• 30.09.2025, 12:22:02
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Spitze der österreichischen Bahnbranche im Europäischen Parlament: Schiene als Hebel für Klimaziele und Wettbewerbsfähigkeit

Experten aus Politik und Wirtschaft diskutierten nötige Weichenstellungen für die Zukunft des Bahnverkehrs in Europa

Wien (OTS) - 

Auf Einladung des EU-Ausschusses im Fachverband der Schienenbahnen in der WKÖ und der Abgeordneten zum Europäischen Parlament Sophia Kircher, Vizevorsitzende des Verkehrsausschusses (TRAN), fand im Europäischen Parlament vor kurzem eine hochkarätige Lunch Debate statt. Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Interessenvertretungen aus der Bahnbranche diskutierten über die zentralen Herausforderungen für die Schiene und den öffentlichen Verkehr in Europa.

Ziel der Veranstaltung war es, aufzuzeigen, welche politischen und infrastrukturellen Weichenstellungen notwendig sind, um die ambitionierten Klimaziele der Europäischen Union zu erreichen und zugleich die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft zu sichern.

Politischer Rückenwind aus dem Europäischen Parlament

Gastgeberin Sophia Kircher stellte klar, dass Europa ohne einen starken Schienenverkehr weder seine Klimaziele noch seine Wettbewerbsfähigkeit erreichen könne: „Ein modernes und effizientes Transportsystem ist eine Grundlage für die Wettbewerbsfähigkeit der EU. Die Richtung dafür ist klar: Wir brauchen eine spürbare Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene. Dafür braucht es den Abbau von Bürokratie im Schienenverkehr, den Ausbau der Bahninfrastruktur und ein einheitliches Ticketsystem: ein System – ein Ticket. Einfach, verlässlich, fair.“ Die Botschaft der Abgeordneten: „Europa muss beim Thema Schiene entschlossen handeln – und zwar jetzt.“

Schiene als Rückgrat der Verkehrswende

Monika Unterholzner, Vorsitzende des EU-Ausschusses im Fachverband Schienenbahnen und stellvertretende Generaldirektorin der Wiener Stadtwerke, brachte es auf den Punkt: „Wenn wir die europäischen Klimaziele und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft ernst nehmen, müssen ÖPNV und Schienengüterverkehr auf europäischer Ebene priorisiert werden, auch bei Investitionen. Gerade der Schienengüterverkehr steht derzeit vor großen Herausforderungen: Die grenzüberschreitende Interoperabilität muss verbessert werden und die Planbarkeit für die Kunden leidet unter Engpässen und Baustellen.“

Auch Elisabetta Garofalo von der Europäischen Kommission, DG Move, betonte die strategische Bedeutung der Schiene, dass ganz besonders der Schienengüterverkehr das Rückgrat der Verkehrswende ist. Zur Stärkung der Schiene müssten verschiedene Puzzleteile richtig zusammengesetzt werden, angefangen bei TEN-V über Ticketing und vieles mehr.

Brenner-Korridor als Engpass für den europäischen Güterverkehr

Ein zentrales Thema in der Debatte war der Brenner-Korridor, eine der wichtigsten Güterverkehrsachsen Europas. Ruby van der Sluis, Geschäftsführerin von Lokomotion, verdeutlichte die enorme Abhängigkeit der europäischen Wirtschaft von dieser Verbindung. Während in der Schweiz der Schienengüterverkehr bereits 74 % des Transitverkehrs abdeckt, liegt dieser Anteil am Brenner bei lediglich 27 %. „Bereits heute ist die Brennerachse teils wegen Bauarbeiten nicht verfügbar. Mit den geplanten Arbeiten an der Brennerstützmauer sowie der 5-monatigen Vollsperrung München – Rosenheim 2028 verschärfen sich die Engpässe auf der Schiene massiv. Die Folgen für die europäische Wirtschaft sind gravierend“, warnte van der Sluis. Versorgungsengpässe, Produktionsstillstände und tausende zusätzliche Lkw-Fahrten sind die unmittelbaren Konsequenzen. Ohne alternative und flexiblere Baukonzepte drohen irreparable Schäden für den Schienengüterverkehr.

