- 07.10.2025, 16:56:33
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- OTS0177
Schwerpunkte der österreichischen Entwicklungspolitik im Fokus des Außenpolitischen Ausschusses
Anträge von FPÖ und Grünen zu Brasilien, Gaza, Serbien sowie zum europäischen Luftraum vertagt
Im zweiten Teil des Außenpolitischen Ausschusses debattierten die Abgeordneten heute gemeinsam mit Außenministerin Beate Meinl-Reisinger den aktuellen Dreijahresbericht 2025-2027 zur österreichischen Entwicklungspolitik. Dieser gibt über die Schwerpunktsetzungen der heimischen Entwicklungszusammenarbeit (EZA) Auskunft. Während die FPÖ die grundsätzliche Ausrichtung der Entwicklungspolitik kritisiert, wird für die Grünen mit den budgetär bedingten Mittelkürzungen an der falschen Stelle gespart. Laut derzeitiger Budgetprognose sinken die gesamten österreichischen öffentlichen Entwicklungshilfeleistungen (ODA) von heuer 1,76 Mrd. Ꞓ bis 2027 auf rund 1,55 Mrd Ꞓ. Durch die unterschiedliche Kritik der Oppositionsparteien sah sich Außenministerin Beate Meinl-Reisinger hingegen in ihrer Vorgehensweise bestätigt.
Der Bericht wurde mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ NEOS und Grünen mehrheitlich zur Kenntnis genommen.
Von den Regierungsparteien mehrheitlich vertagt wurden die Entschließungsanträge der FPÖ und der Grünen. So sprechen sich die Freiheitlichen für eine "grundlegende Reform der Entwicklungshilfe" sowie für eine strategische Partnerschaft mit Brasilien aus. Die Grünen pochen angesichts des Gaza-Konflikts auf eine Zweistaatenlösung und EU-Sanktionen gegen Israel. Zudem sprechen sie sich für eine verstärkte europäische Kooperation zum Schutz des Lauftraums und für die Unterstützung der serbischen Protestbewegung aus.
Effektivere Entwicklungspolitik soll Rückgang der EZA-Mittel entgegenwirken
Bis 2030 wird das UN-Ziel, extreme Armut weltweit zu beseitigen, wohl nicht erreicht werden, so das Außenministerium in seinem Dreijahresbericht 2025-2027 zur österreichischen Entwicklungspolitik (III-200 d.B.). Doch sollte sich die Zahl betroffener Menschen von mehr als 700 Mio. (2023) auf ca. 575 Mio. (2027) reduzieren. Als Herausforderungen bei der Armutsbekämpfung nennt das Ministerium die Nachwirkungen der Corona-Pandemie, den Klimawandel, den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine sowie kriegerische Auseinandersetzungen weltweit und knappe Staatsfinanzen. Deshalb rechnet das Außenressort in den nächsten Jahren mit einem Rückgang öffentlicher Entwicklungshilfeleistungen (ODA) auf globaler, EU und österreichischer Ebene. Laut derzeitiger Budgetprognose sinkt die gesamte österreichische ODA-Finanzierung von heuer 1,76 Mrd. Ꞓ bis 2027 auf rund 1,55 Mrd. Für eine effektivere Entwicklungspolitik sollen Prozesse auf österreichischer und europäischer Ebene zur Vermeidung von Doppelgleisigkeiten noch besser koordiniert werden, heißt es im Bericht.
Ausgerichtet ist die österreichische Entwicklungspolitik nach der UNO-Vereinbarung zur wechselseitigen Ergänzung von humanitären, entwicklungspolitischen und friedensfördernden Maßnahmen. Vorgesehen ist dabei auch, die Maßnahmen mit den emissionsmindernden Vorgaben des Pariser Klimaabkommens in Einklang zu bringen. So fördert Österreich laut Bericht emissionsarme Energie-Erzeugungstechnologien samt effizienter Verteilungsinfrastruktur. Angesichts der Zunahme humanitärer Krisen weltweit steht aber Nothilfe zur Überlebenssicherung an erster Stelle des österreichischen Engagements. Mitumfasst in diesem Themenfeld sind Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung bei bewaffneten Konflikten und der Wiederaufbauhilfe, um nicht zuletzt die Rückkehr von Geflüchteten zu ermöglichen. Weitere Schwerpunkte bilden die Unterstützung des Wirtschaftsaufbaus sowie die Förderung von Bildung als Entwicklungsmotor, informiert der Bericht.
