- 25.09.2025, 02:46:03
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Nationalrat: Zweiter Anlauf für Pilnacek-Untersuchungsausschuss könnte klappen
Positive Signale von Koalitionsparteien zum FPÖ-Verlangen
Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum Fall Pilnacek könnte im zweiten Anlauf klappen. Bei einer Debatte im Nationalrat kamen aus den Reihen der Koalitionsparteien positive Signale. Zwar müsse man das FPÖ-Verlangen noch prüfen, der Untersuchungsgegenstand sei dieses Mal aber deutlich klarer formuliert und sollte den verfassungsrechtlichen Vorgaben damit Genüge tun, so der grundsätzliche Tenor. "Wie es ausschaut, werden wir keinen Richter brauchen", hielt etwa SPÖ-Abgeordneter Kai Jan Krainer fest. Auch NEOS-Abgeordnete Sophie Marie Wotschke zeigte sich optimistisch, was die Verfassungskonformität des nunmehrigen Verlangens betrifft. Ein Schlupfloch ließen sich SPÖ und NEOS aber noch offen, auch ÖVP-Abgeordneter Andreas Hanger will noch "ein paar wichtige Detailfragen" klären.
Offen blieb, ob der Geschäftsordnungsausschuss noch vor der nächsten Nationalratssitzung am 15. Oktober zusammentreten wird. Grün-Abgeordnete Nina Tomaselli drängte jedenfalls darauf, die Fristen "nicht auszureizen". Man solle mit der Aufklärungsarbeit endlich anfangen, war sie sich mit den FPÖ-Abgeordneten Christian Hafenecker und Thomas Spalt einig. Insgesamt hat der Geschäftsordnungsausschuss acht Wochen Zeit, um das FPÖ-Verlangen zu prüfen, wobei er die Beratungen innerhalb von vier Wochen aufnehmen muss.
FPÖ drängt auf rasche Untersuchung
In der Debatte drängten die FPÖ-Abgeordneten Christian Hafenecker und Thomas Spalt auf eine rasche Untersuchung. Es gehe nicht um ein "politisches Spiel", vielmehr habe der Nationalrat eine Pflicht zur Aufklärung, sagte Spalt. Die Umstände des Ablebens Pilnaceks und die nach seinem Tod durchgeführten Ermittlungen würden viele Fragen aufwerfen: Seien Beweise manipuliert, vorenthalten oder entfernt worden? Habe es Druck auf Medien gegeben, um eine Berichterstattung zu verhindern? Warum seien die Ermittlungen mittlerweile der Staatsanwaltschaft Eisenstadt übertragen worden?, nannte Spalt beispielhaft. Das alles seien Fragen, die ein Rechtstaat nicht offen lassen dürfe. Für Abgeordneten Hafenecker ist die Grundfrage, ob wichtige Stellen des Staates noch ohne politische Einflussnahme arbeiten könnten. Könne man sich auf das Innenministerium und das Justizministerium noch verlassen? fragte er. Hafenecker warnte auch davor, den Start des Untersuchungsausschusses weiter "hinauszuziehen".
Koalition lobt klaren Untersuchungsgegenstand
Seitens der ÖVP hob Andreas Hanger hervor, dass es einen klaren Untersuchungsgegenstand brauche. "Das sagen wir seit Wochen und Monaten", meinte er. Der vorliegende Antrag würde dieser Vorgabe entsprechen. Ein paar wichtige Detailfragen sind ihm zufolge aber noch zu klären. Hanger drängte außerdem darauf, "unvoreingenommen" an den Untersuchungsausschuss heranzugehen. Wenn Theorien "gesponnen" würden, die nicht haltbar seien, werde sich die ÖVP schützend vor die Polizei stellen, sagte er. Hanger rechnet damit, dass ein Großteil der Akten aus dem Justizministerium kommen wird, wegen laufender Verfahren werde es wohl auch Konsultationen und Abstimmungen bedürfen.
"Total überrascht" über den eng gefassten Untersuchungsgegenstand zeigte sich Kai Jan Krainer (SPÖ). Es "schaut gut aus", sagte er zum Verlangen, "aber schauen wir es uns an". Es handle sich jedenfalls um einen "einfachen und klaren politischen Auftrag". Wie Hanger mahnte aber auch Krainer Sachlichkeit ein: Er würde sich freuen, wenn der Ton im Untersuchungsausschuss respektvoll sei und die Aufklärung im Vordergrund stehe.
