• 02.10.2025, 10:41:02
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Restitution: Aquarell aus der ALBERTINA findet neuen Platz im Theater an der Wien

Der Wunsch der Erben geht damit in Erfüllung

Wien (OTS) - 

Das Aquarell befand sich seit 1942 im Besitz der ALBERTINA und wurde 2019 durch den Kunstrückgabebeirat zur Restitution an die Erb*innen nach Luise Simon empfohlen. Die fünf von der Kommission für Provenienzforschung ausfindig gemachten und in der ganzen Welt verstreuten Rechtsnachfolger*innen verkauften es zum Schätzpreis von EUR 1.500 an die Vereinigten Bühnen Wien, ein Unternehmen der Wien Holding. Das Bild erhält nun einen würdigen Platz im Theater an der Wien, wo es für Besucher*innen und Besucher zu besichtigen sein wird.

Es handelt sich dabei um einen Entwurf für die künstlerische Gestaltung des Vorhangs im Theater an der Wien, ursprünglich um 1800 entstanden, von Friedrich Schilcher und Ludwig Grünfeld aus 1864. Rechts unten ist eine Gruppe von Künstlern zu sehen, in der angeblich auch Johann Nestroy zu erkennen ist. Das Blatt wurde unter anderem auch in der Ausstellung Mozart – Experiment Aufklärung im Wien des ausgehenden 18. Jahrhunderts gezeigt.

Die Übergabe fand gemeinsam mit einem der Erben, Godfrey Stadlen, VBW-Geschäftsführer Franz Patay, ALBERTINA-Generaldirektor Ralph Gleis, MusikTheater an der Wien-Intendant Stefan Herheim und Pia Schölnberger, Leiterin der Kommission für Provenienzforschung beim Bundesministerium für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport am Mittwoch, den 1. Oktober 2025, im Theater an der Wien statt.

Erbe Godfrey Stadlen stellvertretend für die insgesamt fünf Erb*innen
“Dieses Gemälde, das eine Szene aus Mozarts Zauberflöte darstellt, wurde von Friedrich Schilcher als Entwurf für den Vorhang des Theaters an der Wien in Auftrag gegeben. Mein Urgroßvater Josef Simon war einst Miteigentümer des Theaters. Er verkaufte seinen Anteil, aber das Kunstwerk blieb im Besitz seiner Witwe Luise Simon, meiner Urgroßmutter.

Vor einigen Jahren erhielten mein verstorbener Bruder Nicholas und ich die Nachricht, dass das Aquarell, das vom Nazi-Regime im Rahmen seiner systematischen Enteignung jüdischen Eigentums beschlagnahmt worden war, nun Teil des österreichischen Restitutionsprogramms war und dass wir als Erben von Luise Simon identifiziert worden waren. Dank der entschlossenen Recherchen von Mathias Lichtenwagner und seinen Kolleg*innen in der Kommission für Provenienzforschung wurden drei weitere Erben in Argentinien und Mexiko identifiziert – Cousin und Cousinen, von denen mein Bruder und ich nichts gewusst hatten. Dank des österreichischen Restitutionsprogramms bin ich nun mit meinen lange verschollenen Verwandten Elinor, Susana und José in Kontakt gekommen, und wir konnten unsere Familiengeschichten austauschen. Wir, die Erben von Luise, haben beschlossen, dass wir das Gemälde wieder mit dem Theater vereinen möchten, für das es geschaffen wurde, und wir freuen uns sehr, dass es nun an diesem Ort ausgestellt wird.“

Franz Patay, VBW-Geschäftsführer
„Das Angebot der Erb*innen, dieses Bild zu erwerben und im Theater an der Wien auszustellen, haben wir mit großer Freude angenommen. Das Aquarell zeigt nicht nur einen Teil der Geschichte des Theaters an der Wien, sondern steht auch für die tragische Geschichte einer Familie, die nun durch die so wichtige Arbeit der Kommission für Provenienzforschung wieder zusammengebracht wurde.“

Stefan Herheim, Intendant MusikTheater an der Wien
„Ich bin den Erben nach Luise Simon, der Schwester von Adele Strauss, sehr dankbar, dass Sie dem Aquarell hier im Theater an der Wien ein neues Zuhause geben möchten – an dem Ort, wo so viele Verbindungen dieser Familien wieder zusammenfinden.“