Wenn auch um ein Jahr zu spät, sei die Kenntnisnahme des Dreijahresprogramms durch das Parlament vor allem für die Partner und Stakeholder vor Ort wichtig, da diese Programmsicherheit brauchen würden, hielt NEOS-Mandatarin Henrike Brandstötter fest. Zudem gehe es künftig darum, das Dreijahresprogramm mit der von der Bundesregierung angekündigten "Afrika-Strategie" zu koppeln.
Axel Kassegger (FPÖ) sprach in Zusammenhang mit dem Dreijahresprogramm von "more of the same" mit "in Wahrheit null Einsparungen" ohne thematische oder geographische Schwerpunktsetzung. Zudem werde die Frage nach dem Nutzen der EZA-Mittel für die österreichische Bevölkerung nicht gestellt und ein Großteil der Mittel fließe in ineffiziente multilaterale Organisationen. Ein dazu von der FPÖ vorgelegter Entschließungsantrag zu einer "grundlegenden Reform der EZA" wurde von den Regierungsparteien ein weiteres Mal mehrheitlich vertagt (31/A(E)). Geht es nach der FPÖ, sollen EZA-Gelder an die Kooperationsbereitschaft in Fragen der Migration und Rückführungen geknüpft werden, wobei die Bekämpfung von Fluchtursachen und die Verhinderung illegaler Migration in den Mittelpunkt gerückt werden soll.
Sie sei erfreut, dass sich die FPÖ in ihrem Antrag grundsätzlich zur EZA bekenne, sagte Gudrun Kugler (ÖVP) in Richtung Axel Kassegger. Kugler bezeichnete die EZA als "vorrausschauende österreichische Außenpolitik" in den Bereichen Sicherheit, Wirtschaft, Migration und Klima. Mit den Mittelkürzungen habe man auf die budgetären Gegebenheiten Österreichs Rücksicht genommen.
Ausschussvorsitzende Petra Bayr (SPÖ) zeigte sich über die Aufnahme der Entschuldung des Sudan in die Finanzvorschau sowie über das Festhalten der menschenrechtlichen Verantwortung von Unternehmen erfreut. Diese Entwicklung dürfe aber nicht der EU-OMNIBUS-Initiative zur Entlastung der Wirtschaft zum Opfer fallen, so Bayr.
Agnes Sirkka Prammer (Grüne) sprach von einem "guten Dreijahresprogramm" mit den richtigen Schwerpunktsetzungen und Inhalten. Prammer lies die Kritik, dass die Vorgängerregierung Schuld an der Mittelkürzung sei, nicht gelten. Die Entscheidung über die Mittelverteilung und -verwendung liege allein bei der aktuellen Bundesregierung.
Meinl-Reisinger: Dreijahresprogramm nimmt Bezug auf aktuelle geopolitische Lage
Das EZA-Dreijahresprogramm nehme Bezug auf die aktuelle geopolitische Lage und globale Megatrends, betonte Außenministerin Beate Meinl-Reisinger. Es sei im Rahmen eines umfangreichen gesamtstaatlichen Prozesses - etwa unter Einbindung aller Ministerien und Fraktionen, der Bundesländer sowie der Zivilgesellschaft - entstanden. Zudem habe man durch die Einbeziehung privater Partner neue Finanzierungsstrategien in das Programm aufgenommen. Durch die unterschiedliche Kritik der Oppositionsparteien - die FPÖ bemängle zu hohe, die Grünen zu niedrige EZA-Gelder - fühlte sich Meinl-Reisinger grundsätzlich in ihrer Vorgehensweise bestätigt.
