- 29.09.2025, 11:34:02
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Nicht auf Schiene: Bahnzwang gefährdet Recycling-Wirtschaft!
FV Entsorgungs- und Ressourcenmanagement und Bundessparte Industrie fordern sofortigen Stopp der Verpflichtung, Abfall auf der Schiene zu transportieren
Der Fachverband Entsorgungs- und Ressourcenmanagement und die Bundessparte Industrie der Wirtschaftskammer Österreich fordern von der Bundesregierung den sofortigen Stopp der Verpflichtung, Abfall auf der Schiene zu transportieren. Sie warnen vor negativen ökologischen wie ökonomischen Folgen des Bahnzwangs. Selbst das Umweltministerium empfiehlt im seinem aktuellen Evaluierungsbericht zumindest eine Abschwächung der Regelung.
Der Einsatz von Sekundärrohstoffen wie Altmetall, Altholz und Altpapier in der Produktion ist ressourcenschonend und stärkt die Kreislaufwirtschaft. Nach dem Abfallwirtschaftsgesetz gelten Sekundärrohstoffe jedoch als Abfall. Sobald die Transportdistanz über 200 Kilometer beträgt, muss Sekundärmaterial per Bahn befördert werden. Ab 1. Jänner 2026 soll dieser Bahnzwang bereits ab 100 km gelten – eine drastische Verschärfung, die zahlreiche Unternehmen vor unlösbare Herausforderungen stellt.
Recycling wird behindert – Sekundärrohstoffe wandern ins Ausland ab
Sekundärrohstoffe sind unverzichtbar für eine nachhaltige Produktion in Österreich. Die Bahn ist für viele Abfallarten logistisch ungeeignet. Lange Stehzeiten, fehlende Infrastruktur und unflexible Transportzeiten machen eine planbare Versorgung unmöglich. Zusätzlich verzögert die verpflichtende Abfrage über die Plattform aufschiene.gv.at die Abläufe – bis zu zwei Werktage Wartezeit für eine Bestätigung sind keine Seltenheit.
„Die Erfahrungen mit dem Bahnzwang haben gezeigt, dass die damit verbundene einseitige Belastung von Sekundärrohstoffen - und damit auch der auf eine termingerechte Versorgung mit Sekundärrohstoffen angewiesenen Papier-, Holz- und Metallindustrie - im Hinblick auf den umweltpolitisch gewünschten Einsatz von Sekundärmaterial kontraproduktiv, sachlich nicht gerechtfertigt und nachteilig für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft ist. Die Regelung schwächt das gesamte umweltorientierte Wertschöpfungssystem“, sagt Siegfried Menz, Bundesspartenobmann Industrie in der Wirtschaftskammer Österreich.
Die gesetzliche Einschränkung der Transportmöglichkeiten gefährdet die Versorgung mit wichtigen Rohstoffen. Wertvolle Materialien gelangen nicht mehr nach Österreich, und die Industrie muss wieder vermehrt auf Primärrohstoffe zurückgreifen.
„Der Bahnzwang ist ein Alleingang Österreichs, der dazu führt, dass internationale Partner unsere Grenzen umfahren. Das ist ein massiver Rückschritt für die Kreislaufwirtschaft“, unterstreicht Thomas Kasper, Obmann des WKÖ-Fachverbandes Entsorgungs- und Ressourcenmanagement.
Evaluierungsbericht des Umweltministeriums belegt: Ziel CO₂-Einsparung verfehlt
Selbst im kürzlich veröffentlichten Evaluierungsbericht „Abfalltransporte auf der Schiene" des Umweltministeriums wird dafür plädiert, das Inkrafttreten der Verpflichtung für Transportstrecken von über 100 km von 1. Jänner 2026 auf 2030 zu verschieben.
Der Hauptzweck des Bahnzwangs - ein Beitrag zum Klimaschutz - wird offenbar nicht erreicht. Der Evaluierungsbericht weist keinerlei durch den Bahnzwang erzielte CO2-Einsparungen aus. Das ist nicht überraschend: Abfalltransporte machen nur vier Prozent des gesamten Straßengüterverkehrs aus, das theoretische CO2-Einsparpotenzial liegt lediglich bei 0,0001 Prozent.
Damit sehen sich die Branchenvertreter in ihrer Forderung nach Abschaffung des Bahnzwangs bestätigt. Dieser trägt offenbar nicht zum Klimaschutz bei, behindert jedoch das Recycling - das ein weit höheres Co2-Einsparungspotential hätte - und verursacht enorme Kosten. Die verpflichtende Abfrage von Bahnkapazitäten bringt zusätzliche Verwaltungskosten in der Höhe von jährlich 3,5 Mio. Euro für die Unternehmen mit sich. Hinzu kommt: Transporte mit der Bahn sind insbesondere für kürzere Distanzen erheblich teurer und wirtschaftlich oft nicht vertretbar.
