- 08.10.2025, 19:44:32
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Sozialausschuss: Grüne fordern Mobilitätszuschusses in bisheriger Höhe, FPÖ legt Vorschläge für umfassende Pflegereform vor
Sozialministerin Schumann verteidigt Kürzungen mit Verweis auf Budgetlage und sieht Pflege-Entwicklungs-Kommission auf gutem Weg
Für die Rechte von Menschen mit Behinderungen setzen sich Freiheitliche und Grüne in Anträgen ein, die heute im Sozialausschuss behandelt wurden. Die FPÖ tritt für einen Rechtsanspruch auf "persönliche Assistenz" ein. Die Grünen fordern die Rücknahme der Kürzung des Mobilitätszuschusses. Sozialministerin Korinna Schumann verwies auf das Minus im Ausgleichstaxfonds, das nicht erlaube, den Zuschuss in voller Höhe zu bezahlen.
Eine umfangreiche Debatte über das Pflegesystem wollen die Freiheitlichen mit Anträgen zu einer "echten Pflegereform" anstoßen. Dem Sozialausschuss lagen dazu FPÖ-Vorschläge vor, wie das Pflegesystem umfassend erneuert werden könnte, sowie Anträge der Freiheitlichen zur Förderung der häuslichen Pflege und zur Deckelung des Einzelzimmerzuschlages in Pflegeheimen. Außerdem wollen die Freiheitlichen ein Recht auf die analoge, persönliche Inanspruchnahme staatlicher Dienstleistungen gesetzlich verankert sehen.
Alle im Ausschuss behandelten Anträge wurden mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und NEOS vertagt.
Grüne fordern Beibehaltung der Höhe des Mobilitätszuschusses
Der Sozialsprecher der Grünen Ralph Schallmeiner beklagt die "drastische Kürzung" des Mobilitätszuschusses für Menschen mit Behinderungen im Jahr 2025. In einem Entschließungsantrag fordert er, die Kürzungen unverzüglich zurückzunehmen und den Zuschuss unter Berücksichtigung der Inflation auf dem bisherigen Niveau auszuzahlen (490/A(E)). Für Personen, denen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar sei, und die daher auf einen Pkw oder ein Taxi angewiesen seien, habe das Sozialministerium heuer den Mobilitätszuschuss um mehr als 50 % gegenüber 2024 gekürzt.
SPÖ-Abgeordnete Verena Nussbaum sagte, der Zuschuss habe aufgrund der schwierigen finanziellen Lage des Ausgleichstaxfonds leider gekürzt werden müssen. Mit zahlreichen steuerlichen Maßnahmen sei aber alles unternommen worden, um die Mobilität der angesprochenen Personengruppe weiterhin zu unterstützen. Aus diesem Grund stelle sie einen Vertagungsantrag.
Sozialministerin Schumann verwies auf die schwierige Budgetlage, die es nicht erlaube, die Zahlungen aus dem Fonds in gleicher Höhe beizubehalten. Sie habe den Realitäten der Budgetsanierung Rechnung zu tragen, unternehme aber mit ihrem Ressort alles, um die notwendigen Sanierungsmaßnahmen sozial verträglich zu gestalten und Härten abzufedern.
FPÖ tritt für Rechtsanspruch auf persönliche Assistenz ein
Die FPÖ fordert einen Rechtsanspruch auf "persönliche Assistenz" für Menschen mit Behinderungen in den Bereichen Bildung und Beruf (444/A(E)). Persönliche Assistenz müsse auch für Menschen mit intellektuellen Behinderungen zur Verfügung stehen, betonte FPÖ- Abgeordneter Christian Ragger unter Verweis auf eine Forderung der Lebenshilfe. Menschen mit Behinderungen hätten gemäß der UN-Behindertenrechtskonvention ein Recht auf gleichberechtigte Teilhabe, betont er im Ausschuss. Dafür sei persönliche Assistenz in der Schule und am Arbeitsplatz ein zentrales Instrument.
NEOS-Abgeordnete Fiona Fiedler stellte einen Vertagungsantrag, wobei sie in Richtung der Freiheitlichen den Vorwurf erhob, Menschenrechte nur sehr selektiv für ihnen "genehme" Gruppen einzufordern. Das Engagement für persönliche Assistenz halte sie daher für unglaubwürdig, zumal Freiheitliche in den Zeiten ihrer Regierungsverantwortung zahlreiche Verschlechterungen für Menschen mit Behinderung mitgetragen hätten, etwa im Bereich der Barrierefreiheit. Diese Vorwürfe wies FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch entschieden zurück. Die angesprochenen Änderungen der Bestimmungen zur Barrierefreiheit seien noch vor der FPÖ-Regierungsbeteiligung erfolgt.
Sozialministerin Schumann sagte, das Anschubprojekt des Bundes zur persönlichen Assistenz werde aufgrund der Kosten auf Dauer nicht finanzierbar sein. Sie setze aber auf gemeinsame Lösungen mit den Ländern.