Als "auf den ersten Blick verfassungskonform" wertete Sophie Marie Wotschke (NEOS) das FPÖ-Verlangen. Ihre Fraktion werde das noch näher prüfen, sie sei aber optimistisch, betonte sie. Es handle sich um einen Untersuchungsgegenstand, der "klar abgehandelt" werden könne. Die NEOS hätten sich immer zur Aufklärung bekannt, bekräftigte Wotschke, die österreichische Bevölkerung habe ein Recht darauf. Angesichts der bisher bekannten Umstände stellt sich für die Abgeordnete insbesondere die Frage, ob bei den Ermittlungen einfach "dilettantisch gearbeitet" worden sei oder ob es Weisungen im Hintergrund gegeben habe.
Grüne begrüßen U-Ausschuss
"Ganz klar" würden die Grünen laut Nina Tomaselli den Untersuchungsausschuss begrüßen. Man müsse endlich anfangen mit der Aufklärungsarbeit und nicht die Fristen ausreizen, hielt sie in Reaktion auf die Wortmeldung von ÖVP-Abgeordnetem Hanger fest. Für Tomaselli ist aber klar, dass der Nationalrat "keine Mordkommission und kein zweites Strafgericht" sei. Die Aufgabe der Abgeordneten sei es, die Verwaltung und die Ermittlungen zu prüfen.
FPÖ sieht viele offene Fragen
Mit dem sogenannten "Pilnacek-Untersuchungsausschuss" (2/US) will die FPÖ die Ermittlungen rund um den Tod des ehemaligen Spitzenbeamten im Justizministerium Christian Pilnacek überprüfen. Sie hegt den Verdacht, dass es bei den durchgeführten Ermittlungen nach Auffinden der Leiche Pilnaceks zu unrechtmäßigen Handlungen gekommen ist. So ist im Verlangen etwa von einer unbefugten Entfernung und Zurückhaltung von Beweismitteln, einer Verfälschung von Ermittlungsergebnissen, der Verschleierung von Vorfällen und einer gezielten strafrechtlichen Verfolgung von Journalisten, die an der Aufarbeitung der Vorgänge beteiligt waren, die Rede. Auch glaubt die FPÖ, dass mögliche Zusammenhänge zwischen Pilnaceks Tod und dessen Kontakte zur ÖVP bei den Ermittlungen vernachlässigt wurden. Im Hintergrund könnten, so die Vermutung der Freiheitlichen, politische Akteure - etwa aus dem Innenministerium oder dem Bundeskanzleramt - die Fäden gezogen oder Druck ausgeübt haben (Details dazu siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 784/2025).
Geschäftsordnungsausschuss am Zug
Im Anschluss an die Debatte im Nationalrat wurde das Verlangen dem Geschäftsordnungsausschuss zur Vorberatung zugewiesen. Dieser hat nun insgesamt acht Wochen Zeit, um die formale Korrektheit des Untersuchungsgegenstandes zu prüfen. Grundsätzlich ist die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen ein parlamentarisches Minderheitsrecht - ein Viertel der Abgeordneten reicht aus, um einen U-Ausschuss in die Wege zu leiten. Allerdings sind bestimmte verfassungsgesetzliche Vorgaben einzuhalten. An diesen Vorgaben ist ein erster Anlauf der Freiheitlichen gescheitert. Sie wollten mit dem "ÖVP-Machtmissbrauchs-Untersuchungsausschuss" nicht nur den Fall Pilnacek, sondern auch den behördlichen Umgang mit Corona-Demonstrationen und "regierungs- und maßnahmenkritischen Bürgern" durchleuchten, was der Verfassungsgerichtshof als unzulässigen Themenmix gewertet hat.
Winkt der Geschäftsordnungsausschuss die neue Initiative durch, hat er gleichzeitig auch die Zusammensetzung des Untersuchungsausschusses zu bestimmen, den grundsätzlichen Beweisbeschluss zu fassen sowie Verfahrensrichter:in und Verfahrensanwalt bzw. Verfahrensanwältin zu wählen. Bisher hat es in der Zweiten Republik 29 U-Ausschüsse gegeben. Davon wurden acht nach der seit 2015 geltenden Verfahrensordnung und sieben auf Basis eines Minderheitenverlangens eingesetzt.
FPÖ fordert Überprüfung der Finanzierung von NGOs aus Steuermitteln
Abseits des Untersuchungsausschusses hat die FPÖ auch ein zweites Prüfverlangen im Nationalrat eingebracht: Demnach soll der Ständige Unterausschuss des Rechnungshofausschusses die Finanzierung von NGOs aus Steuermitteln unter die Lupe nehmen. (Schluss Nationalrat) gs
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