- 02.10.2025, 09:21:32
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Offener Brief des Lebensmittelhandels an die SPÖ-Bundesgeschäftsführung
WKÖ-Fachverbandsobmann Christian Prauchner fordert die SPÖ auf, das permanente Bashing des Lebensmittelhandels zu beenden
Christian Prauchner, Obmann des Verbandes des Lebensmittelhandels in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), wendet sich mit einem offenen Brief an die SPÖ-Bundesgeschäftsführung. Denn es sei höchst an der Zeit, dem ständigen Bashing des Lebensmittelhandels ein Ende zu setzen.
Der Offene Brief im Wortlaut:
Sehr geehrter Herr Bundesgeschäftsführer,
sehr geehrte Damen und Herren,
die jüngsten Aussagen Ihrer Partei zum Lebensmittelhandel nehmen wir mit großem Befremden zur Kenntnis. Es ist höchste Zeit, dass das ständige Bashing des Lebensmittelhandels endlich aufhört.
Alle österreichischen Lebensmittelhändler:innen – von den großen Handelsketten bis zu den regionalen Nahversorger:innen – setzen sich Tag für Tag dafür ein, die Auswirkungen der Inflation für die Konsumentinnen und Konsumenten so gering wie möglich zu halten und den täglichen Einkauf trotz hoher Inflation zu einem fairen Preis zu ermöglichen.
Fehleinschätzung der SPÖ: Politik kann Preise nicht diktieren
Wenn Sie nun per Aussendung behaupten, die jüngste Rabattaktion eines einzelnen Unternehmens sei allein das Ergebnis Ihres politischen Drucks – und gleichzeitig fordern, dass auch die übrigen Unternehmen diesem Druck nachgeben und die Preise senken sollen – ist das eine grobe Fehleinschätzung. Der Lebensmittelhandel tut bereits alles, um die Preise für die Konsument:innen so niedrig wie möglich zu halten – auch ohne Ihre Zurufe. Eine kurzfristige Aktion eines einzelnen Marktteilnehmers zeigt weder, dass andere weniger tun, noch dass bei Lebensmitteln übermäßige Gewinne erzielt werden. Sie ist schlicht Teil der laufenden Maßnahmen aller Händler:innen, um die Verbraucher:innen aktuell zu entlasten.
Auch die wiederholte Drohung mit staatlichen Preiseingriffen löst das Problem nicht. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass Preisdeckel und Eingriffe die wahren Ursachen der Inflation– insbesondere die hohen Energiekosten – nicht bekämpfen.
Energiekosten wirken wie Lawine
Der Lebensmittelhandel kann die extremen Steigerungen der Energiekosten entlang der gesamten Wertschöpfungskette nicht ausgleichen. Die Netzkosten in Österreich sind innerhalb von fünf Jahren um 60 % gestiegen, die Industriestrompreise zählen zu den höchsten Europas, und laut Statistik Austria lagen die Energiekosten im September um 7,9 % höher als im Vorjahr.
Vereinfacht gesagt:
- Der Bauer bezahlt +7,9 % für Strom, Diesel und Heizung.
- Der Hersteller (Molkerei, Mühle, Produzent) bezahlt +7,9 % für Energie bei Verarbeitung und Produktion.
- Der Frächter bezahlt +7,9 % für Treibstoff.
- Jede zwischengelagerte Stufe und alle Zulieferbetriebe bezahlen +7,9 % mehr für Strom, Gas und Treibstoff.
- Und auch der Handel selbst trägt +7,9 % höhere Energiekosten.
Gleichzeitig treibt die öffentliche Hand selbst durch laufend steigende Gebühren und Abgaben sowie immer mehr Bürokratie die Inflation zusätzlich an. Hinzu kommen steigende Lohnkosten.
Diese Kostensteigerungen wirken nicht isoliert, sondern addieren sich auf jeder Stufe der Wertschöpfungskette. Ein und dasselbe Produkt wird also mehrfach mit höheren Kosten belastet, bevor es überhaupt im Regal ankommt. Dazu kommen explodierende Weltmarktpreise von Rohstoffen wie Kakao, Kaffee oder Orangensaft.
Zu glauben, dass am Ende trotz einer Gewinnmarge von meist unter einem Prozent ein niedrigerer Preis am Regal stehen kann, offenbart schlicht fehlendes Wirtschaftsverständnis. Preisentlastungen werden erst dann realistisch, wenn die Energiekosten endlich gesenkt werden.
Branche unter enormem Druck
Erst kürzlich hat der Fall Unimarkt gezeigt, unter welchem enormen Druck die Branche steht. Für viele ländliche Nahversorger wird die Luft immer dünner. Und genau diejenigen, die fordern, den Lebensmittelhandel immer stärker zu regulieren und unter Druck zu setzen, tragen auch Verantwortung dafür, wenn weitere Unternehmen und Nahversorger verschwinden und Arbeitsplätze verloren gehen. Anstatt sich für die Nahversorger einzusetzen, erleben wir, dass Teile der Politik nichts Besseres wissen, als eine gesamte Branche – und damit auch unsere 140.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – pauschal zu diskreditieren. Diese Menschen sehen sich inzwischen täglich Anfeindungen ausgesetzt, weil sie instrumentalisiert werden, um von den eigentlichen Ursachen der Inflation abzulenken.
Wenn Ihr Bundesgeschäftsführer im Zusammenhang mit dem Lebensmittelhandel in einer früheren Aussendung von „hinterhältigen Tricks“ spricht, darf ich diese Formulierung auf das Schärfste zurückweisen. Der eigentliche Trick besteht darin, den Lebensmittelhandel mit immer neuen Nebenfronten und Nebelgranaten in die Öffentlichkeit zu zerren, anstatt die tatsächlichen Ursachen der Inflation anzugehen.
Fakten statt Nebelgranaten
Wir fordern daher einen sachlichen Dialog, der auf den Fakten basiert, und kein parteipolitisches Ablenkungsmanöver auf dem Rücken einer ganzen Branche.
Lebensmittel sind ein Grundbedürfnis – das wissen wir besser als jede politische Partei. Wir stehen bereit, unseren Beitrag zu leisten. Aber wir lassen uns nicht länger zum Sündenbock für Probleme machen, deren Ursachen weit außerhalb unserer Verantwortung liegen.
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