FPÖ legt Vorstellungen für "echte Pflegereform" vor
Als unzureichend bewertet FPÖ-Abgeordneter Ragger die Maßnahmen beim Thema Pflege im aktuellen Regierungsprogramm. Im Sinne konstruktiver Politik lege seine Fraktion daher Vorschläge vor, wo angesetzt werden müsse und könne (87/A(E)). Die FPÖ plädiere etwa für eine zentrale Zielsteuerung im Bereich der Pflege, eine Stärkung der Pflege zu Hause und in alternativen Wohnformen. Notwendig sei eine "faire Entlohnung" für Pflegekräfte. Laut Ragger wären etwa einheitliche Gehaltsmodelle für Pflegepersonal sowie eine steuerliche Entlastung von Überstunden und Prämien notwendig. Teil des vorgeschlagenen Maßnahmenkatalogs seien auch die Gewährung eines ergänzenden Pflegeschecks zum Pflegegeld, die Entlastung von Pflegepersonal durch Digitalisierung und KI-gestützte Dokumentation, ein besserer Personalschlüssel in Pflegeheimen zur Erhöhung der Betreuungsqualität und die Erhöhung des Pflegegeldes um 50 % ab Stufe 3 für Pflege zu Hause.
ÖVP-Abgeordnete Elisabeth Scheucher-Pichler verwies auf die Notwendigkeit einer Reformpartnerschaft mit den Bundesländern und anderen Körperschaften. Sie erkenne derzeit gute Chancen, hier einiges voranzubringen. Die Chancen einer Entlastung des Pflegepersonals von Verwaltungsaufwand durch die Digitalisierung sehe sie ebenfalls. Da die Verhandlungen zum Bereich Pflege gerade im Laufen seien, spreche sie sich für eine Vertagung des Antrags aus.
Sozialministerin Schumann betonte, alle Ideen zur Verbesserung des Pflegesystems seien willkommen. Auch sie sehe etwa im Einsatz von künstlicher Intelligenz eine Chance, Pflegekräfte von Bürokratie zu entlasten und eine bessere Datengrundlage zu erhalten. In den Bundesländern gebe es bereits viele gute Ideen zur Organisation der Pflege. Diese sollen über die Pflege-Entwicklungs-Kommission zusammengeführt werden. Die Sozialministerin sah die Kommission bereits auf einem guten Weg.
FPÖ: Pflege zu Hause stärker fördern
Ein weiterer von Ragger eingebrachter Entschließungsantrag (384/A(E)) zielt darauf ab, Pflege zu Hause zu forcieren. Das entspreche nicht nur dem Wunsch vieler Betroffener nach einem Leben in vertrauter Umgebung, sondern entlaste auch das stationäre Pflegesystem erheblich, macht er geltend. Konkret schlägt Ragger die Einführung eines Pflegeschecks in der Höhe von 1.500 Ꞓ als Ergänzung zum Pflegegeld vor. Dieser soll pflegende Angehörige finanziell entlasten und die Zubuchung von Leistungen erleichtern. Zudem drängt er darauf, "den faktischen Pflegeregress" bei der 24-Stunden-Betreuung abzuschaffen und das Pflegegeld ab Stufe 3 um 50 % zu erhöhen, wenn die pflegebedürftige Person zu Hause gepflegt wird.
Für NEOS-Abgeordnete Fiona Fiedler ist der Antrag in sich nicht schlüssig. So werde darin etwa nicht klar zwischen Betreuung und Pflege unterschieden. ÖVP-Abgeordnete Elisabeth Scheucher-Pichler meinte, die Diskussion über die Pflege zuhause müsse zweifellos weitergeführt werden. Das Grundproblem sehe sie in der unterschiedlichen Vorgehensweise der Länder. Hier sei aber bereits einiges in Bewegung, begründete sie ihren Vertagungsantrag. Der Bund habe mit dem Angehörigenbonus bereits einen wichtigen Schritt gesetzt.
... und mehr Privatsphäre in Pflegeheimen sicherstellen
Ein weiteres Anliegen ist Ragger die Privatsphäre pflegebedürftiger Personen in Pflegeheimen. Er spricht sich daher dafür aus, Einzelzimmerzuschläge in Pflegeeinrichtungen zu deckeln (389/A(E)). Diese sollten ein "angemessenes und leistbares Maß" nicht überschreiten, fordert er. Als Vorbild sieht er dabei das Land Steiermark, wo für ein Einzelzimmer maximal 8,80 Ꞓ pro Tag fällig würden und Mindestpensionist:innen noch weniger zu zahlen hätten.
SPÖ-Abgeordnete Barbara Teiber hielt die Vertagung des Antrags für gerechtfertigt. Das Thema Pflegeheime betreffe in erster Linie die Länder. Hier sei bereits einiges in Bewegung, betonte die Abgeordnete.
FPÖ will Recht auf analoge Inanspruchnahme staatlicher Dienstleistungen
FPÖ-Abgeordneter Peter Wurm kritisiert, dass der Zugang zum Rechtsstaat immer weiter zurückgedrängt werde, ebenso wie die Möglichkeit, Sozialleistungen und Wirtschaftsförderungen oder Genehmigungen der Verwaltung auch analog und persönlich in Anspruch zu nehmen. Dadurch komme es nicht nur zu einer Ausgrenzung jener Bürger:innen, die durch ihr Alter oder ihren gesundheitlichen Zustand Schwierigkeiten im Umgang mit digitalen Angeboten hätten, sondern auch zu einer Entfremdung vom Staat. Die FPÖ fordere in diesem Sinne ein Recht auf analoge Inanspruchnahme und Teilhabe an allen Dienstleistungen der Verwaltung, der Justiz und der Daseinsvorsorge, wie Strom- und Gasversorgung, Banken, Gesundheitsbereich und der öffentlicher Verkehr, ohne technische und kommunikative Barrieren (433/A(E)).
SPÖ-Abgeordneter Michael Seemayer begründete seinen Vertagungsantrag mit dem Hinweis darauf, dass die von Wurm erhobenen Forderungen bereits Teil des Regierungsprogramms und damit bereits in Umsetzung seien. (Fortsetzung Sozialausschuss) sox
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