• 08.10.2025, 17:13:32
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  • OTS0159

Sozialausschuss einstimmig für Kündigungsregeln und Kollektivverträge für freie Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer

Umfassender Austausch zu Fällen von Lohn- und Sozialdumping

Wien (PK) - 

Um freie Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer besser abzusichern, hat der Sozialausschuss heute einhellig neue Regelungen auf den Weg gebracht. Künftig sollen Kündigungsregeln gelten und ermöglicht werden, dass Kollektivverträge für sie abgeschlossen werden können. Mittels Abänderungsantrag wurden noch Erkenntnisse der Begutachtungsphase eingearbeitet.

Vertagt wurden Oppositionsanträge für die Einbindung freier Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer in den Betriebsrat, die Umsetzung einer EU-Richtlinie für Plattformarbeit und strengere Gesetze gegen Scheinfirmen.

Ausführlich ausgetauscht haben sich die Abgeordneten mit Vertretern des Finanzressorts über die von der Finanzpolizei eruierten Fälle von Lohn- und Sozialdumping. Anlass war der aktuellste Bericht über die Durchführung des Kontrollplans, der einstimmig zur Kenntnis genommen wurde.

Neue Regeln für freie Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer

Mit der Einführung von Kündigungsregeln und der Möglichkeit für Kollektivverträge für freie Dienstnehmer:innen (212 d.B.) will die Regierung Mindeststandards festlegen, die die Beschäftigung in Form von freien Dienstverhältnissen und damit die Umgehung von arbeitsrechtlichen Bestimmungen weniger attraktiv machen. Die Regelungen sollen ab 1. Jänner 2026 gelten.

Konkret wird klargestellt, dass freie Dienstverhältnisse von beiden Vertragsparteien unter Einhaltung einer bestimmten Frist und eines bestimmten Termins gekündigt werden können. Die Kündigungsfrist soll vier Wochen, nach zwei Dienstjahren sechs Wochen, betragen. Das erste Monat gilt als Probemonat. Eine Kündigung soll zum 15. oder Letzten eines Monats möglich sein. Eine für den bzw. die Dienstnehmer:in günstigere Regelung ist zulässig.

Der Geltungsbereich des Arbeitsverfassungsgesetzes soll auf freie Dienstnehmer:innen ausgedehnt werden. Damit soll der Abschluss von Kollektivverträgen ermöglicht werden. Verbände von freien Dienstnehmer:innen sollen kollektivvertragsfähig werden können. Möglich sein sollen der Abschluss eigener Kollektivverträge nur für die betroffene Personengruppe oder auch die Einbeziehung in bestehende Kollektivverträge. Dafür müssen die Kollektivverträge von den Vertragsparteien abgeändert werden. Es soll jedoch keine Verpflichtung zur Berücksichtigung freier Dienstnehmer:innen in Kollektivverträgen geschaffen werden.

Durch einen Abänderungsantrag wurde noch hinzugefügt, dass freie Dienstnehmer:innen über die für sie geltenden Normen, also Kollektivvertrag, Satzung und Mindestlohntarif, informiert werden. Das soll nur für Verträge gelten, die nach Inkrafttreten am 1. Jänner neu abgeschlossen wurden. Zum Umfang der Satzung eines Kollektivvertrags wird festgelegt, dass die kollektivvertraglichen Mindestentgelte für jene Arbeitsstunden gelten, die zur Erfüllung des Vertrags aufgewendet werden müssen. Kollektivverträge sollen neben den gesetzlichen Interessenvertretungen auch juristische Personen öffentlichen Rechts, Vereine und Arbeitgeber:innen abschließen können.