Wiener Linien: Strategische Investitionen trotz begrenzter Mittel

Aber auch der städtische Nahverkehr stand im Fokus. Gudrun Senk, Geschäftsführerin und CTO der Wiener Linien, präsentierte den Ansatz des Unternehmens zur strategischen Investitionsplanung: „Unsere Herausforderung ist es, begrenzte Mittel so einzusetzen, dass wir einerseits bestehende Infrastruktur erhalten, gleichzeitig aber auch Ausbau und Dekarbonisierung vorantreiben können. Wir nutzen ein objektives Priorisierungssystem, um sicherzustellen, dass die wichtigsten Projekte – etwa zur Sicherheit und Leistungsfähigkeit – zuerst umgesetzt werden.“ Senk zeigte damit auf, wie Metropolen trotz finanzieller Engpässe klimafreundliche Mobilität sichern und weiterentwickeln können.

Datenqualität als Fundament für Mobilität

Einen weiteren Schwerpunkt setzte Jacqueline Erhart, Leiterin ITS Vienna Region. Sie betonte die Bedeutung qualitativ hochwertiger Mobilitätsdaten für Verkehrssteuerung, Fahrgastinformation und neue Mobilitätsdienste. „Nur mit umfassenden, zuverlässigen und interoperablen Daten lassen sich Verkehrsträger sinnvoll vernetzen und Ressourcen effizient einsetzen“, so Erhart. „Datenautonomie und Datensouveränität müssen dabei gewährleistet sein.“

ETCS-Rollout: Schlüsseltechnologie mit Herausforderungen

Mark Topal-Gökceli, CTO der ÖBB-Holding AG, präsentierte im Rahmen der Veranstaltung den aktuellen Stand der Einführung des Europäischen Zugsicherungssystems (ETCS). ETCS gilt als Schlüsseltechnologie für einen sicheren, interoperablen und kapazitätsstarken Bahnverkehr in Europa und ist Grundlage für künftige Innovationen wie automatisiertes Fahren (ATO) und digitale Verkehrsmanagementsysteme (TMS). Trotz erheblicher Fortschritte – wie der geplanten Ausrüstung von 2.000 Kilometern TEN-Korridoren in Österreich bis 2030 sowie umfassender Fahrzeugumrüstungen – sieht Topal-Goekceli dringenden Handlungsbedarf. Die stetig wachsende Komplexität der ETCS-Spezifikationen, steigende Kosten und fehlende Aufwärtskompatibilität führten zu häufigen, teuren Upgrade-Zyklen und unkoordinierten Zwangsinvestitionen für Betreiber.

Die ÖBB treten daher ein, für:

  • Verbindliche, europaweit abgestimmte Migrationspläne für Infrastruktur und Fahrzeuge
  • Reduzierte Spezifikationskomplexität mit Fokus auf essenzielle Funktionen
  • Planbare und harmonisierte Upgrade-Zyklen, um Kostendruck zu verringern
  • Schutz bestehender Investitionen durch volle Auf- und Abwärtskompatibilität
  • Harmonisierung der Betriebsregeln als Basis jeder weiteren Technologieentwicklung

„ETCS ist der Schlüssel zur Zukunft der europäischen Bahn. Damit wir die Vision von sicherem, interoperablem und effizientem Bahnverkehr verwirklichen können, müssen wir jetzt Stabilität schaffen, die Komplexität reduzieren und gemeinsam für Planungssicherheit sorgen – im Interesse von Kunden, Betreibern und Steuerzahlern,“ betonte Topal-Gökceli.

Fazit: Europa braucht die Schiene

Die Diskussionen der Lunch Debate machten deutlich: Die Schiene ist das Rückgrat der europäischen Verkehrswende. Um die ambitionierten Klimaziele der EU zu erreichen und die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, braucht es einen entschlossenen Ausbau des Schienenverkehrs.

Über die die zentralen Handlungsfelder waren sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der hochkarätigen Veranstaltung einig:

  • Investitionen in Infrastruktur und Digitalisierung
  • Europaweit harmonisierte Standards für Interoperabilität
  • Abbau bürokratischer Hürden
  • Einheitliche Ticket- und Datensysteme für die Fahrgäste

„Nur wenn diese Schritte umgesetzt werden, kann Europa seine Ziele erreichen und die Schiene ihre Rolle als Motor der Verkehrswende voll entfalten. Europa braucht mehr Schiene und die Schiene braucht mehr Europa“, so der Obmann des Fachverbandes Schienenbahnen, Günter Neumann, im Nachgang. (PWK401/DFS)

Ein Foto zum honorarfreien Download finden Sie hier.

Im Bild v.l.n.r.: Mark Topal-Gökceli, Jacqueline Erhart, Monika Unterholzner, Sophia Kircher, Gudrun Senk, Ruby van der Sluis, Günter Neumann und Elisabetta Garofalo

Fotocredit: FV Schienenbahnen

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