sie im Zeitraum Juli 2024 bis März 2025 vom Forschungsinstitut KMU Forschung Austria (KMFA) in Zusammenarbeit mit dem Institut für Diversity- und Antidiskriminierungsforschung (IDA), die Kosten betrugen Ꞓ 64.973,-.
Neben einer Literaturanalyse zum aktuellen Stand der Forschung wurden zehn qualitative Interviews mit LGBTIQ-freundlichen Unternehmen sowie eine Online-Befragung unter rund 6.380 Wiener Unternehmen mit mindestens zehn Beschäftigten durchgeführt, wobei 278 Fragebögen für eine genauere statistische Analyse herangezogen werden konnten. Zur Unterstützung bei der Ableitung von Handlungsempfehlungen wurde abschließend eine Online-Fokusgruppe mit fünf Expert*innen abgehalten.

Laut Karin Petzlberger, Senior Researcher und Arbeitsmarktexpertin bei KMU Forschung Austria, zeigt die Studie deutlich, dass LGBTIQ-Diversity greifbare Vorteile für Unternehmen mit sich bringe. Sie verbessere das Arbeitsklima, steigere die Zufriedenheit der Mitarbeitenden und unterstütze die Gewinnung neuer Kundinnen und Kunden. Damit werde deutlich, dass gesellschaftliche Verantwortung und wirtschaftlicher Erfolg Hand in Hand gehen können.

Konkrete Ergebnisse der Studie

  1. Rund sechs Zehntel der befragten Unternehmen setzen sich für die Vielfalt ihrer Mitarbeitenden ein.

  2. Beweggründe für die Implementierung von Diversity Management stellen in erster Linie die Steigerung der Zufriedenheit der Mitarbeitenden, die ethische Verantwortung, die Erhöhung der Attraktivität als Arbeitgeber:in zur Gewinnung von qualifizierten Fachkräften sowie die Verbesserung der Arbeitsatmosphäre dar.

  3. 23 % dieser engagierten Unternehmen mit Standort Wien berücksichtigen zumindest einen Aspekt von Vielfalt bzw. Diversität im Unternehmen, gehen aber weder auf die geschlechtliche Identität noch die sexuelle Orientierung explizit ein.

  4. Als Grund, nicht auf Vielfalt bzw. die Zielgruppe LGBTIQ einzugehen, wird am häufigsten der fehlende Bedarf bzw. die mangelnde Relevanz von Diversität bzw. sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität im Arbeitskontext genannt.

  5. 38 % setzen sich – neben anderen Diversity Aspekten – auch aktiv für die Zielgruppe LGBTIQ ein und können so als „LGBTIQ-freundliche Unternehmen“ bezeichnet werden.

  6. Großunternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden sowie Unternehmen im Bereich der unternehmensbezogenen oder personennahen Dienstleistungen sind überdurchschnittlich häufig LGBTIQ-freundlich, verglichen mit dem Durchschnitt der Wiener Unternehmen.

  7. Neben den Dimensionen geschlechtliche Identität und sexuelle Orientierung spielen die Diversitätsdimensionen Ethnie, Alter und Geschlecht der Belegschaft eine besonders wichtige Rolle in der Wiener Unternehmenslandschaft.

  8. Die Verantwortung für das Thema Diversity Management liegt meist bei der Geschäftsführung, in größeren LGBTIQ-freundlichen Betrieben ist auch häufig die Personalabteilung für das Thema zuständig.

  9. In LGBTIQ-freundlichen Unternehmen erfolgt häufig eine Überarbeitung der Unternehmenskommunikation in Texten und Bildern. Außerdem werden Maßnahmen zur Förderung der psychischen Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz für LGBTIQ Personen, Sensibilisierungsmaßnahmen und Informationsmaterialien zum Thema LGBTIQ sowie die Self-ID, das ist die freiwillige und vertrauliche Selbstidentifikation von Mitarbeitenden hinsichtlich ihrer Geschlechtsidentität, implementiert.

  10. Hinsichtlich der Anpassung der Unternehmenskommunikation sowie der expliziten Nennung von LGBTIQ in relevanten Unternehmensrichtlinien zeigt sich eine ausgesprochen hohe Akzeptanz für die einzelnen Maßnahmen. Auch Maßnahmen zur Sensibilisierung sowie zur Gesundheits- und Sicherheitsförderung für die Zielgruppe LGBTIQ und die Nennung von LGBTIQ im Unternehmensleitbild bzw. in der Unternehmensstrategie finden breite Zustimmung in den Belegschaften.

  11. Für die Umsetzung dieser Maßnahmen nahmen 57 % Unterstützung, insbesondere durch externe Netzwerke oder von Trainer:innen für spezifische Schulungen, in Anspruch. Als Herausforderungen bei der Maßnahmenumsetzung werden unzureichende (personelle, finanzielle, zeitliche) Ressourcen, fehlendes Wissen oder Expertise sowie Schwierigkeiten bei der Erfolgsmessung besonders oft genannt.

Wie Unternehmen LGBTIQ-Diversity erfolgreich umsetzen können

Aus den gesammelten Erkenntnissen kommt die Studie zu folgenden Handlungsempfehlungen für Unternehmen bei der Einführung und Weiterentwicklung von Diversity Managementmaßnahmen für die Zielgruppe LGBTIQ:

  1. Für eine erfolgreiche Implementierung von Diversity Management bzw. LGBTIQ werden der Rückhalt und die Unterstützung durch die Unternehmensleitung sowie die Zustimmung und die Einbindung der Belegschaft als zentral erachtet.

  2. Die Befragung identifiziert noch größeres Potenzial bei allen Unternehmensgruppen hinsichtlich der Entwicklung von LGBTIQ Diversity Kompetenz sowie bei der Kontinuität im Diversity Engagement. Unternehmen ohne Engagement für Vielfalt bzw. Diversity Kompetenz verzichten ansonsten auf potenzielle Zielgruppen bzw. verschließen sich dem Zugang zu Ressourcen, die mit Vielfalt verbunden sind.

  3. Zur erfolgreichen Umsetzung von Diversity Management Maßnahmen sollte Vielfalt z. B. im Rahmen einer ganzheitlichen Diversity Management Strategie strukturell verankert werden.

  4. Das erfordert zunächst die Formulierung konkreter, realistisch erreichbarer und gut messbarer Ziele sowie die Definition zuständiger Personen (seien es Diversity Beauftragte oder Manager*innen), die mit entsprechenden Ressourcen und Befugnissen ausgestattet sind.

  5. Aus einem umfassenden Maßnahmenportfolio, das Unternehmen prinzipiell zur Verfügung steht, gilt es, die für den Betrieb geeignetsten und aussichtsreichsten zu wählen. Die Attraktivität als Beschäftigungsbetrieb zu erhöhen kann beispielsweise durch eine LGBTIQ-inklusive Gestaltung der unternehmensinternen als auch -externen Kommunikation erreicht werden.

  6. Chancen für Unternehmen liegen zudem in der Möglichkeit eine Self-ID für Mitarbeitende einzurichten und Räumlichkeiten sowie Arbeitskleidung möglichst geschlechtsneutral zu gestalten.

  7. Zusätzliche Unterstützung können Vertrauenspersonen und Anlaufstellen für konkrete Bedarfe von LGBTIQ Personen sowie verschiedene Möglichkeiten zur internen und externen Vernetzung bieten.

  8. Die Verbesserung der politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für LGBTIQ Personen – auch außerhalb des beruflichen Umfeldes – wäre zudem vorteilhaft, um eine inklusive und diskriminierungsfreiere Arbeitswelt in Wien zu schaffen.
    (Schluss) red

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