Einigkeit über notwendigen Schutz von freien Dienstnehmerinnen und Dienstnehmern

Barbara Teiber (SPÖ) sah in dem Gesetz einen Meilenstein. Es komme nach langer Zeit zu Verbesserungen für freie Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer, insbesondere durch die Kündigungsfristen und -termine. Johannes Gasser (NEOS) sprach von einem "guten Weg der Mitte". Man habe sich geeinigt, differenziert vorzugehen, ohne das Modell des freien Dienstvertrags per se in Frage zu stellen. Auch Ernst Gödl (ÖVP) sah in freien Dienstnehmenden einen wichtigen Bestand in der Arbeitslandschaft. In der Regelung werde auf arbeitnehmerähnliche freie Dienstverhältnisse abgestellt, betonte er.

Weniger positiv stehen hingegen die Grünen und die Freiheitlichen zum Modell des freien Dienstvertrags. Markus Koza (Grüne) führte an, dass dieser von Unternehmen gerne zur Umgehung von regulären Dienstverhältnissen genutzt werde. Alles, was dazu führt, dass freie Dienstnehmer:innen mehr Rechte erhalten, sei aber zu begrüßen, begründete Koza die Zustimmung. Auch Andrea Michaela Schartel (FPÖ) plädierte dafür, den Typus des freien Dienstnehmers abzuschaffen. Gut und wichtig sei aber, dass zumindest wichtige Regelungen - etwa zur Kündigungsfrist - umgesetzt würden. Dagmar Belakowitsch (FPÖ) sprach sich ebenso dafür aus, alle freien Dienstverhältnisse, die über die Geringfügigkeitsgrenze hinausgehen, in normale Dienstverträge überzuführen.

Dankbar für die breite Zustimmung äußerte sich Arbeits- und Sozialministerin Korinna Schumann. Das Beispiel Lieferando, wo dieses Jahr rund 1.000 Mitarbeiter:innen gekündigt und als freie Dienstnehmer:innen wieder eingestellt worden seien, sei nichts, "was wir in Österreich wollen können". Die Möglichkeit, Kollektivverträge für freie Dienstnehmer:innen abzuschließen oder sie in bestehende aufzunehmen, sowie die Kündigungsregelungen seien wesentlich zum Schutz der Betroffenen, so die Ministerin.

Weitere Anträge zum Thema vertagt

Mit den Stimmen der Koalition vertagt wurden Anträge von Grünen und FPÖ zum Thema. Die Grünen schlagen eine Änderung des Arbeitsverfassungsgesetzes vor, die darauf abzielt, dass freie Dienstnehmer:innen sich am Betriebsrat beteiligen können (482/A). Geht es nach den Grünen, sollen sie an Betriebsratswahlen teilnehmen und auch selbst kandidieren dürfen. Betriebsvereinbarungen sollen für freie Dienstnehmer:innen nur gelten, wenn sie explizit miteinbezogen werden. Markus Koza (Grüne) bezeichnete das als wichtigen Lückenschluss.

In einem weiteren Entschließungsantrag (166/A(E)) drängen die Grünen auf eine rasche Umsetzung einer EU-Richtlinie für Plattformarbeit. Die Richtlinie soll die Arbeitsbedingungen von Personen in Plattformarbeit verbessern. Johannes Gasser (NEOS) argumentierte die Vertagung mit laufenden Verhandlungen, bei denen auch die Diskussion über die Einbeziehung von freien Dienstnehmer:innen in Betriebsräte am besten aufgehoben sei.

Aus Sicht der Freiheitlichen braucht es verschärfte Gesetze und einen strengen Vollzug, um gegen Scheinfirmen und den damit verbundenen Sozialbetrug vorzugehen. Konkret ist die FPÖ für strengere Bedingungen für AMS- und Wirtschaftsförderungen, die Gewerbeausübung, die Tätigkeit als Geschäftsführer:in, sowie die Beteiligung an Unternehmen oder öffentlichen Ausschreibungen - insbesondere in Form von zeitlichen Sperren (356/A(E)). Verena Nussbaum (SPÖ) wies darauf hin, dass die Regierung derzeit ein großes Paket zur Betrugsbekämpfung erarbeite. Laut Johannes Gasser (NEOS) sollen dazu in den nächsten Wochen "Lösungen auf den Tisch kommen".

