- 24.09.2025, 21:40:32
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Nationalrat setzt Novelle zum ORF-Beitrags-Gesetz auf Schiene
Auch Adaptierung des ORF-Gesetzes erhielt breite Zustimmung
Der Nationalrat hat heute Abend zwei den ORF betreffende Gesetzesnovellen beschlossen. Zum einen stimmten die Abgeordneten mit breiter Mehrheit dafür, Unternehmen mit mehreren Standorten bei der ORF-Gebühr zu entlasten und die Gebührenbefreiung für einkommensschwache Haushalte abzusichern. Zum anderen wurde das Aus für das Anhörungsrecht der Länder bei der Bestellung der ORF-Landesdirektor:innen besiegelt. Beide Beschlüsse erfolgten mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen, wobei mittels Abänderungsanträgen jeweils noch geringfügige Adaptierungen vorgenommen wurden. Die FPÖ forderte die gänzliche Abschaffung der Haushaltsabgabe, konnte sich mit einem entsprechenden Entschließungsantrag aber nicht durchsetzen.
Einen neuerlichen Disput gab es in Bezug auf die Abwesenheit von Vizekanzler Andreas Babler in der Aktuellen Europastunde. Es sei üblich, dass sich der Bundeskanzler von seinem Staatssekretär vertreten lasse, machten sowohl Babler als auch SPÖ-Abgeordnete Muna Duzdar geltend. Wiewohl er sich immer freue, wenn man mit ihm diskutieren wolle, meinte Babler. Dem hielt Grün-Abgeordnete Sigrid Maurer entgegen, dass die Grünen die Anwesenheit des Vizekanzlers verlangt hätten und dass dies ihr Recht sei. Die Frage soll nun nochmals in der Präsidiale erörtert werden, wobei Dritte Nationalratspräsidentin Doris Bures darauf verwies, dass der vorsitzführende Nationalratspräsident die Vertretung Stockers durch Staatssekretär Pröll als ordnungsgemäß gewertet hatte.
Entlastungen bei der ORF-Gebühr
Von der Novelle zum ORF-Beitrags-Gesetz profitieren unter anderem kleine Bauunternehmen, die in mehreren Gemeinden Baustellen haben, und Handelsbetriebe, die Personal ortsübergreifend in verschiedenen Filialen einsetzen. Aber auch große Konzerne mit mehreren Standorten werden entlastet. Da die Höhe der ORF-Gebühr künftig ausschließlich von der Lohnsumme und nicht mehr auch von der Zahl der Betriebsstätten abhängt, müssen Unternehmen maximal nur noch das 50-fache der Haushaltsabgabe - und nicht mehr bis zu 100 ORF-Beiträge - zahlen. Sie ersparen sich dadurch jährlich 10 Mio. Ꞓ, wie ÖVP-Abgeordneter Kurt Egger und NEOS-Abgeordnete Henrike Brandstötter erklärten.
Aber auch einkommensschwachen Haushalten kommt die Novelle zugute. Ohne die nunmehr sichergestellte Berücksichtigung von Wohnkosten müssten laut Vizekanzler Andreas Babler viele der derzeit von der Haushaltsabgabe befreiten Haushalte ab 2026 ORF-Gebühr zahlen. Der SPÖ sei es ein besonderes Anliegen gewesen, das zu verhindern, betonte er. Zudem hoben Babler und SPÖ-Mediensprecher Klaus Seltenheim hervor, dass Personen, die die Haushaltsabgabe per Erlagschein einzahlen, auch künftig die Jahresgebühr von 183,60 Ꞓ nicht auf einmal zahlen müssten, sondern weiter Teilbeträge entrichten könnten. Damit halte die SPÖ Wort, was das Recht auf ein analoges Leben betreffe, meinte Seltenheim.
Mit dem von den Koalitionsparteien eingebrachten und bei der Abstimmung mitberücksichtigten Abänderungsantrag wurden insbesondere redaktionelle Versehen beseitigt und Klarstellungen in Bezug auf das In- und Außerkrafttreten der einzelnen Bestimmungen vorgenommen. Die neuen Gebührenregeln für Unternehmen und Haushalte sollen vorerst nämlich nur für zwei Jahre gelten, wobei in Bezug auf die Berücksichtigung der Wohnkosten eine Ersatzregelung vorgesehen ist. ÖVP-Abgeordnete Tanja Graf drängte in diesem Zusammenhang darauf, hier rasch eine Lösung zu finden, um Unternehmen Planungssicherheit zu geben.
FPÖ fordert vollständige Abschaffung der Haushaltsabgabe
FPÖ-Abgeordneter Michael Schilchegger begründete die Ablehnung des Gesetzentwurfs damit, dass es sich um eine "doppelte Mogelpackung" handle. Zum einen seien die vorgesehenen Entlastungen auf zwei Jahre befristet, zum anderen werde an der Mehrfachbelastung von Unternehmen festgehalten, kritisierte er. Auch in Zukunft müssten diese mehrere ORF-Beiträge zahlen. Er ortet außerdem eine "skandalöse Ungleichbehandlung" bei der Anrechnung des Wohnaufwands.