Die durch die Budgetkonsolidierung bedingten Mittelkürzungen beim Auslandskatastrophenfonds (AKF) und den EZA-Geldern in der Höhe von insgesamt 17 % seien nicht erfreulich, jedoch habe bereits die Vorgängerregierung die AKF-Kürzungen vorgesehen, hielt die Außenministerin in Richtung der Grünen fest. Die Chefin des Außenressorts ging gegenüber Ausschussvorsitzender Petra Bayr (SPÖ) davon aus, dass mit den noch für das Jahr 2025 vorhandenen AKF-Mitteln Hilfsmaßnahmen für den Nahen Osten und die Ukraine im Mittelpunkt stehen werden.
FPÖ für strategische Partnerschaft mit Brasilien
2022 hat sich der Nationalrat einstimmig für vertiefende bilaterale Beziehungen zwischen Österreich und Brasilien ausgesprochen. Die FPÖ will nun weitere Schritte setzen und fordert die Einführung eines mit 50.000 Ꞓ dotierten Dona-Leopoldina-Preis für die Förderung der österreichisch-brasilianischen Freundschaft" für wissenschaftliche oder kulturelle Projekte. Zudem soll sich die Außenministerin um den Abschluss eines strategischen Partnerschaftsabkommens zwischen Österreich und Brasilien bemühen, etwa um den politischen und kulturellen Austausch zu gewährleisten, die wirtschaftliche und wissenschaftliche Zusammenarbeit zu fördern und den Jugendaustausch zu unterstützen. Schließlich setzt sich die FPÖ auch für ein Österreichisches Kulturforum São Paulo ein (390/A(E)).
Da seit dem Beschluss zu einer vertiefenden Zusammenarbeit mit Brasilien bis dato nichts geschehen sei, wolle die FPÖ diese nun mit ihrem "ausgewogenen Antrag mit konkreten Beispielen" vorantreiben, argumentiere Martin Graf (FPPÖ). Brasilien sei ein "Big Player in der globalen Welt", weshalb Österreich dort sichtbarer werden müsse. Die dafür notwendigen Gelder können sich laut Graf durch Budgetumschichtungen innerhalb des Außenressorts bewerkstelligen lassen.
Vertiefende Beziehungen und eine strategische Zusammenarbeit mit Brasilien würden durch den Abschluss des Mercosur-Abkommens vorangetrieben werden, argumentierte Nikolas Scherak (NEOS) die Vertagung des Antrags durch die Regierungsparteien. Österreich solle hier seine Blockadehaltung aufgeben.
Grüne: Zweistaatenlösung und EU-Sanktionen gegen Israel
Die Grünen adressieren in einem Entschließungsantrag erneut den Krieg in Nahost. Demnach sollen vonseiten Österreichs sämtliche diplomatische Mittel für eine sofortige Verbesserung der humanitären Lage in Gaza, für die Freilassung der israelischen Geiseln und für einen dauerhaften Waffenstillstand eingesetzt werden. Einen Wiederaufbau Gazas im Sinne einer Zweistaatenlösung sieht die Oppositionsfraktion unter einer international legitimierten Verwaltung. Darüber hinaus soll die Bundesregierung darauf hinwirken, dass das von der EU-Kommission vorgeschlagene Sanktionspaket gegen Israel die notwendige Zustimmung erhält. Bis dieses beschlossen ist, werden zudem bilateral Sanktionen gegen den israelischen Finanzminister Bezalel Smotrich und gegen den Minister für Nationale Sicherheit ltamar Ben-Gvir gefordert (448/A(E)).
Es sei "unbedingt an der Zeit, jetzt klare Zeichen zu setzen", unterstrich Meri Disoski (Grüne) gegenüber Außenministerin Beate Meinl-Reisinger. Nach dem "bestialischen Massaker der Hamas" am 7. Oktober vor zwei Jahren habe Israel rote Linien und das Ausmaß der Selbstverteidigung "bei weitem" überschritten. Es gehe nach den Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht nun darum, Konsequenzen zu ziehen, so die Grünen-Abgeordnete.