Ralph Gleis, Generaldirektor der ALBERTINA
„Seit Inkrafttreten des Kunstrückgabegesetzes im Dezember 1998 hat der Kunstrückgabebeirat in 46 Fällen die Rückgabe von beinahe 4.000 Objekten aus der ALBERTINA beschlossen. Die ALBERTINA versteht sich seit Jahrzehnten als verlässliche Partnerin in der Restitution geraubter Kunst und in der aktiven Provenienzforschung. Werke, die unrechtmäßig in unsere Sammlung gelangt sind, wollen wir nicht behalten. Gerechtigkeit lässt sich nicht in Geld bemessen und kennt auch keine zeitliche Begrenzung. Daher wird die ALBERTINA auch künftig alles daransetzen, Werke ihren rechtmäßigen Erb*innen zurückzugeben, wo immer dies geboten ist. Der Restitutionsfall Luise Simon zeigt einmal mehr, dass aktive Provenienzforschung und Restitution von enormer Bedeutung sind. Für die Erb*innen – aber gleichermaßen für uns als Gesellschaft.“

Pia Schölnberger, Leiterin der Kommission für Provenienzforschung beim Bundesministerium für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport
„Die Restitution des Aquarells an die Familie von Luise Simon, die 1939 aus Österreich fliehen musste, ist mehr als eine Vermögensübertragung. Die Entzugsgeschichte dieses Blattes steht stellvertretend für die vielfach vergessenen, von Verfolgung und Beraubung, Flucht, Exil, Ermordung geprägten Lebensgeschichten, die durch die Arbeit der Kommission für Provenienzforschung sowie des Kunstrückgabebeirats ins Bewusstsein der Republik Österreich zurückgeholt werden.“

Kurt Gollowitzer, Wien Holding-Geschäftsführer
„Die Restitution dieses Aquarells ist ein bedeutendes Zeichen für die Aufarbeitung unserer Geschichte. Es freut mich sehr, dass das Werk nun an den Ort zurückkehrt, für den es geschaffen wurde. Damit wird nicht nur die künstlerische Bedeutung des Theaters an der Wien gewürdigt, sondern auch ein Stück Gerechtigkeit gegenüber den Nachkommen von Luise Simon hergestellt.“

Restitutionsfall Luise Simon
(aus der Empfehlung zur Rückgabe des Beirats)
Luise Simon wurde vom NS-Regime als Jüdin verfolgt und floh im Jahr 1939 in die Schweiz. Ihre Kunstsammlung verblieb in Wien und wurde am 6. November 1940 durch die Gestapo beschlagnahmt. Das hier gegenständliche Aquarell wurde dem Dorotheum zur Versteigerung übergeben und schließlich im Jahr 1942 von der Albertina um 200 RM entweder im Nachverkauf vom Dorotheum oder direkt von der Vugesta erworben.

Luise Simon verstarb am 15. Juli 1946. Am 13. Dezember 1946 ersuchte Rechtsanwalt Emerich Hunna im Auftrag ihrer Erbinnen, nämlich der Tochter Margarete Altmann und der Enkelin Hedwig Keunemann, das Bundesdenkmalamt um Recherchen nach der „Graphiksammlung Simon“. In einer Liste, die dem BDA übermittelt wurde, wurde auch das Aquarell von Schilcher genannt, das im Jahr 1948 in der Albertina identifiziert wurde.

Auf die Rückstellungsforderung der Erbinnen reagierte der damalige Direktor der Albertina Otto Benesch mit dem Offert, das Blatt gegen zwei Wiener Veduten einzutauschen, und verlieh seinem Vorschlag in einem Schreiben vom 5. Jänner 1949 gegenüber den Erbinnen mit folgendem Hinweis Nachdruck: Wenn nicht, so müsste Ihr Rückstellungsanspruch auf amtlichen Wege geltend gemacht werden, nach dessen ziemlich langwieriger Abwicklung erst Ihnen das Blatt gegen Einzahlung von 200.- S in den Verlassenschaftsfond [sic] des Deutschen Reiches zur Verfügung gestellt werden könnte.

1Details und Rechtsgrundlagen zu dieser Rückgabe finden sich in der Rückgabeempfehlung des Kunstrückgabebeirats unter: https://provenienzforschung.gv.at/beiratsbeschluesse/Simon_Luise_2019-06-14.pdf

Fotos der Übergabe des Aquarells im Theater an der Wien finden Sie unter:
https://nextcloud.wienholding.at/index.php/s/QQaxapYPcYqpNsM
©Stefanie J. Steindl

Rückfragen & Kontakt

Vereinigte Bühnen Wien
Sabine Siegert-Berg
Telefon: 01 58830-1531
E-Mail: sabine.siegert-berg@vbw.at

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