Geht es nach der FPÖ, soll der ORF verschlankt und aus dem Bundesbudget auf Basis eines mehrjährigen Finanzrahmenplans finanziert werden. Beim ORF gebe es erhebliches Sparpotential, sind die Freiheitlichen überzeugt. Ein von Schilchegger eingebrachter Entschließungsantrage zur Abschaffung der Haushaltsabgabe fand bei der Abstimmung allerdings keine Mehrheit.
Auch die Novelle zum ORF-Gesetz, mit der das Anhörungsrecht der Länder bei der Bestellung der Direktorinnen bzw. Direktoren der ORF-Landesstudios gestrichen wird, wurde von der FPÖ nicht mitgetragen. Seine Partei habe nichts gegen das Streichen der Bestimmung, es handle sich aber um "völlig bedeutungslose Symbolpolitik", argumentierte Schilchegger. Die Landeshauptleute würden auch künftig Wege finden, um klarzumachen, wen sie sich an der Spitze des jeweiligen Landesstudios wünschten.
Koalition sieht Unabhängigkeit des ORF gestärkt
Die Koalitionsparteien erwarten sich von der ORF-Novelle hingegen eine Stärkung der Unabhängigkeit des ORF. Weltweit stehe die freie Meinungsäußerung unter Druck, deshalb sei es wichtig, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu stärken, hielten etwa SPÖ-Abgeordneter Seltenheim und seine Fraktionskollegin Muna Duzdar fest. Duzdar warnte in diesem Zusammenhang vor einer Situation wie in Ungarn und warf der FPÖ vor, seit Jahren gegen den ORF zu "kampagnisieren". Ein "Orban-TV" in Österreich, wie es sich die FPÖ wünsche, werde es mit der ÖVP nicht geben, hielt auch ÖVP-Abgeordneter Egger fest.
Was die Haushaltsabgabe betrifft, erinnerte Egger daran, dass man die Finanzierung des ORF infolge eines VfGH-Urteils auf neue Beine habe stellen müssen. Im Zuge dessen sei die Gebühr für den ORF von monatlich 18,30 Ꞓ auf 15,30 Ꞓ gesenkt worden, machte er geltend. Dieser Betrag bleibe bis 2029 eingefroren. Egger hob überdies hervor, dass der ORF durch seine Kultur-, Sport- und Filmförderung indirekt tausende Arbeitsplätze sichere und außerdem in den nächsten Jahren zig Millionen einsparen müsse. Seine Fraktionskollegin Graf wies insbesondere auf die Streichung der "Doppelbelastung" für Unternehmen hin, durch die vorgesehen Rückwirkung könne es auch zu keinen Nachforderungen kommen.
Irritiert über die Ablehnung des ORF-Novelle durch die FPÖ zeigte sich NEOS-Abgeordneter Yannick Shetty. Das habe wohl damit zu tun, dass es nun auch einen FPÖ-Landeshauptmann gebe, mutmaßten er und NEOS-Mediensprecherin Brandstötter. Shetty selbst hält "die Entmachtung der Landeshauptleute" für weit mehr als Symbolpolitik: Es gelte den Anschein zu zerstreuen, dass im ORF "politische Packelei" zähle. Über eine größere ORF-Reform soll laut Brandstötter ab nächstem Jahr beraten werden.
Mit den neuen Gebührenregeln werden laut Brandstötter 20.000 heimische Betriebe entlastet. Gleichzeitig werde es keine Einschnitte im Programm des ORF geben, weil die Einnahmen aus der Haushaltsabgabe ihr zufolge ohnehin über Plan liegen und der ORF nur einen bestimmten Betrag daraus entnehmen dürfe. Durch die neuen Regeln werden laut Brandstötter zudem 500.000 Ꞓ an Verwaltungskosten entfallen.
Grüne vermissen "Entpolitisierung" des ORF
Auch die Grünen erteilten den beiden Gesetzesnovellen ihre Zustimmung. Sie freue sich, dass es SPÖ und ÖVP gelungen sei, die Länder von der Streichung des Anhörungsrechts der Landeshauptleute zu überzeugen, sagte Sigrid Maurer. Dieses sei unzeitgemäß und mit einem unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht vereinbar.
Maurer vermisst allerdings die angekündigte Entpolitisierung des ORF in anderen Bereichen. Der politische Einfluss auf den ORF sei durch die beschlossene Gremienreform nicht reduziert, sondern zum Teil nur vom Stiftungsrat in den Publikumsrat verschoben worden, hielt sie fest. Empört ist Maurer außerdem über eine Aussage des neuen Vorsitzenden des ORF-Stiftungsrats, der ihr zufolge angekündigt hat, dass man in Bezug auf den neuen ORF-Generaldirektor einen Konsens in der Koalition suchen werde. Wie sei das mit der propagierten politischen Unabhängigkeit des ORF vereinbar, fragte sie. (Schluss) gs
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