• 03.10.2025, 10:30:03
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  • OTS0046

Persönlichkeitsverletzende Formulierung in Bericht über sexuellen Missbrauch auf „krone.at“

Wien (OTS) - 

Nach Auffassung des Senats 2 des Presserats verstößt der Artikel „Schlaftabletten genommen: 17-Jährige missbraucht“, erschienen auf „krone.at“, gegen den Ehrenkodex für die österreichische Presse.

Der Artikel, zu dem auf der Facebook-Seite der Krone Zeitung auch ein Posting veröffentlicht wurde, betrifft eine nicht rechtskräftige Verurteilung eines 48-Jährigen wegen sexuellen Missbrauchs der Tochter seiner Lebensgefährtin. Dazu heißt es im Artikel: „Nachdem das Mädchen immer mehr zur Frau wurde, erwachten auch bei dem Mostviertler die ‚Frühlingsgefühle‘. Anzügliche Bemerkungen, Körperkontakt und Küssen auf den Mund standen immer öfter auf der Tagesordnung.“ Zudem wird berichtet, dass er „Hand an das Mädchen“ gelegt habe, als es unter dem Einfluss von Schlaftabletten gestanden sei, die es aufgrund von Schlafstörungen verschrieben bekommen habe, und dass er sich zu den Vorwürfen schuldig bekannt habe.

Mehrere Leserinnen und Leser haben sich an den Presserat gewandt. Sie kritisierten, dass der sexuelle Missbrauch in Zusammenhang mit „Frühlingsgefühlen“ gebracht wurde und erkannten darin eine Verharmlosung der Sexualstraftat und eine Verhöhnung des Opfers.

Während der Redaktionsleiter der „Kronen Zeitung NÖ“ schriftlich Stellung genommen hatte, stand der Chef vom Dienst der „Kronen Zeitung NÖ“ dem Senat im Zuge der Verhandlung Rede und Antwort. Die beiden Journalisten brachten im Wesentlichen vor, dass dem Medium die Problematik der Formulierung bewusst gewesen und die Passage noch am Tag des Erscheinens gestrichen worden sei. Zudem sei es zu einem klärenden Gespräch mit der Verfasserin des Berichts gekommen – sie wollte die Tat keinesfalls verharmlosen. Zur bedauerlichen Formulierung sei es deshalb gekommen, weil der Angeklagte versucht habe, die Tat zu bagatellisieren.

Die Formulierung, dass „beim Täter Frühlingsgefühle erwachten“, ist nach Auffassung des Senats gegenüber dem Opfer des sexuellen Missbrauchs grob verharmlosend.

Der herabwürdigende und beleidigende Charakter hätte sowohl der Journalistin als auch der Redaktion von Anfang an klar sein müssen (siehe Punkt 5 des Ehrenkodex).

Darüber hinaus betont der Senat, dass minderjährige Opfer von Straftaten ganz besonders schutzwürdig sind (nach den Punkten 6.2 und 6.3 des Ehrenkodex ist der Persönlichkeitsschutz von Kindern und Jugendlichen stark ausgeprägt; vgl. auch Punkt 5.4 des Ehrenkodex).

Schließlich weist der Senat auch noch darauf hin, dass die Formulierung ganz allgemein einen gewissen diskriminierenden Gehalt gegenüber Opfern von Sexualstraftaten aufweist.

Der Senat begrüßt es zwar, dass die beanstandete Formulierung rasch gelöscht und ein klärendes Gespräch mit der Autorin des Artikels geführt wurde. Da der herabwürdigende Charakter der Formulierung offenkundig ist und der Eingriff in die Persönlichkeitssphäre entsprechend schwer wiegt, kann der Senat jedoch nicht von einer Einstufung als Ethikverstoß absehen.

Der Senat stellte daher einen Verstoß gegen Punkt 5 des Ehrenkodex für die österreichische Presse (Persönlichkeitsschutz) fest und forderte die Medieninhaberin dazu auf, die Entscheidung freiwillig auf „krone.at“ zu veröffentlichen oder bekanntzugeben.

SELBSTÄNDIGES VERFAHREN AUFGRUND VON MITTEILUNGEN MEHRERER LESERINNEN UND LESER

Der Presserat ist ein Verein, der sich für verantwortungsvollen Journalismus einsetzt und dem die wichtigsten Journalisten- und Verlegerverbände Österreichs angehören. Die Mitglieder der Senate des Presserats sind weisungsfrei und unabhängig.

Im vorliegenden Fall führte der Senat 2 des Presserats aufgrund von Mitteilungen mehrerer Leserinnen und Leser ein Verfahren durch (selbständiges Verfahren aufgrund von Mitteilungen). In diesem Verfahren äußert der Senat seine Meinung, ob eine Veröffentlichung den Grundsätzen der Medienethik entspricht. Die Medieninhaberin von „krone.at“ hat von der Möglichkeit, am Verfahren teilzunehmen, Gebrauch gemacht.

Die Medieninhaberin der „Kronen Zeitung“ hat die Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats bisher nicht anerkannt.

Rückfragen & Kontakt

Presserat
Alexander Warzilek
Telefon: 01/2369984-11
E-Mail: info@presserat.at

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