Finanzpolizei hat 2024 1.236 ausländische Betriebe kontrolliert

Um Betrugsbekämpfung, konkret von Lohn- und Sozialdumping durch ausländische Betriebe, ging es auch in der Debatte über einen Bericht der Finanzpolizei über die Durchführung des Kontrollplans 2024 (III-188 d.B.).

Demnach hat die Finanzpolizei im vergangenen Jahr insgesamt 1.236 Betriebe überprüft, die aus dem Ausland nach Österreich hineingearbeitet haben. Damit wurde das angestrebte Ziel von 1.300 Überprüfungen knapp verfehlt. Im Zuge der Überprüfungen wurden 4.037 entsendete oder überlassene Arbeitnehmer:innen kontrolliert und damit deutlich mehr als 2023 (3.443). Davon waren 241, also rund 8 %, von Unterentlohnung betroffen, wobei Oberösterreich mit 100 Betroffenen vor Niederösterreich (38) und der Steiermark (37) an der Spitze liegt. Außerdem wurden wegen des Nichtbereithaltens bzw. Nichtbereitstellens von Lohnunterlagen 446 Strafanträge an die zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden gestellt. Insgesamt hatten die von der Finanzpolizei beantragten Geldstrafen ein Volumen von 4,38 Mio. Ꞓ.

Debatte über Lohn- und Sozialdumping und andere Betrugsfälle

Der Bericht zeige, wie sich ausländische Firmen in Österreich verhalten und das System so nutzen würden, dass es für heimische Betriebe zum Problem wird, sagte Tanja Graf (ÖVP). Von Silvia Kumpan-Takacs (SPÖ) nach den Kriterien für Kontrollen gefragt, erläuterten die beiden anwesenden Experten aus dem Finanzressort, dass Auffälligkeiten bei Unternehmen oder Personen in der Vergangenheit geprüft würden und branchenorientiert sowie regional kontrolliert werde.

Johannes Gasser (NEOS) erkundigte sich nach Risikobranchen. Neben dem Bau- und Baunebengewerbe seien das auch Security-Unternehmen, die Gastronomie und Lieferservices, erläuterte der Experte. In etwa zwei Drittel der beantragten Strafen konnte auch eingetrieben werden, so der Vorstand des Amts für Betrugsbekämpfung.

Auf Nachfrage von Peter Wurm (FPÖ) erläuterte der Experte, dass das Personal des Amts für Betrugsbekämpfung im Ausmaß von derzeit 441 Vollbeschäftigtenäquivalenten neben dem Bereich des Lohn- und Sozialdumpings zahlreiche andere Aufgaben erfüllt. Dazu gehören die Bereiche Finanzstrafverfahren, Sozialbetrug und Scheinunternehmen. Markus Koza (Grüne) fragte nach, ob das Amt mehr Personal benötige, um seine Prüfziele zu erreichen. Man gehe zielgerichtet vor und finde daher das Auslangen, sagte der Vorstand.

Barbara Teiber (SPÖ) wollte wissen, ob das Kontrollziel dieses Jahr erreicht werden könne. Bis dato seien die Kontrollen "im Plan", sagte der Experte. Nach Kontrollen in Barbershops erkundigte sich Manuel Pfeifer (FPÖ). Auch dort treffe die Behörde Missstände an, allerdings zumeist im Zusammenhang mit gewerberechtlichen Verfehlungen.

Dagmar Belakowitsch und Peter Wurm (beide FPÖ) machten die Bekämpfung von Scheinfirmen zum Thema. Wurm meinte, er verstehe nicht, dass die Ministerin hier nicht endlich handle. Schumann verwies auch in diesem Zusammenhang auf das geplante Paket zur Betrugsbekämpfung. Josef Muchitsch (SPÖ) unterstrich, dass Betrug jeder Art zu bekämpfen sei. Immer wenn die Sozialdemokratie in Verantwortung gewesen sei, seien auch Gesetze dagegen geschaffen worden, sagte er. (Fortsetzung Sozialausschuss) kar


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