„Teile der Bundesregierung haben das Problem erkannt und sind offen für praxistaugliche Lösungen. Andere wollen aus strategischen Gründen die konsequente Verlagerung auf die Bahn gegen jede ökologische und wirtschaftliche Vernunft, und das selbst entgegen den Ergebnissen des Evaluierungsberichts aus dem zuständigen Bundesministerium. Die maßgebende Relevanz unserer Unternehmen für die Kreislaufwirtschaft ist unbestritten. Wir benötigen hier dringend Handlungsspielraum“, sagt Kasper und betont: „Die Abfallwirtschaft fährt bereits jetzt mit der Bahn. Es fehlt uns jedoch an der notwendigen Infrastruktur und den Transportkapazitäten. Im intermodalen Transport findet sich immer das ökologische und ökonomische Optimum.“ Er fordert daher nachdrücklich, in den Ausbau der Bahn zu investieren.
Appell: Rücknahme des Bahnzwangs
Für die (Kreislauf-)Wirtschaft ist der Bahnzwang nicht tragbar.
„Wer Kreislaufwirtschaft will, muss praktikable Rahmenbedingungen schaffen und darf Sekundärrohstoffe nicht massiv gegenüber Primärmaterial am Markt benachteiligen. Die Bahn kann die für die Industrie erforderlichen ‚Just-in-time‘-Lieferungen nicht annähernd leisten und ist darüber hinaus um ein Vielfaches teurer als der LKW“, so Menz.
Deshalb fordert die Branche vehement das Aus des Bahnzwangs, und das möglichst vor der gesetzlich vorgesehenen Verschärfung ab 1.1.2026, die Bahntransporte dann bereits ab 100 Kilometern verpflichtend vorschreibt.
„Dieser bürokratische Irrweg ist höchst kontraproduktiv. Das ist Symbolpolitik auf dem Rücken der Wirtschaft. Statt die Kreislaufwirtschaft zu stärken, wird sie behindert. Österreich kann sich das nicht leisten“, betonen Menz und Kasper abschließend.
Factsheet - Kernprobleme des Bahnzwangs:
Mehr Bürokratie, kein Effekt: Laut Evaluierungsbericht bringt der Bahnzwang keine nachweisbare CO₂-Reduktion – die theoretisch möglichen Einsparungen liegen im Promillebereich. Demgegenüber entstehen jährlich Verwaltungskosten nur für die verpflichtende Abfrage von Bahnkapazitäten von rund 3,5 Mio. Euro für die betroffenen Unternehmen.
Gefahr für Recycling & Rohstoffe: Sekundärrohstoffe wandern ins Ausland, weil internationale Partner Österreich „umfahren“. Damit verliert die heimische Industrie wertvolle Materialien – das schwächt die Kreislaufwirtschaft.
Hohe Kosten: Bahntransporte sind bis zu dreimal teurer als Lkw-Fahrten. Rail Cargo Austria hat die Preise allein 2023 um 35 Prozent erhöht.
Fehlende Infrastruktur: Umschlagstellen, Kapazitäten und Planungssicherheit fehlen – selbst das Umweltministerium räumt ein, dass die 100-km-Regelung von 2026 auf 2030 verschoben werden müsste.
Forderung: Rückkehr zu einer praxistauglichen Regelung. Abfalltransporte gehören dort auf die Bahn, wo es Sinn macht – nicht unter Zwang, der Wirtschaft und Umwelt gleichermaßen schadet.
Über den Fachverband Entsorgungs- und Ressourcenmanagement
Der Fachverband ist die in der Wirtschaftskammer Österreich eingebettete gesetzliche Interessensvertretung der Abfallwirtschaft. Der Fachverband verzeichnet 8.027 Mitgliedschaften und wurde wegen der aus ökologischer und ökonomischer Sicht besonderen Bedeutung im Jahr 2000 gegründet. Die Aufgaben der Unternehmen umfassen die Sammlung, Behandlung und (Wieder-)Verwertung von flüssigen und festen Abfällen jedweder Art, die Reinhaltung und Wartung von Verkehrsflächen sowie die Erfassung und Aufbereitung von Abwasser. Ebenso zählen die Schneeräumung sowie die Entrümpelung als auch das Reinigen von Kanälen und Kläranlagen zu den Tätigkeitsbereichen der vom Fachverband vertretenen Unternehmen.
Über die Bundessparte Industrie der Wirtschaftskammer Österreich
Die Bundessparte ist die zentrale Interessenvertretung der österreichischen Industrieunternehmen auf Bundesebene. Sie umfasst rund 5.000 Mitgliedsunternehmen, die in 16 Fachverbänden organisiert sind und gemeinsam etwa 470.000 Beschäftigte repräsentieren.
(PWK397/ES/JHR)
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