Er teile zwar viele von den Grünen formulierte Anliegen, diese Woche sei aber nicht der richtige Zeitpunkt für einen Beschluss, hielt Andreas Minnich (ÖVP) fest. Man wolle die gerade stattfindenden Friedensgespräche zwischen Israel und der Hamas nicht stören.
Grüne fordern Unterstützung für Serbiens Protestbewegung
In einer weiteren Initiative fordern die Grünen von der Außenministerin, bei den anhaltenden Protesten gegen die serbische Regierung von Aleksandar Vučic nicht wegzusehen und die Angriffe auf Demonstrierende seitens der Polizei sowie Schlägertruppen öffentlich klar zu verurteilen. Vor dem Hintergrund mutmaßlicher Wahlfälschungen bei den serbischen Parlaments- und Kommunalwahlen im Dezember 2023 sei es zudem geboten, die serbische Regierung vor Neuwahlen darin zu unterstützen, die Liste der Wahlberechtigten von unabhängigen Institutionen überprüfen zu lassen. Schließlich thematisieren die Grünen auch den serbischen Lithiumabbau im Jadar-Tal. Hier sollen neben einem unabhängigen Monitoring etwa bei Umwelt- und Sozialstandards die gleichen Regeln eingehalten werden wie in der EU (477/A(E)).
Das österreichische Parlament müsse ein "klares und starkes Signal" an die "beeindruckende serbische Protestbewegung" zum autoritären Vorgehen des serbischen Präsidenten senden, betonte Meri Disoski (Grüne). Dieser würde als EU-Beitrittskandidat die europäischen Werte "mit Füßen treten".
Die wichtigen Themen Versammlungs- und Meinungsfreiheit würden bei Gesprächen mit der serbischen Regierung von den Vertreter:innen Österreichs angesprochen, antwortete Johannes Schmuckenschlager (ÖVP). Dies gelte es, auch verstärkt im Rahmen der EU-Beitrittsgespräche zu tun.
Grüne für verstärkte Kooperation zum Schutz des europäischen Luftraums
Die jüngsten russischen Luftraumverletzungen in mehreren Ländern müssten als Bedrohung für die gesamte EU verstanden werden, mahnen die Grünen. Sie fordern von der Bundesregierung, weitere Schritte zum Schutz kritischer Infrastruktur, zur Sicherung der Außengrenzen und zur Verteidigung des europäischen Luftraums durch die Europäische Union zu setzen. Konkret sollte mit der EU klar festgelegt werden, welche Beiträge Österreich im Fall einer Eskalation leisten kann und welche Unterstützung im Gegenzug bei einer eigenen Betroffenheit von europäischer Seite zu erwarten ist. Gerade für Österreich, das kein NATO-Mitglied ist, bestehe Interesse an der Weiterentwicklung der Gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu einer eigenständigen, funktionstüchtigen und effektiven EU-Sicherheitssäule, so die Grünen (447/A(E)).
Laut Agnes Sirkka Prammer (Grüne) wollen die Grünen mit ihrem Antrag einen ersten Schritt für eine europäische Zusammenarbeit bei der Drohnengefahr setzen. Das Thema betreffe viele Sicherheitsbereiche, bei dem es notwendig sei, europäische Strategien zu entwickeln.
Es handle sich um eine verteidigungspolitische Frage, die im zeitgleich tagenden Landesverteidigungsausschuss besser aufgehoben sei, so Nikolaus Scherak (NEOS). Dem schloss sich die Außenministerin an. Auf nationaler Ebene sei das Verteidigungsministerium dafür zuständig. Auf europäischer Ebene werde dazu gerade geklärt, wie eine diesbezügliche Beistandsverpflichtung aussehen könne. (Schluss Außenpolitischer Ausschuss) med
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